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Das wilde Herz des Edelmanns
Erscheinungstag: | Di, 08.07.2014 |
Erscheinungstag: | Di, 08.07.2014 |
Bandnummer: | 5 |
Bandnummer: | 5 |
Seitenanzahl: | 320 |
Seitenanzahl: | 320 |
ISBN: | |
ISBN: | 9783733760366 |
E-Book Format: | ePub oder .mobi |
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Top-titel
Ein Teil von ihr
Mutter. Heldin. Lügnerin. Mörderin?
Im Bruchteil einer Sekunde kann sich dein Leben für immer verändern….
Du hast die Nachrichten gesehen, über die Gewalt in dieser Welt den Kopf geschüttelt und weitergemacht wie immer. Nie könnte dir so etwas passieren, dachtest du.
Andrea Oliver erlebt das Entsetzlichste. Einen Amoklauf. Was sie noch mehr schockiert: Ihre Mutter Laura entreißt dem Angreifer ein Messer und ersticht ihn. Andrea erkennt sie nicht wieder. Offenbar ist Laura mehr als die liebende Mutter und Therapeutin, für die Andrea sie immer gehalten hat. Sie muss einen Wettlauf gegen die Zeit antreten, um die geheime Vergangenheit ihrer Mutter zu enthüllen, bevor noch mehr Blut vergossen wird …
Laura weiß, dass sie verfolgt wird. Und dass ihre Tochter Andrea in Lebensgefahr ist …
»Dieser Thriller wird Sie um den Schlaf bringen. Für Slaughter-Fans ist „Ein Teil von ihr“ ein absolutes Lese-Muss.«
ok!
»Wie immer hat Slaughter … keine Scheu, Verbrechen in all ihrer Brutalität und Grausamkeit zu schildern. […] Daneben aber beweist sie ebenso viel Gespür für die Zerrissenheit, für Sehnsüchte und Ängste, für starke Gefühle und damit verbundene innerliche Eruption, kurz: für die Komplexität ihrer Charaktere.«
dpa
»Karin Slaughters „Ein Teil von ihr“ liest sich als moderne Geschichte über komplizierte Vereinigte Staaten von Amerika, in der charakteristische Merkmale des American Way of Life ebenso aufscheinen wie der Mythos vom Grenzland.«
krimi-couch.de
»Provokanter und raffinierter als alles, was sie zuvor geschrieben hat.«
vol.at
»Eine spannende Lektüre bis zum Schluss.«
SpotOnNews
»Fesselnd von der ersten bis zur letzten Seite.«
Magazin-frankfurt.com
»Karin Slaughter gilt völlig zu Recht als eine der besten Krimi-Autoren der USA. Ihre Geschichten fesseln von Anfang bis Ende.«
IN
»Karin Slaughter zählt zu den talentiertesten und stärksten Spannungsautoren der Welt.«
Yrsa Sigurðardóttir
»Jeder neue Thriller von Karin Slaughter ist ein Anlass zum Feiern!«
Kathy Reichs
»Karin Slaughter bietet weit mehr als unterhaltsamen Thrill.«
SPIEGEL ONLINE über »Pretty Girls«
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Dramatis Personae
Cecilia von Haune Eine junge Frau, die eine schwerwiegende Entscheidung zwischen Ehre, Freundschaft und Liebetreffen muss und sich selbst dabei in arge Bedrängnis bringt. Femeke von Haune Ihre jüngere Schwester Simon von Haune Ritter des Sternerbundes und Vater von Cecilia und Femeke Amalie von Haune Dessen Frau Ernko von Buchenau Hessischer Ritter, dem Cecilia als Eheweib versprochen wurde. Ehrgetrieben und skrupellos. Nickel Sein ihm ergebener Knecht und Scherge Eberhardt von Buchenau Ernkos Vater, der ohne Erben und Landgewinn den Fortbestand seines Geschlechtes in Gefahr sieht. Gebehardt Cramer Kaufmann und Stadtrat zu Herolsfeld. Dem Geschlecht der Hauner verbunden. Sophia Cramer Seine Tochter und zugleich Cecilias beste Freundin. Benedikt Eissler Als Schöffe oberster Richter und Vorsitzender des Herolsfelder Stadtrates. Ebenfalls Kaufmann. Berthold II. von Völkershausen Mächtiger Fürstabt zu Herolsfeld in berechtigter Sorge um seinen Einfluss und seine Pfründe. Steht aufseiten der Sternerritter. Mathes aus Erbach Glückloser Baumeister, der beieinem einzigen Würfelspiel alles verlor und sich seitdem als Tagelöhner verdingen muss. Ällin Seine Frau Jocke Sohn der beiden Schwester Elisabeth Meisterin des Augustinerinnenklosters zu Hoechst. Hat ein düsteres Geheimnis. Schwester Veronica Novizinnenmeisterin und kundige Heilerin im selben Kloster. Leidet unter ihrem Schweigegelübde. Gyseler Küffner Ruchloser Halunke undMenschenschlepper Siegfried von Laukenberg Verwahrloster Ritter, der sein Glück mit Silber erkaufen will und zu spät bemerkt, dass das nicht geht. Hermann II. von Hessen Landgraf mit leeren Kassen und im Krieg mit den Rittern des Sternerbundes. Er verwechselt Zielstrebigkeit mit Moral und hält Engstirnigkeit für eine Tugend. Craft von Carbenrode Ritter in dessen Gefolge. Wiegand von Grelsheim Sein Hausgeistlicher und Benediktinermönch. Äußerst gebildet und zuweilen einem witzigen Wort nicht abgeneigt. Ludwig von Meißen Erzbischof von Mainz und zugleich Kurfürst des Reiches. Lucas Metzeler Baumeisterlehrling aus Frankfurt am Main. Andreas Jacobus Metzeler Sein Großvater und Erzähler dieser Geschichte Veit Sohn eines Bauern, der nichts von seiner wahren Herkunft wusste, sie nie erfahren hat und dennoch zeitweise einen Krieg beendete.Darüber hinaus: Ritter, Bürger, Soldaten, Nonnen, Mönche, Stadtwachen, Glevener des durchlauchtigsten Landgrafen von Hessen, Edle und Beutelschneider, Flussschiffer und Kaufleute, Mägde und Knechte, Verräter und Getreue, Großmäuler und Kleinlaute, Schlaue und Dumme, Mutige und Feiglinge.
PROLOG
Der Alte erhob sich von seinem Schemel, da die verlöschende Glut der Feuerstelle ihm nur noch wenig Wärme spendete. Fahles Mondlicht fiel in den niedrigen Raum und malte lange Schatten an die Wände. Müde schritt er zum Fenster und spähte gedankenverloren durch einen Spalt hinaus. Die gleißende Scheibe des Mondes blendete ihn im ersten Moment, so brauchte er einige Zeit, um die Sterne dieser Frühlingsnacht über der Stadt funkeln zu sehen. Der volle Mond duldete heute nicht viele seiner kleineren Nebenbuhler und doch flüsterten sie dem Alten Geschichten zu. Geschichten längst vergangener Tage. Denn es war wieder diese Nacht. Wie lange war es her? Vierzig Jahre? Fünfundvierzig Jahre? Er wusste es nicht mehr und rechnete in Gedanken angestrengt nach. Nein, es waren bereits fünfzig Jahre vergangen. Ein ganzes Menschenleben, wenn man Glück hatte, für viele jedoch weit mehr. Fünfzig Jahre seit jener Nacht, seit dem Moment, in dem alles begonnen hatte. Er stünde nicht hier, alt und glücklich, wenn es sich nicht genau so zugetragen hätte. Vielleicht war das ja der Beweis, dass der Allmächtige einen Plan für jede Seele hatte. Für seine jedenfalls schien es so zu sein.
Die Tür mahlte leise über den Dielenboden. Ein junger Mann trat ein. Der Alte wandte sich um.
„Lucas, was machst du denn noch hier? Es ist Zeit zu schlafen. Gott schenkt uns die Sonne für das Tagwerk und die Nacht für die Ruhe. Das solltest du achten.“
Sein Enkel schloss die Tür hinter sich.
Der Alte setzte sich und schob auch Lucas einen Schemel hin, doch der machte keine Anstalten, Platz zu nehmen. „Ihr habt recht“, sagte er stattdessen, „mir scheint jedoch, als sei ich nicht der Einzige in diesem Haus, der heute Nacht seinen Schlaf nicht findet. Was ist mit Euch?“
„Es ist nichts“, log der alte Mann und schüttelte den Kopf. „Es muss der Vollmond sein, der mich wach hält.“
Lucas schmunzelte. Er kannte seinen Großvater gut genug, um zu wissen, wann er die Wahrheit sprach und wann nicht. Er liebte und schätzte ihn sehr, denn er konnte flunkern und fluchen, lachen und spötteln, wenig war ihm heilig, und er trug sein Herz immer auf der Zunge. Nur überzeugend zu lügen, das vermochte er nicht.
Lucas ging zur Bank am Herd und griff nach dem Krug. Er füllte zwei zinnerne Becher mit Würzbier, stellte sie auf den Tisch und ließ sich neben seinem Großvater nieder. „Dann lasst uns wenigstens auf unsere nicht erlangte Nachtruhe anstoßen, wenn wir hier schon schlaflos zusammensitzen. Und vielleicht wollt Ihr mir dabei auch erzählen, was Euch wahrhaftig den Schlaf raubt, denn dass es am Mond liegt, vermag ich nicht so recht zu glauben.“
Der Alte sah seinen Enkel erstaunt an, dann grinste er plötzlich über beide Ohren. Eine breite Zahnlücke kam zum Vorschein, die zusammen mit dem Schalk, der in seinen Augen aufflackerte, die Jahrzehnte seines hohen Alters für einen Augenblick vergessen machte.
