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Das Geheimnis des Wüstenprinzen
Erscheinungstag: | Mi, 09.03.2016 |
Bandnummer: | |
Seitenanzahl: | 390 |
ISBN: | 9783733743123 |
E-Book Format: | ePub oder .mobi |
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Die gute Tochter
"Lauf!", fleht ihre große Schwester Samantha. Mit vorgehaltener Waffe treiben zwei maskierte Männer Charlotte und sie an den Waldrand. "Lauf weg!" Und Charlie läuft. An diesem Tag. Und danach ihr ganzes Leben. Sie ist getrieben von den Erinnerungen an jene grauenvolle Attacke in ihrer Kindheit. Die blutigen Knochen ihrer erschossenen Mutter. Die Todesangst ihrer Schwester. Das Keuchen ihres Verfolgers.
Als Töchter eines berüchtigten Anwalts waren sie stets die Verstoßenen, die Gehetzten. 28 Jahre später ist Charlie selbst erfolgreiche Anwältin. Als sie Zeugin einer weiteren brutalen Bluttat wird, holt ihre Geschichte sie ganz ungeahnt ein.
"Die gute Tochter" ist ein Meisterwerk psychologischer Spannung. Nie ist es Karin Slaughter besser gelungen, ihren Figuren bis tief in die Seele zu schauen und jede Einzelne mit Schuld und Leid gleichermaßen zu belegen.
"Die dunkle Vergangenheit ist stets gegenwärtig in diesem äußerst schaurigen Thriller. Mit Feingefühl und Geschick fesselt Karin Slaughter ihre Leser von der ersten bis zur letzten Seite."
Camilla Läckberg
"Eine großartige Autorin auf dem Zenit ihres Schaffens. Karin Slaughter zeigt auf nervenzerfetzende, atemberaubende und fesselnde Weise, was sie kann."
Peter James
"Karin Slaughter ist die gefeiertste Autorin von Spannungsunterhaltung. Aber Die gute Tochter ist ihr ambitioniertester, ihr emotionalster - ihr bester Roman. Zumindest bis heute."
James Patterson
"Es ist einfach das beste Buch, das man dieses Jahr lesen kann. Ehrlich, kraftvoll und wahnsinnig packend - und trotzdem mit einer Sanftheit und Empathie verfasst, die einem das Herz bricht."
Kathryn Stockett
„Die Brutalität wird durch ihre plastische Darstellung körperlich spürbar, das Leiden überträgt sich auf den Leser.“
(Hamburger Abendblatt)
„Aber es sind nicht nur die sichtbaren Vorgänge und Handlungen von guten oder schlechten Individuen, die die (…) Autorin penibel genau beschreibt. Es sind vor allem die inneren, die seelischen Abläufe, die überzeugen.“
(SHZ)
„Das alles schildert Slaughter mit unglaublicher Wucht und einem Einfühlungsvermögen, das jedem Psychotherapeuten zu wünschen wäre.“
(SVZ)
„Die aktuelle Geschichte um die Quinns ist eine Südstaaten-Saga der besonderen Art, von der ihr nicht weniger erfolgreiche Kollege James Patterson sagt, sie sei ‚ihr ambitioniertester, ihr emotionalster, ihr bester Roman. Zumindest bis heute‘.“
(Focus Online)
„Die Autorin hat hier ein ausgezeichnetes Buch vorgelegt, dass mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt hat.“
(Krimi-Couch.de)
„Es gibt Bücher, bei denen man das Atmen vergisst. Die Romane der amerikanischen Schriftstellerin gehören dazu. So auch dieser Pageturner. (…) Karin Slaughter versteht es meisterhaft, glaubwürdige Charaktere zu erschaffen und ihre Leser fortwährend zu überraschen.“
(Lebensart)
„Atmosphärisch dichter Thriller über die sozialen Gespinste einer Kleinstadt, psychologisch sehr stimmig, mit vielen Schichten und Überraschungen.“
(Bayrischer Rundfunk)
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Im Bann des Wüstenprinzen
1. KAPITEL
Sie flogen unterhalb des Radars, blieben jedoch nicht so unsichtbar, wie es ihnen lieb gewesen wäre.
Dara Alexander tauchte im Cockpit der MC-130 ganz in den Anblick des sternenklaren Himmels ein. Nicht eine einzige Wolke verdeckte den Mond. Von völliger Finsternis konnte hier nicht die Rede sein. Das gehörte zu den Nachteilen von Einsätzen in der Wüste und machte es äußerst schwierig, sich unbemerkt ein Bild der Lage zu machen.
Der Vollmond gehörte allerdings zu ihren geringsten Sorgen. In wenigen Minuten würden sie noch tiefer fliegen, um die richtige Höhe für den Absprung zu haben. Dann würde die Einheit abspringen, und das Flugzeug würde zur Basis zurückkehren. Das Wichtigste war, unbemerkt den Boden zu erreichen. Wenn sie erst einmal unten waren, kamen ihre besonderen Fähigkeiten ins Spiel, sich zu tarnen.
Dara ließ die Blicke prüfend über Beharrains fremdartige Landschaft schweifen, über die ausgedehnten Flächen des Felsplateaus, aus dem immer wieder riesige Steinblöcke hervorragten. Einige von ihnen waren mehr als hundert Meter hoch. Sie hätte genauso gut ein Video vom Mars betrachten können. Nur dass hier irgendwo ein Konvoi mit Waffenschmugglern nach Süden hin unterwegs war, um die Grenze zum Jemen zu überqueren.
Heute nicht. Ihre Einheit würde es verhindern. Dara lockerte ihre Schultern und war für den Einsatz startklar.
Der Pilot blickte von seinem Bildschirm auf, der die genaue Position anzeigte. „Fünf Minuten bis zur Absprungzone.“
„Wir sehen uns in ein paar Tagen.“ Sie stand auf, klopfte dem Mann anerkennend auf die Schulter und lächelte zum Kopiloten hinüber, der die Positionsangaben auf dem Armaturenbrett überprüfte.
Dara vermisste die Air Force nicht wirklich – ihr derzeitiger Job bei der Special Designation Defense Unit, kurz SDDU, bot mehr als genug Abwechslung – aber immer, wenn sie in einem Cockpit saß, überkam sie das ein Gefühl, zu Hause zu sein. Sie warf einen Blick auf die beiden Navigationsoffiziere und den Offizier für Elektronische Kampfführung, die sich ganz auf die Bedienungskonsole konzentrierten. Dann ging sie nach hinten zu der Sondereinsatztruppe, der sie nun angehörte.
Joey Scallio grinste sie an. „Wie wär’s mit einem Kuss als Glücksbringer?“
„Träum weiter, Scallio.“
Sein Grinsen wurde noch breiter. „Baby, in meinen Träumen tun wir verdammt mehr als das.“
Sie schüttelte nachsichtig den Kopf und machte ein paar Dehnübungen.
Harrison, der Leiter ihrer Einsatztruppe, hob ermunternd den rechten Daumen und lächelte sie an. Seine strahlend weißen Zähnen standen in starkem Kontrast zu seiner dunklen Haut. Er redete gerade mit Miller. „Das wird bald einfacher …“
Den Rest konnte sie wegen des Flugzeuglärms nicht verstehen. Nach dem stolzen väterlichen Lächeln zu urteilen, das sich im Gesicht des jüngeren Mannes ausbreitete, sprachen sie wahrscheinlich über dessen neugeborenen Sohn.
Sie hatte schon fast ihren Sitz erreicht, als der Alarm aus dem Cockpit ertönte. Der schrille Ton ließ sie für den Bruchteil einer Sekunde erstarren.
„Alarm! Boden-Luft-Rakete. Auf Aufprall gefasst machen“, warnte eine Ansage durch ihren Kopfhörer.
Dara ergriff einen der Gurte, die an der Wand befestigt waren, wickelte ihn um einen Arm und hielt sich mit aller Kraft daran fest, während das Flugzeug zur Seite kippte, um der Gefahr auszuweichen.
Doch es war zu spät. Die Maschine wurde von der Boden-Luft-Rakete getroffen.
Daras rechte Schulter fühlte sich an, als wäre sie aus dem Gelenk gerissen worden. Es entstand ein ohrenbetäubender Lärm. Sie konnte sich nicht mehr am Gurt festhalten und rutschte über den Boden in den vorderen Bereich des Flugzeugs. Verdammt! Verzweifelt griff sie nach allem, was ihr Halt bieten könnte, um nicht gegen die Metallkisten vor der Cockpittür zu prallen und sich die Beine zu brechen. Das Netz für die Fracht. Sie bekam es zu fassen und hielt sich daran fest.
Ohne Rücksicht auf den Schmerz in ihrer Schulter versuchte sie, sich hochzuziehen, denn ihre 9-Millimeter-Beretta war beim Hinunterrutschen irgendwo hängen geblieben. Sie suchte mit den Füßen auf dem Boden nach Halt und schaffte es schließlich, sich etwas nach oben zu stemmen.
Endlich! Das Flugzeug richtete sich wieder gerade auf. Dara kniete sich hin, doch dann hob sich der Bug der Maschine, und sie taumelte nach hinten. Ihre Pistole flog außer Sichtweite. Glücklicherweise gelang es ihr, sich im Netz festzukrallen.
Sie ließ nicht locker, obwohl ihr ganzer Körper zitterte.
