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Mein Name ist Trump – Hinter den Kulissen von Amerikas First Family

Als Buch hier erhältlich:

Immobilienmogul, Patriarch, mächtigster Mann der Welt - aber wer ist Donald Trump wirklich?
Um Amerikas 45. Präsident zu verstehen, muss man seine Kinder kennen, argumentiert die renommierte Vanity Fair-Journalistin Emily J. Fox. Sie sind der Schlüssel zu den oft widersprüchlichen und provokanten Verhaltensweisen des fünffachen Vaters.
Nach mehr als einhundert Interviews ist nun ein Buch voll verblüffender Erkenntnisse und einzigartiger Geschichten entstanden. Es zeigt den Mann, der seine Kinder, allen voran Ivanka, als den Motor seiner Wahlkampagne braucht und benutzt. Und es zeichnet das Bild einer Familie, die versucht, so königlich zu sein wie der britische Adel und so glamourös wie die Kennedys.


  • Erscheinungstag: 01.10.2018
  • Seitenanzahl: 480
  • ISBN/Artikelnummer: 9783959678223
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Für meine Mutter, meinen Vater und meine Schwester,
die mir ihre bedingungslose und selbstlose,
schützende und ewig parate Liebe
so großzügig und bereitwillig gaben, dass ich kaum
eine Vorstellung davon hatte, wie es wäre,
anders aufzuwachsen.
Dafür bin ich heute dankbarer als je zuvor.

KAPITEL 1

Amtseinführung

IVANKA TRUMP UND Jared Kushner hasteten mit ihren Kindern hinauf in die zweite Etage des Weißen Hauses, in die südöstliche Ecke des neuen Sechzehn-Zimmer-Zuhauses ihres Vaters. Ivanka hatte immer noch den weißen Hosenanzug von Oscar de la Renta an, den sie den ganzen Tag schon getragen hatte – durch den Regen beim Amtseid ihres Vaters sowie während der Parade entlang der Pennsylvania Avenue zur Feier seiner Amtseinführung –, und sie war völlig durchgefroren. Bald jedoch würde sie für die Amtseinführungsbälle des Abends ein glitzerndes champagnerfarbenes Kleid anziehen. Ihr Haar würde toupiert, gescheitelt und mit viel Spray zu einem kunstvollen Knoten im Nacken gebunden werden. Sie würde Teardrop-Diamantohrringe anlegen, Highlighter auf den Wangenknochen, unter den Augenbrauen und auf ihren nackten Schlüsselbeinen auftragen, die der tiefe Ausschnitt ihres Kleids entblößte.

Aber all das musste noch etwas warten. Die Trump-Kushners rasten in den Lincoln Bedroom, wo sie am ersten Wochenende der Präsidentschaft von Ivankas Vater übernachteten. Das Ende der traditionellen Parade kam dem Sonnenuntergang am 20. Januar 2017 um 16:59 Ortszeit gefährlich nahe. Als praktizierende Moderne Orthodoxe Juden mussten Ivanka und Jared die Sabbatkerzen beim Übergang vom Tag zur Nacht anzünden, wie es die Tradition verlangte, mit der Jared schon sein ganzes Leben verbracht hatte und der sich Ivanka anschloss, als sie vor ihrer Hochzeit zum jüdischen Glauben konvertierte. Sie hatte vom Butler des Weißen Hauses Kerzenleuchter in dem geliehenen Zimmer bereitlegen lassen. Normalerweise brachte sie für jedes Wochenende auswärts eigene mit, aber dieses Wochenende war für die Trumps alles andere als normal. Sie war davon ausgegangen, dass sich im Weißen Haus schon irgendwo geeignete Kerzenleuchter finden würden. Damit sollte sie recht behalten.

Die fünfköpfige Familie bildete einen Halbkreis um die Kerzenleuchter, und Ivanka riss ein Streichholz an, mit dem sie die Kerzen anzündete. Dort standen sie in dem Raum, den Abraham Lincoln einst als Büro genutzt hatte; den die Trumans 1945 umgebaut, den Jackie Kennedy 1961 schick gemacht, Hillary Clinton in den Neunzigern runderneuert und Laura Bush 2004 wieder renoviert hatte. Das 2,40 mal 1,80 Meter große sogenannte Lincoln Bed aus Palisander stand hinter ihnen – das Bett, in dem die Präsidenten Franklin Roosevelt und Calvin Coolidge geschlafen hatten; eine Abschrift der Gettysburg Address lag auf dem Schreibtisch, eine von nur fünf, die Lincoln unterschrieben, datiert und mit Überschrift versehen hatte. Ivanka bedeckte die Augen und sprach den Segen über die Kerzen: »Baruch ata Ado-naj, Elohenu Melech Ha’Olam, ascher kideschanu bemizwotaw, weziwanu lehadlik ner schel at.« Gesegnet seist Du, G’TT, König des Universums, der uns geheiligt hat durch Seine Gebote und uns befohlen hat, das Licht zu entzünden.

Es war das erste Mal in der Geschichte des Weißen Hauses, dass der Sabbat hier auf diese Weise begrüßt wurde.

GUT FÜNF STUNDEN vorher, während dünne Regenschleier über Washington, D. C. fielen, hatte Donald J. Trump auf dem Westrasen des Kapitols die rechte Hand auf zwei Bibeln gelegt und als fünfundvierzigster Präsident den Amtseid geleistet, wie es Artikel II, Abschnitt 1 der Verfassung der Vereinigten Staaten fordert. Eine der beiden Bibeln war die, die Lincoln bei seiner ersten Amtseinführung 1861 benutzt hatte, als die Nation vor dem Ausbruch des Bürgerkriegs gestanden hatte. Die andere hatte ihm seine Mutter 1955 geschenkt, zwei Tage vor seinem neunten Geburtstag und kurz nach seinem Abschluss der Sunday Church Primary School an der First Presbyterian Church in Jamaica, Queens. Sein Name ist auf den Buchdeckel geprägt, und die Bibel ist innen von der Kirchenleitung signiert.

Nachdem der Eid geleistet war, drehte Trump der Menge den Rücken zu und öffnete die Arme in Richtung seiner Familie, in deren Mitte er gestanden hatte, als er dem amerikanischen Volk die Treue geschworen hatte. Als Erstes erwiderte er Ivankas Blick, die sich direkt mittig hinter das Pult gestellt hatte, ihr Bruder Eric befand sich ein Stück links hinter ihr und daneben ihre Halbschwester Tiffany. Don Jr. stand auf der anderen Seite hinter Ivanka, neben ihm ihr Halbbruder Barron und ihre Stiefmutter, die frischgebackene First Lady Melania. Ivanka nickte ihrem Vater, dem Präsidenten, kaum sichtbar zu und neigte den Kopf leicht, ihr dabei zur Schau gestelltes Lächeln straffte ihre Lippen und Wangen so stark, dass ihre Gesichtsmuskeln sich zu einem wohlgebräunten Rechteck verzerrten. Sie hechtete vorwärts, um ihm einen Kuss zu geben, aber sein Reaktionsvermögen war schneller. Diese Art von Weltbühne war zwar selbst für ihn neu, aber sein Familienleben stand schon lang genug im Rampenlicht der Presse, dass er nur zu gut wusste, dass er sich unbedingt zuerst seiner Frau zuwenden musste – dann erst seiner Lieblingstochter. Bevor Ivanka ihn also erreichen konnte, duckte er sich nach links weg, gab seiner Frau einen flüchtigen Kuss und arbeitete sich dann durch die Reihe seiner Kinder – Barron, Donny, Ivanka, Eric, Tiffany –, damit sie ihm gratulieren konnten, ihm sagen konnten, was er Großes geleistet hatte und wie sehr sie ihn liebten.

Bald bildete die Familie eine Autokolonne für die Parade. Ivanka und Jared merkten recht bald, dass ihre Babyschale nicht in ihren gepanzerten Wagen passte – eine überraschend normale Unannehmlichkeit, die an diesem historischen Tag kurzfristig alles aufhielt. »Warum geht es denn nicht los?«, wurde ringsum gefragt. Schließlich fanden sie eine Lösung, und die Kolonne setzte sich in Bewegung. Um Viertel nach vier nachmittags stiegen Donald, Melania und Barron – gemäß einer Tradition, die Jimmy Carter 1977 eingeführt hatte, als er seine Limousine verließ und die zwei Kilometer zum Weißen Haus zu Fuß ging – vor dem Trump International Hotel aus dem »Beast«, dem gepanzerten Wagen des Präsidenten. Andernorts entlang der Route war die jubelnde Menge dünn, und stattdessen hatten sich Demonstranten versammelt. Aber vor dem Hotel, das nun den Namen des Präsidenten trug, drängten sich die Feiernden auf zwölfrangigen Tribünen. Das Meer aus roten »Make America Great Again«-Mützen toste. Die Menschen jubelten und schwangen Banner. Ivanka, Don Jr. und Eric samt Partnerinnen und Partnern sowie den meisten ihrer jeweiligen Kinder folgten in eigenen Wagen. Nachdem ihr Vater ausgestiegen war, gesellten sie sich hinzu und begrüßten die Fans, die stundenlang geduldig bei sieben Grad im Washingtoner Winter gewartet hatten.

Die Familie blieb gut drei Minuten draußen, bevor sie wieder in die Wagen stieg und die Kolonne noch eine halbe Stunde lang langsam weiterrollte, bis sie an einer Tribüne vor dem Weißen Haus ihr Ziel erreichte. Kurz vor Sonnenuntergang huschten Ivanka und Jared dann nach drinnen.

Keiner von ihnen hatte wirklich damit gerechnet, an diesem Tag an diesem Ort zu sein. Als ihr Vater sich zur Kandidatur entschlossen hatte – und eigentlich bis zu dem Zeitpunkt, als sie ihn im Wahlkampfhauptquartier im dreiundzwanzigsten Stock des Trump Towers am achten November die ersten Staaten gewinnen sahen –, hatten sie erwartet, dass er verlieren würde und sie sich alle wieder ihren normalen Leben und Unternehmen zuwenden konnten. Dann hätten sie den grauen Wintertag damit verbracht, sich auf ein Wochenende in Mar-a-Lago, zu Hause in Bedminster, Westchester oder den Catskills vorzubereiten und vielleicht den Fernseher im Hintergrund mit der Zeremonie laufen zu lassen. Es wäre ein ansonsten ganz normales Winterwochenende für eine ansonsten glückliche, betuchte Familie gewesen, die langsam wieder zurück in die Normalität fand. Bis auf die Tatsache, dass er nun etwas gewonnen hatte, wollte auch Donald eigentlich lieber an jedem anderen Ort sein statt im Weißen Haus. Als ihm die Realität des Wahlergebnisses in der Zeit vor seinem Umzug bewusst wurde, fragte er seine Berater häufig, wie oft er Washington verlassen und in sein Penthouse in New York zurückkehren könne. In den Wochen nach dem Umzug verbrachte er die meisten Wochenenden in seinem Privatclub in Palm Beach.

Allerdings war es kein normales Wochenende, und die alte Normalität der Trumps wich bald einer außerordentlichen neuen Existenz – einer, die sie weder erwartet hatten noch jemals sich so hätten ausmalen können. Und doch befanden sie sich am zwanzigsten Januar mittendrin. Und wenn sie schon mal da sein mussten, machten die Trump-Kinder das Beste draus und stürzten sich eifrig ins Getümmel.