„Du bist durchtrieben, mein Junge“, bemerkte er schließlich, jedoch nicht ohne Anerkennung. „Du solltest dich um einen Sitz im Stadtrat bemühen statt eines Tages diese Baumeisterei von deinem Vater zu übernehmen.“
„Ihr wollt es mir also erzählen?“
„In Gottes Namen, ja. Aber dann leg noch zwei Scheite aufs Feuer. Mir ist kalt.“
Lucas beeilte sich, dieser Aufforderung nachzukommen.
Kurz darauf reckten sich kleine Flammen aus der Glut und begannen, knisternd und hungrig am Holz zu fressen. Lucas saß bereits wieder bei seinem Großvater am Tisch und sah ihn erwartungsvoll an. Es gab wahrlich niemanden, der Geschichten besser erzählen konnte als er. Sie hatten ihn schon früher, als er noch ein kleiner Junge gewesen war, in ihren Bann gezogen. Und selbst heute, im Alter von bald sechzehn Jahren, lauschte er ihnen noch immer gern. Den markanten nordhessischen Dialekt seines Großvaters, das Lispeln, das seine fehlenden Zähne verursachten, all das hörte man nicht mehr, hatte er nur erst einmal begonnen, zu erzählen. Dieser Mann vermochte es, den Figuren seiner Geschichten allein mit Worten so viel Leben einzuhauchen, dass sie schon nach kurzer Zeit in den Gedanken seiner Zuhörer Gestalt annahmen.
Der Alte nahm einen kräftigen Schluck Bier und wischte sich mit dem Handrücken den Schaum vom Mund. „Weißt du, welcher Tag heute ist?“
Lucas musste nicht lange nachdenken. Heute war Markttag gewesen. „Es ist Mittwoch, zwei Tage nach Markus.“
„Das meine ich nicht“, entgegnete sein Großvater und schüttelte den Kopf. „Heute ist die Nacht auf St. Vitalis.“
„Ich verstehe“, sagte Lucas und lehnte sich zurück. „Das ist es also, wieder diese Vitalisnacht. Immer wenn sie sich jährt, dann seid Ihr so schweigsam, so in Euch gekehrt. Was ist damals geschehen, dass Euch die Trauer jedes Mal aufs Neue überkommt?“
„Trauer?“, fragte der Alte erstaunt, „sehe ich tatsächlich traurig aus? Nein, das ist es nicht, Lucas. Es ist keine Trauer, sondern stilles Gedenken und Demut. Ich danke dem Herrn, dass er mein Schicksal so geschmiedet hat, wie es ist. Ich danke Ihm, dass ich mehr als sechzig Sommer erleben durfte, und wenn es Ihm gefällt, dann werden es vielleicht sogar noch ein paar mehr. Nein, keine Trauer. Es mag so aussehen, aber das ist es wahrhaftig nicht.“
„Was ist es dann?“, fragte Lucas ungeduldig. „Was ist damals geschehen?“
„Nun, mir scheint, du bist jetzt alt genug, um es zu erfahren. Es ist die Geschichte einer Verräterin, die keine war. Sie war eine mutige Frau, die für Liebe und Wahrheit alles aufs Spiel setzte und mir dadurch das Leben rettete. Hätte es sie nicht gegeben, säßen wir nicht hier. Ein guter Grund, um einmal im Jahr dankbar zu sein, findest du nicht?“
Lucas war sichtlich aufgeregt. „Ja, gewiss ist das ein guter Grund. Aber davon wusste ich nichts. Wer war diese Frau, und wie ist es ihr ergangen? Lebt sie noch?“
„Lucas“, sagte der Alte in strengem Ton, „wenn ich dir jetzt bereits das Ende meiner Geschichte verraten soll, welchen Sinn hat es dann, dass ich sie dir überhaupt erst erzähle? Übe dich in Geduld und höre zu oder lege dich ins Bett und schlaf. Also?“
„Ich will zuhören.“
„Das dachte ich mir.“ Der Großvater lächelte, stützte seine Ellbogen auf den Tisch und schaute seinem Enkel tief in die Augen.
„Alles begann vor recht genau fünfzig Jahren, ein paar Wochen vor der heutigen Nacht, der Nacht von St. Vitalis.“
„Was hat es überhaupt mit diesem St. Vitalis auf sich?“, wollte Lucas wissen.
„Alle Heiligen zu kennen, das sei den Mönchen und Bischöfen vorbehalten“, räumte der Alte schmunzelnd ein, doch dann wurde sein Gesicht ernst. „Aber diesen einen solltest du dir doch merken, zumindest den ihm geweihten Tag. Vitalis war ein Märtyrer, ein Heiliger unserer Kirche, der vor Hunderten von Jahren für seinen Glauben grausam ermordet wurde. Jedoch nicht sein Leben ist für meine Erzählung von Belang, sondern – wie du sehen wirst – ebendieses Datum seines Todes, an dem vor langer Zeit die Geschichte einer überaus tapferen Frau begann: Cecilia von Haune. Sie war die Tochter des Ritters Simon von Haune und lebte mit ihrer Familie auf einer Burg namens Hauneck, ganz in der Nähe von Herolsfeld. Sie hätte dort ein schönes Dasein haben können, umgeben von Wohlstand, unter dem Schutz eines alten Rittergeschlechts und auf einer wehrhaften Feste mit einigen Ländereien. Aber sie war von Trauer und Wut erfüllt, denn ihr Vater hatte bestimmt, dass sie einen Ritter heiraten sollte, den sie nicht liebte, vor dem sie sich sogar fürchtete. Doch niemand hätte sich damals vorstellen können, dass diese unglückliche Verbindung und der irrsinnige Rachedurst eines einzelnen Mannes einmal das Schicksal vieler Menschen, ja sogar das eines ganzen Landes verändern würden.“
1. KAPITEL
Nur der Regen, der unablässig auf die Erde und die Bauernkate prasselte, überdeckte die Schmerzensschreie. Es war eine stürmische Winternacht, die Gott für die Geburt des ungewollten Kindes bestimmt hatte. In der Hütte stand die Bäuerin zusammen mit einem Mädchen an der Bettstatt der Kindsmutter und tupfte ihr mit feuchten Leinentüchern fortwährend den Schweiß von der Stirn. Einige Kienspanleuchten warfen müde ihr Licht in die ärmliche Behausung. Sie glommen auf, atmeten, immer wenn der Wind über die Wipfel des nahen Waldes peitschte und kurz darauf durch die undichten Fugen des Hauses pfiff. Kaum dass das Kind heraus gewesen war, hatte die Frau die Besinnung verloren, war vor Schmerzen ohnmächtig geworden. Trotzdem lief ihr das Wasser weiter aus den Poren, wie der Regen, der an manchen Stellen durch das alte Strohdach tropfte. Seit dem Nachmittag schon lag sie hier und quälte sich.
„Die Niederkunft des ersten Kindes soll die schwierigste sein“, behauptete das Mädchen mit zittriger Stimme. Sie war noch immer tief beeindruckt von der Gewalt, mit der sich dieses zarte Wesen den Weg ins Licht der Welt aus dem Mutterleib erkämpft hatte.
Die Bäuerin hielt den in saubere Tücher gehüllten Neugeborenen im Arm und wiegte ihn hin und her. Er schrie, sie lächelte.
„Das mag sein. Ich habe es vergessen. Sieben Kindern habe ich das Leben geschenkt“, sagte sie, „und alle hat Gott zu sich befohlen, bevor sie nur wenige Male ihren Namenstag feiern konnten. Meine erste Niederkunft liegt so lange zurück, dass ich mich ihrer nicht mehr entsinnen kann, doch lass dir gesagt sein: Auch die letzte Geburt empfand ich als nichts, was ich gerne wiederholen möchte. An die erinnere ich mich nämlich noch sehr gut. Es war vor drei Monaten, und der Tod dieses Kindes ist nicht einmal fünf Wochen her.“
Die Bäuerin strich sich beiläufig mit der Hand über die Augen, als wolle sie den Tränen einer aufkommenden Trauer den Weg verwehren.
Das Mädchen betrachtete sie mitfühlend. Sie hatte fein geschnittene Züge, die durch das kastanienbraune Haar noch mehr betont wurden. Mit den vielleicht vierzehn oder fünfzehn Sommern, die sie erlebt haben mochte, war sie noch ein Kind und doch bereits eine junge Frau. In ihrem Blick lagen Unschuld und Furcht – die Angst davor, dass dieses Geheimnis, an dem sie beteiligt war, jemals nach außen dringen würde. Allein deshalb, weil sie um die begangenen Sünden wusste, hatte sie sich mitschuldig gemacht. Auch wenn es eine andere war, die dort auf der Bettstatt lag, die sich der fleischlichen Lust und Liebe hemmungslos hingegeben und unter Lügen und Verheimlichungen die sündige Frucht der Verbindung zu diesem Mann ausgetragen hatte, von der niemand wissen durfte – am wenigsten er selbst.
Der Säugling hingegen plärrte gesund und lauthals in den Armen der Bäuerin, die nach all ihren Geburten und verstorbenen Kindern nun selbst nicht mehr empfangen wollte, da es Gott offenbar nicht gefiel, und daher diesen Jungen an Kindes statt annehmen würde. Die leibliche Mutter des eigenen Kindes berauben zu müssen, war furchtbar, und doch wusste das Mädchen, dass dieser bittere Weg die einzige Möglichkeit war, um Schaden von der Frau und dem Neugeborenen abzuwenden.