„Sie haben den linken Flügel erwischt!“ Die Stimme des Piloten hallte durch ihre Gehörgänge. „Ich versuche, uns noch einmal nach oben zu reißen. Bereitet euch auf den Absprung vor.“
Harrison, der sich losgeschnallt hatte, kam zu Dara und half ihr, mit dem Fallschirm abzuspringen, indem er sie auf die Füße zog, die Tür öffnete und sie nach draußen schob. Eisiger Wind wehte ihr entgegen, doch sie nahm ihn kaum wahr, während sie schwerelos durch die Luft glitt.
Sie zog heftig an der Reißleine und spürte Sekundenbruchteile später, wie der Gurt in ihre schmerzende Schulter einschnitt, während der Fallschirm sich öffnete und ihren Absturz auffing. Sie blickte nach unten und versuchte, den Abstand zum Boden einzuschätzen. Die Dunkelheit erschwerte jede Berechnung.
Dara blickte zum Flugzeug hinauf und sah, wie jemand absprang. Vielleicht war es Miller. Ihm folgten Scallio und ein anderer Kollege. Unter optimalen Bedingungen konnten alle fünf Sekunden zehn Männer aus der MC-130 springen. Sie hoffte, die Zeit würde reichen.
Die zweite Boden-Luft-Rakete schlug ein.
Ungläubig und mit einem erstickten Schrei starrte sie auf die explodierende Maschine. Durch die Explosion ging eine Erschütterung durch die Luft, und der Rückstoß wirbelte ihre Gurtaufhängung durcheinander. Verzweifelt zog sie daran, während brennende Metallteile um sie herum vom Himmel in den Sand fielen und mit ihrer Glut Licht in die Dunkelheit brachten. Ihr Fall verlangsamte sich wieder, als sie die Aufhängung entwirrt hatte.
Sie atmete tief durch. Ihre Lungen schmerzten. Sie blickte nach oben: Nur ihr Fallschirm befand sich in der Luft. Ihre Kameraden waren beim Absprung zu dicht an der getroffenen Maschine gewesen. Sie waren alle tot. Die fünf Offiziere ebenso wie die vier Rekruten der Flugbesatzung und elf Spezialisten der SDDU-Einheit.
Eine tiefe Traurigkeit ergriff von ihr Besitz und nahm ihr fast den Atem. Doch sie durfte ihren Gefühlen keinen freien Lauf lassen, durfte sich unter keinen Umständen aus der Fassung bringen lassen.
Sie befand sich völlig allein inmitten eines feindlichen Gebiets. Wie eine ausgerupfte Feder schwebte sie vom Himmel, während ihr hundert unzusammenhängende Gedanken durch den Kopf schossen. Sie hatte keine Funkverbindung. Harrison war tot, Miller war tot und auch die anderen hatten ihr Leben verloren …
Nun näherte sie sich dem Boden. Sie winkelte die Knie an, um den Aufprall abzufedern, landete im Sand und lief einige Meter vorwärts, sodass der Fallschirm hinter ihr zu Boden gleiten konnte.
Zögerlich sah sie sich nach dem abgestürzten brennenden Flugzeugwrack um, das wie ein Leuchtfeuer den Horizont erhellte. Sie besaß nur eine Chance auf Rettung, wenn sie sich nicht zu weit von der letzten Ortung des Flugzeugs entfernte. Andererseits waren die Männer, die die Maschine abgeschossen hatten, vermutlich noch ganz in der Nähe. Wahrscheinlich hatten sie ihren Fallschirm gesehen und suchten jetzt nach ihr.
Im Mondlicht sah Dara auf ihren Kompass und versuchte, sich die Karte genau in Erinnerung zu rufen, die sie auf ihrem Flug hierher studiert hatten.
„Denk dir den bestmöglichen Plan aus, und dann mobilisier alle deine Kräfte“, murmelte sie Harrisons Lieblingsformel laut vor sich hin.
Fünfzig oder sechzig Meilen nördlich – höchstens siebzig – lag ein kleines Dorf. Wenn sie es erreichte, konnte sie sich hineinschleichen, um an Wasser und Essen zu gelangen. Und vielleicht würde sie sogar telefonieren können oder wieder Funkkontakt haben, um Hilfe zu rufen.
Dara riss ein Stück der Fallschirmseide ab, um sich am nächsten Tag vor der brennenden Sonne schützen zu können. Dann vergrub sie den Fallschirm im Wüstensand. Sie ignorierte das Stechen in der Schulter und entfernte sich schnell von der Stelle, wo sie gelandet war. Dabei stellte sie sich vor, ein Manöver zu absolvieren, wo am Ende Verpflegung auf sie wartete und die Jungs sich schon darüber lustig machten, dass sie das Ziel als Letzte erreichte.
Die Jungs.
Tränen des Schmerzes und der Verzweiflung stiegen ihr in die Augen. Doch schon sehr bald würde ihr Körper so stark austrocknen, dass ihre Tränen versiegten.
Scheich Saeed Ibn Ahmad ibn Salim ben Zayed hielt Ausschau in alle Richtungen, bevor er aus der Höhlenöffnung ins Sonnenlicht trat. Zwei Mordversuche innerhalb von zwei Wochen hatten ihn vorsichtig werden lassen.
Sein Pfiff veranlasste seinen schwarzen Hengst, sofort zu ihm zu trotten. „Zeit zum Aufbruch, Hawk.“
Er schwang sich in den Sattel, griff nach der Flasche und trank den letzten Rest seines Wassers. In der Oase auf halbem Weg zum Lager würde er sie auffüllen. Er drehte den Verschluss wieder zu und blickte noch einmal wütend zum Eingang der Höhle. Was es auch kostete, er würde die Diebe finden.
Der Schatz gehörte seinem Stamm, und das Wissen darüber wurde seit Jahrhunderten von Scheich zu Scheich weitergegeben – immer vom Vater an den Sohn. In Notlagen, wenn die Existenz des Stammes bedroht war, griff der Scheich darauf zurück, um mit dem Gold Lebensmittel zu erwerben, bis die Dürre überstanden war und der Hunger ein Ende hatte.
Die Kostbarkeiten in der geheimen Höhle waren seit tausend Jahren ihre Überlebensversicherung. Allah sei Dank hatten sie in den letzten Jahrzehnten nicht darauf zurückgreifen müssen, seit im Süden ihres Territoriums Öl gefördert wurde. Sogar in der zwölf Jahre anhaltenden Trockenperiode der Achtziger- und frühen Neunzigerjahre hatten sie das Gold nicht anrühren müssen. Aber nach wie vor war es das sicherste Erbe seines Stammes. Niemand wusste, was die Zukunft brachte.
Wenigstens hatten die Diebe nicht viel entwendet. In der Höhle, die sich Hunderte von Metern unter der Erde erstreckte, gab es zahllose tiefe Spalten, in denen der Schatz sorgfältig versteckt war. Die Diebe hatten nur ein kleines Versteck in der Nähe des Eingangs entdeckt. Der Verlust im Wert von ein paar Hundertausend Dollar schien Saeed nicht von besonderer Bedeutung.
Doch spätestens wenn die Diebe das Geld ausgegeben hatten, würden sie wiederkommen. Das musste er verhindern. Sie durften den Durchgang nicht entdecken, der in den unterirdischen Teil der Höhle führte. Entweder musste er den Schatz bewachen lassen oder ihn an einen anderen Ort bringen.
Eine plötzliche Windbö blies ihm Sand ins Gesicht, und er beugte sich im Sattel vor, während Hawk durch die Wüste galoppierte. Er musste sich einen guten Plan ausdenken, oder seine Feinde würden ihn schneller begraben als ein Sandsturm. Während er weiterritt, hielt er ringsum nach einem Anzeichen für Gefahr Ausschau. Dann entdeckte er es.
Rechts vor ihm lag ein Mann im Hinterhalt.
Saeed duckte sich, wendete Hawk und trieb ihn zu noch größerer Eile an, doch es ertönten keine Schüsse. Er ritt weiter, bis er Gewissheit hatte, hinter einer Erhebung außer Sichtweite zu sein, und machte wieder kehrt, weil er das Spiel leid war und ihm ein Ende bereiten wollte.
Die letzten Attentäter waren von seinen aufgebrachten Stammesangehörigen getötet worden, bevor Saeed die Gelegenheit hatte, sie zu verhören. Er brauchte einen lebenden Täter. Zwar hatte er eine vage Vorstellung, wer die Männer bezahlte, aber er brauchte Beweise – und ein Geständnis, das er dem Ministerrat vorlegen konnte.
Er sprang aus dem Sattel und ließ Hawk außerhalb der Schusslinie stehen. Vorsichtig näherte er sich dem Mann zu Fuß. Das letzte Stück robbte er sich von hinten lautlos über den Sand heran. Der Mann bewegte sich nicht. Überhaupt nicht. Niemand, der die Wüste kannte, würde sich so den Elementen ausgeliefert zum Schlafen in den Sand legen. Und noch seltsamer war die Tatsache, dass es keinen Hinweis gab, wie der Mann hergekommen war. Weder ein Kamel noch ein Pferd oder ein Auto waren zu sehen.
