- Beschreibung
- Details
- Autor/in
- Bewertungen
Romana Exklusiv Band 191
Erscheinungstag: | Fr, 13.11.2009 |
Erscheinungstag: | Fr, 13.11.2009 |
Bandnummer: | 0191 |
Bandnummer: | 191 |
Seitenanzahl: | 128 |
Seitenanzahl: | 384 |
ISBN: | |
ISBN: | 9783862956074 |
E-Book Format: | ePub oder .mobi |
Dieses E-Book kann auf allen ePub- und .mobi -fähigen Geräten gelesen werden, z.B.
tolino, Sony Reader, Kindle, iPhone, Samsung ...
More Information
Kundenbewertungen
Keine Bewertungen vorhanden.
Ihre Bewertung
Top-titel
Ein Teil von ihr
Mutter. Heldin. Lügnerin. Mörderin?
Im Bruchteil einer Sekunde kann sich dein Leben für immer verändern….
Du hast die Nachrichten gesehen, über die Gewalt in dieser Welt den Kopf geschüttelt und weitergemacht wie immer. Nie könnte dir so etwas passieren, dachtest du.
Andrea Oliver erlebt das Entsetzlichste. Einen Amoklauf. Was sie noch mehr schockiert: Ihre Mutter Laura entreißt dem Angreifer ein Messer und ersticht ihn. Andrea erkennt sie nicht wieder. Offenbar ist Laura mehr als die liebende Mutter und Therapeutin, für die Andrea sie immer gehalten hat. Sie muss einen Wettlauf gegen die Zeit antreten, um die geheime Vergangenheit ihrer Mutter zu enthüllen, bevor noch mehr Blut vergossen wird …
Laura weiß, dass sie verfolgt wird. Und dass ihre Tochter Andrea in Lebensgefahr ist …
»Dieser Thriller wird Sie um den Schlaf bringen. Für Slaughter-Fans ist „Ein Teil von ihr“ ein absolutes Lese-Muss.«
ok!
»Wie immer hat Slaughter … keine Scheu, Verbrechen in all ihrer Brutalität und Grausamkeit zu schildern. […] Daneben aber beweist sie ebenso viel Gespür für die Zerrissenheit, für Sehnsüchte und Ängste, für starke Gefühle und damit verbundene innerliche Eruption, kurz: für die Komplexität ihrer Charaktere.«
dpa
»Karin Slaughters „Ein Teil von ihr“ liest sich als moderne Geschichte über komplizierte Vereinigte Staaten von Amerika, in der charakteristische Merkmale des American Way of Life ebenso aufscheinen wie der Mythos vom Grenzland.«
krimi-couch.de
»Provokanter und raffinierter als alles, was sie zuvor geschrieben hat.«
vol.at
»Eine spannende Lektüre bis zum Schluss.«
SpotOnNews
»Fesselnd von der ersten bis zur letzten Seite.«
Magazin-frankfurt.com
»Karin Slaughter gilt völlig zu Recht als eine der besten Krimi-Autoren der USA. Ihre Geschichten fesseln von Anfang bis Ende.«
IN
»Karin Slaughter zählt zu den talentiertesten und stärksten Spannungsautoren der Welt.«
Yrsa Sigurðardóttir
»Jeder neue Thriller von Karin Slaughter ist ein Anlass zum Feiern!«
Kathy Reichs
»Karin Slaughter bietet weit mehr als unterhaltsamen Thrill.«
SPIEGEL ONLINE über »Pretty Girls«
Ähnliche titel
JESSICA HART
Verlobung auf den Seychellen
Eine Reise auf die Seychellen, strahlende Sonne, kristallklares Wasser, weißer Sandstrand – und dazu ein Traummann. Bella könnte glücklicher nicht sein. Doch der gut aussehenden Josh Kingston hat sie nur mitgenommen, damit sie während seiner Geschäftsverhandlungen seine Verlobte spielt! Für Bella sind die heißen Küsse unter Palmen aber längst kein Spiel mehr …
MICHELLE REID
Kreuzfahrt ins Glück
Die sonnigen Tage an Deck, die Weite des tiefblauen Meeres und Scheich Hassans zärtliche Leidenschaft – nichts davon wird Leona je vergessen! Trotzdem wird sie sich nach dieser Kreuzfahrt für immer von ihrer großen Liebe trennen müssen. Fünf Jahre sind sie ohne Kinder geblieben – nun muss Leona Platz machen für eine neue Frau an Hassans Seite …
SUSANNE MCCARTHY
Es geschah bei Luxor
Drei Wochen hat die schöne Archäologin Diane noch Zeit, dann beginnt die Firma Marshall Mining mit Sprengungen, und die Ausgrabungsstätte in der Wüste bei Luxor ist für immer verloren. Während Diane fieberhaft weiterarbeitet, geht ihr der smarte Minenchef Alex Marshall nicht mehr aus dem Kopf – ausgerechnet der Mann, der ihre Arbeit zerstören will!