„Er bekommt langsam Hunger“, bemerkte die Bäuerin zufrieden, „ich werde ihn bald stillen.“ Mit einem Mal deutete sie zum Lager herüber. „Schau, sie kommt zu sich. Rasch, hol einen Becher mit Wasser. Sie muss jetzt viel trinken und die Säfte auffüllen, die ihr Körper verloren hat.“
Das Mädchen sah zur Bettstatt, und tatsächlich hatte die Kindsmutter bereits ihre Augen geöffnet und blinzelte benommen ins schummrige Licht der Hütte. Ihre junge Freundin beeilte sich, das Wasser herbeizuschaffen und reichte das Gefäß der Bäuerin. Die setzte sich zu der Frau, stützte sie behutsam am Rücken, sodass sie sich ein wenig aufrichten konnte, und gab ihr zu trinken. Sie soff gierig. Bäche rannen ihr rechts und links die Mundwinkel hinab und tropften ins Stroh.
„Seid Ihr wohlauf?“
Die Frau atmete schwer und hatte Mühe, sich nicht zu verschlucken, doch sie nickte. „Ich lebe noch“, erwiderte sie kraftlos, „der Herr sei gepriesen.“
„Wie wollt Ihr ihn taufen lassen?“, fragte die Bauersfrau und senkte die Mutter des Neugeborenen behutsam auf ihr Lager zurück.
„Veit“, kam die Antwort. Es klang trostlos. „Wann kann ich gehen?“
Die Bäuerin schüttelte verständnislos den Kopf. „Ihr seid doch eben erst erwacht. Wollt Ihr Euch umbringen? In zwei Tagen vielleicht, allerfrühestens.“
„Gib mir meinen Sohn. Bitte.“
Mit einer flehenden Geste streckte die Frau die Hände aus, um das Kind in Empfang zu nehmen. Die Bäuerin legte es zu ihr, und sobald die Mutter es in ihren Armen barg, presste sie es an sich, als wolle sie es vor allem Unheil der Welt beschützen und nie wieder loslassen. Sie roch und fühlte das kleine Wesen, liebkoste es mit den Lippen und strich ihm zärtlich über den Kopf. Plötzlich begann sie zu weinen: „Mein Kind. Ich will dich nicht hergeben, aber ich muss. Oh Gott, wie strafst du mich! Ich habe es verdient. Ich bin eine Sünderin. Verzeih mir, erbarme dich meiner und behüte meinen Sohn.“
„Armes Weib, doch Ihr habt selbst so entschieden“, sagte die Bäuerin voller Mitleid und versuchte die Kindsmutter zu beruhigen: „Ihr könnt ihn sehen, wann immer Ihr möchtet. Zahlt mir nur meinen Teil und ich werde mich um ihn kümmern, als wär’s mein eigen Fleisch und Blut. Und zu schweigen vermag ich wie ein Grab, vertraut mir.“
Die Frau im Stroh konnte nichts mehr sagen; Tränen erstickten ihre Worte.
„Sie hat es doch selbst so entschieden“, wiederholte die Bäuerin und sah das Mädchen hilflos an.
„Ja, das hat sie, und es ist auch besser so. Hier ist dein vereinbarter Lohn.“ Mit diesen Worten drückte sie ihr drei Goldmünzen in die Hand.
„Für ein Jahr sollte dies genügen“, erklärte das Mädchen, „Drei Gulden für das Versorgen des Kindes, dein Auskommen und dein Schweigen. Alljährlich wirst du diese Summe erhalten und einmal im Jahr sollst du zu uns kommen, damit wir uns vom Wohl des Knaben selbst überzeugen können.“
Die Bäuerin nickte und verließ für einen Moment die Wohnstube, um das Geld in einem kleinen Vorratsraum zu verstecken. Das Mädchen setzte sich unterdessen an die Bettstatt und strich der Frau sanft durchs Haar. „Wir brechen übermorgen auf“, flüsterte sie ihr zu. „Es wird Zeit, wir müssen bald zurück sein. So lange dauert eine Pilgerfahrt nach Aachen nie und nimmer. Wir dürfen keinen Verdacht auf uns lenken.“
Die Mutter umklammerte ihr Kind. Tränen rannen ihr über die Wangen, doch sie nickte. Plötzlich blickte sie dem Mädchen fest in die Augen und griff nach ihrer Hand. „Schwöre bei allem, was dir heilig ist, die Wahrheit zu bewahren und niemals und unter keinen Umständen ein Wort hierüber zu verlieren. Sprich mir nach“, verlangte sie und formulierte das Gelübde: „Ich gelobe vor Gott dem Allmächtigen hiervon zu schweigen und niemandem, wer immer es auch sei, zu keiner Zeit zu sagen, wer dieser Knabe wirklich ist und wer seine wahren Eltern sind. Meine Seele soll auf ewig verdammt sein und in der Hölle brennen, so ich es dennoch tue.“
Das Mädchen erschrak. Sie zögerte.
„Sag es!“, forderte die Frau mit Nachdruck.
Und schließlich sprach das Mädchen das Gelübde.
2. KAPITEL
Cecilia zischte schmerzerfüllt. „Sieh dich doch ein wenig vor!“, wies sie ihre Schwester gereizt zurecht. Diese hatte ihr zum wiederholten Male beim Kämmen versehentlich einige Haare ausgerissen.
Femeke verzog das Gesicht: „Es tut mir leid, aber ich kann doch nichts dafür, dass dein Haar so dicht ist wie ein schwarzes Bärenfell. Mit Absicht mache ich das gewiss nicht. Oder möchtest du aussehen wie eine Waldhexe, wenn du zu ihm hinuntergehst?“
Cecilia drehte sich zu ihrer Schwester um: „Soll ich dir die Wahrheit verraten? Fast wäre es mir lieber, ich hätte Warzen und mir würden die Haare ausgehen, anstatt Ernko von Buchenau zu gefallen.“
Femeke bekreuzigte sich. „Hör auf. So etwas sagt man nicht.“
„Aber es ist die Wahrheit. Ich will ihn nicht und doch muss ich mich herausputzen für ihn. Ich bin ihm gleichgültig, das weißt du genauso gut wie ich. Um die Mitgift geht es ihm und darum, unsere Familie an die seine zu binden. Um nichts anderes.“
Sanft, aber bestimmt packte Femeke ihre Schwester an den Schultern und drehte sie von sich weg, um mit dem Richten der Haare fortfahren zu können. „Was erwartest du, Cecilia? Er ist ein Ritter von hohem Geschlecht und selbstverständlich will er eine starke Verbindung eingehen. Welcher Mann möchte das nicht? Du forderst tiefe Gefühle, doch vielleicht erwachsen sie schon bald in ihm und auch in dir? Wer kann das vorhersehen? Mir scheint, du stellst es schlimmer dar, als es ist. Du hättest es wahrlich schlechter treffen können.“
Erneut fuhr Cecilia herum. Der Hornkamm verhakte sich in ihren Haaren und fiel zu Boden.
„Dann nimm du ihn doch“, fauchte sie, und ihre Augen wurden feucht. „Ich gebe ihn frei.“
„Ach, Cecilia“, versuchte Femeke ihre Schwester zu beschwichtigen, „du weißt sehr wohl, dass das Unsinn ist. Ich versuche, der Sache etwas Gutes abzugewinnen und dir Mut zuzusprechen. Ich will dich doch nicht verletzen.“
Cecilia wischte sich die ungewollten Tränen aus den Augen. „Es tut mir leid, Femeke. Du bekommst meine Wut zu spüren und eigentlich hätte sie unser Vater verdient. Er hat Ernkos Antrag schließlich zugestimmt und sich mit Eberhardt von Buchenau über die Mitgift geeinigt.“
Femeke bückte sich nach dem Kamm und sah ihre zornige Schwester mitfühlend an: „Nein, auch Vater hat das nicht verdient. Du hast drei Bewerber abgelehnt, und er hat Angst, dass du noch als alte Jungfer endest.“
„Selbstverständlich habe ich diese drei zurückgewiesen. Das war nicht schwer“, ereiferte sich Cecilia von Neuem. „Der erste war ein Säufer, der ständig und ohne fremdes Zutun betrunken vom Gaul gestürzt ist. Der zweite war klein und hässlich wie ein alter Zwerg und der dritte hat seine Finger schon vor der Ehe nicht von anderen Weibern lassen können. Ich will weder mit einem Trunkenbold noch mit einem verwachsenen Gnom und schon gar nicht mit einem Ehebrecher verheiratet sein.“
Nun konnte Femeke sich eines Lachens nicht erwehren. „Nichts von alledem ist Ernko von Buchenau. Er ist groß, er sieht stattlich aus, er ist immer äußerst beherrscht und zuvorkommend und er spielt trefflich die Laute. Ein Ritter durch und durch. Seine Familie genießt hohes Ansehen und verfügt zudem über ein nicht unerhebliches Vermögen. Sie sind ein geachtetes Geschlecht und nicht irgendwer.“
Cecilia ergriff die Hand ihrer Schwester.