Saeed robbte weiter auf die ausgestreckte Gestalt zu, wobei er sein Gewehr im Anschlag hielt und sich immer wieder nach weiteren Männern umdrehte. Als er auf wenige Meter herangekommen war, stand er auf und rief dem Liegenden einen Gruß zu. Der Mann, der mit dem Gesicht im Sand lag, rührte sich nicht. Tot, dachte Saeed, während er sich weiter näherte. Dann sah er: Der Rücken des Fremden hob und senkte sich leicht.
„Steh auf!“
Der Mann machte keinerlei Anstalten, sich zu ihm umzudrehen.
Mit dem Gewehr in der Hand und auf alles vorbereitet drehte Saeed ihn mit einer Fußspitze um. Der Fremde gab keinen Laut von sich und hielt die Augen geschlossen. Er war unbewaffnet, bis auf ein Messer, das in einer Halterung am Oberschenkel steckte und das Saeed sofort an sich nahm. Er trug einen Tarnanzug ohne militärische Abzeichen. Ein Tuch bedeckte sein Gesicht zum Schutz vor der Sonne. Ein einsamer Bandit, wahrscheinlich ein Söldner. Dass er so nah bei der Höhle lag, war mehr als verdächtig.
War er einer der Diebe, die das Gold gestohlen hatten? Oder ein weiterer Attentäter?
Saeed versuchte, ihm die ausgefranste Kopfbedeckung abzuziehen, aber sie war hinten zu fest zugeknotet. Dafür blieb später noch Zeit. Er pfiff nach Hawk, und als der Hengst herbeilief, hob er den reglosen Fremden vorn vor den Sattel und schwang sich auf das Pferd. Er musste sicherstellen, dass der Mann lange genug lebte, um seine Fragen zu beantworten.
Der Hengst galoppierte los, als würde er die Dringlichkeit spüren. Das Tier schien sich nicht am zusätzlichen Gewicht zu stören – zum Glück war der reglose Mann alles andere als schwer. Vermutlich war er bereits seit geraumer Zeit ohne Essen und Trinken in der Wüste unterwegs. Er hatte Glück gehabt, denn das Wetter war in diesem Januar bislang mild gewesen. In der Gluthitze des Sommers hätte er nicht überlebt.
Sie erreichten die Oase nach ungefähr zwei Stunden, als sich bereits die ersten Sterne am Himmel zeigten. Der Ort war nicht viel mehr als ein saisonales Wasserloch mit einigen Dattelpalmen und ein bisschen Gras.
Saeed rutschte vom Sattel, fing den Fremden auf, der beinahe heruntergefallen wäre, und legte den schlaffen Körper im Sand ab. Um den Knoten des Kopftuchs durchzuschneiden, benutzte er das Messer des Mannes. Er wollte den Mund freilegen und ihm Wasser einflößen. Doch bevor er fertig war, hielt er inne.
Seine linke Handfläche, mit der er die Brust des Fremden berührte, spürte einen weichen und runden Hügel. Er war alt genug, um eine weibliche Brust zu erkennen, besonders, wenn sie sich in seiner Hand so herrlich anfühlte wie diese.
Ihre vom Mondlicht beschienene Schönheit verschlug ihm fast den Atem, trotz all des staubigen Sandes, der ihr Gesicht bedeckte. Das kaffeebraune Haar hatte sich größtenteils aus ihrem Zopf gelöst. Einen Augenblick erschien ihm das Gesicht einer anderen Frau mit schwarzen Locken, die sterbend in seinen Armen lag.
Er versuchte, die Erinnerung zu verdrängen, und konzentrierte sich auf die Fremde. Ihre zarten femininen Gesichtszüge standen in einem verwirrenden Kontrast zu ihrer Uniform.
Ein weiblicher Soldat? Israel hatte Frauen in der Armee, ebenso die USA. Aber was macht eine solche Soldatin hier? Nach ihren Gesichtszügen zu urteilen, stammte sie aus dem Westen. Er öffnete die beiden oberen Knöpfe ihres Hemdes und griff hinein.
Sein Handrücken fühlte seidige Haut. Saeed zögerte einen Moment, bevor er fortfuhr.
Keine Erkennungsmarke.
Also hatte er mit seiner ersten Einschätzung richtiggelegen. Sie gehörte nicht zum Militär. Aber wer war sie dann? Es fiel ihm schwer zu glauben, dass sie zufällig in der Nähe der Höhle gewesen war. Sie musste sich entweder seinetwegen oder des Goldes wegen dort aufgehalten haben.
Er ging zum Brunnen, schüttelte den Sand aus dem Eimer und ließ ihn hinunter, erleichtert, ein Platschen zu hören, als das Gefäß im Wasser aufprallte und nicht im Schlamm. Wie er erwartet hatte, war das Wasser sandig, aber es war besser als nichts. Er benutzte die Behelfskopfbedeckung der Frau, um Wasser in seine Flasche zu filtern, und kniete sich dann neben sie in den Sand.
Vorsichtig träufelte er Wasser auf ihre ausgetrockneten Lippen, und als sie stöhnte, spritzte er etwas in ihren Mund, massierte ihren zarten Nacken und half ihr, es hinunterzuschlucken.
„Trink.“
Saeed starrte auf die Haut oberhalb ihrer Brüste, die im Mondlicht schimmerte. Wenn sie eine Auftragsmörderin war, hatten sie diesmal die Richtige ausgesucht.
Diese Frau wäre an ihn herangekommen.
Er half ihr, mehr zu trinken, faltete das nasse Tuch und legte es ihr auf die Stirn. Dann kehrte er zum Brunnen zurück, um Wasser für Hawk hochzuziehen, und überlegte, ob er ihm während der Pause den Sattel abnehmen sollte.
„Entschuldige, mein Freund.“ Er gab dem Hengst einen Klaps auf den Hals. „Es kann sein, dass wir in großer Eile aufbrechen müssen.“
Er filterte das Wasser für das Pferd ebenso sorgfältig, wie er es für die Frau getan hatte.
Trotzdem schüttelte Hawk unwillig den Kopf, als er davon trank.
„Du bekommst sauberes Wasser, sobald wir wieder im Lager sind.“
Hawk beugte sich über den Eimer, als ob er Saeed verstanden hätte, blickte allerdings nach wenigen Sekunden auf und spitzte die Ohren. Wiehernd hob er den Kopf.
Saeed lauschte in die Nacht, ohne etwas Auffälliges zu vernehmen. Doch dann hörte er ein rumpelndes Geräusch. Er bemühte sich, die Ursache des Lärms ausfindig zu machen, und entdeckte einen schwarzen Geländewagen, der auf sie zufuhr. Das Mondlicht beleuchtete die Gewehrläufe, die aus den Fenstern ragten.
Auf ein Neues. Bei Allah, er hatte dieses üble Spiel mehr als satt und konnte doch nichts anderes tun, als es zu Ende zu spielen.
Er zog die Frau in die Deckung von zwei Palmen, die dicht nebeneinander standen und etwas Sichtschutz gewährten.
Dann packte er das Gewehr, das am Sattelknauf hing, und pfiff scharf, um den Hengst dazu zu bringen, unverzüglich davonzugaloppieren, denn schon fielen die ersten Schüsse.
Im Schutz einer der Palmen versuchte er, ein Ziel auszumachen, und drückte ab. Fast im selben Moment entglitt dem Fahrer das Gewehr. Nun waren nur noch drei Gegner bewaffnet, aber der Geländewagen nahm wenige Augenblicke später erneut Fahrt auf.
Saeed hielt die Remington seines Urgroßvaters im Anschlag, eine feine Waffe, die jedoch nur mit sechs Patronen geladen war, keiner einzigen mehr. Daher musste er seine Ziele sorgfältig auswählen.
Saeed schoss erneut und erwischte den Mann auf dem Beifahrersitz. Beim nächsten Schuss zielte er auf den Fahrer. Der Geländewagen scherte nach links aus und blieb im Sand stecken.
Die beiden Männer, die hinten gesessen hatten, sprangen heraus und versteckten sich zunächst hinter den geöffneten Türen, bevor sie sich zu Boden fallen ließen.
Saeed robbte so schnell wie möglich in Richtung des Brunnens. Dessen steinerne Umrandung, die einen halben Meter hoch aufragte, bot einen besseren Schutz. Wenn er unbemerkt dorthin gelangte, konnte er die Männer vielleicht von der Seite erwischen.
Wie durch ein Wunder gelang es ihm, den Brunnen heil zu erreichen.
Saeed verhielt sich ruhig und wartete darauf, dass sie näher kamen. Er konnte es sich nicht leisten, danebenzuschießen. In seinem Lauf steckten nur noch zwei Kugeln.
Er spähte über den Steinrand und duckte sich, als sie schossen. Die Männer hatten sich getrennt und umrundeten den Brunnen von zwei Seiten.
Bald würde er sich mitten in der Schusslinie befinden. Saeed rollte vor, zielte, schoss und rollte zurück.
Nur noch ein Angreifer blieb übrig.
Saeed lag dicht am Boden und wartete, bis er den Mann genau sah. Mit seiner letzten Kugel traf er den rechten Arm seines Gegners und zog sich sofort zurück.
Ein wütender Schmerzensschrei war zu hören. Gut. Saeed hatte ihn außer Gefecht setzen wollen, aber er brauchte ihn lebend. Er wollte endlich Antworten bekommen.