Nur wenige Stunden nach Donald Trumps Siegesansprache, die mithilfe seiner Kinder schnell zusammengeschustert worden war (es war nur eine Rede zum Eingeständnis der Niederlage vorbereitet worden), bevor sie alle hinüber zum Ballsaal des Midtown Manhattan Hilton Hotels eilten, wachte die Familie Trump am Morgen des neunten Novembers übernächtigt und verwirrt auf, und es standen schon tausend Aufgaben an. Es war alles so anders gedacht gewesen. Ivanka hatte Pläne, sich ab Mittwochmorgen wieder ihrer Modelinie zu widmen. Sie wollte Gras über alles wachsen lassen, warten, bis Groll und Gerede sich ein bisschen gelegt hätten, damit die voraussichtlich guten Verkaufszahlen des Weihnachtsgeschäfts für sich selbst hätten sprechen und ein ganz neues Unternehmensnarrativ hätten begründen können. Auch ihr Buchmanuskript für Frauen in der Arbeitswelt bedurfte ihrer Aufmerksamkeit; sie hatte es gerade abgegeben, und es sollte etwa um die Zeit der Amtseinführung in den Druck gehen. Jared wollte eine Rundreise starten, um seinen guten Ruf wiederherzustellen. Freunde wünschten ihm dabei viel Glück, schließlich hielten ihn nun alle für ein Arschloch; niemand würde bereitwillig mit ihm zusammenarbeiten, zumindest nicht direkt nach der Wahlniederlage. Don Jr. und Eric sprachen mit Investoren und Partnern über eine neue, weniger hochpreisig angesiedelte Hotelkette in Städten im Landesinneren, die die Trump-Wähler ansprechen würde, die die Trumps im Wahlkampf kennengelernt hatten und deren MAGA-Eifer sie zu Kunden der Trump Organization machen sollte. Tiffany wollte sich wieder auf ihre Bewerbungen für einen Jurastudienplatz konzentrieren. Barron würde wieder ohne die Secret-Service-Agenten zur Schule an der Upper West Side Manhattans gehen können, die beim Hinbringen und Abholen immer für Staus sorgten und so die Wut der Eltern und Kindermädchen von Upper Manhattan auf sich zogen (ganz zu schweigen vom Informationsabend der Schule, als Melania und ihre Personenschützer den einzigen Aufzug des Gebäudes blockierten, um zu Barrons Klassenzimmer zu gelangen, sodass alle anderen Eltern die Treppe hochtigern mussten, was das Aggrometer der Schule ins Unermessliche eskalieren ließ).

Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Donald doch gewinnen sollte, waren kaum Vorkehrungen getroffen worden.

Jetzt musste ein Amtseinführungswochenende auf die Beine gestellt werden, für das Monate an Planung und Millionen von Dollar gebraucht werden würden, sowie ein wenigstens rudimentäres Verständnis der Geschichte und Traditionen dieser Zeremonie. Trump übergab Tom Barrack die Komiteeleitung, mit dem er seit drei Jahrzehnten befreundet war. Am fünfzehnten November verkündete Donald, dass Barrack – ein Investor und Milliardär, der schon unter Reagan als Vizestaatssekretär im Innenministerium gearbeitet hatte und während des Wahlkampfs einer von Donalds lautesten Fürsprechern und Beratern gewesen war (sowie der Mann, der Ivanka und Jared gedrängt hatte, Donald davon zu überzeugen, Paul Manafort anzuheuern) – »für die Planung und Koordination aller offiziellen Veranstaltungen und Aktivitäten rund um die Amtseinführung zuständig« sein werde.

Die Wege der zwei hatten sich das erste Mal 1987 gekreuzt, als Donald ihn in den Trump Tower bestellt hatte. Damals arbeitete Barrack für eine reiche texanische Familie, die eine Kaufhauskette besaß, an der Donald Anteile kaufen wollte, was ihm mit Barracks Hilfe dann auch gelang. Derselben Familie gehörte auch das Plaza Hotel, das Donald von seinem Bürofenster im Trump Tower aus sehen konnte und nur zu gerne seinem wachsenden Manhattaner Reich einverleiben wollte. Das Problem war, dass Barracks Chefs 410 Millionen Dollar für die Immobilie verlangten. Das war ein schlechter Deal für Donald, aber das Hotel war eine New Yorker Institution, eine feste Größe der Stadt, wie auch Donald selbst eine werden wollte. Es war ein Kronjuwel. Und Donald – ein Außenseiter aus Queens und eine Art Witzfigur – wollte es für seine Krone. Also zahlte er den Preis – sogar bar –, und nachdem er in diesem Hotel die Geburtstage seiner Kinder gefeiert, er sich mit Ivana dort getroffen hatte, um die ersten Einzelheiten ihrer Trennung auszuarbeiten, und er später Marla Maples im Hotel geheiratet hatte, trieb es ihn fast in den Ruin. 1994 rief ein Bekannter von der Chase Manhattan Bank bei Barrack an und informierte ihn, dass Donald in Schwierigkeiten stecke. Er hatte einen Kredit über hundert Millionen Dollar von Chase, einen Berg an anderen Schulden und müsste allermindestens das Plaza Hotel verkaufen. Barrack überredete die Bank, nicht gleich mit der Zwangsvollstreckung bei Donald zu klingeln, sondern ihm ein bisschen Luft zu lassen, damit er sich um eine neue Finanzierung kümmern konnte. In der gewonnenen Zeit fanden sie einen saudischen Prinzen und eine Hotelgruppe aus Singapur, die Donald das Hotel abnahmen. Über ein Jahrzehnt später bat Donald Barrack erneut um Hilfe, dieses Mal für Jared, der aus eigenem Trump’schen Außenseiter-Ehrgeiz, sich in Manhattan einen Namen zu machen, einen einundvierzigstöckigen Büroturm an der Fifth Avenue für den bis dahin höchsten jemals für ein Gewerbegebäude gezahlten Preis gekauft hatte und nun mit den Kreditraten kämpfte. Jared flog nach Los Angeles, um Barracks Rat einzuholen, und dieser tat ihm den Gefallen, half mit der Umschuldung und übernahm selbst einen Teil von Jareds Schulden.

Die Aufgabe bei der Amtseinführung war ein großes Dankeschön an Barrack und eine Erleichterung für Donald, der schon so oft von ihm gerettet worden war, dass er ihm zutraute, es auch dieses Mal wieder zu schaffen. Barrack stellte zur Unterstützung ein Team aus anderen Milliardären und Trump-Getreuen zusammen, darunter Sheldon Adelson, Woody Johnson, Anthony Scaramucci, Steve Wynn, Elliott Broidy und Laurie Perlmutter. Er bat Stephanie Winston Wolkoff, eine ehemalige Redakteurin der Vogue und Freundin Melanias, die bei Condé Nast als »General Winston« bekannt ist, weil sie mit militärischer Effizienz die jährliche Met Gala plante, als Chefredakteurin für alle Themen rund um die Amtseinführung zu fungieren. Sie übernahm die harte Arbeit – Lokalitäten und Veranstaltungsplaner buchen, Tischdeko auswählen, Senderechte und Social-Media-Filter regeln, in Erfahrung bringen, wie man die schwere Ausrüstung durch Washington manövriert und – wohl die schwierigste Aufgabe überhaupt – Künstler auftreiben, die bei den Veranstaltungen am Wochenende auftreten würden. Die Amtseinführungen der Vergangenheit hatten vor Stars nur so gestrotzt. Bei der von Barack Obama waren Beyoncé, Aretha Franklin, Yo-Yo Ma und Kelly Clarkson aufgetreten; bei der von George W. Bush Ricky Martin, 98 Degrees und Jessica Simpson; für die von Bill Clinton hatte sich die Band Fleetwood Mac zu einem ihrer seltenen gemeinsamen Auftritte zusammengerauft. Doch kaum ein Star wollte bei der Amtseinführung von Donald Trump auftreten. Das wäre bei jedem Präsidenten in spe ein Problem gewesen, aber bei Donald Trump war es besonders heikel, weil sein empfindliches Ego schon bei den geringsten Kränkungen Risse bekam.

Wolkoff bat Mark Burnett, den Schöpfer von The Apprentice, sein Adressbuch durchzuforsten, um Stars zur Teilnahme an dem Wochenende zu überreden – wenn schon nicht Donald zuliebe, dann als patriotischer Dienst am Land. Aber trotzdem konnten sie keinen großen Namen für die Veranstaltungen gewinnen. Wurde jemand auch nur gerüchtehalber als Besetzung für die Amtseinführung erwähnt, distanzierte der oder die Betreffende sich sofort öffentlich von allem. Als es hieß, Elton John werde auf der Mall ein Konzert geben, dementierte seine Sprecherin sofort. Zunächst wirkte Garth Brooks einigermaßen interessiert, schließlich gehe »es ja immer um den Dienst an der Allgemeinheit«, aber bald darauf erteilte er einer Anfrage dann doch eine Absage. Das Gleiche passierte bei Andrea Bocelli, Kiss und Jennifer Holliday. Der Mormon Tabernacle Choir aber nahm die Einladung zu einem Auftritt bei der Leistung des Amtseids an. Für die Nationalhymne wurde die Nummer zwei von America’s Got Talent, Jackie Evancho, engagiert. Die Rockettes erklärten sich zu Auftritten auf den Amtseinführungsbällen bereit, wobei einzelne Tänzerinnen sich weigerten und sich bei ihrer Gewerkschaft beschwerten, dass sie für einen Mann tanzen sollten, »der für alles steht, gegen was wir eintreten«, wie es eine von ihnen ausdrückte.

Gleichzeitig bereiteten sich Millionen von Menschen, darunter Katy Perry, Cher und Madonna, auf die Frauenmärsche im ganzen Land vor. Es wurde sogar berichtet, dass die Stadt Washington weit mehr Genehmigungen für Busse zum Marsch am Samstag erteilte als zu Donalds Amtseid am Freitag. Und in den Wochen vor der Amtseinführung schworen fast siebzig Abgeordnete, dass sie die Veranstaltungen aus Protest gegen Donalds Wahlkampfbotschaften und – gebaren boykottieren würden.

Während Proteste drohten und fast keine Promis ihre Teilnahme angekündigt hatten, münzte das Komitee kurzerhand alles um. Barrack verkaufte es nun so, dass man keine anderen Berühmtheiten brauche, wenn man schon »den größten Star der Welt« als Präsidenten habe. »Statt ihn also mit Leuten zu umgeben, die vielleicht als A-Lister gesehen werden«, sagte Barrack, »umgeben wir ihn lieber mit der sanften Sinnlichkeit dieses Ortes. Das hat eine viel poetischere Kadenz als so eine zirkusartige Krönungsfeier. Genau so hat es sich der zukünftige Präsident gewünscht.«

Mit einem Wort – es war eine Katastrophe, und alle Trumps mussten mit anpacken. Die Kinder stürzten sich mit in die Planung, wenn auch nicht unbedingt, um zu helfen oder die Last mitzutragen. Jeder achtete penibel darauf, dass er oder sie bei allen öffentlichen Veranstaltungen involviert war, statt nur dabei zu sein, und die Sitzordnung auch zur eigenen Zufriedenheit ausfiel. Ihre Nähe zu Donald an diesem großen Tag und damit ihre Abbildung auf Fotos, die an dem Wochenende um die Welt gehen und für Jahrhunderte in den Geschichtsbüchern prangen würden, stand somit an erster Stelle.