Jessica Hart
Verlobung auf den Seychellen
1. KAPITEL
„Da ist Bella.“ Aisling stieß Josh an, der sich in der Kirchenbank umdrehte und Phoebe und Bella den Gang entlangkommen sah.
Wie es sich für die besten Freundinnen der Braut gebührte, hatten sie alle Register gezogen. Die dunkelhaarige Phoebe war in einem gelben Kostüm auffallend elegant, während sich Bella für einen romantischen Look entschieden hatte. Sie trug ein fließendes pinkfarbenes Kleid und einen Aufsehen erregenden Hut, der zweifellos alle anderen in den Schatten stellen sollte.
Josh behauptete nicht, über solche Dinge Bescheid zu wissen, aber sogar er erkannte, dass sie ihr Ziel wahrscheinlich erreicht hatte. Typisch Bella, dachte Josh liebevoll. Sie hatte es schon immer fertiggebracht, dass sich alle nach ihr umdrehten. Ob mit oder ohne Hut.
Phoebe entdeckte Josh und Aisling, winkte, zeigte Bella, wo sie saßen, und ging nach vorn, um kurz mit ihrem Ehemann zu sprechen, der als Freund des Bräutigams bei der Ausrichtung der Hochzeit geholfen hatte und jetzt mit dem nervösen Finn in der ersten Bankreihe wartete.
Als sie ihn bemerkte, machte Bella ein seltsames Gesicht. Josh hatte sogar den Eindruck, dass sie zögerte, bevor sie neben ihm in die Reihe schlüpfte. Er runzelte die Stirn. Bella war seine beste Freundin, in letzter Zeit war sie jedoch merkwürdig reserviert.
„Tut mir leid, ich kann dich nicht küssen“, sagte sie und deutete auf die gewaltige Hutkrempe.
„Ja, das Ding ist ziemlich sperrig.“ Josh tauchte schnell unter die Krempe und küsste sie trotzdem auf die Wange. Er spürte, wie Bella erstarrte, und zog sich verwirrt zurück. „Ist alles okay?“
„Ja, natürlich.“ Sie wich seinem Blick aus, beugte sich vor und begrüßte Aisling, bevor sie sich zurücklehnte und weitersprach. „Du weißt, wie Hochzeiten sind. In letzter Minute bricht immer Panik aus.“
Also nur ein stressiger Morgen, dachte Josh. „Wie geht es Kate?“
„Sie ist ziemlich nervös, aber das wird sich geben. Sie müsste jeden Moment hier sein.“
Aisling beugte sich vor. „Es überrascht mich, dass du nicht Kates Brautjungfer bist, Bella. Schließlich bist du ihre beste Freundin.“
„Das ist Phoebe auch“, erwiderte Bella kühl. „Und Kate ist nicht gerade groß. Sie würde lächerlich aussehen, wenn wir beide sie überragten.“
„Ja, aber Phoebe ist verheiratet.“
„Und?“
„Und da du die einzige noch unverheiratete Freundin bist, wäre es doch völlig normal gewesen, wenn Kate dich als Brautjungfer gewählt hätte.“
„Ach, ich glaube, dafür bin ich ein bisschen zu alt“, erwiderte Bella durchaus freundlich.
Josh, der zwischen den beiden Frauen saß, spürte dennoch eine deutliche Spannung.