Er nahm seine Kufiya ab, wickelte sie um den Lauf der Remington und schob sie über den Brunnenrand.
Keine Schüsse.
Vorsichtig hob er den Kopf aus der Deckung. Der angeschossene Mann rollte vor und zurück, wobei er sein Handgelenk umfasst hielt.
„Ich zahle das Blutgeld in Gold!“, rief Saeed und ging auf ihn zu. „Und für den Namen deines Auftraggebers zahle ich das Doppelte!“
Der Mann sah ihn mit Todesangst an und hob sein Gewehr mit dem unverletzten Arm.
Obwohl der Attentäter noch zu weit entfernt war, zog Saeed seinen Dolch und stürmte vor. Kampflos wollte er sich nicht ergeben. Er war Scheich und wollte seinen Leuten keine Schande bereiten, indem er mit einer Kugel im Rücken starb, weil er vor seinem Feind fortlief. Er dachte an seine Familie und hoffte, noch genug Zeit zu finden, um ein kurzes Gebet für sie zu sprechen.
Jetzt konnte er die Finger des Mannes am Abzug erkennen, die letzten Sekunden, bevor er abdrückte.
Etwas zischte durch die Luft. Dann lag der Mann mit dem Gesicht im Sand – mit einem Messer im Rücken.
Woher war es gekommen? Saeed hielt kurz inne und bemerkte eine Bewegung bei den Palmen. Er starrte auf die mondbeschienene Gestalt der Frau. Der kräftige Wind ließ ihr langes Haar um ihre Schultern flattern.
Seine Gefangene war wach.
Sie hoffte inständig, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Denn jetzt, nachdem sie ihr letztes Messer geworfen hatte, war sie vollkommen unbewaffnet. Dara rieb sich die rechte Schulter, während sie das Erstaunen im Gesicht des Mannes sah. Wegen des Vollmonds war seine Verwunderung sogar aus dieser Entfernung zu erkennen.
Sie befanden sich in einer Oase, auch wenn sie keine Ahnung hatte, wie sie dorthin gelangt war. Sie war inmitten einer Schießerei zu sich gekommen, und nachdem sie die quälenden Erinnerungen an den Absturz hatte verdrängen können, war ihr erster Gedanke gewesen, sich unbemerkt davonzuschleichen. Dann hatte sie den Geländewagen entdeckt.
Wegen des Fahrzeugs änderte sie ihren Plan. Vielleicht konnte sie es zur Flucht benutzen? Doch nicht, solange drei Männer schossen.
Der Angegriffene kämpfte tapfer, wurde aber bedauerlicherweise von den beiden Männern mit den Kalaschnikows eingekreist. Zwar gelang es ihm, den einen unschädlich zu machen, doch der andere stellte trotz seiner Verletzung noch eine tödliche Bedrohung dar. Ihre Entscheidung, den Fremden zu retten, erfolgte schließlich unbewusst. Ganz instinktiv hatte sie das Messer geworfen.
Nun musterte sie den Mann misstrauisch, der auf sie zuschritt, wobei sich sein schweres dunkles Gewand teilte und den Blick auf ein langes weißes Hemd freigab, das beinahe bis zum Saum seiner weißen Hosen reichte.
Während er auf sie zuging, wickelte er seine Kopfbedeckung wieder um, bis nur noch seine Augenpartie frei war. Dara versuchte einzuschätzen, welche Gefahr von ihm ausging.
Er wirkte kräftig und gewandt, hatte einen festen Schritt und schien nicht verwundet zu sein. Sie schätzte ihn auf Mitte dreißig, ein paar Jahre älter als sie. Was sie sah, gefiel ihr nicht, am wenigsten, dass er bewaffnet war.
Sie zwang sich, ihr Zittern zu unterdrücken, als er näher kam. Unter keinen Umständen wollte sie ihm zeigen, wie geschwächt sie war. Sie blickte zum Geländewagen. Zu weit weg. Sie hatte nicht genug Kraft, um zu rennen. Vergeblich sah sie sich nach etwas um, das sich als Waffe verwenden ließ. Nichts! Na toll! Nun blieb ihr nur noch die Hoffnung, dass der Mann für die Lebensrettung etwas Dankbarkeit zeigte, denn bei seiner Körpergröße und ihrem momentanen Zustand erschien es ihr unmöglich, ihn niederzuringen.
Verdammt! Eigentlich durften sie mit niemandem in Kontakt treten, außer mit den Waffenschmugglern, die sie aufgreifen sollten. Der Colonel hatte die hohe Erwartung, dass die Schmuggler sie zu Tsernyakov führen würden, sofern man sie ausreichend unter Druck setzte. Der schwer fassbare Geschäftsmann galt als verantwortlich für rund achtzig Prozent des illegalen Schusswaffenhandels in der Region.
Niemand sollte von der Militäroperation in diesem Land erfahren. Leider war dem Mann anzusehen, dass er jede Menge Fragen hatte.
Dara suchte nach einer logischen Erklärung dafür, was sie mitten in der Wüste in einer Tarnuniform zu suchen hatte.
Er blieb einen guten Meter vor ihr stehen. Über seiner Schulter hing ein altertümliches Gewehr mit Silberbeschlag. Ihre beiden Messer steckten in seinem Gürtel, und seinen bedrohlich gebogenen Dolch hielt er noch immer in Händen. Das Licht des Vollmonds funkelte auf dem goldenen Schaft des Dolches, der wie ein Museumsstück aussah.
Sie blickte dem Mann ins Gesicht und hoffte, seine Absichten erraten zu können. „Wo bin ich?“
Das Kobaltblau seiner Kopfbedeckung passte zu seiner Augenfarbe, was sie einerseits neugierig und andererseits misstrauisch machte. Das Stückchen Haut, das sie sehen konnte, hatte die Sonne braun gebrannt. Seine Wimpern und seine Augenbrauen waren schwarz. Er wirkte grimmig und stolz wie ein Krieger aus einem anderen Zeitalter.
„Jabrid“, sagte er.
Sie hoffte, dass dies der Name der Oase war und nicht die arabische Formel für „bereite dich vor, zu sterben‘.
Die Intensität seines Blicks empfand sie als nervenaufreibend. Ihr kamen Szenen eines vor langer Zeit gesehenen Films in den Sinn, worin ein Wüstenprinz einer Engländerin begegnete, die als Einzige den Überfall einer Karawane überlebt hatte, sie auf sein Pferd hob und sie zu seinem luxuriös ausgestatteten Zelt transportierte. Der Mann vor ihr besaß enorme Ähnlichkeiten mit dem Filmschauspieler. Wenigstens hat er kein Pferd, stellte sie erleichtert fest. Doch dann stieß er, ohne seinen Blick von ihr abzuwenden, eine schnelle Abfolge von hohen Pfiffen aus.
Sie drehte sich um, weil sie ein leises Geräusch hinter sich vernommen hatte, und was sie erblickte, raubte ihr fast den Atem.
Der prächtige schwarze Hengst, der auf sie zugaloppierte, schien direkt aus dem Film zu kommen. Seine lange Mähne und der Schwanz wehten. Sein Sattel war mit einer reich verzierten Decke unterlegt, die rot und weiß im Mondlicht schimmerte, und deren Troddeln wie Glöckchen hin und her tanzten. Ein weißer Fleck in Form eines Vogels mit ausgebreiteten Schwingen schmückte die Stirn des Tieres.
„Hast du noch mehr Messer?“, fragte der Mann mit einem britischen Akzent, was sie von der Betrachtung des Pferdes ablenkte, das direkt neben ihm stehen blieb und an seinen breiten Schultern schnüffelte.
Die Muskelkrämpfe in ihren Beinen waren so heftig, dass sie beinahe mit den Knien einknickte, doch sie biss die Zähne zusammen und hielt sich aufrecht. Dara hob leicht ihre Hände mit den Handflächen nach vorn. „Mehr habe ich nicht.“
Er musterte sie, nickte dann und steckte seinen Dolch in die Scheide. „Wer bist du?“
„Das ist vermutlich die Einemilliondollarfrage.“ Sie lächelte und versuchte, unschuldig zu gucken.
Er kniff die Augen zusammen. „Du willst eine Million für die Antwort?“
Sie lachte. Zeige nie deine Furcht. „Ich meinte, ich gäbe eine Million dafür, wenn mir das jemand sagen könnte.“
Saeed brauchte ein paar Sekunden, um diese Antwort zu verarbeiten. „Du erinnerst dich an nichts?“, fragte er ungläubig und hob eine Augenbraue.
„An gar nichts, bis zu dem Zeitpunkt, als ich unter dieser Palme aufwachte, weil ich Schüsse hörte.“
„Nichts?“ Er hob nun auch die zweite Augenbraue.
Sie presste die Lippen aufeinander und täuschte kopfschüttelnd Betroffenheit vor. Doch durch das Kopfschütteln wurde ihr schwindlig, und die Landschaft um sie herum begann zu verschwimmen. Nach drei Tagen unfreiwilligen Marschierens durch die Wüste ohne Verpflegung und Wasser war ihr Körper völlig ausgetrocknet. Sie schwankte leicht, fasste sich jedoch wieder. Ihm war sicher inzwischen klar, was für eine leichte Beute sie war.
Er gab einen unverständlichen Laut von sich, während er sie erneut von Kopf bis Fuß musterte. „Du klingst wie eine Amerikanerin.“
Dara nickte nur.