Melania als zukünftige First Lady wollte ein Wochenende organisieren, an dem alle zusammenkommen konnten. Alle fünf Kinder und acht Enkelkinder wurden eingeladen, am Donnerstagabend vor der Amtseinführung im Blair House, direkt gegenüber vom Weißen Haus, zu übernachten und den Rest des Wochenendes in der Executive Residence, dem Haupthaus des Weißen Hauses, zu verbringen, sobald die Obamas aus- und die Trumps eingezogen waren. Niemand musste auf dem Sofa schlafen oder sich mit jemand anderem das Zimmer teilen; Melania achtete darauf, dass jedes der Geschwister ein eigenes Zimmer hatte, und legte fest, wer wo die Nächte verbringen würde, wobei Ivanka den Wunsch äußerte, im Lincoln Bedroom untergebracht zu werden. Melania plante genügend Zeit für Frühstücke, Mittag- und Abendessen mit der gesamten Familie ein, um an diesem allzu eindrucksvollen Wochenende alle Beteiligten etwas zu erden. Außerdem ließ sie über die Dauer des gesamten Wochenendes Buffets anrichten, damit nie jemand Hunger leiden musste.

Melania war sich bei der Parade am zwanzigsten Januar weniger sicher, während derer die Familie den gleichen Weg zu Fuß gehen würde, wie die Präsidenten es nun seit fast einem halben Jahrhundert taten. In der amerikanischen Politik hatte vorher nur selten ein solch hasserfülltes, gespaltenes Klima geherrscht wie nach Donalds Wahl, und ihr bereitete die Vorstellung große Sorgen, mit ihrem elfjährigen Sohn aus dem Wagen zu steigen und unter freiem Himmel weiterzugehen, trotz des Secret Service und dem anderen Sicherheitspersonal, das sie umgeben würde.

Ivanka dagegen war fest entschlossen: »Die Parade findet statt.« Sie war Tradition. Sie war präsidial. Sie war nichts, was sich Donald und die Familie entgehen lassen durften.

Im Übergangsteam herrschte der Eindruck vor, dass dieser Traditionsaspekt der Zeremonie für Ivanka das Wichtigste war. Hier kam die Chance der Trumps für ihren eigenen Kennedy-Moment – einen Hauch des amerikanischen Camelot. In ihrem taubenblauen Ralph-Lauren-Anzug mit abgestimmten blauen Handschuhen, das Haar aufgebauscht, eiferte Melania am Tag des Amtseids eindeutig Jackie nach. (Ursprünglich hatte sie mit dem Gedanken gespielt, das mittlerweile berüchtigte rot-weiß-blaue Gucci-Ensemble anzuziehen, das schließlich Kellyanne Conway tragen sollte und für das sie schwer gescholten wurde; doch eine Moderedakteurin und Beraterin Melanias erhob Einspruch und erinnerte sie daran, wie wichtig es sei, an diesem Wochenende amerikanische Designer zu tragen.) Ivanka wollte die Trumps als neue amerikanische Königsfamilie etablieren. Sie arbeitete mit einer Stylistin zusammen und sagte Freunden, sie wünsche sich einen Prinzessinnenmoment, vor allem für die Amtseinführungsbälle, für die sie ein glitzerndes Tüllkleid auswählte. »Ich habe ihr gesagt, es sei eine Amtseinführung, keine Krönungszeremonie«, erinnerte sich eine Freundin. »Die Idee war, dass die Amerikaner sich nach einer Königsfamilie sehnten.« (Ein vergrößertes Foto von Ivanka in diesem Kleid, als sie auf der Bühne mit Jared tanzt, hängt vor ihrem Büro im West Wing mit einer Widmung ihres Vaters: »Für das schönste Paar der Welt«, steht mit einem metallisch glänzenden Stift dort fast unleserlich geschrieben. »Ich bin so stolz auf euch. In Liebe, Dad.«) Dem weißen Hosenanzug von Oscar de la Renta, den Ivanka sich für die Amtseidszeremonie aussuchte, wird weniger Bedeutung zugeschrieben. Natürlich blieb aber auch diese Wahl nicht unkommentiert. Weiße Hosenanzüge waren das Markenzeichen Hillary Clintons und auch sie trug am Tag von Donalds Amtseinführung wieder einen. Als Ivanka von ihren Beratern vorher darauf hingewiesen wurde, tat sie es ab. »Es war auf keinen Fall Absicht, dass sie sich dafür entschieden hat«, erinnerte sich eine Beraterin. »Ihre Reaktion war etwa ›Ach, Mist!‹, aber nicht auf blöde Art. Sie wollte einfach keine große Sache daraus machen, und das war es ja auch nicht.«

DASS IVANKA SICH auf die Kennedys berufen wollte, war keine Überraschung. Mit Sicherheit spielte zumindest in Ivankas Kindheit da ihre Mutter Ivana eine Rolle, die sich immer nach einem Platz im alten amerikanischen Geldadel gesehnt hatte. Jahrelang verkündete Ivana stolz, dass sich Ivankas geliebtes irisches Kindermädchen Bridget Carroll schon um John Kennedy Jr. gekümmert hatte, bevor sie bei den Trumps eingezogen war, auch wenn es dafür keine Belege außer Ivanas Aussagen gibt. Ivana war stolz auf ihre Schulauswahl für ihre Tochter, nämlich zunächst die Chapin School, die Mädchenprivatschule, auf der auch Jacqueline Bouvier gewesen war, und später die Choate Rosemary Hall, bei der auch John F. Kennedy seinen Schulabschluss gemacht hatte. In Ivanas jüngstem Buch über ihre Kinder erwähnt sie, dass die Kennedys oft gleichzeitig mit den Trumps Urlaub in Aspen gemacht hatten und sie Slalomrennen gegeneinander gefahren waren. »Es ging Trumps gegen Kennedys«, schreibt sie, »und die Trumps gewannen immer.« Wenn das Thema vor allem in Ivankas Politikgeschichtskursen in der Choate Rosemary Hall aufkam, erzählte sie ihren Kommilitonen oft, wie sehr sie Jackie Kennedy als Führungspersönlichkeit bewundere. (Eine Kommilitonin erzählte, dass Ivanka sich auch immer sehr für die Roosevelts interessierte, vor allem für Anna Roosevelt. Franklin Roosevelt wählte seine einzige Tochter Anna aus – die wie ihr Vater eine eher schwierige Beziehung zur First Lady hatte –, in seinem West Wing zu arbeiten, nachdem sie und ihre kleinen Kinder in den ersten Jahren seiner Präsidentschaft mit im Weißen Haus gelebt hatten. Sie war seine persönliche Assistentin und begleitete ihren Vater zur Konferenz von Jalta im Zweiten Weltkrieg, während Eleanor Roosevelt zu Hause zurückblieb.)

Auch Jared und seine Familie hatten eine Schwäche für die Kennedys. Jareds Vater Charlie nannte sich selbst gern den »jüdischen Kennedy« und sah sich als König und Königsmacher in der Religionsgemeinschaft des nördlichen New Jerseys, wo dank großzügiger Spenden viele Gebäude seinen Namen trugen. Als Jared sich im letzten Highschooljahr für Harvard bewarb, bat Charlie den Senator Frank Lautenberg darum, sein Kollege Ted Kennedy möge ein gutes Wort beim Dekan der Zulassungsstelle einlegen. Als Jared später ein Eckbüro mit Blick auf die St. Patrick’s Cathedral bezog, wo Caroline Kennedy getauft worden war und der Trauergottesdienst für Bobby Kennedy stattgefunden hatte, hängte er nur ein einziges Foto an die Wand neben seinem Schreibtisch. Ein gerahmter Schnappschuss von Kennedy während seiner Rede vor dem demokratischen Parteitag 1960 in Los Angeles, aufgenommen von Garry Winogrand. JFK ist von hinten zu sehen, die Scheinwerfer erzeugen seitlich um seinen Kopf und seine Kieferkonturen eine Art Heiligenschein. Ein Fernseher hinter dem Rednerpult zeigt dem Betrachter wiederum sein gefilmtes Gesicht in Schwarz-Weiß. »Ich finde es toll, wie er vom Betrachter wegschaut, man ihn aber gleichzeitig von vorne sieht«, erklärte Jared 2009 dem New York Magazine. »Ich liebe das Schimmern in seinem Gesicht. Ich schaue mir das Foto andauernd an.« Er hat alle Fotos aus der Serie gekauft, bewahrt die anderen aber in einer Schachtel auf. (Später, als Ivanka und er verheiratet und in ein Trump-Gebäude an der Park Avenue gezogen waren, zierten Fotos Winogrands die Flure ihrer Wohnung.) Nachdem Jared gegen Ende des Amtseinführungswochenendes als Berater des Präsidenten vereidigt worden war, posierte er mit seinem Bruder Josh unter dem melancholischen Porträt JFKs, das im Weißen Haus hängt.

Als Ivanka und Jared heirateten, beschlossen sie, ein einziges Hochzeitsfoto im Stil von John F. Kennedy Jr. und Carolyn Bessette zu veröffentlichen, statt die Bilder an eine Zeitschrift zu verkaufen. Auch die Namen ihrer Kinder klangen nach den Kennedys – Arabella Rose, Joseph und Theodore. Jackie Kennedy nannte ihr Sternenkind mit JFK Arabella, obwohl sie nie eine Geburtsurkunde bekommen hatte, und als diese später neben ihren Vater umgebettet wurde, stand auf dem Grabstein nur »Tochter« sowie der Tag der Geburt. Rose war der Name der großen Kennedy-Matriarchin.

»Den Namen Arabella habe ich schon immer geliebt«, sagte Ivanka einen Monat nach der Geburt ihrer Tochter in einem Interview mit der Today Show. Kindheitsfreundinnen erinnern sich daran, dass sie immer wieder auf diesen Namen zurückgekommen war, wenn sie sich als Mädchen überlegt hatten, wie sie ihre zukünftigen Kinder nennen würden. Für diese Freundinnen war es keine Überraschung, dass Ivanka Jahrzehnte später ihrem ersten Kind diesen Namen gab. »Jareds Großmütter hatten Namen mit den Anfangsbuchstaben A und R. Diese beiden wunderbaren, starken Frauen wollten wir auf subtile Weise ehren und gleichzeitig einen ganz einzigartigen Namen aussuchen. Außerdem fanden wir die Initialen ARK einfach cool!«

Joseph war der Name von sowohl JFKs Vater als auch Jareds Großvater, und Frederick, der zweite Vorname ihres Sohnes, war der Name von Donalds Vater. Als der Sohn 2013 auf die Welt kam, schrieb Ivanka auf ihrem Tumblr-Account, dass sie ihn nach ihren beiden Großvätern väterlicherseits benannt hatten, »beides große Immobilienmagnaten ihrer Generation und inspirierende Patriarchen ihrer Familien. Jareds Großvater Joseph war ein Fels in der Brandung. Sein unbezwingbarer Geist, sein Familiensinn und sein Fleiß sind Werte, die wir unserem Sohn vermitteln möchten. Mein eigener Großvater Frederick war Erbauer von nicht nur Zehntausenden von Häusern und Wohnungen in dieser Stadt, sondern auch Begründer einer Familie mit großem Zusammenhalt, die bis heute die Traditionen ehrt, die er begonnen hat. Beide Männer setzten die Standards, die durch die Generationen hochgehalten wurden und die auch wir Joseph und Arabella mitgeben möchten. Sie haben unserer Familie ein Vermächtnis hinterlassen, das nicht nur unsere Karrieren inspiriert hat, sondern auch unsere Liebe und unseren Respekt füreinander. Wir haben die Ehre, unseren Sohn nach diesen beiden verdienstreichen Männern zu benennen. Wir fühlen uns durch unser jüngstes Familienmitglied gesegnet!«

Theodore dagegen ist kein ganz so präziser Treffer – Ted Kennedys Vorname stand schließlich für Edward –, aber die Ähnlichkeit, vor allem nach einer Arabella Rose und einem Joseph, ist schwer zu übersehen, ganz besonders für die, die glauben, dass das Paar ihre eigene goldene, social-media-verbreitete Millennial-Version von Kennedys Camelot als Ziel sah.