„Das würde ich nicht meinen“, sagte Aisling. „Viel älter als fünfunddreißig kannst du doch wohl nicht sein?“
Josh räusperte sich und rutschte unbehaglich auf der Bank hin und her. Aisling betrat gefährlichen Boden. Aus irgendeinem unbegreiflichen Grund war Bella sehr empfindlich, was ihr Alter betraf. Er sah sie die blauen Augen zusammenkneifen.
„Zufällig bin ich erst zweiunddreißig.“ Ihr Blick warnte Josh davor, „fast dreiunddreißig“ einzuwerfen.
Aislings Überraschung war taktlos. „Wirklich? Ich dachte immer, du seist in Joshs Alter, weil ihr zusammen studiert habt.“
„Nein, er hat ein bisschen später als wir anderen angefangen“, erwiderte Bella mit zusammengebissenen Zähnen.
Josh fand, dass es Zeit war, das Thema zu wechseln. „Dann hat Kate also keine Brautjungfern?“, fragte er.
„Alex hat die Hauptrolle ganz für sich. Alex ist Finns Tochter“, erklärte sie Aisling. „Ich glaube, sie ist aufgeregter als Kate. Sie konnte nicht still stehen, während wir Kate geholfen haben, sich fertig zu machen.“ Bella lächelte bei der Erinnerung. „Dass Kate ihre Stieftochter gewählt hat, ist viel passender. Und überhaupt, wenn ich Brautjungfer wäre, könnte ich diesen Hut nicht tragen!“
„Das wäre ein Jammer“, sagte Josh ernst.
Bella warf ihm einen forschenden Blick zu. „Wie findest du ihn?“
„Er ist … sehr … groß“, war die diplomatischste Antwort, die er präsentieren konnte.
Sie lachte, und einen Moment lang hatte er die alte Bella neben sich, lebhaft und strahlend. Es ließ Josh erkennen, wie sehr er sie vermisst hatte. Nicht, dass er sie nicht gesehen hatte, aber sie war einfach nicht sie selbst gewesen. Ihre Freundschaft war immer so ungezwungen gewesen, doch in letzter Zeit hatte sich Bella seltsam unnatürlich benommen. Irgendetwas war nicht in Ordnung. Sie hatte ihre Lebhaftigkeit verloren. Möglicherweise hatte sie Probleme mit Will, allerdings hatte Josh ihr schon über viele Krisen in ihrem Liebesleben hinweggeholfen, und keine davon hatte sich bisher auf Bellas Beziehung zu ihm ausgewirkt.
Vielleicht war es diesmal anders. Vielleicht bedeutete ihr Will mehr als all die anderen.
Der Gedanke gefiel Josh nicht besonders. Seiner Meinung nach war Will bei Weitem nicht gut genug für Bella.
„Wo ist Will?“, fragte er und versuchte, seine Abneigung gegen den Mann nicht zu verraten. „Ich hatte erwartet, dass er dir eine Kirchenbank freihält.“
Bella hatte die Ordnung des Gottesdienstes genommen und las die erste Seite, auf der nur die Namen Kate und Finn und das Datum standen, der sechste September. „Will ist in Hongkong“, sagte sie ein bisschen zu gleichgültig.
„Hongkong!“ Josh blickte finster. „Was macht er denn da?“
„Er hat ein Meeting.“ Bella schlug die Ordnung auf und sah sich die Hymnen an.
Josh schnaufte verächtlich. „Wann hat er das geplant? Hätte er nicht nächste Woche fliegen können? Er muss doch seit einer Ewigkeit wissen, dass Kate heute heiratet.“
„Ja, aber diese Besprechung ist wichtig. Eine Krise ist eingetreten, und er musste alles liegen und stehen lassen und hinfliegen.“
„Du bist auch wichtig“, sagte Josh verärgert. Das war typisch für Will. Angeberisch ans andere Ende der Welt zu verschwinden, anstatt Bella zu unterstützen. Josh hatte ihn schon immer für einen Blödmann ersten Grades gehalten, und dies bestätigte es nur. Er konnte nicht verstehen, warum sich Bella ständig in so aalglatte Männer wie Will verliebte. Will war höflich, sah gut aus und fuhr einen Porsche, aber Josh beeindruckte er damit nicht. Wenn es hart auf hart ging, war Will kein Mann, auf den man sich verlassen konnte. Sein Benehmen Bella gegenüber bewies es. „Und es ist ja nun nicht so, als wäre er Gehirnchirurg“, redete Josh streitsüchtig weiter. „Er tut nichts. Er sitzt in einem feudalen Büro in der City und spielt mit Geld. Was ist daran wichtig?“
„Es ist sein Beruf. Und er spielt nicht mit Geld. Er handelt mit vielen Millionen Pfund, und wenn mit solchen Summen etwas schiefgeht, kann sich das auf die internationalen Geldmärkte auswirken, die die Weltwirtschaft beeinflussen, was sich wiederum auf unsere Arbeitsplätze, unser Einkommen und unsere Lebensqualität auswirkt. Ich denke, das ist wichtig“, erwiderte Bella trotzig.