„Warum warst du bewaffnet?“
„Ich weiß es nicht.“
„Woher hast du das zweite Messer genommen?“
Sie zeigte auf einen ihrer Stiefel.
„Und du bist sicher, dass du nicht noch mehr davon hast?“
„Ich glaube nicht.“
„Das würde ich gern überprüfen.“
Daran war ihr nicht im Mindesten gelegen. Obwohl es schlimmer hätte kommen können – er hätte auch eine Leibesvisitation verlangen können. In ihrem momentanen Zustand sah sie sich gezwungen, zu tun, was er verlangte, zumindest innerhalb gewisser Grenzen. Sie ließ sich in den Sand fallen und war froh, nicht mehr stehen zu müssen. Ein paar Minuten später, und sie wäre umgefallen. Wenn sie keinen Widerstand leistete, gab er ihr vielleicht etwas Essen und Wasser, ganz zu schweigen vom Geländewagen. Er brauchte das Fahrzeug ohnehin nicht, denn er hatte ja sein Pferd.
Sie zog die Stiefel aus und schleuderte sie ihm entgegen. Während er einen Blick darauf warf, streifte sie auch die Socken ab. Sie war froh, Luft an ihren Füßen zu spüren, und zog die Fußbekleidung nur widerwillig wieder an, als er ihr das Schuhwerk zurückgab.
„Gibt es Wasser im Brunnen?“ Sie wies mit dem Kopf in Richtung der steinernen Umrandung. Ihre Zunge war geschwollen, und ihre Lippen hatten schmerzhafte Risse bekommen.
„Da ist zu viel Sand drin“, erwiderte er, zog eine Flasche, die er zuvor mit durch das Tuch gefiltertem Wasser gefüllt hatte, aus der Satteltasche und reichte sie ihr. Er beobachtete sie, als ob er noch immer unschlüssig wäre, was er mit ihr anstellen sollte.
Hastig trank sie einen Schluck, wobei sie die Flasche mit beiden Händen festhielt. Sie war bereit, darum zu kämpfen, falls er sie ihr wegnehmen wollte.
„Wir befinden uns ein paar Stunden Ritt vom Lager entfernt, wo es genug sauberes Wasser gibt“, erklärte er.
Verlockend, aber nein, lieber nicht. Dara hielt seinem durchbohrenden Blick stand. Sie würde ganz sicher nicht mit ihm zu irgendeinem Rebellenlager in der Wüste gehen.
2. KAPITEL
„Ich muss in die nächste Stadt.“ Dara trank das Wasser bis auf den letzten Tropfen und lächelte ihn anschließend an. „Ich würde gern Kontakt mit der amerikanischen Botschaft aufnehmen. Meinst du, ich könnte das Auto nehmen?“
„Du bist nicht fit genug, um irgendwo allein hinzugehen“, widersprach Saeed.
„Könntest du mich … begleiten?“
Er wartete eine Weile, bevor er antwortete. „Tihrin ist zu weit weg. Ich werde dich ins Lager bringen, und sobald es dir besser geht, begleite ich dich in die Hauptstadt.“
„Mir geht es gut.“ Dara stand auf und hoffte nur, dass der Mann ihr Schwanken nicht bemerkte. Sie musste dringend telefonieren, um dem Colonel Meldung zu erstatten, was der Einsatztruppe widerfahren war.
„In ein paar Tagen.“ Er pfiff erneut nach dem Pferd. Diesmal leise, da es sich ganz in der Nähe befand. „Fürs Erste ist es im Lager sicherer.“
Vielleicht für dich, dachte sie. „Warum reitest du nicht einfach vor, und ich folge dir mit dem Wagen?“
„Das Auto lassen wir hier.“
Sie musste Zeit gewinnen, um sich einen Plan auszudenken. „Macht es dir etwas aus, wenn wir uns noch eine Weile ausruhen, bevor wir gehen? Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich schon im Sattel halten kann.“
Saeed blickte sich um. „Ein paar Minuten“, erwiderte er. „Es kann sein, dass noch mehr von diesen Leuten kommen.“
Das waren ja prächtige Aus sichten! Dara überlegte, ob die vier toten Männer mit denjenigen in Verbindung standen, die das Flugzeug abgeschossen hatten. „Bekomme ich meine Messer zurück?“
„Nein.“
Er machte nicht gerade einen entgegenkommenden Eindruck auf sie. „Für den Fall, dass es einen weiteren Angriff gibt.“
Er schüttelte den Kopf. „Ich werde dich beschützen.“
Einen Augenblick kam ihr in den Sinn, ihn daran zu erinnern, wer hier wessen Leben gerettet hatte, doch sie beschloss zu schweigen. Sie wollte nicht aufsässig erscheinen, um keinen Verdacht zu erregen.
„Wie heißt du?“
„Ich erinnere mich nicht.“
„Ich bin Saeed“, sagte er, drehte ihr den Rücken zu und untersuchte die Leichen. Mit leeren Händen kehrte er zurück.
Es kostete sie ihre letzte Kraft, um sich die wenigen Meter bis zum Pferd zu schleppen. Sie tätschelte den Kopf des Tieres. „Was für ein schönes Pferd du bist.“ Ein reinrassiger Araberhengst. Sie erinnerte sich an die Pferde ihres Großvaters – einige Schecken und ein halbes Dutzend wilder Mustangs. Sie alle waren auf ihre Art schön gewesen, doch dieser hier war ein Prinz.
„Los geht’s.“ Sie prüfte, ob der Sattel fest saß. Als sie versuchte, einen Fuß in den Steigbügel zu stecken, tänzelte das Tier weg.
„Du hast doch nicht etwa Angst vor mir, oder?“ Sie sprach leise und beruhigend weiter, während sie es erneut versuchte. Mit demselben Resultat. Normalerweise hatte sie einen guten Draht zu Pferden. Doch offenkundig hatte dieses davon keine Notiz genommen. Der Hengst war sehr speziell und gut trainiert worden.
„Tayib, hoah.“
Die tiefe Stimme, die hinter ihr erklang, ließ sie zusammenfahren, beruhigte jedoch das Pferd.
Saeed trat vor und hielt es am Zaumzeug fest. „Jetzt kannst du aufsteigen“, sagte er. Vier Kalaschnikows hingen um seine Schultern.
Für einen kurzen Moment zog Dara in Erwägung, mit ihm um die Gewehre zu kämpfen. Doch dazu war sie zu schwach und erschöpft. Also stieg sie auf, und sobald sie im Sattel saß, setzte er sich hinter sie. Er hielt links und rechts von ihr die Zügel und brachte das Pferd mit einem leisen Schnalzen auf Trab.
Dara ließ sich zur Seite kippen, als hätte die Bewegung des Tieres sie aus dem Gleichgewicht gebracht, um Saeed auf die Probe zu stellen. Sein Arm gab kaum nach, obwohl sie sich mit ihrem ganzen Gewicht dagegenlehnte.
Er war stark und wusste seine Kraft einzusetzen. Dara gab ihren Widerstand auf. Sie würde mit ihm ins Lager reiten, essen, sich einige Wasserflaschen greifen und sich bei der erstbesten Gelegenheit davonschleichen. Es würde sie höchstens um einen Tag zurückwerfen.
Saeed suchte den Horizont unablässig nach Gefahrenquellen ab. Er hatte keine Ahnung, wo der nächste Hinterhalt auf ihn wartete, er wusste nur, dass die Rebellen es erneut versuchen würden.
Die Frau vor ihm hatte zunächst tapfer versucht, sich gerade im Sattel zu halten. Jetzt sank sie jedoch immer weiter zurück, weil die Kräfte sie verließen. Ihr Rücken berührte seinen Oberkörper; sie richtete sich wieder auf, fiel jedoch wenig später erneut zu einer Seite.
Er nahm die linke Hand vom Zügel und legte ihr den Arm um die Taille, damit sie nicht aus dem Sattel kippte. „Ruh dich aus.“
„Nicht nötig. Ich bin fit“, erwiderte sie, entzog sich aber nicht seinem Griff.
In seinen Armen fühlte sie sich schwach an, doch Saeed wusste es besser. Sie hatte mehrere Tage in der Wüste überlebt und einen bewaffneten Angreifer aus fünfzehn Metern Entfernung mit einem Messer außer Gefecht gesetzt. Als hilflos konnte man das kaum bezeichnen.
Und obwohl sie vermutlich Mitglied irgendeiner Diebesbande war, die seinen Stamm beraubt hatte, konnte er das Bedürfnis, sie zu beschützen, nicht völlig unterdrücken. Wahrscheinlich, weil es sich um eine Frau handelte und sie in seinen Armen lag.
Es war eine Weile her, seit er jemanden so gehalten hatte. Auch wenn ihr Kopf wieder von der selbst gemachten Kopfbedeckung verhüllt war, würde geraume Zeit vergehen, bis er ihr Gesicht und die Art, wie sie ihn angesehen hatte, vergaß. Ihre Augen funkelten wie Edelsteine – wie Onyx mit goldenen Einsprengseln.
Sie fühlte sich an den richtigen Stellen weich an, trotzdem hatte sie eine durchtrainierte Figur. Ihr verführerischer Po bewegte sich leicht im Rhythmus des Pferdes und ließ ihn an Dinge denken, für die er viel zu lange keine Zeit gehabt hatte.