Es scheint daher kaum erwähnenswert, dass die eindeutigste und jüngste Demonstration des kennedyesken Verhaltens direkt nach der Wahl kam. Donald machte seinen Schwiegersohn zum Mitarbeiter im West Wing, und kurze Zeit später kam auch seine Tochter in offizieller Funktion dazu. Ethikexperten schlugen sofort Alarm; hier wurde ein Anti-Vetternwirtschaftsgesetz gebrochen, das als »Bobby Kennedy Law« bekannt geworden war, weil es sechs Jahre nach Bobbys Ernennung zum Generalstaatsanwalt durch seinen Bruder JFK 1961 in Kraft trat. Das Gesetz wurde fünfzig Jahre lang durchgesetzt, bis die Anwälte der Trumps ein Schlupfloch fanden. Wie sie es auslegen, ist das Weiße Haus keine Behörde, und der Präsident genießt umfassende Exekutivgewalt. In der Regierung Trump war die 1600 Pennsylvania Avenue nicht wirklich anders als der fünfundzwanzigste Stock des Trump Towers, mit einem gewissen Hauch von Kennedy-Nostalgie, die vom Gesetzgeber eigentlich fünf Jahrzehnte zuvor verboten worden war.

MITTEN IM AMTSEINFÜHRUNGSCHAOS beschlossen Jared und Ivanka, nach Washington zu ziehen. Nun mussten sie sich nicht nur überlegen, wie sie Teile ihrer Unternehmen aus der Hand geben, Trusts einrichten und jemanden finden konnten, der ihre Rollen in den jeweiligen Familienunternehmen und anderen Projekten übernehmen würde; außerdem brauchten sie ein Haus und eine Schule für ihre Kinder. Aber selbst Melania hatte Probleme, die Schulen, auf die die Präsidenten normalerweise ihre Kinder schickten, dazu zu bewegen, Barrons Bewerbungsunterlagen wenigstens anzunehmen. Ivanka und Jared hatten zwei Kinder im schulpflichtigen Alter, für die sie eine jüdische Schule brauchten. Die Schulsuche übernahm Seryl Kushner, Jareds Mutter. Jared und Ivanka beauftragten einen Makler und unternahmen ein paar Tagesausflüge nach D. C., um sich Häuser anzuschauen. Den Mietvertrag selbst verhandelte Jareds Vater Charles. Manchmal weiß Papa eben am besten, wie es geht.

WIE DAS PROTOKOLL es vorschrieb, flog die ganze Familie am Donnerstagnachmittag mit einem Militärflugzeug von New York nach Washington. Auf der Joint Base Andrews kam Barron als Erster aus dem Flieger, gefolgt von Don Jr., seiner Frau Vanessa und ihren fünf Kindern, dann Eric mit seiner Frau Lara. Dann Ivanka mit ihrem kleinen Jungen auf dem Arm. Ihr smaragdgrünes Kleid von Oscar de la Renta und der darauf abgestimmte Mantel mit Drapierkragen flatterten auf dem Rollfeld im Wind, während die große schwarze Jackie-O.-Sonnenbrille ihre Augen schützte. Ihre beiden älteren Kinder folgten ihr, dann Tiffany. Den Abschluss bildeten Melania und Donald.

Die Familie fuhr in einer Autokolonne Richtung Arlington National Cemetery in Virginia, wo Donald mit Mike Pence am Grab des unbekannten Soldaten einen Kranz niederlegen würde. Vor ihrem Vater stieg Ivanka mit Jared und ihrer Tochter Arabella die Stufen zu dem Denkmal auf dem offenen Platz oberhalb von Washington hinab. Ivanka stellte sich nah an der Treppenmitte auf, wo ihr Vater später stehen würde, sodass sie auf fast allen Fotos zu sehen war, die zumindest einen Teil der Szenerie mit einschlossen. Eric und Tiffany standen weiter zu ihrer Linken, Don Jr. mit Frau und Tochter wiederum dahinter.

Dann kam die Make-America-Great-Again!-Willkommensfeier auf den achtundneunzig Granit- und Marmorstufen des Lincoln Memorials. Der Höhepunkt war sicherlich Lee Greenwoods Interpretation von »Proud to Be an American«, bei der die Trumps mitsangen, die seitlich vor der Bühne ihre Sitzplätze hatten. Donald und Melania saßen in der ersten Reihe, die beiden Plätze neben ihnen waren wie verlangt für Ivanka und Jared reserviert. Ivankas Geschwister füllten die Reihen dahinter. Am Abend fuhren sie zu einem förmlichen Dinner an der Union Station mit Donalds designierten Kabinettsmitgliedern und seinen republikanischen Großspendern. Die Kinder hatten Tische für ihre Freunde reserviert, wo sie gegrillten weißen und grünen Spargel aßen, gerösteten Wolfsbarsch mit Zitrone und Thymian sowie Vanille-Meringue-Kuchen. Sie schlürften Wein aus vergoldeten Gläsern, die für einen Hauch von Camelot sorgen sollten, während sie ihren Vater noch einmal von »dieser wunderschönen Landkarte« erzählen hörten, die sich am Wahlabend gezeigt hatte. Er dankte Ivanka, die neben Wendi Murdoch saß und ein weißes Säulenkleid von Oscar de la Renta mit Flügelärmeln und großer schwarzer Schleife hinten an der Taille trug. Er dankte seinen Geschwistern und ihren Partnern und prahlte, dass er eine Familie habe, die sich tatsächlich gut vertrage. Dann wandte er sich seinen Kindern zu. »Meine Söhne, schaut sie euch an, da stehen sie«, sagte er und zeigte in ihre Richtung. »Da sage ich: ›Macht ihr denn heute gar keinen Wahlkampf?‹ Eric und Don und Tiffany, die auch ganz großartig war. Und Barron ist zu Hause.« Dann lobte er den Besitzer der New England Patriots, Bob Kraft, und erzählte den Anwesenden, dass dessen Quarterback Tom Brady ihn schon angerufen habe, um ihm zu gratulieren. Ein Jahrzehnt zuvor hatte Trump einigen Reportern berichtet, Brady habe einmal Ivanka ausgeführt.

Dann hob er Ivanka besonders hervor: »Wir haben im Publikum eine ganz besondere Person, die hart gearbeitet und dann auch noch genau den Richtigen geheiratet hat. Meine Tochter Ivanka. Wo ist sie?« Dann, als er sie in der Menge fand, sagte er: »Ich habe ihr ein bisschen den Mann geklaut. Er ist wirklich toll. Wenn du nicht für Frieden im Nahen Osten sorgen kannst, dann kann es keiner.«

Nach der Übernachtung im Blair House ging es mit der Positionierung bei der Zeremonie am Freitag weiter, wo Ivanka sich wieder in die Bildmitte rückte, als ihr Vater vor den Obersten Richter der Vereinigten Staaten, John Roberts, trat, um den Amtseid abzulegen. Da Sabbat war, mussten Ivanka und Jared am Abend mit dem Secret Service einen besonderen Sicherheitsplan vereinbaren. Traditionell fährt man zwischen den Sonnenuntergängen am Freitag und Samstag nicht mit dem Auto, wenn man den Sabbat einhält. Das hätte natürlich bedeutet, dass die beiden zu keinem der Bälle am Freitagabend und auch nicht zu den Veranstaltungen am nächsten Tag hätten gehen können – was für das Paar nicht infrage kam, das schließlich überall dabei sein wollte. Den Weg zu Fuß zurückzulegen, war auch keine Option; das sei wegen der aufgeheizten Stimmung und der Proteste zu gefährlich, erklärten ihnen die Personenschützer. Außerdem trug Ivanka ihr Prinzessinnenkleid und Schuhe mit hohen Absätzen – und die Bälle fanden nicht gerade in unmittelbarer Nähe des Weißen Hauses statt. Also baten sie ihren Rabbiner um eine Sondererlaubnis, die Regeln des Sabbats brechen zu dürfen, da es um ihre Sicherheit gehe und sich eine einmalige Gelegenheit für die Familie biete.

Sie kosteten den Abend in seiner Gänze aus. Donald und Melania sollten bei ihrem Tanz eigentlich auf der Bühne allein sein. Die Planer hatten keine Ahnung, dass die Kinder sich zu einem langsamen Tanz mit der ganzen Familie dazugesellen würden. Donald weiß, dass er kein guter Tänzer ist, und aus Respekt vor der Länge des Stücks bat er seine Kinder, mit auf die Bühne zu kommen, um die langen, unbeholfenen Minuten etwas zu verkürzen. Bereits beim zweiten Ball des Abends kamen die Kinder noch früher dazu, nachdem sie zuvor gesehen hatten, wie dermaßen peinlich ihrem Vater seine Lage war. Nach dem letzten Ball gingen Tiffany und ihr Freund zurück ins Trump Hotel, wo sie sich mit Tiffanys Mutter Marla und ein paar Freunden aus New York trafen. Der Rest der Familie übernachtete im Weißen Haus.

Am nächsten Morgen nahm die Familie an einem Gottesdienst in der National Cathedral teil. Mittlerweile waren alle ausgelaugt, besonders die Enkelkinder. Sie hatten geduldig die Kranzniederlegung, das Konzert und die Parade über sich ergehen lassen, aber ein langer, früher Morgen in der Kirche war zu viel des Guten. Ivanka gab ihrem Sohn Joseph Spielzeugautos, damit er sich beschäftigen konnte, aber das bereute sie schnell wieder. Er ließ eins durch den Mittelgang an allen Bänken vorbeisausen und scheuchte die Leute auf, die dort beteten und dem Übergangsritus der Präsidentschaft Tribut zollten.

Am Samstagnachmittag war die ganze erweiterte Familie wieder im Weißen Haus eingetroffen. Don Juniors Sohn schlürfte in seinem Teenage-Mutant-Ninja-Turtles-Schlafanzug Cornflakes mit Milch aus einer Schüssel. Theodore, Ivankas Jüngster, krabbelte im Bankettsaal zum ersten Mal, während sie alle von dem Buffet zu Mittag aßen, das Melania zur Stärkung nach dem Gottesdienst hatte anrichten lassen. Don Jr. probierte mit seiner Frau und den Kindern die Bowlingbahn im Keller aus.