„Ich weiß, aber das ist es nicht. Ich habe Angst vor ihm, Femeke. Alles, was du sagst, trifft zu und doch fürchte ich mich. Zweimal erst sind wir uns begegnet, und ich bin ihm dabei bis auf einen Schritt nahegekommen. Ich habe in seine Augen gesehen. Sie sind so tief, dass man seine wahre Seele darin nicht zu erkennen vermag, und es scheint, als wohnten derer zwei in ihm. Die eine ist die, die nach außen sichtbar ist, so wie du es beschrieben hast, und doch ein Trugbild, denn die andere ist grausam und ohne Gnade. Sie ist sein wahres Ich, glaube mir.“
Femeke von Haune trat erschrocken einen Schritt zurück. „Um Gottes willen, was redest du denn da? Woher glaubst du, das zu wissen?“
„Ich weiß es eben. Ich fühle es. Denk an meine Worte. Dieser Mann besitzt zwei Gesichter, und ich wünsche uns, dass das andere nie zutage tritt.“
Femeke nahm Cecilia in die Arme.
„Du irrst dich, Schwesterherz“, flüsterte sie ihr ins Ohr, „doch was immer auch geschehen sollte, ich werde für dich da sein, das sollst du wissen.“
Cecilia löste sich von ihr und küsste sie auf die Stirn. „Das weiß ich, aber ich vermag nicht nachzuvollziehen, woher du mit deinen erst fünfzehn Jahren diese Weisheit nimmst. Du bist wirklich etwas Besonderes, und ich kann mich nur glücklich schätzen, deine Schwester zu sein.“
Femeke lächelte dankbar: „Darf ich dich nun fertig kämmen?“
Nachdem Cecilias Haare gebändigt und kunstvoll nach oben gesteckt worden waren, holte Femeke das Kleid herbei, das ihre Schwester sich für diesen Tag ausgesucht hatte, und half ihr, es anzuziehen. Gerade war sie damit fertig geworden, die zahllosen Knöpfe, Häkchen und Schleifen am Rücken zu verschließen, als das Klappern von Hufen durch den Burghof nach oben schallte.
„Sie kommen!“, rief Femeke aufgeregt, doch Cecilia war schon ans Fenster geeilt und blickte hinab: „Ja, er ist da“, flüsterte sie resigniert und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie konnte gut die große Feder an Ernkos Hut erkennen. Auf seinem stahlblauen Wams prangte das Zeichen derer von Buchenau. Überheblich blickte das Wappentier, ein grüner Vogel, von seinem goldgelben Schild herab. Wie zu einer Brautschau hatte sich Ernko von Buchenau herausgeputzt, dachte sie, bevor ihr durch den Kopf schoss, dass er ja auch genau deswegen gekommen war.
Cecilia seufzte und ließ ihren Blick über das Haunetal schweifen. Hier war sie aufgewachsen, an diesem Ort hatte sie ihr ganzes bisheriges Leben verbracht. Und dieser Mann, der soeben die Zügel seines Wallachs achtlos einem Knecht entgegenwarf und sich elegant aus dem Sattel schwang, würde sie mit sich nehmen. Doch sie wollte nicht fort. Nicht mit ihm. Sie liebte Burg Hauneck. Auch wenn sie nicht so prächtig war, wie manch andere Feste, so thronte sie gleichwohl trutzig und stolz auf dem Gipfel des Stoppelsberges. Von hier oben hatte man einen herrlichen Blick zum Thüringer Wald im Osten, zur Rhön im Süden, zum Vogelsberg im Westen und bis zum Alheimer und zum Hohen Meißner im Norden. In dieser Richtung duckte sich Herolsfeld – nicht einmal eine Meile entfernt von hier – zwischen die fruchtbaren Auen von Fulda und Haune, die Stadt, die Cecilia so ans Herz gewachsen war. Auch auf ihre Besuche dort würde sie zukünftig verzichten müssen, wenn Ernko von Buchenau sie erst einmal heimgeführt hätte, denn der Stammsitz seines Geschlechtes lag fast drei Meilen entfernt. Sie hatte bei ihren Ausflügen in die Stadt stets Zeit gefunden, sich mit ihrer Freundin Sophia zu treffen, der einzigen Tochter des Herolsfelder Kaufmanns Gebehardt Cramer. Sophia fehlte ihr bereits jetzt, und Cecilia wünschte sie sich in diesem Augenblick sehnsüchtig herbei, denn auch ihr würde die Wahrheit hinter den Augen des Ernko von Buchenau nicht verborgen bleiben, dessen war sie sich gewiss.
„Kommst du?“
Femeke riss sie aus ihren Gedanken.
„Ja, einen Moment noch“, bat Cecilia leise, begab sich dann aber langsamen Schritts zur Tür.
Femeke griff nach der Hand ihrer Schwester: „Es wird schon werden. Nur Mut.“
Cecilia lächelte gequält, denn davon war sie ganz und gar nicht überzeugt. Sie tastete nach dem schmiedeeisernen Türgriff und hielt einen Moment inne, um tief Luft zu holen. Schließlich öffnete sie die Tür und trat, gefolgt von ihrer Schwester, hinaus auf den Gang.
Von Cecilias Kammer im ersten Stock des Turmes folgten sie der steinernen Wendeltreppe bis nach unten. Als sie in den Hof hinaustraten, wurden die Pferde der Gäste gerade von den Knechten in die Stallungen geführt; die Besucher selbst waren bereits im Palas der Burg verschwunden. Beide Mädchen rafften die Röcke, um die Säume nicht mit Pferdemist oder Matsch zu beschmutzen, und überquerten den Burghof. Die Wachen nickten zum Gruß und öffneten die schwere Eichentür. Cecilia ging als Erste hinein. An der rechten Stirnseite der hohen Halle flackerte ein Feuer im mannshohen Kamin. Etwa fünf Schritte entfernt davon stand die ausladende Tafel, die gut und gerne zwanzig Gästen Platz bot. Fast schon ein wenig verloren wirkend saßen dort am Kopfende Simon von Haune, seine Frau Amalie sowie Eberhardt von Buchenau und dessen Sohn Ernko. Sie nahmen Brot, Braten und Wein zu sich und unterhielten sich angeregt. Cecilia konnte sich denken, worum es bei dieser Unterhaltung ging. Wie zur Bestätigung ihrer Vermutung ertönte die Stimme Ernkos von Buchenau durch den Palas, als er sie erblickte: „Da ist ja endlich meine zukünftige Braut, das edle Fräulein von Haune. Wie schön, dass Ihr kommt.“
Die Anwesenden erhoben sich von ihren Stühlen und sahen erwartungsvoll auf Cecilia. Diese schritt aufrechten Hauptes und mit einem unverbindlichen Lächeln im Gesicht auf ihre Eltern und die beiden Gäste zu, wohl wissend, was man von ihr erwartete. Sie hatte keine Wahl, sondern war durch Etikette und Stand gehalten, ihre Rolle überzeugend darzubieten, ob sie nun wollte oder nicht. Wenn ihr das nicht gefiel, würde man sie früher oder später aus dem Haus jagen und in ein Kloster stecken, und Cecilia konnte sich nicht entscheiden, welche dieser beiden Möglichkeiten ihr weniger zusagte.
Mit einem Knicks vor Ernkos Vater begann sie das Begrüßungszeremoniell. „Gott zum Gruße, Herr von Buchenau.“
Der Angesprochene lächelte flüchtig und nickte ihr höflich zu: „Fräulein Cecilia, ich grüße Euch ebenso.“
Erst jetzt sah sie ihm ins Gesicht. Er hatte nicht die Augen seines Sohnes. Man fürchtete ihn als wagemutigen und gnadenlosen Kämpfer, aber sein Blick war offen und klar. Cecilia knickste noch einmal, schluckte und wandte sich ihrem zukünftigen Ehegatten zu. „Auch Euch grüße ich, Ernko von Buchenau. Ich bin höchst erfreut, Euch zu sehen.“
Der lachte: „Warum so förmlich, teuerste Cecilia. Ihr fürchtet Euch doch nicht etwa von mir?“ Mit diesen Worten nahm er ihre Hand in die seine und führte sie an die Lippen, indem er sich vor ihr verbeugte. „Ich freue mich auch, Eurer wieder einmal ansichtig werden zu dürfen und möchte dazu sagen, dass sich dieser Anblick heute ganz besonders lohnt. Aber natürlich ebenso der Eurer anmutigen Schwester“, beeilte er sich hinzuzufügen und warf Femeke ein verschmitztes Lächeln zu, woraufhin sie errötete.
„Ihr beschämt mich“, entgegnete Cecilia formvollendet und machte erneut einen Knicks.
„Ich bitte Euch“, erwiderte Ernko, „ich wage nur zu äußern und mühevoll in ungelenke Worte zu fassen, was ein jeder hier sehen kann.“
Damit führte er Cecilia zu einem der hohen Lehnstühle und rückte ihn so zurecht, dass sie sich neben ihm niederlassen konnte. Nun nahmen auch die anderen wieder Platz. Femeke setzte sich Ernko von Buchenau gegenüber und schlug den Blick nieder. Doch zwischen ihren Wimpern hindurch beobachtete sie prüfend diesen Mann, versuchte in seinen Augen das zu sehen, wovor ihre Schwester sie gewarnt hatte. Zweifelsohne war Ernko von Buchenau höflich und überaus galant, aber es wirkte auch auf Femeke ein wenig aufgesetzt. Doch wenn es ein Schauspiel war, so bot er es in der Tat perfekt dar. Andererseits konnte es sein, dass Cecilias Worte sie über Gebühr hellhörig gemacht hatten, und nun suchte sie vielleicht nach etwas, was gar nicht zu finden war. Vermutlich war Ernko von Buchenau tatsächlich einfach nur höflich und galant und Cecilia fürchtete sich bloß mehr vor der Ehe, als sie es sich eingestehen wollte.