Er konzentrierte sich wieder auf dringendere Probleme. „Wo sind deine anderen Leute?“
Sie erstarrte. „Ich erinnere mich an niemanden.“
Es war schwer zu sagen, ob sie log. Eine Ausländerin, die inmitten einer Schießerei in der Wüste das Bewusstsein wiedererlangte und keinerlei Ahnung hatte, wie sie dorthin gelangt war, hätte er sich eigentlich fassungsloser vorgestellt. Vielleicht stand sie unter Schock? Nein, korrigierte er sich. Das war kein Schock. Sie hatte das Messer mit außerordentlicher Präzision geworfen und schien abgesehen von ihrer Schwäche durch Hunger und Durst in guter Verfassung zu sein.
Da die Angreifer tot waren, war sie die einzige mögliche Informationsquelle. Auch wenn sie dringend nach Tihrin wollte, konnte er sie nicht gehen lassen, bevor er nicht wusste, für wen sie arbeitete und welche Absichten sie hatte.
Sie fröstelte in seinen Armen.
„Hier.“ Er nahm seine Kufiya ab und wickelte sie um ihren Kopf, ihren Hals und die Schultern. „Du erinnerst dich also an gar nichts mehr?“ Er versuchte es noch einmal.
Die Antwort kam noch zögerlicher als zuvor. „Nichts. Vielleicht habe ich mich verirrt.“
Sayeed überlegte.
Sie war keine Attentäterin, denn sie hatte ihm das Leben gerettet. Aber es bestand immerhin die Möglichkeit, dass sie mit den Dieben unter einer Decke steckte. Schließlich hatte er sie ganz in der Nähe der Höhle gefunden.
Vermutlich hatte sie ihn bestehlen wollen und war dann mit ihren Komplizen in Streit geraten, die sie zum Sterben in der Wüste zurückgelassen hatten. Wenn das der Fall war, durfte sie ihre Identität niemandem anvertrauen. Aber mit der Zeit, wenn sie lernte, ihm zu vertrauen … Möglicherweise war sie für eine angemessene Belohnung bereit, ihre Komplizen zu verraten, die sie ausgesetzt hatten.
Im Augenblick konnte davon nicht die Rede sein. Sie hing schlaff in seinen Armen. Er hielt sie fester, damit sie in ihrem erschöpften Zustand nicht aus dem Sattel rutschte.
Sie ritten immer tiefer in ein Wadi, dessen Ende nicht in Sicht war. Das machte Saeed nichts aus. Wenn jemand sich mit einem Auto durch den Sand näherte, würde er sofort den Motorenlärm hören. Außerdem befanden sie sich inzwischen ganz in der Nähe des Lagers. Auch deshalb war ihm wohler zumute.
Bald würde er den Jebel sehen, der weniger einem Berg als einer felsigen Steinanhäufung glich, die das Lager vor den Ostwinden schützte. Ein schmaler Pfad führte hinunter. Er war steil, aber passierbar. Hawk kam mit jedem Gelände zurecht.
Saeed lenkte das Pferd den vertrauten Hang hinauf, sodass er die Anhöhe nach wenigen Schritten überblicken konnte. Dann sah er die Männer. Er zog Hawk an den Zügeln und ließ das Pferd rückwärts gehen. Als sie wieder außer Sichtweite waren, brachte er das Tier zum Stehen. Auf dem Felsvorsprung oberhalb des Lagers standen zwei Jeeps mit insgesamt sieben Männern.
Es waren nicht seine Leute.
Wäre er allein gewesen, hätte er die Lage genauer untersucht. Doch so, wie die Dinge standen, musste er einen weiten Umweg in Kauf nehmen, um unbemerkt von der hinteren Seite ins Lager zu gelangen.
Er machte sich auf den Weg und trieb Hawk zur Eile an, weil er sich Sorgen um die Fremde in seinen Armen machte.
Dara starrte auf den Webstoff, der zu ihrer Linken von der Decke des riesigen Zelts herabhing und als Raumteiler diente. Um sich von den Schmerzen in ihrer Schulter abzulenken, ließ sie den Blick über die leuchtenden Farben des verzierten Gewebes gleiten, das scheinbar unregelmäßig verarbeitet worden war. Sie erinnerte sich flüchtig an eine Frau, die von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet war und sich über sie gebeugt hatte. Was war mit ihr geschehen?
Sonnenlicht fiel durch die Stoffwände, und in einiger Entfernung hörte sie Stimmen. Ein Déjà-vu. Sie schüttelte den Kopf, um die Erinnerungen an die Sommer zu vertreiben, die sie als Kind bei ihrem Großvater verbracht hatte. Sie hatte das Indianerreservat der Lenape, woher ihre Mutter stammte, als kleines Kind geliebt, als Teenager gehasst und als Erwachsene ganz aus dem Bewusstsein verdrängt. Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn ihre Mutter den Vater und sie nicht verlassen hätte, als sie zwölf Jahre alt war.
Sie verdrängte den Gedanken, setzte sich aufrecht hin und bemerkte erst jetzt, dass sie ein indigoblaues Kleid aus feiner Baumwolle trug, das ihr bis zu den Knöcheln reichte. Panik erfasste sie. Jemand hatte sie angekleidet, was natürlich bedeutete, dass sie zunächst ausgezogen worden war. Die Stimmen von draußen wurden lauter. Frauen! Es befanden sich Frauen in der Nähe. Dara entspannte sich und zog das Kleid zurecht, wobei sie mit den Fingerspitzen über den weichen Stoff fuhr. Das letzte Mal, dass sie ein Kleid getragen hatte, lag eine Weile zurück. Die Uniform war zur Gewohnheit geworden.
Weil ich bei der Army bin, schärfte sie sich selbst ein, denn sie ärgerte sich über ihre Freude an dem schönen Stoff. Schließlich vermisste sie diese Dinge nicht und brauchte sie auch nicht. Sie stand auf und sah sich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Abgesehen von ihrer Schulter und einem brennenden Schmerz rund um ihr rechtes Auge fühlte sie sich in Ordnung.
Kelim-Teppiche bedeckten den Sand. Farbenfrohe Beutel hingen von den Zeltstangen, und Töpfe und Pfannen lagen rund um die Asche des Kochfeuers. Ein sonderbarer Webstuhl befand sich zu ihrer Rechten, auf dem ein halb fertiges schwarz-rotes Kleidungsstück hing. Sie suchte nach einer Waffe. Selbst ein kleines Küchenmesser würde dazu taugen.
Nichts.
Dara rieb sich die Augen. Sie war fürchterlich hungrig und durstig. In einer Ecke entdeckte sie Plastikbehälter und hoffte, dass sie Wasser enthielten. Zunächst stieß sie auf eine merkwürdige Fettschicht, dann auf Teeblätter und auf ein aromatisches Gewürz. Sie durchbrach auch diese letzte Schicht und seufzte erleichtert auf.
Endlich Wasser! Sie trank, so viel sie konnte, und als sie schließlich aufhörte, verspürte sie noch immer Durst. Sie befand sich inmitten der Wüste. Wenn sie aufbrach, musste sie so viel Flüssigkeit wie möglich mitnehmen.
Sie dachte an die Männer in der Oase, an die Schießerei und an Saeed. Sie musste herausbekommen, wo sie sich befand, musste an Verpflegung und an Wasser kommen. Dann würde sie ein Auto leihen oder stehlen, notfalls auch ein Pferd. Sie war sich nicht sicher, ob sie auf einem Kamel reiten konnte, aber wenn ihr nichts anderes übrig blieb, würde sie ihr Bestes geben.
Stimmen von draußen drangen zu ihr. Jetzt hatte sie zwei Möglichkeiten: Entweder es gelang ihr, mit den Leuten Kontakt aufzunehmen und darauf zu hoffen, dass sie friedlich gesinnt waren und sie mit dem Nötigsten ausstatteten. Oder sie musste sich davonstehlen, bevor ihre Anwesenheit größere Aufmerksamkeit erregte. Vorsichtig spähte sie durch einen schmalen Schlitz in der Zeltwand, wo die Zeit an dem Stoff genagt hatte.
Dara erblickte ein Dutzend weiterer Zelte und einige Männer, die um ein Lagerfeuer standen. Sie waren bis an die Zähne bewaffnet. Patronengürtel hingen um ihre Schultern, und Gewehre lagen direkt vor ihnen im Sand.
Als sie plötzlich hinter sich ein Geräusch hörte, drehte sie sich um und ging kampfbereit in die Hocke.
Ein kleiner Junge stand an der Zeltunterteilung. Er trug ein farbiges Gewand und sah Dara aus großen braunen Augen verwundert an.
Sie richtete sich auf und lächelte, weil sie ihm keine Angst einjagen wollte.
Er betrachtete sie neugierig. Wilde schwarze Locken umrahmten sein Gesicht. Nachdem er sie eine Weile gemustert hatte, sprach er sie auf Arabisch an.
Dara lächelte und schüttelte den Kopf. „Ich verstehe dich nicht.“
„Ich bin Salah. Bist du meine neue Englischlehrerin?“
„Nein“, antwortete sie.