Am Sonntagnachmittag stand noch eine offizielle Veranstaltung auf dem Plan, und zwar im East Room des Weißen Hauses. Dort vereidigte Donald sein Führungspersonal, darunter Jared, der als hochrangiger Berater fungieren würde. Jareds Eltern und sein Bruder Josh kümmerten sich um die Kinder von Ivanka und Jared, während Donald seinen Eid leistete. Josh gab den Kindern eine Schachtel Jelly Beans, die sie prompt auf dem Boden des East Rooms auskippten. Josh sammelte sie schnell wieder ein und hoffte, dass es niemandem auffallen würde.

Am Sonntagabend waren Don Jr. und Eric samt Familien sowie Tiffany wieder nach New York geflogen. Das Gleiche hatte Melania mit Barron getan, die erst fünf Monate später nach Washington ziehen würden. Als Melania zurück ins Penthouse des Trump Towers kam, war es leer. Kein Donald, kein gehetztes Wahlkampfteam oder Amtseinführungskomitee. Zumindest vorerst gab es nichts mehr zu planen. Sie rief eine ihrer besten Freundinnen an und bat sie, ihr Gesellschaft zu leisten. Jetzt war sie die First Lady der Vereinigten Staaten. Gleichzeitig war sie aber auch ganz und gar allein.

Ivanka und Jared waren in Washington geblieben und bezogen ihr frisch gemietetes, fast ein Jahrhundert altes 630-Quadratmeter-Zuhause mit sechs Schlafzimmern, sieben Bädern, fünf Kaminen, einer Zweiergarage, einem Wintergarten, einem Garten und einer Terrasse vor dem Elternschlafzimmer. Es war ihre erste Übernachtung dort, und sie hatten noch nicht alle Möbel ausgewählt. Also bestellten sie Pizza und aßen sie auf dem Parkettboden. Das Leben, das sie kannten, neigte sich dem Ende entgegen. Am Morgen wartete ein neuer Alltag auf sie.

KAPITEL 2

Wahlkampf / Übergang

AM 16. JUNI 2015 glitt Ivanka die vergoldete Rolltreppe hinunter in die Lobby des Trump Towers, des Kronjuwels ihres Vaters in Midtown Manhattan, wo sie und ihre Brüder aufgewachsen waren und nun als Manager der Trump Organization arbeiteten. Sie ging an der Menge vorbei, die sich innerhalb der polierten malvenfarbenen Wände versammelt hatte. Die Wände waren an diesem Tag mit königsblauen Schildern mit der Aufschrift »TRUMP Make America Great Again« geschmückt. Ivanka trug ein weißes Etuikleid, ihr goldgelbes Haar war in der Mitte gescheitelt und zu einem Knoten zusammengebunden, der den Blick auf zwei silberne Creolen freigab, die schaukelten, als Ivanka ihren Platz hinter dem Rednerpult einnahm. Sie lächelte die gut hundert Menschen an, die auf ihre Ankündigung warteten, und holte Luft. Flankiert von einem halben Dutzend amerikanischer Flaggen fing sie an: »Heute habe ich die Ehre, einen Mann vorzustellen, der eigentlich keine Vorstellung braucht. Dieser Mann ist mein Vater.« Die Menge jubelte, und Ivankas pink geschminkte Lippen öffneten sich zu einem strahlend weißen Grinsen. Um die Nase bildeten sich Lachfalten, und nach einem besonders wilden Begeisterungsruf von der Galerie kicherte sie ein wenig. Sie lobte ihren Vater: für seine Karriereerfolge, für sein Verhandlungstalent, für seine schonungslose Offenheit, für seine Loyalität gegenüber seinen Freunden. »Ich kann mich nun schon seit zehn Jahren glücklich schätzen, mit meinem Vater zusammenzuarbeiten, und ich sehe, wie er diese Prinzipien täglich in die Tat umsetzt«, sagte sie. Aber bevor sie angefangen hatten, für ihn zu arbeiten – also in offizieller Funktion; in vielerlei Hinsicht sind die Trump-Kinder schon seit ihrer Geburt Mitarbeiter im Dienste der Marke Trump –, hatte Donald seinen Kindern eingebläut, dass sie hart arbeiten und in allem nach Perfektion streben mussten. Seine Tochter erzählte: »Ich weiß noch, was er mir sagte, als ich ein kleines Mädchen war: ›Ivanka, wenn du sowieso schon etwas planst, dann klecker nicht, sondern klotze.‹« Es gebe keinen besseren Partner, wenn man mit schwierigen Gegnern oder Entscheidungen konfrontiert werde. »Meine Damen und Herren«, sagte sie und lehnte sich näher ans Mikrofon, »ich darf Ihnen nun einen Mann vorstellen, den ich schon mein ganzes Leben lang liebe und respektiere: Donald J. Trump.«

Sie strahlte die Menge an, während Neil Youngs »Rockin’ in the Free World« aus den Lautsprechern dröhnte und von den marmorierten Wänden widerhallte. Zwei Minuten und fünfundvierzig Sekunden – zwei ganze Strophen, zwei Refrains und bis in die Bridge hinein – stand sie da, nickte, lächelte und konnte doch nicht stillstehen, bis Donald Trump endlich die Rolltreppe herunterkam. Don Jr., Jared und Tiffany starrten sie von rechts neben der Bühne an, von wo aus sie ihre Rede verfolgt hatten, und sahen aus, als wäre ihnen die Situation ebenso peinlich wie Ivanka, der das Warten sichtlich unangenehm gewesen war. Schließlich dankte Donald ihr, hielt seine Rede und verkündete seine Kandidatur, die von den Medien und allen, die Donald aus dem Fernsehen oder der Regenbogenpresse seit Jahrzehnten kannten, größtenteils als Witz und Branding-Gelegenheit aufgenommen wurde.

Es war nicht das erste Mal, dass Donald mit der Präsidentschaftskandidatur liebäugelte. Und auch nicht das zweite oder dritte Mal. Er tat das eben manchmal, wenn es seiner Firma nutzte oder seinem Ego guttat oder wenn er einfach etwas gefunden hatte, das bei den Leuten gut ankam. Wenn seine Kinder im Laufe der Jahre zu den politischen Ambitionen ihres Vaters befragt wurden, schlugen sie gern die gleiche Saite an. Im Herbst 1999 kam Don Jr. zu einer Bürgerversammlung auf dem Campus der University of Pennsylvania, wo er damals studierte. Sein Vater spielte mit dem Gedanken, als Kandidat der Reform Party anzutreten, und ließ sich von Chris Matthews für Hardball interviewen. Das Publikum bestand aus 1200 Studenten, darunter Don Jr., der vor der Menge aufstehen musste. »Er sieht viel besser aus als ich«, verkündete Donald. Auch Ivanka wurde über die Jahre oft zu den Ambitionen ihres Vaters auf das Präsidentenamt befragt. In einem Interview mit Harper’s Bazaar im Jahr 2011 sagte sie, ihr Vater wäre als Anführer der freien Welt genau das, was gebraucht würde: »Er hat die besten Voraussetzungen, um mit den wichtigsten Herausforderungen unserer Nation fertig zu werden, vor allem dem riesigen Schuldenberg, unter dem wir alle ersticken«, sagte sie. »Wir brauchen einen scharfsinnigen Finanzexperten, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Amerika ist das größte Unternehmen der Welt. Auf dem freien Markt würde man ja auch nicht irgendeinen Anfänger als Chef einer Firma dieser Größe anheuern.« Trotz des vielen Lobes vonseiten seiner Kinder hatte Donald nie den letzten Schritt getan.

Bis jetzt. Ivanka genoss den Augenblick. Don Jr. sprühte vor Begeisterung, als er nach der Rede seines Vaters im Aufzug nach oben fuhr. Sein Handy stand nicht mehr still. »Mein Kumpel aus den Special Forces hat mir gerade geschrieben«, erzählte er Sam Nunberg gleich, einem ehemaligen Mitarbeiter der Trump Organization. »Der fand es toll.« Eine Handvoll Leute, die er von der Jagd kannte, schickten ihm ähnliche Glückwunschnachrichten. »Die sind alle verdammt begeistert.«

VON DORT AUS wurde Don Jr. auf Wahlkampftour geschickt. Er war wahrscheinlich der einzige echte Konservative im gesamten Team. Er passte gut zum konservativen Hinterland Amerikas, etwas versteckt unter seinem Patrick-Bateman-Äußeren: den zurückgegelten Haaren, den lackweißen Zähnen, dem dicken Schlipsknoten. Da er manchmal auf wochenlange Jagdreisen gegangen war und sich in ländlichen Gegenden, dem eigentlichen Herz der USA, aufhielt, hatte er eine gute Einsicht in die Welt außerhalb des Trump Towers bekommen, abseits der Golfplätze und des feinen Lebens. Also wurde er für die Wahlkampfbesuche eingeteilt. Ivanka stellte oft ihren Vater vor. Sie war das verspannte blonde Löffelchen voll Zucker vor seinen bitteren, weitschweifigen Reden. Eric und auch seine Frau Lara waren oft bei Fox News zu Gast. Sie saßen bei den Debatten im Familienbereich, nahmen an den Bürgerversammlungen teil und aßen in Diners im kalten Winter New Hampshires. Sie hatten das Gefühl, dass dieser Augenblick sowohl vergänglich als auch einmalig war, also luden sie Kindheitsfreunde und enge Vertraute in die Backstagebereiche der Debatten und anderen wichtigen Veranstaltungen ein, weil sie sich sicher waren, dass sie dem politischen Prozess nie wieder so nah sein würden und das Ganze im Handumdrehen wieder vorbei sei.

DAS WAR ES dann natürlich doch nicht. Als Donald die ersten Erfolge bei den innerparteilichen Vorwahlen einfuhr, übernahmen die Trump-Kinder ihre Rolle im Wahlkampf quasi als Vollzeitjob – teilweise vor allem als Ersatz für ihre Stiefmutter, die den Wahlkampf verabscheute und lieber mit Barron in New York blieb.

Als Donald Anfang Mai die Vorwahl in Indiana gewann, hatte er die Nominierung so gut wie sicher. Ted Cruz, einer der wenigen anderen Republikaner, die es zu diesem Zeitpunkt noch darauf ankommen ließen, gegen ihn anzutreten, warf am gleichen Abend das Handtuch. Wieder fuhr Donald die Rolltreppe herunter in die malvenfarbene Marmorlobby, um seine Siegesrede zu halten. Melania stand zu seiner Linken, Ivanka und Jared, Eric und Lara, Don Jr. und Vanessa zu seiner Rechten, alle strahlten leicht verhalten.