„Ich muss deinem zukünftigen Ehemann recht geben, Kind. Du siehst heute wieder einmal bezaubernd aus“, brach Simon von Haune das Schweigen. „Doch wir sollten uns nun dem Grund zuwenden, dessentwegen wir uns heute hier versammelt haben. Es geht um die Hochzeit zwischen Ernko, dem Sohn des Eberhardt von Buchenau, beide Herren hier anwesend, und meiner und meines Eheweibs Tochter Cecilia von Haune, beide Damen ebenfalls hier versammelt. Über die Heimsteuer sind wir uns bereits einig geworden“, Simon von Haune nickte Eberhardt von Buchenau zu, der diese Geste gefällig erwiderte. „Nämlich“, fuhr er fort, „die Gemarkung Alling an der Haune, welche an Buchenauer Gebiet grenzt und sechzig Morgen bestes Ackerland mit einem Weiler sowie achtzig Morgen Buchenwald umfasst, oder den entsprechenden Gegenwert in barer Münze. Dazu kommen fünfzig Kölner Mark in Silber, die ich Cecilia mit in die Ehe geben werde. Ferner ist es an mir, die Hochzeitsfeier hier auf der Burg auszurichten, wobei ich nur für die Kosten meiner Leute, unserer beiden Familien sowie der geladenen Gäste aufzukommen habe. Euer Gesinde und Eure Tiere habt Ihr selbst zu versorgen.“
„Das ist genau das, was wir vereinbart haben, Simon“, pflichtete ihm Eberhardt von Buchenau bei, „und so soll es geschehen.“ Der massige Mann, dessen muskulöse Statur Wams und Weste spannte, hatte seinen Becher Wein ausgetrunken, schenkte sich nach und riss ein Stück Fleisch vom Rinderbraten ab, in welches er herzhaft hineinbiss. Feine Fleischfasern klebten in seinem Bart und bewegten sich beim Kauen im Takt mit dem markanten Kinn. „Wie halten wir es mit Musikanten und Gauklern zu unserer und unserer Gäste Erbauung?“, wollte er schmatzend wissen.
„Ich werde mich darum kümmern“, erklärte sich Simon von Haune bereit. „Es sollten sich ein paar finden lassen, die etwas von ihrem Handwerk verstehen.“
„Ansonsten werfen wir sie einfach vom Turm in den Wald hinab, auch das wäre unterhaltsam“, lachte Ernkos Vater und schlug mit der Faust auf den Tisch, dass die Becher tanzten.
Die Männer waren derlei raue Sprüche gewohnt, doch Amalie von Haune und ihre beiden Töchter zuckten erschrocken zusammen. Eberhardt von Buchenau hob beschwichtigend die Hände. „Verzeiht mir diesen unangebrachten Ausbruch, meine Damen. Manchmal gehen mir einfach die Gäule durch und ich vergesse dann bisweilen, dass ich nicht am Lagerfeuer mit meinen Kämpen sitze, sondern mich in Gesellschaft edler Frauen befinde“, bat er scherzend um Entschuldigung. „Doch sagt, Simon, welcher Tag schwebt Euch für die Trauung vor?“
„Wir sind uns darüber einig geworden“, ergriff nun Amalie von Haune selbstbewusst das Wort und lächelte höflich zuerst ihren Mann und dann Eberhardt von Buchenau an. „Wir würden uns wünschen, dass sich unsere Kinder am ersten Sonntag nach Trinitatis vermählen. Was meint Ihr dazu?“
Eberhardt von Buchenau sinnierte einen Moment lang und strich sich durch den Bart. „Ja, das ist ein guter Tag“, pflichtete er schließlich bei, „und genügend Zeit ist bis dahin auch vergangen.“
„Genügend Zeit? Was meint Ihr damit?“, fragte Cecilias Mutter erstaunt.
Der Ritter blickte wie ertappt zu Simon von Haune hinüber, auf dem nun der fragende Blick seiner Frau ruhte. Als keiner der beiden Männer sich anschickte, das Gesagte näher zu erläutern, beschloss Amalie von Haune kurzerhand, nicht weiter nachzuhaken. Sie war davon überzeugt: Sollte es etwas von Belang sein, erführe sie es früher oder später ohnehin.
„Warum gehst du mit deinem zukünftigen Eheweib nicht ein wenig spazieren, mein Sohn?“, wandte Eberhardt sich augenzwinkernd an Ernko. „Die Sonne scheint warm herab, und bei dieser Gelegenheit könntet ihr euch besser kennenlernen. Femeke wird euch gewiss gerne begleiten.“
„Ein guter Gedanke, Vater“, stimmte er zu. „Seid Ihr einverstanden, Cecilia?“
„Ja, warum nicht.“ Sie bemühte sich, von diesem Vorschlag angetan zu klingen.
Ernko von Buchenau schob seinen Stuhl zurück und bot seiner zukünftigen Frau den Arm dar. Femeke stand ebenfalls von ihrem Platz auf und schickte sich an, dem Paar in gebührendem Abstand zu folgen.
„Würdet auch Ihr uns allein lassen, Weib? Wir haben wichtige Dinge zu besprechen“, bat nun Simon von Haune seine Frau, die sich daraufhin wortlos erhob, den beiden am Tisch sitzenden Männern zunickte und den Palas verließ.
„Amalie ist ein streitbares Weib, bei Gott, aber ich vertraue ihr“, hob Simon von Haune an, kaum dass sich die Tür zum Burghof geschlossen hatte und die beiden Ritter unter sich waren. „Sie wird beizeiten von unserem Vorhaben erfahren.“
„Recht habt Ihr Simon. Jedes Weib, das um eine Sache nicht weiß, ist ein geschwätziges Maul weniger, und es wäre wahrlich fatal, würde unser Plan zu früh bekannt werden.“
„Ganz wohl ist mir jedoch nicht dabei“, gestand Cecilias Vater.
„Warum das? Euch Angst zu unterstellen käme mir wahrhaftig nicht in den Sinn. Also, was ist es dann? Nur heraus damit!“
„Wisst Ihr, die Stadt auf diese Art zu nehmen, schmeckt mir einfach nicht. Das ist unserer nicht würdig. Sowohl die Bürger als auch der Rat haben sich mir und meiner Familie gegenüber immer tadellos verhalten, und Cecilia hat sogar eine Bekanntschaft dort. Sophia, die Tochter des Kaufmanns und Ratsmitgliedes Gebehardt Cramer.“
Eberhardt von Buchenau lehnte sich schmunzelnd zurück. Seine Finger spielten mit seinem Becher. Er neigte den Kopf und warf Simon von Haune einen Blick zu, der eine Spur Mitleid enthielt. „Euer Ritterstolz und die Freundschaften Eurer Tochter in allen Ehren. Aber meint Ihr vielleicht, die Herolsfelder würden sich ankündigen, sähen sie eine Möglichkeit, Euch und die Euren zu besiegen, wenn es darauf ankäme? Nein, mein Freund, eher säuft der Teufel Messwein. Seit Jahren schon versucht Berthold von Völkershausen, seine verlorene Macht wieder herzustellen, die man ihm Stück um Stück genommen hat. Die Bürger begehren auf. Einen eigenen Schöffen wollen sie, einen einflussreicheren Rat, mehr Rechte und natürlich mehr Geld. Was kommt als Nächstes? Sollen wir ihnen am Ende noch zehntpflichtig werden? Nein, mein lieber Freund, unser Fürstabt Berthold hat verdammt recht, diese Emporkömmlinge so zu behandeln. Vergesst nicht, dass Eure Burg die Handelsstraße im Haunetal beherrscht. Es sind Eure Zölle, die Euch die Altstraße Antsanvia einbringt. Was meint Ihr, Simon, wer die dann einstreichen wird, sobald diese Möchtegernregenten in Herolsfeld erst einmal am Ruder sind? Uns wird es ergehen wie Berthold von Völkershausen. Und denkt auch an Hermann von Hessen. Er reibt sich die Hände, während die Städter unsere und die Macht des Herolsfelder Stiftes immer weiter untergraben. Sie machen die Drecksarbeit für ihn und zum Dank dafür sendet er ihnen auch noch eine ganze Abteilung Panzerreiter, diese Glevener, zur Unterstützung gegen uns. Er ist ein Aas und ich habe es ihm nicht vergessen, wie er uns gedemütigt hat, als wir vor Rotenburg an der Fulda lagen und abziehen mussten wie geschlagene Hunde.“
Eberhardt von Buchenau hatte sich sichtlich in Rage geredet. Simon von Haune hob mit einer gütlichen Geste seinen Becher an: „Auf dass unsere Gegner ihre Lektion lernen werden.“
Die beiden Männer prosteten einander zu, tranken in einem Zug aus und stellten die geleerten Gefäße geräuschvoll auf dem Tisch ab.