Seine dunklen Augen wurden noch größer.„Will mein Vater dich heiraten?“
„Ganz sicher nicht. Ich bin nur zu Besuch.“
Er schien sichtlich erleichtert. „Genau das hat Fatima auch gesagt. Sie meint, er heiratet nur, um ein Bündnis zwischen den Stämmen zu schließen. Er kann keine Ausländerin heiraten. Das würde nichts bringen.“
Dara wunderte sich, derart praktische Erwägungen aus dem Mund eines kleinen Jungen zu hören. Wer war Fatima? Vermutlich eine der Frauen, die mit dem Vater des Kindes verheiratet waren.
„Ist Saeed dein Vater?“
Der Junge nickte.
Die Tatsache, dass es hier Frauen und Kinder gab, ließ Dara aufatmen. Das sprach nicht für ein Lager von Aufständischen. Saeed hatte ihr das Leben gerettet, indem er sie hierher gebracht hatte. Außerdem hatte er versprochen, ihr zu helfen, in die Stadt zu gelangen, sobald es ihr besser ging. Jetzt musste sie ihn nur davon überzeugen, dass sie sich schon kräftig genug fühlte. Sie durfte keine Zeit verlieren.
„Kannst du mich zu deinem Vater bringen, Salah?“
Der Junge schüttelte den Kopf. „Er berät sich gerade mit den Ältesten. Ich werde Fatima und Lamis Bescheid geben. Dann kann er mit dir reden, sobald er zurück ist.“
Natürlich. Auch wenn Beharrain ein vergleichsweise fortschrittliches Land war, hielt man in den meisten Regionen an den alten Traditionen fest. Die Frauen waren von den Männern getrennt. Vor ihrem Einsatz hatte Dara den Bericht über die fremdländische Kultur sorgfältig gelesen.
„Ich danke dir“, sagte sie. „Das ist nett von dir.“
Der Junge rannte weg, und Dara ging auf eine der Zeltstangen zu, um in den gewebten Beuteln zu wühlen, die daran befestigt waren. Kleidung, Garn, seltsame Werkzeuge, mit denen sie nichts anzufangen wusste – möglicherweise dienten sie zum Kochen oder Weben – jedenfalls waren sie als Waffen unbrauchbar. Verdammt. Falls sie Saeed nicht dazu bringen konnte, sie unverzüglich nach Tihrin zu lassen, musste sie auf eine Flucht vorbereitet sein. Sie benötigte Lebensmittel und Wasser, ein Transportmittel und Waffen zur Selbstverteidigung.
Gerade noch rechtzeitig, bevor zwei junge Frauen eintraten, hatte sie sich von den Beuteln entfernt. Die eine Frau war ungefähr zwanzig Jahre alt, die andere ein oder zwei Jahre jünger. Sie stellten sich als Fatima und Lamis vor. Sie trugen wunderschöne Kleider – das eine war purpurfarben, das andere dunkelgrün mit goldenen Zierfäden. Sie brachten ihr Essen und Wasser und nahmen ihr gegenüber Platz.
„Wie geht es dir?“, erkundigte sich Fatima, die Ältere der beiden, mit einem starken Akzent. Sie sah umwerfend aus. Ihr ebenholzfarbenes Haar reichte ihr fast bis zur Taille und war mit einem durchsichtigen Schleier bedeckt. „Bitte lass mich wissen, wenn es dir nicht schmeckt.“ Sie wies auf das Tablett mit dem Essen. „Ich kann dir etwas anderes bringen.“
Dara ließ sich sofort vor dem Tablett nieder. „Vielen Dank.“ Ausgehungert griff sie nach einer dicken Scheibe Melone und nahm sich vor, langsam zu essen, damit ihr nicht schlecht wurde.
Der Melonensaft schmeckte wie Honig. Vor lauter Erleichterung, wieder etwas essen zu können, traten ihr Tränen in die Augen. Bis zu diesem Moment war sie sich nicht sicher gewesen, ob sie überleben würde, auch wenn sie den Gedanken verdrängt hatte. Allerdings war der Weg in die Stadt noch weit. Sie griff nach einem Fleischspieß. Proteine. Genau das brauchte sie, um wieder zu Kräften zu kommen.
Als sie ihre Mahlzeit beendet hatte, zog Fatima ein schwarzes Tuch aus einem der gewebten Beutel und reichte es ihr.
„Danke.“ Dara fuhr sich durchs Haar, das zu ihrer Überraschung gewaschen und gekämmt war. „Wann bin ich hierhergekommen?“
Fatima blickte sie erstaunt an. „Gestern. Unser Bruder hat dich in der Wüste gefunden.“
Unser Bruder. Die Frauen waren also Saeeds Schwestern. Dara überlegte, wo die Mutter des kleinen Jungen sein mochte. Sie nestelte am Tuch herum. Ein Spiegel wäre nützlich gewesen.
Lamis kam zu ihr, nahm den hauchdünnen Stoff und band ihr das Tuch geübt um den Kopf. „Es ist Brauch bei uns, das Haar zu bedecken.“
„Aber nicht das Gesicht?“ Dara dachte an die Bilder, die sie im Fernsehen gesehen hatte.
„Bei unserem Stamm ist es nicht üblich, aber in jeder Gegend wird es anders gehandhabt. Wenn wir in der Wüste sind, folgen wir den Stammestraditionen; in der Stadt gelten dagegen die Sitten der Stadt.“ Sie lehnte sich zurück, um ihr Werk zu begutachten. „Sehr hübsch.“ Sie lächelte.
„Vielen Dank.“
Der kleine Junge rannte hinein, sah Dara einen Augenblick an, sagte etwas auf Arabisch und lief wieder hinaus.
Fatima stand auf. „Unser Bruder ist bereit, dich zu empfangen.“ Sie trat an den Vorhang heran, teilte ihn und betrat als Erste die andere Zelthälfte, wobei sie den Spalt für Dara aufhielt.
Diese folgte, innerlich auf alles vorbereitet, was nötig sein würde, um ihr Ziel zu erreichen. Dann erblickte sie Saeed. Im Schneidersitz saß er vor der glühenden Asche eines Feuers.
Seine Kopfbedeckung hing ihm nun lose um den Hals; sein Gesicht war unbedeckt. Seine kobaltblauen Augen leuchteten in seinem braun gebrannten Gesicht. Seine Nase war gerade, und seine Lippen waren sinnlich geschwungen. Er strahlte Macht und Stärke aus. Sein Anblick brachte Dara völlig aus der Fassung. Sie hörte das Blut in ihren Ohren rauschen. Nein, sie durfte nicht ohnmächtig werden. Sie drückte ihre kurzen Fingernägel in die Handflächen und kam sich lächerlich vor. Ihre heftige Reaktion auf den Mann war geradezu absurd.
Fatima und Lamis nahmen Platz, und Dara sank auf den Teppich neben ihnen. Sie atmete schwer und konnte keinen zusammenhängenden Gedanken fassen. Ihr Blick war getrübt. Alles um sie herum schien sich langsam zu drehen. Das Essen, dachte sie. Ich habe zu viel und zu schnell gegessen. Dennoch hielt sie Saeeds bohrenden Blicken stand.
„Ich freue mich, dass es dir besser geht“, begrüßte er sie mit tiefer Stimme.
Sie nickte, unfähig, ein Wort hervorzubringen. Wenn er nur wüsste.
„Die Hitze kann einem schwer zusetzen“, bemerkte er.
Das ließ sich nicht bestreiten. Deshalb fühlte sie sich ja auch so angeschlagen. Sie musste mehr trinken und genug essen, um wieder zu Kräften zu kommen.
„Kannst du dich inzwischen an etwas erinnern?“ Sein Blick war hypnotisierend.
„Nein“, brachte sie mühsam hervor und hoffte, dass sie überzeugend klang.
Er nickte. „Bis dein Erinnerungsvermögen wieder zurückkehrt, bleibst du hier.“
„Nein“, protestierte sie. „Danke für deine Gastfreundschaft.“ Sie versuchte, ihren Ton zu mildern und ihren Einspruch zu begründen. „Ich muss mich so schnell wie möglich bei der Botschaft melden. Es ist gut möglich, dass sich Menschen große Sorgen um mich machen.“
Er sah sie lange an.
Sie ließ nicht locker. „Wie weit sind wir denn von Tihrin entfernt, der Stadt, die du erwähnt hast?“
„Über dreihundert Kilometer. Wie heißt du?“
„Ich erinnere mich nicht.“ Die Frage hatte er ihr schon einmal gestellt. Sollte das eine Falle sein?
„Ich kann dir helfen, dich vor denen zu verstecken, die dir Böses wollen.“
Seine Worte klangen aufrichtig. Zu dumm, dass sie keine Ahnung hatte, wovon er redete. Wusste er von dem Flugzeugabsturz? Jagten diejenigen, die es abgeschossen hatten, auch nach ihr? Umso wichtiger, so schnell wie möglich nach Tihrin zu gelangen. „Danke“, erwiderte sie.
„Es gibt Menschen, die mir nach dem Leben trachten. Ein Mensch, der mich zu meinen Feinden führt, würde sich als guter Freund erweisen und dafür großzügig belohnt werden“, fuhr er fort.
Die Oase. Glaubte er etwa, dass sie die Männer kannte, die ihn angegriffen hatten? „Ich würde dir helfen, wenn ich könnte.“ Das entsprach immerhin der Wahrheit. Dara wollte nicht, dass er starb.