»Wie immer möchte ich damit beginnen, meiner Familie zu danken.« Donald lehnte sich nah an das Mikrofon, das seine Wahlkampfmitarbeiter auf einer Behelfsbühne vor einer jubelnden Menge voll roter MAGA-Baseballmützen aufgebaut hatten. »Meiner Frau, meinen Kindern. Eigentlich sind sie ja keine Kinder mehr, aber für mich sind sie es noch. Sie bleiben immer meine Kinder«, witzelte er. »Das ist schön zu sehen, das ist ein schöner Anblick, und wir machen Amerika wieder großartig!«

Er hob seinen Schwiegersohn besonders hervor und lobte ihn für seine Arbeit, dank der er es so weit geschafft hatte. »Ehrlich gesagt ist Jared ein sehr erfolgreicher Immobilienmensch, aber ich glaube sogar, dass er die Politik lieber mag als die Immobilien«, erklärte Donald dem Publikum, woraufhin Ivanka einen Lachanfall bekam. »Aber er kann Politik wirklich sehr gut.«

Ein paar Tage später warf auch John Kasich, der Gouverneur von Ohio, das Handtuch, und war damit der sechzehnte Gegner, den Donald in den Vorwahlen geschlagen hatte. Als voraussichtlicher Kandidat würde er bald die ersten Briefings über Angelegenheiten zur nationalen Sicherheit bekommen und auf den Wahlkampfplan für die Parlamentswahl umschwenken. Das Leben nach den Vorwahlen erwischte die Trumps eiskalt. Es bestand aus einem Organisations- und Planungsdickicht, das das winzige Anfängerteam der Trumps nicht ansatzweise durchdringen konnte, aber sie hatten genug gesunden Menschenverstand und Hilfe von außen, um mit den Plänen für spezifische notwendige nächste Schritte anzufangen. Bei dieser Gelegenheit bürdete Donald Jared gleich eine weitere Last auf. Er bat ihn, einen Entwurf für das Übergangsteam anzufertigen, wobei Jared selbst nicht mit dem Präsidentschaftsübergang betraut sein würde, falls sein Schwiegervater im November gewinnen sollte. Jared, der Wahlkampfleiter Corey Lewandowski und der leitende Berater Paul Manafort trugen Ideen zusammen, wer zu diesem Team gehören könnte und wo die Prioritäten bei der Auswahl liegen sollten.

Donald setzte sich in den Kopf, dass der Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, die Leitung des Übergangsteams übernehmen solle. Zwar hatte Christie Kritik an Donald geübt, als er selbst noch Präsidentschaftskandidat hatte werden wollen, aber er war einer der Ersten der früheren Gegner gewesen, die Donald ab Februar unterstützten. Kompliziert wurde die Sache nur dadurch, dass Jared, der die Auswahl leitete, den Kerl hasste. Knapp über ein Jahrzehnt vorher hatte Christie Jareds Vater hinter Gitter geschickt und ihn auch noch achtundzwanzig Tage länger in Haft behalten, als die Familie Kushner es erwartet hatte. Diese unterschwelligen Spannungen waren kein Geheimnis, auch für Donald nicht, weil er wusste, dass dieses Thema auch Ivanka am Herzen lag. Es war dennoch sein Wahlkampf, und wenigstens diese Entscheidung konnte ihm keiner nehmen.

Bereits am achten Mai hatte Donald Christie den Job angeboten. Er bestellte den Gouverneur in sein Büro im fünfundzwanzigsten Stock des Trump Towers, wo Donald den Großteil seiner Wahlkampfarbeit erledigte, wenn er in New York war, inmitten seiner opulenten Sammlung an Erinnerungsstücken aus der Welt des Sports – Tom Bradys Super-Bowl-Helm, Mike Tysons Gürtel, Shaquille O’Neals schwarz-weiße Basketballschuhe in Größe 60. Auf dem Schreibtisch befanden sich ein Foto von Donalds Vater Fred und diverse Papierstapel, die Wände zierten gerahmte Zeitschriftencover, auf denen Donald abgebildet war, und der rote Ledersessel, von dem aus er den Chef bei The Apprentice gespielt hatte, stand in der hinteren Ecke. Auch Corey Lewandowski kam, und sie sprachen darüber, wie der Präsidentschaftsübergang im Groben ablaufen würde, sowie darüber, wie die Pressemitteilung klingen solle, in der sie Christies Besetzung veröffentlichen würden.

Auch Jared kam dazu und wollte das Ganze ein wenig bremsen. »Ach, wir haben es doch nicht eilig«, sagte er. »Lassen wir uns doch damit noch ein wenig Zeit.«

Lewandowski unterbrach ihn. Doch, sie hätten es durchaus doch eilig. Das Weiße Haus hatte schon den Namen des Leiters des Übergangsteams angefragt, und auch bei dem Treffen in wenigen Wochen würde das Thema zur Sprache kommen. Sie mussten die Entscheidung treffen und öffentlich machen. Donald war derselben Meinung. Was sollte die Warterei auch bringen? Der Entschluss war gefallen. Also weiter im Text!

Im Gegensatz zu Charlie Kushner, dessen Temperament plötzlich auflodern und einen ganzen Raum in Sekundenschnelle niederbrennen konnte, brodelte Jareds Wut unterschwellig vor sich hin. Je wütender er wurde, desto stiller war er. Als er also schließlich den Mund öffnete, flüsterte er fast. Er sprach nur selten offen über den Gefängnisaufenthalt seines Vaters, aber an diesem Tag gab es kein Halten mehr. Heraus kam ein leidenschaftlicher Monolog, der so lange andauerte, dass sein Schwiegervater ihn schließlich unterbrechen musste. »Das ist unfair!«, widersprach Jared. »Er hat meine Familienmitglieder benutzt, um seine eigenen Ziele zu erreichen, und du willst einfach nicht verstehen, was er uns angetan hat.«

Christie, der selbst nie ein Blatt vor den Mund nimmt, kochte innerlich. Bevor er aber etwas entgegnen konnte, hob Donald zu seiner Verteidigung an. »Er hat nur seinen Job getan. Du hättest es an seiner Stelle nicht anders gemacht«, belehrte er seinen Schwiegersohn. »Zornig kannst du da nur auf deine eigene Familie sein. Die haben Chris doch die ganzen Informationen übergeben.« Jareds Hauptproblem sei, dass er Donald zur Zeit der Verhandlung noch nicht gekannt habe, ergänzte er; Donald und Christie seien so gute Freunde, dass dann alles völlig anders abgelaufen wäre. Dann hätte Christie bei Jareds Familie Gnade walten lassen. »Nein, nein, nein«, unterbrach ihn Christie. »Ich mag dich wirklich sehr, aber das hätte nichts geändert.«

»Doch, doch, doch«, widersprach Donald. »Dann wäre alles anders gewesen.« Zum Schluss schlug Donald vor, Jared, Charlie, er und Christie sollten einmal zusammen essen gehen, um die Sache aus der Welt zu schaffen. Jared merkte an, dass das wohl nicht unbedingt die beste Idee sei.

»Jared, wir zwei haben doch schon darüber geredet«, beschwichtigte Donald. »Chris ist der Richtige.«

»Meinetwegen«, erwiderte Jared. »Wenn das deine Entscheidung ist, dann ist das eben so.« Er drehte sich um und ging. Auch Lewandowski entschuldigte sich bald darauf und verließ den Raum.

Am Nachmittag veröffentlichte das Wahlkampfteam die Mitteilung über Christies Besetzung. »Gouverneur Christie ist ein extrem kenntnisreicher und loyaler Mensch mit dem Know-how und dem Wissen, ein Übergangsteam zusammenzustellen, wie es zuvor noch keins gegeben hat; eins, das bereit ist, das Weiße Haus zu übernehmen, wenn wir im November gewinnen. Ich bin dankbar dafür, dass Gouverneur Christie unsere Bewegung unterstützt«, gab Donald bekannt.

ALS DIE ENTSCHEIDUNG gefallen war, riefen Donald und Jared Charlie Kushner an, um ihm mitzuteilen, dass Christie nun offiziell den Präsidentschaftsübergang leiten würde, baten um seinen Segen und sorgten somit dafür, dass das Verhältnis zur Schwiegerfamilie keine unheilbaren Schäden nahm. Der Anruf wurde aus Respekt und Notwendigkeit getätigt, aber nicht ohne große Sorge. Charlies Temperament war legendär im Großraum New York. Er konnte jederzeit und überall jeden niedermachen und seinem Opfer potenziell mit seinem Gebrüll das Trommelfell platzen lassen.

Charlie gab sich jedoch cool, als Donald ihn anrief, um ihm seine Besetzungsentscheidung mitzuteilen. Er hörte geduldig zu, was sein machatunim zu sagen hatte. Er holte tief Luft. »Hör zu«, sagte er. »Die Hauptsache ist, dass du gewinnst und dass du vorbereitet bist.« Für die, die den Anruf gehört haben, oder Donalds und Jareds Berichte davon, klang Charlie ehrlich großmütig, geradezu hilfsbereit und freundlich. Das spätere Privatgespräch zwischen Vater und Sohn verlief gänzlich anders. Vertraute der Familie erinnerten sich, dass Charlie zu Jared gesagt habe, sie könnten Christie fürs Erste seine Sache machen lassen. Das Ganze würde zu einem späteren Zeitpunkt geregelt werden. Und tatsächlich wurde Christie sechs Monate später, nur Tage nach der Wahl, von seinem Posten gefeuert. Nachdem er monatelang unbezahlt gearbeitet hatte und jeden Mittwoch nach Washington in die Übergangsbüros gekommen war, um auf den Tag hinzuarbeiten, an dem all das umgesetzt würde, was er und sein Team vorbereitet hatten. Viele glaubten, dass Christies Rauswurf auf Jared zurückgehe und von Anfang an geplant gewesen sei.

DAS ERSTE GESPRÄCH zwischen Jared und Christie zur Übergangsplanung war nicht einfach. Es half nicht gegen die Bedenken, ob die beiden wohl friedlich miteinander umgehen konnten, während sie einen der komplexesten, technisch aufwendigsten und zentralsten Aspekte des Wahlkampfes planten und auf die mögliche Zeit danach vorbereiteten. Also sprachen sie sich bei einem zweiten Treffen aus. Don Jr. war an diesem Tag im Sommer 2016 nicht im Trump Tower, daher war sein Büro im fünfundzwanzigsten Stock unbesetzt. Jared bat Christie, sich dort mit ihm zu treffen. Als sie sich an dem runden Tisch gegenübersaßen, gab er zu, dass er sich bei ihrem letzten Treffen vielleicht nicht so verhalten habe, wie er es ursprünglich gewollt hatte. Er habe in der Zwischenzeit darüber nachgedacht, sagte er, und sei zu dem Schluss gekommen, dass Donalds Sieg das Wichtigste sei und dass dieser so gut wie möglich auf das Präsidentschaftsamt vorbereitet werden müsse. Er habe mit dem Vergangenen abgeschlossen und wolle, dass sie gut zusammenarbeiteten.

Christie war skeptisch. Wie sehr konnte jemand mit etwas abgeschlossen haben, der ein Portemonnaie in der Tasche hatte, das ihm sein Vater buchstäblich im Gefängnis genäht hatte? Christie selbst hatte natürlich auch noch nicht so ganz das Kriegsbeil begraben. Die Situation entspannte sich nicht: erst recht nicht Monate später, lange nachdem er wohl unter anderem wegen Jared gefeuert worden war und verschiedene Berichte von Jareds Treffen mit russischen Kontakten und Verstrickungen in die Entlassung des FBI-Direktors James Comey die Aufmerksamkeit der Robert-Mueller-Ermittlungen auf alle zog. »Gut, dass ich mir die Knastnummer seines Vaters offengelassen habe«, witzelte Christie mit Freunden.

Aber Jared und Christie mussten nun zusammenarbeiten, ob sie wollten oder nicht. Sie beide waren Profis und auf einen sauber geplanten Übergang erpicht. Keiner von beiden wollte Streitereien, wo doch in so kurzer Zeit so viel Arbeit bewältigt werden musste.