„Ein Grund mehr, sich unserem Sternerbund anzuschließen, Eberhardt. Meine Brüder Reinhard und Appel sind auch mit dabei, außerdem viele Ritter von Rang und Namen: Heinrich von Eberstein, die vier Falkenberger, Heinrich und Engelhard von der Thann, Lambrecht von Netra, Heinrich von Weiher und Friedrich von Ebersberg. Und jetzt, wo wir auch den Fürstabt von Herolsfeld auf unserer Seite wissen, was soll da noch geschehen? Ihr mit den Euren kämt uns wahrlich zupass.“
Das Oberhaupt der Buchenauer stützte sich mit den Ellenbogen auf dem Tisch ab und schüttelte den Kopf: „Nein, Simon, von Bündnissen wurde ich schon zu oft enttäuscht. Ihr und die anderen Sterner wisst, dass wir zu Euch stehen und beim Angriff mit allem, was wir haben auf die Herolsfelder einschlagen werden. Doch dieses Bundes bedarf es dafür nicht.“ Er deutete auf den goldenen Stern, den Simon von Haune an einem Band um den Hals trug. „Euer Zeichen in allen Ehren und wer etwas dagegen sagt, der bekommt mein Schwert zu spüren, das gelobe ich bei Gott, aber macht Ihr Eure Sache und wir die unsere. Wir stehen auf derselben Seite. Nur das zählt.“
Simon von Haune zuckte wie gleichgültig mit den Schultern. „Wie Ihr meint, aber wenn Ihr es Euch doch noch anders überlegen solltet, dann seid Ihr mit Euren Brüdern und Söhnen jederzeit willkommen.“
Prüfend hob Ernkos Vater den Weinkrug in der Mitte des Tisches an und spähte hinein. „Sagt, meine Kehle ist so furchtbar trocken. Ob Ihr etwas dagegen zu unternehmen wisst?“
Der Gastgeber rief einen Diener, der umgehend einen neuen Krug Wein herbeischaffte und beiden Rittern nachschenkte.
„Berthold von Völkershausen wird übrigens die Trauung selbst durchführen“, sagte er dann, „Ich habe ihn gefragt, und er hat zugestimmt.“
Sein Gegenüber setzte den Becher ab und machte ein überraschtes Gesicht. „Das ist eine große Ehre und gute Neuigkeit. Also werdet Ihr ihm Bescheid geben, dass es der erste Sonntag nach Trinitatis ist?“
„Verlasst Euch darauf. Wir können es jedoch ebenso gut gemeinsam erledigen, wenn wir ihn in vier Tagen treffen.“
„Tun wir das? Davon wusste ich nichts.“
„So ist es mir bis zum gestrigen Tag auch ergangen“, räumte Simon von Haune ein, „da nämlich erst erhielt ich Kunde vom Fürstabt, dass er für den Sonntag vor Ostern eine Versammlung auf dem Abtsschloss einberufen hat. Ich entschied mich dafür, Euch diese Nachricht heute persönlich mitzuteilen, anstatt noch gestern einen Boten durch Nacht und Nebel zu entsenden.“
„Damit habt Ihr recht getan. Sonntag also im Abtsschloss zu den Eychen? Und um welche Zeit?“
„Noch vor der Mittagsstunde.“
Eberhardt von Buchenau nickte: „Ich werde mit meinen Männern hierher kommen, dann können wir gemeinsam ziehen. Was haltet Ihr davon? Auch Ernko wird uns begleiten. Der Junge ist ohnehin eingeweiht und ein guter Kämpfer obendrein. Einige seiner Brüder reiten ebenfalls mit uns.“
„Ist er denn so geschickt mit der Waffe wie mit der Laute?“, warf Simon von Haune ein.
„Täuscht Euch nicht in ihm“, antwortete Eberhardt. „Er wählt seine Worte überlegt, vermag sich zu benehmen und ist sich des Unterschieds zwischen richtig und falsch wohl gewahr, doch Ihr erkennt ihn nicht wieder, wenn er in Wut gerät und vor allem nicht, wenn es gegen seine Ehre geht. Wehe dem, der ihm dann vor die Klinge kommt. Ich wollte es selbst nicht glauben, bis ich es mit eigenen Augen sah. Er kennt keine Gnade und unterscheidet nicht zwischen Freund und Feind.“
Ernko hatte Cecilias Hand auf seine gelegt und durchschritt mit seiner Braut das Burgtor. Femeke mühte sich, den Abstand einzuhalten, den sie noch im Palas für sich als gebührend bestimmt hatte. Ihre Schwester tat ihr leid, denn es gelang ihr nicht wirklich, zu verbergen, dass sie nicht glücklich war. Zufriedenheit und Freude schritten anders einher. Doch sie nahm sich zusammen, was Femeke Respekt abverlangte. Sie wusste nicht, ob sie sich in derselben Situation ähnlich gut hätte beherrschen können, oder ob sie nicht eher, eine Übelkeit vortäuschend, davongelaufen wäre. Femeke beschleunigte ihren Schritt ein wenig, denn Ernko redete auf Cecilia ein, und seine Worte drangen nur bruchstückhaft an ihr Ohr. Zu gerne hätte sie gewusst, was er sagte.
„Cecilia, es sind nicht einmal mehr zwei Monate und dann werdet Ihr mein Eheweib sein. Freut Ihr Euch?“
„Gewiss Ernko. Welches Fräulein würde das nicht an meiner Stelle?“ Cecilia log weit weniger überzeugend, als sie es vorgehabt hatte, was Ernko nicht verborgen blieb: „Mir scheint, Ihr seid von der Wahl, die Euer Vater getroffen hat, nicht so überzeugt wie er selbst.“
Cecilia wich einer Pfütze aus und rang mit sich, ob sie sagen sollte, was wirklich in ihrem Herzen vor sich ging. Sie kam nach kurzem Überlegen zu dem Schluss, dass die Wahrheit nichts verändern würde, und umschiffte diese Klippe daher diplomatisch: „Wisst Ihr, Herr von Buchenau, es ist nicht, dass mir Euer Benehmen oder auch Euer Äußeres unangenehm ist. Ganz im Gegenteil. Doch liebe ich die Burg meines Vaters und auch diese Gegend so sehr, dass ich befürchte, unglücklich zu werden, wenn ich hier nicht mehr sein darf.“
Ernko lächelte galant. „Aber Cecilia, Ihr könnt hierher kommen, wann immer Ihr wollt. Ich werde Euch nicht daran hindern. Wenn es meine Zeit zulässt, werde ich Euch sogar begleiten, so oft es geht. Es ist in der Tat eine schöne Feste, nicht so groß wie die unsere, und doch wehrhaft und in guter Lage über dem Tal.“
Cecilia fasste etwas Zutrauen. Sollte sie sich in Ernko getäuscht haben? Könnte sie sich an ihn gewöhnen, ihn sogar eines Tages lieben lernen? Femeke hatte recht. Er sah gut aus. Die Sonnenstrahlen fielen durch die Buchen und Birken auf sein markantes Gesicht. Die rotblonden Haare des hochgewachsenen Mannes leuchteten in diesem Moment fast wie Herbstlaub, und sein Gang war erhaben, jung und voller Kraft. Viele Frauen würden vor Verzückung vergehen, böte man ihnen die Gelegenheit, einen solchen Recken ehelichen zu können.
„Wann immer Ihr wollt, könnt Ihr hierher zurückkommen und Eure Eltern und Eure Schwester besuchen“, wiederholte Ernko von Buchenau. Seine Worte klangen sanft und beruhigend und verfehlten ihre Wirkung nicht.
„Wenn Ihr mir das gestattet und ich mich erst einmal an mein neues Zuhause gewöhnt habe, wird es mir gewiss leichter fallen, nicht mehr länger hier leben zu können. Doch auch Herolsfeld werde ich vermissen. Ich mag die Stadt und ihre Bewohner. Man findet bei ihren Händlern und Kaufleuten zu jeder Jahreszeit hervorragende Waren – und meine Freundin Sophia Cramer“, schloss Cecilia mit leiser Stimme, „ist dort ebenfalls zuhause.“
Unvermutet sah Ernko sie mit einem erstarrten Gesichtsausdruck an: „Herolsfeld ist schön, doch alles ist vergänglich, so auch diese Stadt.“
Cecilia lief ein kalter Schauder über den Rücken. Plötzlich konnte sie wieder das andere Gesicht in diesen Augen sehen, verborgen hinter eisblassem Blau, konturlos wie Wasser, seelenlos wie Luft.
„Was meint Ihr damit? Dasselbe wie Euer Vater vorhin im Palas, als er von Zeit sprach?“
Ernkos Blick wurde wieder weich, und er lächelte: „Ach, denkt nicht mehr daran, Cecilia.“ Seine Stimme klang, als wolle er ein Kind beruhigen, das Angst vor schlechten Träumen hat. „Ich meine nur, dass eine Stadt nicht alles ist. Und mein Vater wollte damit lediglich dasselbe wie Ihr selbst zum Ausdruck bringen, nämlich dass es Zeit braucht, um sich an Neues zu gewöhnen. So also auch an den Gedanken, mein Eheweib zu werden und von hier fortzugehen. Nichts weiter.“
In diesem Moment begriff Cecilia, dass etwas nicht stimmte. Ernkos Worte, so beschwichtigend er sie auch formulierte, bargen drohendes Unheil in sich. Ernko wusste mehr, als er zugab, schoss es ihr durch den Kopf, und es ging um Herolsfeld. Irgendetwas war im Gange und die Sterner waren darin verwickelt. Warum sonst hätte ihr Vater im Palas alleine mit Eberhardt von Buchenau sprechen wollen? Über die Hochzeit und die Brautsteuer war man sich längst einig geworden. Auch die Bemerkung von Ernkos Vater erschien ihr mit einem Mal mehr als verdächtig.