Von draußen waren plötzlich Stimmen zu hören. Männer brüllten durcheinander.
„Wenn du dich wieder erinnern kannst, möchte ich sofort darüber informiert werden.“ Er saß reglos da und ließ sie nicht aus den Augen. Seine Blicke hafteten auf ihr, seit sie eingetreten war.
Eine Frau rief etwas, und Dara sah sich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war, um. Erst jetzt bemerkte sie, dass die Zeltklappe nach draußen aufgeschlagen worden war. Saeed antwortete auf Arabisch, und eine Frau trat mit einem kleinen Eimer ein.
„Das ist Shadia. Sie hat dich versorgt, als du angekommen bist“, sagte Saeed. „Sie möchte sich um deine Augenentzündung kümmern.“
Dara rieb sich das schmerzende Auge. Augeninfektion. Auch das noch! Dieser verdammte Sand, der überall eindrang und alles reizte!
Die Frau, deren Kleidung abgetragen, aber sauber war, hockte sich neben sie und tauchte einen Stofffetzen in die dunkelgelbe Flüssigkeit im Eimer.
Dann stieg Dara der Geruch in die Nase. „Was ist das?“
Erstmals zeigte sich eine Spur von Heiterkeit in Saeeds Gesicht. „Kamelurin. Das ist ein wirksames Desinfektionsmittel.“
Sie sprang auf, sodass die Frau erschrocken zusammenfuhr.
„Danke, ich verzichte.“
„Sie hat dich damit schon ein paarmal behandelt, während du bewusstlos warst.“
Dara nahm sich vor, nie wieder das Bewusstsein zu verlieren. „Nein, danke.“ Sie verbeugte sich vor der Frau. „Mir geht es schon viel besser.“
Shadia sah sie verwirrt an und schüttelte missbilligend den Kopf, als Saeed übersetzte, nahm aber trotzdem den Eimer und verließ das Zelt.
Dara setzte sich wieder. Nahkontakt mit Kamelurin abgewendet. Was hatten sie noch alles mit ihr gemacht, während sie ohnmächtig gewesen war? Sie wollte es lieber gar nicht wissen.
„Shadia ist eine sehr tüchtige Dienerin“, bemerkte Saeed. „Du kannst dich vollkommen auf sie verlassen. Wenn es mit dem Auge schlimmer wird, musst du zwangsläufig etwas dagegen tun.“
„Ich werde in Tihrin zum Arzt gehen.“
Saeed sah zum Zelteingang, und sie folgte seinem Blick. Ein Mann trat ein, der ohne jeden Zweifel sein Bruder war. Saeed sah aus wie ein Beduinenkriegsherr, der Schrecken aller Karawanen. Der Eintretende war jünger, hatte weichere Züge, war von eher jungenhafter Schönheit. So einen würde man in Hollywood engagieren, wenn ein Film über Saeeds Leben gedreht würde.
Er begrüßte Saeed, ohne den Blick von ihr abzuwenden. Seine Augenfarbe war goldbraun, nicht blau.
Saeed redete mit ihm. Er antwortete nicht.
„Mein Bruder Nasir“, stellte er ihn dann vor.
Nasir nickte ihr zu und sagte etwas zu Saeed, was diesen dazu brachte, sofort aufzustehen.
„Ich muss los. Willkommen in unserem Zelt. Falls du irgendetwas brauchst, musst du dich bloß an meine Schwestern wenden.“ Er ging hinaus und rief kurz danach Nasir.
Erst jetzt wandte der jüngere Mann seine Blicke von ihrem Gesicht ab und folgte seinem Bruder widerstrebend nach draußen.
Puh! Gleich zwei Probleme auf einmal. Dara holte tief Luft. Sie hatte kaum geatmet, solange die Männer im Zelt waren. Fatima und Lamis standen auf, und sie tat es ihnen gleich, wobei sie erstmals die eine Hälfte des Zelts genauer in Augenschein nahm. Der Trennvorhang wirkte von dieser Seite atemberaubend schön. Er war nicht fehlerhaft verwoben, wie sie zunächst gedacht hatte, sondern die gute Seite war dem Bereich der Männer zugewandt.
Teppiche bedeckten beinahe den gesamten Sandboden. Nur die Feuerstelle war ausgelassen worden. Ein altes Krummschwert hing an einer der Zeltstangen. Das würde sie im Hinterkopf behalten. Immerhin besser als nichts.
Eine seltsames Objekt lag in einer Ecke. Das muss ein Kamelsattel sein, vermutete sie. Sie entdeckte zwei Patronengürtel, aber keine Gewehre. Dann hatte sie keine Möglichkeit mehr, sich weiter umzuschauen, denn Fatima und Lamis waren bereits wieder auf der anderen Seite der Abtrennung und warteten darauf, dass sie ihnen folgte.
Dara ging direkt auf den Teppich zu, auf dem sie aufgewacht war, setzte sich, aß die Reste der Mahlzeit, trank Wasser und legte sich hin. Sie musste zu alter Stärke zurückfinden und dann in die Stadt aufbrechen. Wenn sich dazu keine Gelegenheit ergab, musste sie eine herbeiführen.
Sie schloss die Augen und tat, als ob sie schliefe, denn sie wollte nicht belästigt werden und vor allem keine Fragen gestellt bekommen, die sie nicht beantworten durfte.
Die Frauen plauderten munter in einer Ecke, ohne sie zu beachten. Gut. Sie benötigte Zeit, um sich einen Plan auszudenken.
Dara öffnete die Augen, spähte durch das dunkle Zelt und vernahm ein leises Schnarchen in der Nähe. Als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte sie die einsame Gestalt an der Außenwand des Zelts. Shadia, die Dienerin.
Sie wird doch wohl nicht … Dara rieb sich die Augen und schnupperte an ihren Fingern. Kein verdächtiger Geruch. Umso besser. Shadia hatte nichts Ekelhaftes mit ihr angestellt, während sie geschlafen hatte. Das war für alle hier besser so. Denn auch wenn sie an diesem Nachmittag eine bemerkenswerte Zurückhaltung und Höflichkeit an den Tag gelegt hatte, weil sie ihren Gastgeber nicht beleidigen wollte, würde sie sich auf jeden Fall bis aufs Blut verteidigen, wenn wieder jemand mit einem Eimer Kamelurin in ihre Nähe kam.
Sie stand vorsichtig auf und vermied dabei jedes Geräusch. Da ihr Körper nun mit ausreichend Flüssigkeit versorgt war und sie gegessen und geschlafen hatte, fühlte sie sich fit genug, um einen kleinen Erkundungsrundgang zu unternehmen. Falls sie dabei auf ein Fahrzeug stieß, würde sie die Gelegenheit zur Flucht ergreifen. Sie legte ihre Decken so, dass sie wie eine körperähnliche Erhebung wirkten, falls Shadia kurz aufwachte und in ihre Richtung sah. Barfuß schlich sie auf die Stelle zu, wo sich der Trennvorhang überlappte, schob ihn vorsichtig auf und spähte durch den Spalt zu Saeeds Seite hinüber. Da der Eingang geschlossen war, herrschte dort ebenfalls fast völlige Dunkelheit wie auf der anderen Seite. Doch im Schein des Mondlichts, das durch die Ritzen fiel, konnte sie einiges erkennen.
Das Schwert hing nicht mehr am Pfahl.
Saeed traute ihr also nicht. Das konnte sie ihm kaum verübeln. Ihr Blick fiel auf eine Aktentasche an der Außenwand des Zelts, die zuvor nicht dort gestanden hatte. Langsam schlich sie darauf zu und hielt lauschend inne, bevor sie sich hinhockte. Sie legte die flache Hand auf das Schloss, um das Geräusch zu dämpfen, während sie auf den Knopf drückte. Mit einem kaum wahrnehmbaren Klick sprang der Metallverschluss auf. Vorsichtig öffnete sie die Tasche und durchstöberte sie. Ordner, ein paar geöffnete Briefe und ein Satellitentelefon. Ihre Finger umschlossen das Gerät. Sie lauschte, ob sich jemand von draußen näherte. Nichts.
Sie klappte das Telefon auf, schaltete es ein und wählte die Nummer des Colonels. Beim Klang der Pieptöne hielt sie den Atem an, doch das Schnarchen der Dienerin nebenan blieb regelmäßig. Am anderen Ende der Leitung klingelte es. Wie spät es dort wohl war? Nachmittag, vermutete sie. Dann nahm der Colonel endlich ab.
Sie schirmte das Telefon und ihren Mund mit der linken Hand ab und flüsterte ihre Identifikationsnummer für diesen Einsatz.
„Alles okay?“
„Ja, Sir.“
„Die anderen auch? Wir haben keinen Kontakt.“
„Nein, Sir.“ Dara schluckte und berichtete ihm vom Absturz.
„Wo ist Ihr Standort?“
„Ich bin mir nicht sicher, Sir. Ich bin in einer Art Beduinenlager, schätzungsweise dreihundert Kilometer von Tihrin entfernt. Der Stammesführer heißt Saeed.“
„Scheich Saeed ibn Ahmad?“
Scheich? Sie schluckte erneut, zog einen Umschlag aus der Tasche und versuchte, die Anschrift mit Hilfe der schwachen Displaybeleuchtung des Telefons zu entziffern. Die Adressen waren auf Arabisch geschrieben. Sie hol