Dank einiger Faktoren verlief Christies spätere Absetzung glatt. Donald lehnte es nicht nur ab, an den Übergangsplänen mitzuarbeiten, er wollte nicht einmal davon hören, lesen oder darüber sprechen. Er hatte keinen Schimmer, ob Christie gute Arbeit geleistet hatte, ob das von ihm zusammengestellte Team sich auskannte, ob die richtigen Materialien erstellt worden waren und ob die geschaffenen Richtlinien, Protokolle und Konzepte zu Donalds Vorstellungen von der Regierungsbildung nach dem neunten November passten. Er konnte sich nur auf das verlassen, was seine Vertrauten – zum Beispiel seine Kinder und deren Ehepartnerinnen und – partner – ihm von den Plänen und deren Fortschritt erzählten.

Donalds Entscheidung, sich vom Präsidentschaftsübergang fernzuhalten, hatte nichts mit ethischen Bedenken, Zeitvorgaben oder dem Anspruch zu tun, sich nur auf eine Sache gleichzeitig zu konzentrieren. Er wollte nichts mit der Übergangsplanung zu tun haben, weil er fand, das bringe »schlechtes Karma«. Wenn er in der Zeitung oder in den Nachrichten irgendwelche Planungsdetails fand, rief er Freunde und Mitarbeiter an und brüllte vor Wut. Dann erklärten sie ihm geduldig, dass sie entsprechend einem Bundesgesetz aus den Sechzigern handelten, das ein Übergangsteam für die geordnete Machtübergabe zwischen der alten und der neuen Regierung forderte, ob das nun schlechtes Karma brachte oder nicht. Wenn er damit nichts zu tun haben wollte, war das in Ordnung. Aber sie konnten das Ganze nicht einfach überspringen.

Jared dagegen vertiefte sich in die Details. Er führte jeden Montag im sechsundzwanzigsten Stock des Trump Towers ein Meeting, in dem er, Christie, Jeff Sessions und Rich Bagger, Christies ehemaliger Stabschef, den er als Exekutivdirektor des Übergangs an Bord gebracht hatte, verschiedene Themen wie Personalbesetzung, politische Prioritäten und diverse Planungseinzelheiten besprachen. Wenn sie sich aus irgendeinem Grund nicht persönlich treffen konnten, wurde eine Konferenzschaltung vorbereitet. Nur selten, wenn überhaupt, wurde dieser Jour fixe abgesagt. Jared las Lebensläufe und segnete jeden einzelnen Mitarbeiter ab, den das Übergangsteam anheuern wollte, von der Sekretärin bis hoch zu den Experten für nationale Sicherheit und Wirtschaft. Auch jede Überprüfung eines potenziellen Kabinettsmitglieds bedurfte Jareds Einwilligung.

IM JUNI HATTEN die Trump-Kinder schon genug von Lewandowski. Sie fanden, er spreche die schlimmsten Instinkte ihres Vaters an; sie wussten, dass sie ihren Vater abfangen und umlenken mussten, wenn er mit Vollgas auf den Abgrund zusteuerte, während, so hatten sie das Gefühl, Lewandowski ihn in solchen Momenten lieber anfeuerte. Er war ein Jasager, als Donald dringend Neinsager um sich brauchte, zumal sich der Wahlkampf der Parlamentswahlphase näherte.

Außerdem missfiel es ihnen, dass Lewandowski immer als Erster mit dem Kandidaten die Trump Force One betrat, mit ihm zu jeder Wahlkampfveranstaltung reiste, im Flieger die Füße hochlegte und es sich in ihren Augen allzu gemütlich machte. Außerdem war er ein Schnorrer, der massenweise Red Bull bestellte und einen Karton am Tag trank, sodass sein Atem danach stank. Auch gefiel es der Familie nicht, dass Donald ihn in einer Trump-Wohnung wohnen ließ. »Er war der Wahlkampfmanager, aber für ihn zählten nur das Flugzeug und die Nähe zum Chef. Er hielt einfach dauernd die Hand auf«, erinnerte sich ein Kollege. »Warum war er nicht im Trump Tower, um den Wahlkampf zu führen, statt sich mit der ganzen Trump-Aufmerksamkeit ein schönes Leben zu machen?«

Obendrein hatte Lewandowski im Frühjahr mehrfach für negative Schlagzeilen gesorgt. Erst hatte er bei einer Veranstaltung in Florida einen Journalisten am Arm gepackt und war festgenommen worden, auch wenn die Anklage später fallen gelassen worden war. Dann kam es Mitte Mai zu einer lautstarken Auseinandersetzung mit der Kommunikationschefin Hope Hicks an der Ecke Sixty-First Street und Park Avenue, die in der Klatschspalte auf Seite sechs der New York Post detailliert wiedergegeben wurde. Lewandowski war verheiratet und Hope der Liebling der Familie Trump – eine PR-Frau, die für Ivankas Marke gearbeitet hatte, bevor sie angeheuert und später von Donald für die Trump Organization gewonnen wurde. Dass sie sich während des Wahlkampfes auf ein Verhältnis mit Lewandowski eingelassen hatte, war ein wunder Punkt zwischen Hope und Ivanka, wie auch den restlichen Trump-Kindern, die Hope als eine der ihren sahen. Dass es dann ausgerechnet in der gleichen Zeitung breitgetreten wurde, in der davor auch jedes Detail über die Affäre ihres Vaters gestanden hatte, war also inakzeptabel.

Und nicht nur die Trump-Kinder hatten Probleme mit Lewandowski. Auch Reince Priebus, damaliger Vorsitzender des Republican National Committee, reagierte gereizt auf ihn. Wie auch andere wichtige Trump-Anhänger, die der Meinung waren, er sei nicht ehrlich und würde den Umschwung zum Parlamentswahlkampf nicht meistern. Also bestellten Don Jr., Michael Cohen und Matt Calamari Lewandowski am zwanzigsten Juni um sieben Uhr morgens ein, bevor Donald ins Büro im sechsundzwanzigsten Stock gekommen war. Warum sollte er schließlich noch den ganzen Tag arbeiten, wenn sie doch wussten, dass er geschasst werden sollte? Und warum sollten sie Donald die Gelegenheit geben, es sich anders zu überlegen? »Es ist vorbei«, sagte Don Jr. zu Lewandowski. Calamari begleitete ihn dann nach draußen.

»Etwas musste sich ändern«, sagte Don Jr. hinterher in einem Interview bei Good Morning America. »Nein, das hat er nicht kommen sehen … An der Sache war nichts Böswilliges oder sogar Grausames.« Er fügte hinzu, sein Vater müsse nun auf die Parlamentswahl hinarbeiten. »Ich finde, dass jetzt Zeit ist, nach vorne zu schauen. Wenn man für die Präsidentschaft kandidiert, muss man eben schwierige Entscheidungen fällen.«

ALS DIE REPUBLICAN National Convention in Cleveland näher rückte, wollten alle Trump-Kinder bei der Entscheidung mitreden, wen ihr Vater als Vizepräsidentschaftskandidaten auswählen würde. Bis zum elften Juli hatten Donald und sein Team die Liste auf drei Namen reduziert. Chris Christie stand darauf. Ebenso Newt Gingrich, vormaliger Sprecher des Repräsentantenhauses, derzeitiger Nachrichtensender-Experte und Trump-Cheerleader. Außerdem hatte es der Gouverneur von Indiana, Mike Pence, auf die Shortlist geschafft, ein Christlich-Konservativer aus dem Bilderbuch. Pence war der klare Favorit vieler Mitglieder des Trump-Teams wie auch verschiedener republikanischer Größen wie Paul Ryan, derzeitiger Sprecher des Repräsentantenhauses, und Mitch McConnell, Senatsmehrheitsführer. Allerdings hatten die ersten beiden auf der Liste sich nicht nur als loyale Freunde Donalds erwiesen, sondern vor allem auch als Männer, die er mochte und mit denen er gerne über Gott und die Welt plauderte – zwei der wichtigsten Qualitäten überhaupt für Donald. Pence kannte er kaum, bis auf die politischen Kriterien, die er erfüllte, und die Umfragewerte, die Donald von seinen Leuten gezeigt bekam. Auf jeden Fall gaben die beiden ein seltsames Duo ab: Ein zum dritten Mal verheirateter Ehebrecher, der mit Griffen zwischen Frauenbeine angegeben hatte, und ein Mann, der nicht einmal mit einer Frau essen gehen würde, die nicht seine Gattin ist (die er wiederum liebevoll »Mutter« nennt).

Die heiße Phase der Auswahl des Vizepräsidenten hatte begonnen. Am Sonntag traf sich Donald mit Pence in Indiana. Am Montag erzählte er dann, die Akte, die ihm sein Team über Gingrich zusammengetragen habe, lasse selbst ihn dagegen wie einen Heiligen aussehen. Damit war Gingrich wohl aus dem Rennen. Es sah also aus, als wären nur noch zwei Optionen auf dem Tisch, auch wenn im Trumpland bis zum letzten Moment immer noch alles möglich ist. Denn Donald konnte ja erneut zurückrudern oder den Kurs wechseln und hinterher wieder so tun, als wäre nichts gewesen.

Am Dienstag stellte Gouverneur Pence Donald als Kandidaten bei einer privaten Spendenveranstaltung und einem öffentlichen Wahlkampftermin in Westfield, Indiana vor. »Wir wollen einen Kämpfer, einen Macher, einen Patrioten im Oval Office«, rief er der Menge zu. Donald, der ewige Reality-TV-Star, fragte seine Fans, wie gut Pence seine Arbeit als Gouverneur mache. »Gut? Finde ich auch«, witzelte er. »Mal sehen, ob er euer Gouverneur bleibt oder doch Vizepräsident wird. Wer zum Teufel weiß das schon?«

Er selbst damals sicherlich nicht. Am Abend strandete er in Indiana – eine kleine Katastrophe für einen Mann, der seine vertrauten Annehmlichkeiten brauchte und fast immer zurück nach New York flog, egal wie lang der Wahlkampftermin ging oder wie unsinnig es mitten im übervollen Reiseplan war. Aber die Trump Force One hatte technische Probleme, also musste Donald bleiben.

Er gab dem Wall Street Journal ein Telefoninterview, in dem er sagte, er suche einen »Mitstreiter mit Nahkampferfahrung« als Vizepräsidenten. Christie und Gingrich seien »zwei außerordentliche Krieger«. Auch die Chemie sei wichtig, was ebenfalls für die beiden spreche. »Die hat man oder eben nicht. Mit Chris und Newt stimmt sie auf jeden Fall.« Pence dagegen kenne er nicht gut genug, um zu beurteilen, was für ein Krieger er sein könne oder ob bei ihnen die Chemie stimme.

Gegen zehn Uhr abends rief Donald Christie an, der in einem Hotel in Washington war. »Bist du bereit?«, fragte Donald seinen Freund. »Bereit wozu?«, fragte Christie. »Bist du bereit?«, wiederholte Donald. Christie wollte nicht um den heißen Brei herumreden und fragte Donald, ob er ihm gerade die Nominierung anbiete.

Donald stammelte und wich aus. Er sagte, er habe seine absolut endgültige Entscheidung noch nicht getroffen, wolle aber wissen, ob Christie bereit für die Vizepräsidentschaft sei und ob seine Frau Mary Pat sich für den Wahlkampf einspannen lassen würde, weil Melania lieber im Hintergrund bleiben wolle. Am Ende des Gesprächs bat Donald ihn, in der Nähe des Telefons zu bleiben.