„Cecilia?“
Sie schreckte auf. Ernko stand neben ihr und sah sie auffordernd an. „Verzeiht“, brachte sie schnell hervor, „ich war in Gedanken. Wenn es so ist, wie Ihr sagt, dann ist es gut. Ich bin gewiss einfach aufgeregt. Bitte seht es mir nach.“
Statt einer Antwort griff er nach einem Trieb, der aus einem dünnen Buchenast spross, welcher sich über den Weg zur Burg reckte, trennte ihn behutsam ab und hielt ihn Cecilia hin. „Dies will ich Euch als Zeichen meiner Ergebenheit überreichen. Ein unscheinbares Gewächs zwar, und doch hoffe ich von Herzen, unsere Verbindung möge sein, wie diese junge Knospe – im Mai erblühen, wenn wir vor Gott den ewigen Bund eingehen, und danach zu einem starken Stamm erwachsen.“
Cecilia nahm den Buchentrieb entgegen und drehte ihn vorsichtig zwischen Daumen und Zeigefinger. Sie wünschte sich in diesem Augenblick, dass seine Blüte nie beginnen würde, hoffte, dass der Frühling niemals käme und mit ihm auch der Tag ihrer Hochzeit ausbliebe. Ihr Gespür und das Wechselspiel in Ernkos Augen machten sie argwöhnisch. Ernkos wohlgeformte Sätze überzeugten Cecilia nicht. Er war ein Schmeichler. Sie traute ihm nicht, und doch war sie gehalten, diesem Mann bereits im Mai als Eheweib zu dienen und ihren Pflichten nachkommen, so wie man es von ihr verlangte. „Ich danke Euch für dieses Zeichen Eurer Zuneigung, Ernko. Doch lasst uns nun umkehren, mir schmerzen die Füße“, log sie.
„Euer Wunsch ist mir Befehl, Cecilia. Gehen wir zurück.“
Sie waren während ihres Gespräches etwa einhundert Ruten durch den Wald spaziert. Der von bemoosten Steinen und eng an eng stehenden Bäumen gesäumte Weg zur Burg schlängelte sich den Stoppelsberg hinunter. Jetzt, im April, konnte man von hier aus die Feste Hauneck noch schemenhaft durch die Stämme und Kronen ausmachen, doch wenn Anfang des Sommers das Blattwerk dichter war, würde man sie von dieser Stelle aus nicht mehr erkennen können. Femeke sah, dass die beiden umkehrten und auf sie zukamen. Sie wartete, bis sie bei ihr waren, und hakte sich bei ihrer Schwester unter. Sie spürte, dass Cecilia ihre Nähe brauchte.
3. KAPITEL
Das Fuhrwerk vor Cecilia rumpelte und schaukelte hin und her. Der Weg war schlecht befestigt und von Steinen und Wurzeln durchzogen. Femeke hatte auf dem Kutschbock neben einem Knecht und dessen Frau Platz genommen, die als Magd auf Burg Hauneck diente. Cecilia selbst ritt die braun gescheckte Stute, die sie von ihrem Vater vor zwei Jahren zum sechzehnten Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Sie hielt ein wenig Abstand zu dem Wagen, damit das Tier nicht bei jedem Knarren und Schlagen von Fuhrwerk und Achsen zusammenfuhr. Unmittelbar nach dem Morgenmahl waren sie aufgebrochen, doch es hatte einiges an Überredungskunst gekostet, dass sie heute überhaupt zum Markt nach Herolsfeld reisen durfte. Ihr Vater war der Ansicht gewesen, es zieme sich nicht für eine Jungfrau, die einem Ritter versprochen war und deren Hochzeit in Kürze bevorstand, sich unters Volk zu mischen. Doch Amalie von Haune hatte sich hinter Cecilia gestellt und ihrem Mann klargemacht, dass zur Sorge wirklich kein Anlass bestünde, da die Tochter nicht alleine zöge. Sie wusste, wie gerne Cecilia in die Stadt reiste und wie sehr sie Sophia Cramer vermisste. Da es auf Burg Hauneck an Mehl, Fleisch und Bier fehlte, war der Knecht ohnehin gehalten, am heutigen Markttag nach Herolsfeld zu fahren. Simon von Haune hatte schließlich unter Murren zugestimmt und dem Zug zwei leicht bewaffnete Landsknechte als Begleitschutz mitgegeben.
Nach kurzer Wegstrecke erreichte der Tross den Fuß des Stoppelsberges. Die frühe Sonne warf ihre Strahlen hell herab. Cecilia beschirmte ihre Augen und blickte nach Südosten über das Haunetal. Der Fluss schnitt sich seinen Weg von der Rhön kommend durch die Senke in nördlicher Richtung nach Herolsfeld. Sie genoss die frische Luft, die der wolkenlose Aprilmorgen aus den Auen und Wäldern aufsteigen ließ und wie einen warmen Atem zu ihnen herüberblies. Dieser Anblick und dieser Duft würden ihr fehlen. Das alte Haunelied kam ihr in den Sinn, das ihre Mutter früher immer für sie gesungen hatte, wenn sie wieder einmal nicht einschlafen konnte.
„Haune heiß ich,
Die Fulda speis’ ich,
Die Weser grüß’ ich,
Zum Meer hin fließ’ ich.“
Cecilia summte leise die vertraute Melodie und dachte nach. Vielleicht war es wirklich nur ihrer Aufregung zuzuschreiben, dass sie der Ehe mit Ernko von Buchenau so skeptisch gegenüberstand. Nachdem er und sein Vater am Mittwoch abgereist waren, hatte sie sich noch lange mit Femeke darüber unterhalten. Wie schon so oft hatte die jüngere Schwester Cecilia gut zugeredet und versucht, ihr Mut zu machen. Doch ganz war es selbst Femekes freundlichen Worten nicht gelungen, das ungute Gefühl zu vertreiben, das sich in Cecilias Herz verbissen hatte.
„Schließt besser auf, Fräulein von Haune. Lasst nicht zu viel Abstand zwischen Euch und den Wagen kommen.“
Cecilia drehte sich um. Der Landsknecht, der den Schluss des Zuges bildete, hatte sich schon auf eine Pferdelänge genähert. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie angehalten hatte und gedankenverloren in die Gegend starrte. Cecilia schüttelte leicht den Kopf, als könne sie auf diese Weise die Bilder vertreiben, schnalzte leise mit der Zunge und trabte an.
Bald schon hatten sie die Altstraße erreicht, die man gemeinhin durch die kurzen Hessen nannte. Sie berührte, von Eisenach kommend, Herolsfeld und führte schließlich bis nach Frankfurt am Main. Der kleine Zug bog von dem schlecht befestigten Weg, auf dem man zur Burg Hauneck gelangte, auf den breiteren und viel befahrenen Haupthandelsweg ein. Das Rumpeln und Knarren des Wagens vor Cecilia nahm deutlich ab, und auch ihre Stute fand besseren Tritt. In den letzten Tagen war es trocken gewesen. Der Boden hatte das Wasser der vergangenen Aprilregen fast gänzlich aufgesaugt. Daher kamen sie gut voran und brachten die Reise in kurzer Zeit hinter sich. Die schon von Weitem sichtbaren Herolsfelder Mauern und der mächtige Kirchturm des Stiftsbezirks wurden rasch größer.
Auf der Altstraße kamen ihnen andere Fuhrwerke entgegen oder schlossen sich an. Bettler, Versehrte und Tagelöhner mit ihren Familien humpelten und marschierten am Wegesrand barfuß in Richtung Stadt, wo sie sich ein paar Münzen erhofften. An Markttagen war das Betteln erlaubt, auch für jene, die ansonsten nicht in Herolsfeld geduldet waren. Und wer nicht krumm und bucklig war, fand vielleicht sogar eine Arbeit als Träger oder eine ähnliche Anstellung. An guten Tagen mochte der Weg sich für diese Menschen lohnen; unter Umständen bekamen sie ein Brot oder etwas Gerstenbrei als Speisung. Manchmal fand sich auch ein reicher Kaufmann, der einem als milde Gabe großzügig einen Heller oder Pfennig vor die Füße warf. An schlechten Tagen indes mussten sie darben und hungern, wie die meiste Zeit ihres erbärmlichen Daseins.
Cecilia betrachtete die Armen still von ihrem Pferd herab. Wie viele mochten darunter sein, die sich etwas hatten zuschulden kommen lassen, die dieses Schicksal verdienten wie etwa Strauchdiebe und Beutelschneider, Schlitzohren und andere Halunken? Menschen, die ihre Kinder verstümmelten, damit sie besser betteln konnten, vielleicht sogar Mörder? Und wie viele hatten, obwohl sie gottesfürchtige Leute waren, dieses Schicksal als harte Prüfung des Allmächtigen auferlegt bekommen? Man sah es ihnen nicht an, konnte die einen nicht von den anderen unterscheiden. Allen gemeinsam war hingegen der furchtbare Gestank, den sie vor sich hertrugen. Ausgemergelte, leere Gesichter, die vor Dreck starrten und zudem oft noch von Krätze oder weiteren Hässlichkeiten gezeichnet waren, sahen zu Cecilia empor. Sie musste ihren Blick abwenden. Wie schrecklich wäre es, so zu enden, schauderte sie. Einsam und allein, den Gezeiten und jedermanns Willkür hilflos ausgesetzt. Immer voller Angst, ob der nächste Tag wenigstens ein Stück verschimmeltes Brot brächte, ob ein Kloster noch Nachtlager und eine Schüssel Gnadensuppe bereithielt oder ob man sich wieder nur mit Baumrinde und Gras würde begnügen müssen. Sie wollte es sich nicht vorstellen und beschloss demütig, dass selbst eine Ehe mit Ernko von Buchenau allemal besser wäre, als dieses Schicksal zu teilen.
Plötzlich erregte ein Junge Cecilias Aufmerksamkeit. Er mochte vielleicht dreizehn oder vierzehn Jahre alt sein. Barfuß, die Füße verdreckt und aufgerissen und am dünnen Leib nur ein grob gewebtes, fadenscheiniges Hemd, das diese Bezeichnung kaum mehr verdiente, trottete er am Wegesrand hinter seinen Eltern her. Zufällig trafen sich ihre Blicke, und Cecilia war tief bewegt von dem Schmerz und Leid, das sie in seinen Augen lesen konnte.
Sie zügelte ihr Pferd. „Wie heißt du?“
Der Junge zuckte zusammen und blieb ebenfalls stehen. Auch die beiden Erwachsenen hielten inne und drehten sich um. „Mein Sohn heißt Jocke“, sagte der Mann mit tonloser Stimme.
Cecilia kramte einen Silbergroschen aus ihrer Geldkatze hervor und warf ihn dem Jungen zu, der ihn geschickt auffing. „Einen seltsamen und doch fröhlichen Namen hast du, Jocke. Er mag so gar nicht zu deinem traurigen Gesicht passen“, bemerkte sie und wandte sich dann seinen Eltern zu: „Kauft Euch etwas Anständiges zu essen und eurem Sohn ein neues Hemd.“ Der Vater stürzte zu Jocke, nahm ihm die Münze ab und konnte sein Glück gar nicht fassen, als er sah, welchen Wert er in den Händen hielt. Ein ganzer Silbergroschen! Dafür bekäme man in der Stadt eine Gans oder vier Hühner, zehn Pfund Rindfleisch oder ein ganzes Schock Eier.
„Oh, Herrin, wir danken Euch für Eure Gnade. Der Allmächtige segne und behüte Euch und möge es Euch vergelten.“
Langsam bildete sich eine Traube um Cecilia. Andere Bettler waren ebenfalls herangekommen und wollten sehen, ob es nicht auch für sie etwas zu ergattern gäbe. Simon von Haunes Soldaten hatten Mühe, die Menschen mit den Pferden abzudrängen.
„Lasst uns weiterreiten, Herrin“, rief einer der beiden und gab einem allzu aufdringlichen Mann, der seine Hand fordernd nach oben reckte einen Tritt. „Sie sind wie Straßenköter. Hat man sie erst angefüttert, so wird man sie nicht mehr los.“
Jocke gelang es gerade noch, Cecilia zum Abschied zuzuwinken, dann wurde er von der Menschenansammlung verschluckt.
In Heroldsfeld angekommen, stauten sich Fuhrwerke wie Menschen gleichermaßen am Johannistor. Die Stadtwachen kontrollierten jeden, der Einlass in die Stadt begehrte. Wer als Händler anreiste, musste den Marktzoll entrichten: Zwei Pfennige pro Kopf, dazu einen für jedes Zug- und Reittier und sogar einen ganzen Groschen pro Fuhrwerk. Herolsfelder Bürger oder deren Besucher konnten ohne die Zahlung des Zolls passieren. Der Andrang war groß, denn das gute Wetter versprach viele Händler und ertragreiche Geschäfte. Da der Markttag stets auch zwielichtige Gestalten anzog, waren die Wachen an den vier Stadttoren vom Rat angehalten worden, sehr genau hinzuschauen. Wer ihnen verdächtig vorkam, der wurde kurzerhand abgewiesen. Personen, die keine Bürgerrechte der Stadt besaßen, hatten diese bis Sonnenuntergang wieder zu verlassen, es sei denn, sie konnten einen glaubhaften Grund für ihren Aufenthalt innerhalb der Stadtmauern, eine Bleibe und genügend Geld nachweisen. Doch trotz der scharfen Kontrollen gelang es einigen Bettlern und Besitzlosen immer wieder, nach Torschluss irgendwo in der Stadt unterzukommen und sich so vor der Obrigkeit zu verstecken.
Endlich kam das Fuhrwerk an die Reihe, auf dem Femeke neben dem Knecht und der Magd saß. Der Soldat, der dem Tross vorangeritten war, sprach mit den Bütteln am Tor. Eine der Stadtwachen warf einen kurzen Blick auf die Ladefläche des Wagens, nickte und machte den Weg frei. Auch Cecilia und der Landsknecht hinter ihr konnten passieren, bevor sich die Büttel den nächsten Ankömmlingen in den Weg stellten, um sie zu kontrollieren.
Auf den Gassen herrschte dichtes Gedränge. Schon als sie sich nach dem Johannistor links in Richtung Marktplatz hielten und dem Verlauf der Johannisgasse folgten, mussten sie absteigen und die Tiere an den Zügeln nehmen. Selbst der Knecht sprang vom Kutschbock und führte das Zugpferd vor dem Wagen am Halfter durch die Gasse. Zu beiden Seiten hatte man vor den Häusern schmale Stände aufgebaut, an denen angereiste Händler ihre Waren feilboten. Doch sie ließen diese Krämer links liegen, denn es war bekannt, dass die besten Produkte auf dem Marktplatz selbst angeboten wurden und nicht in den Seitengassen. Nach etwa dreihundert Schritten erreichten sie den ausladenden Platz, der zu Füßen der Herolsfelder Stiftsabtei lag, die sich mächtig und erhaben zur linken Seite des Marktes erhob. Die uralten Bauwerke blickten auf die Menschen herab und es wirkte auf Cecilia, als duldeten sie dieses weltliche Treiben lediglich in einem Anflug von Gnade. Der Stiftsbezirk war wie eine kleine Stadt in der Stadt selbst. Zwar lag er innerhalb ihrer ringförmigen Befestigungsanlage, doch hatten seine Erbauer, die Äbte von Herolsfeld, den gesamten Bereich noch einmal mit einer eigenen, etwa zwei Mann hohen Wehrmauer umgeben. Man konnte den Eindruck gewinnen, als hätten die einstmals so mächtigen Fürstäbte von Beginn an ihren eigenen Schäfchen nicht über den Weg getraut. Cecilia ließ ihren Blick am Turm der Stiftskirche hinaufwandern, bis in das strahlende Blau des Himmels hinein. Diese Architektur beeindruckte sie jedes Mal aufs Neue.
„Ganz schön hoch, nicht wahr, Fräulein von Haune?“
Cecilia fuhr erschrocken herum. Freche Augen funkelten ihr entgegen. Darüber Haare, so blond wie die Sonne, eine Mähne die kaum von der Spitzenhaube gebändigt werden konnte.
„Sophia!“, rief Cecilia außer sich vor Freude und vergaß, dass sie noch die Zügel ihres Pferdes in den Händen hielt. Sie fiel ihrer Freundin in die Arme und wiegte sie hin und her. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie ich mich freue, dich zu sehen!“, jauchzte sie.
„Doch“, entgegnete Sophia mit erstickter Stimme, „ich glaube, das kann ich mir recht gut vorstellen.“ Sie bekam kaum Luft, so heftig drückte Cecilia sie an sich.
„Oh, entschuldige, ich wollte dich wirklich nicht erdrosseln.“
„Gebt mir Euer Pferd, Herrin“, mischte sich einer der Landsknechte ein, der die Szene schmunzelnd beobachtet hatte. „Ich werde es mit den anderen Tieren wieder in der Stallung rechts vom Stift einstellen, so wie immer.“
„Ja, mach das“, gab Cecilia zurück. „Ich hingegen werde mit Fräulein Cramer ein wenig herumgehen. Gebt gut auf meine Schwester und das Fuhrwerk acht.“
Der Mann nickte wortlos und führte die Tiere davon.
„Hast du Femeke schon gesehen?“
„Ja, aber nur von Weitem. Sie ist mit eurer Magd und dem Knecht auf dem Markt unterwegs. Sie hat mich jedoch nicht entdeckt.“
„Wir werden sie später bestimmt noch treffen“, sagte Cecilia achselzuckend, bevor sie sich wieder der Stiftsabtei zuwandte. „Sag, ist die Mauer erhöht worden, seitdem ich das letzte Mal hier gewesen bin? Es scheint mir fast so.“
„Ja, in der Tat“, bestätigte Sophia Cecilias Beobachtung. „Sie haben sie im vergangenen Monat, gleich nachdem die Nachtfröste vorbei waren, um zwei Fuß aufgestockt. Unser geschätzter Fürstabt Berthold von Völkershausen dürfte darüber mehr als erfreut sein, weiß er sich doch nun noch geschützter vor uns.“
„Gibt es denn weiterhin so viel Streit und Missgunst zwischen eurem Rat und dem Fürstabt?“, erkundigte Cecilia sich interessiert.
„Das kannst du dir doch denken“, gab Sophia zurück. „Die Abtei hasst seit jeher das Freiheitsstreben der Bürger und will nicht wahrhaben, dass die Tage vorbei sind, in denen sie der Stadt sagen konnte, wo es langgeht. Vater meint immer, die Kirche sei zwar gut fürs Seelenheil, der Stadtrat jedoch gut für die Bürger. Und er hat recht damit.“
„Mein Vater sieht das nicht so wie ihr“, stellte Cecilia resigniert fest.
„Ja, ich weiß. Aber er ist von allen Sternern noch der, den wir hier am meisten schätzen. Selbst im Rat spricht man nicht schlecht von ihm, was man von den anderen Rittern nicht gerade behaupten kann. Sosehr ich bedauere, dies sagen zu müssen: Die Familie deines zukünftigen Ehemannes, auch wenn sie dem Bund der Sterner gar nicht angehört, ist eine von denen, über die man wenig Gutes zu berichten weiß. Eberhardt von Buchenau, seine Brüder