Donald legte auf, rief seine Familie an und sagte, Christie gefalle ihm. Er vertraue ihm und wisse, dass Christie im Parlamentswahlkampf Kleinholz aus Hillary Clinton machen würde, und er brauche nun mal jemanden, der dazu bereit sei und das könne. Donalds Kinder beendeten das Gespräch mit ihrem Vater zügig und riefen Keith Schiller an, Donalds langjährigen Personenschützer. Sie wollten alle nach Indiana fliegen, um in der Sache des Vizepräsidenten einzugreifen.

AM NÄCHSTEN MORGEN kamen Donald, Don Jr., Ivanka, Jared, Eric und der Wahlkampfmanager Paul Manafort zum Frühstück zu den Pences nach Indiana. Jared verriet Pence heimlich, er müsse seinen Schwiegervater dringend umgarnen. Ansonsten würde ihm die Chance durch die Finger rinnen, bevor auch nur der Tisch abgeräumt sei.

Das Essen lief immerhin so gut, dass es Donald ein bisschen zum Nachdenken brachte und er sich schon nicht mehr ganz so sicher war wie am vorherigen Abend. Am Abend desselben Tages erklärte er Bret Baier von Fox News, es gebe noch mehrere Konkurrenten – möglicherweise ganze vier –, wobei er zwei in der engeren Auswahl habe. »Ich sag’s Ihnen, Chris Christie gefällt mir schon eine ganze Zeit«, berichtete er dem Moderator. »Das ist ein absoluter Profi. Übrigens ein grundanständiger Kerl. Das wissen viele gar nicht.« Er fügte hinzu, ihr Treffen sei »sehr gut« gelaufen. »Er hat sich mir gegenüber immer respektvoll verhalten und … weiß zu schätzen, was ich politisch geleistet habe«, sagte er. »Und wir hatten ein tolles Treffen.«

Ursprünglich hatte er gesagt, er werde seine Entscheidung bis Freitag bekannt geben. Der Druck wurde dadurch erhöht, dass Freitag auch der Stichtag war, an dem Pence entscheiden musste, ob er sich erneut als Gouverneur zur Wahl stellen würde. Am Donnerstagabend war Donald aufgeregt und sich wegen Pence unsicher, er ärgerte sich, dass er unter diesem Zeitdruck eine Entscheidung treffen musste. Jared erinnerte ihn daran, dass er keinen besten Kumpel für sich auswählen sollte, sondern einen Mann, mit dem er zusammen so wählbar wie möglich war und der die Kluft zum Establishment der republikanischen Partei überbrückte. Manafort war Jareds Meinung und ergänzte, er wisse nicht, ob Christie gut zu managen sei, außerdem erinnerte er ihn an dessen eigene Ambitionen auf das Präsidentenamt. Donald dürfe doch keinen nehmen, der selbst Präsident werden wolle. Ungeachtet der Tatsache, dass ein solcher Fall recht häufig vorkommt, konnte Donald die Bedenken der beiden nachvollziehen.

Aber ihm war immer noch nicht wohl bei der Entscheidungsfindung. Er wusste nicht, was er tun sollte; seine Familie drängte ihn in Richtung Pence. Am gleichen Abend fuhr ein Terrorist in Nizza nach dem alljährlichen Feuerwerk zum Nationalfeiertag einen gemieteten Neunzehn-Tonnen-LKW auf die Promenade des Anglais, tötete sechsundachtzig Menschen und verletzte Dutzende weitere. Das Wahlkampfteam wollte deshalb die Bekanntgabe verschieben. Aber Donald wurde unruhig und tweetete seine Entscheidung kurz vor zehn Uhr morgens: »Mit Freude gebe ich bekannt, dass ich Gouverneur Mike Pence als meinen Vizepräsidentschaftskandidaten ausgewählt habe. Pressekonferenz morgen früh um 11

Als er mit Christie sprach, erklärte Donald, Pence sehe nun mal einfach aus wie ein Vizepräsident. Den müsse er nehmen, sagte er. Aber wenn Donald gewinnen sollte, müsse Christie einfach nur einen Posten nennen, er würde ihn sofort bekommen.

LANGE VOR DER Republican National Convention in Cleveland setzte Jared sich mit zwei Redenschreibern in Verbindung, Matthew Scully und John McConnell. Die beiden waren Profis; sie hatten eng mit Präsident George W. Bush zusammengearbeitet und unter anderem mit ihm die Rede aufgesetzt, die er nach den Angriffen vom elften September gehalten hatte. Jared wollte, dass sie eine tolle Rede schrieben, die seine Stiefschwiegermutter auf der Bühne bei der Republican National Convention halten würde. Melania hielt sich im Wahlkampf so sehr zurück, dass sie kaum jemals ihren Mann zu Wahlkampfveranstaltungen begleitete. Zu Hause in New York hatte sie einen kleinen Sohn, dessen Leben sie so normal wie möglich gestalten wollte. Sie versuchte immer noch, Barron so oft es eben ging, selbst von der Schule abzuholen, auch wenn sich das mit der Zeit als immer schwierigeres Unterfangen gestaltete, weil ihre Personenschützer vom Secret Service bei Schulschluss jedes Mal einen riesigen Stau verursachten. Nichts an diesem ganzen Politikzeug war ihre Idee gewesen; sie mochte ihr Leben, und warum sollte es auch anders sein? Es fand größtenteils hinter vergoldeten Türen statt, in Flugzeugen, Gebäuden und auf Golfplätzen, die entweder den Namen ihres Mannes trugen oder auf denen er das Sagen hatte. Sie war ein ehemaliges Model, also war die Aufmerksamkeit nicht das Problem. Aber Englisch war nicht ihre Muttersprache, und sie sah, wie die Presse ihren Mann täglich in der Luft zerriss. Niemand bei gesundem Verstand hätte sich bereitwillig diesen Wölfen zum Fraß vorgeworfen.

Jared wollte, dass ihr seltener Auftritt ein absoluter Erfolg wurde. Das würde nicht nur dem Wahlkampf einen Anschub geben, es würde auch die Amerikaner ansprechen, die sich vielleicht an den vielen Ehen des Kandidaten oder an seinem Umgang mit Frauen störten. Gleichzeitig würde ein solches Erfolgserlebnis vielleicht in Zukunft dafür sorgen, dass sich Melania öfter mal mit ins politische Getümmel stürzte. Sie schnitt in Umfragen gut ab. Und wenn Donald über die nächsten Monate gegen die allererste Präsidentschaftskandidatin Amerikas antrat, konnte es nicht schaden, eine Frau an Bord zu haben, die von den Leuten gemocht wurde, die ihren Mann etwas weicher wirken ließ und die ihn verteidigte. McConnell und Scully waren ebenfalls dafür. Einen guten Monat vor der Convention schickten sie ihr einen Entwurf. Eine Reaktion darauf bekamen sie nicht.

Stattdessen zerriss sie den Entwurf vor ihren engsten Vertrauten. Er hörte sich nicht nach ihr an. Sie wollte neu anfangen. Dabei half ihr unter anderem Meredith McIver, eine ehemalige Berufsballerina und nun Trump-Mitarbeiterin, die Donald beim Verfassen seines Buches Trump: Think Like a Billionaire geholfen hatte. Auch eine Handvoll anderer Leute unterstützten Melania.

Keiner von ihnen hielt Melania davon ab, am Montagabend auf die Bühne der Convention zu steigen, um vor dreiundzwanzig Millionen Zuschauern eine Ansprache vorzutragen, die ganze Sätze und Themen aus einer Rede stahl, die Michelle Obama Jahre vorher vor der Democratic National Convention gehalten hatte.

Der Trump-Wahlkampf ging sofort zur Schadensbegrenzung über. Es war vollkommen unverständlich, wie dieser kolossale – und absolut vermeidbare – Fehler unerkannt an so vielen Leuten vorübergegangen war. Konnte man einer Bande, die nicht mal die potenzielle First Lady davor bewahrt hatte, die Rede der alten First Lady Wort für Wort abzukupfern, zutrauen, einen erfolgreichen Wahlkampf zu führen – und später womöglich die Vereinigten Staaten zu beschützen? Melania Trump war kaum von der Bühne gegangen, als die ersten Journalisten schon gemerkt hatten, dass weite Teile ihrer Rede ausgeliehen waren.

Nur kurze Zeit später begannen die Schuldzuweisungen im Trump-Lager. Am Dienstagmorgen ließen Ivanka und Jared mit ein paar anderen im Hotelfitnessraum Dampf ab. Jared ging zu einem Mitarbeiter des Übergangsteams, der auf dem Ergometer strampelte, die Schlagzeilen verfolgte – als würde irgendjemand von etwas anderem reden als Melaniagate – und die Sache wohl für einen Augenblick vergessen wollte. »Das ist alles Manaforts Schuld«, sagte Jared dem Mitarbeiter, der sich fragte, warum es ausgerechnet in Manaforts Verantwortungsbereich liegen sollte, die Rede der Frau des Kandidaten Korrektur zu lesen und zu überprüfen, dass sie nichts von Michelle Obama abgeschrieben hatte. Einen Monat später wurde Manafort gefeuert.

DIE MITGLIEDER DES Wahlkampfteams wussten, dass sie als Ersatz für Manafort jemanden brauchten, der das Schiff wieder auf Kurs bringen konnte, das zu diesem Zeitpunkt gerade im Sinken begriffen war. Der Ton der gesamten Republican National Convention war mürrisch, niedergeschlagen und ängstlich. Die Democratic Convention wirkte dagegen wie die leuchtende Stadt auf der Höhe, in der die meisten Amerikaner lieber leben wollten, egal wie realistisch oder euphemistisch das war. Donald war in öffentliche Fehden mit einer ehemaligen Teilnehmerin eines Schönheitswettbewerbs verwickelt, die sagte, er habe sich abschätzig über ihr Gewicht geäußert, und genauso mit den Khans, den muslimischen Eltern eines gefallenen US-Soldaten, die Trump bei der Democratic National Convention wegen seiner Wahlkampfrhetorik kritisierten.

Seine Umfragewerte sackten ab und brauchten einen neuen Anstoß. Jared erkundigte sich bei seinen Freunden und den engeren Wahlkampfberatern seines Schwiegervaters nach möglichen Lösungen. Ivanka wusste, dass es gut aussehen würde, eine Frau heranzuholen, selbst wenn der Schritt als offensichtlicher Schachzug belächelt werden würde. Insgesamt war Jared überzeugt, dass niemand den Wahlkampf besser führen konnte als er selbst – er war schließlich schon seit Monaten praktisch der Wahlkampfmanager –, aber er teilte die Meinung seiner Frau. Er ließ sich Namen von Frauen geben, von denen er einer den Titel der Wahlkampfmanagerin verleihen konnte, wobei die Betreffende hauptsächlich nur im Fernsehen als Wahlkampfmanagerin auftreten würde. Das Sagen hätte weiterhin Jared. Die Leute, die er fragte, waren baff: Welche Frau bei Verstand würde sich darauf einlassen, wenn sie wusste, dass sie einen Pseudojob bekam, um Donald gut aussehen zu lassen, während in Wirklichkeit Jared die Zügel in der Hand hielt? Das müsse besagte Frau ja nicht wissen, erwiderte Jared dann.

Unter diesen Bedingungen schloss sich bald darauf Kellyanne Conway dem Wahlkampfteam an und wurde offiziell die erste Managerin eines Parlamentswahlkampfs in der Geschichte der Vereinigten Staaten.

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