Josh war nicht bereit, sich davon überzeugen zu lassen, dass Will irgendeinen nützlichen Beitrag zur Gesellschaft leistete. „Wenn ich glauben würde, dass die wirtschaftliche Stabilität der Welt auf Wills Fähigkeit beruht, beim geringsten Anlass nach Hongkong zu düsen, hätte ich wirklich Angst. Ich vermute, dass die Weltwirtschaft nicht einmal wackeln würde, wenn er heute hier bei dir wäre und erst am Montag fliegen würde.“
„Wo liegt eigentlich das Problem?“ Bella blickte Josh wütend an. „Ich verstehe, warum Will heute nicht hier sein kann, Kate versteht es, und Finn versteht es. Warum tust du es nicht?“
„Ich meine nur, er sollte bei dir sein und dich unterstützen.“
„Wie kommst du darauf, dass ich Unterstützung brauche? Ich bin auf der Hochzeit einer meiner besten Freundinnen, umgeben von Menschen, die mich kennen.“
„Ich glaube, Josh macht sich Sorgen, dass du dich ein bisschen übrig geblieben fühlst“, warf Aisling ein. „Er hat mir erzählt, wie nahe du Phoebe und Kate gestanden hast, solange ihr alle in dem Haus gewohnt habt, und jetzt sind die beiden verheiratet. Ich kann verstehen, dass du zurzeit ziemlich verletzlich bist.“
„Wenn du andeuten willst, dass ich neidisch bin, irrst du dich“, erwiderte Bella scharf. „Ich freue mich sehr für Kate. Und für Phoebe. Beide haben den Richtigen gefunden. Und ich fühle mich keineswegs ‚übrig geblieben‘, wie du das ausdrückst, weil ich zufällig auch den Richtigen gefunden habe. Will und ich sind sehr glücklich zusammen, deshalb bin ich weder verletzlich, noch brauche ich Unterstützung, vielen herzlichen Dank!“
„Du siehst nicht besonders glücklich aus, Bella“, sagte Josh.
„Vielleicht liegt das daran, dass mein bester Freund und seine Partnerin über meinen Partner herziehen und mir das Gefühl geben, ich müsste bemitleidet werden!“, brauste Bella auf.
Bevor Josh antworten konnte, tauchte Phoebe neben Bella auf. „Hier kommt sie!“, sagte sie, als der Organist den „Hochzeitsmarsch“ zu spielen begann. Sie setzte sich auf die Bank und stieß Bella mit der Hüfte an.
Bella wurde gegen Josh geschoben und zeigte ihre Gefühle, indem sie ihrerseits ihm einen kräftigen Schubs gab, sodass er gegen Aisling rutschte, die an die Säule am anderen Ende der Kirchenbank gedrückt wurde.
Kein besonders würdevolles Benehmen für eine Hochzeit, aber Bella ging es sofort sehr viel besser. Sie wandte sich um und beobachtete, wie Kate am Arm ihres Vaters langsam den Gang entlangkam. Eine Braut als strahlend zu beschreiben war so klischeehaft, aber für Kate war es genau das passende Wort. Alles an ihr schien zu leuchten. Ihr Blick war auf den Mann gerichtet, der vor dem Altar wartete, und ihre braunen Augen funkelten vor Liebe.
Bella folgte Kates Blick und sah Finn an, der sich umgedreht hatte und beobachtete, wie seine Braut auf ihn zukam. Sein Gesichtsausdruck rührte Bella zu Tränen. Wird mich auch einmal ein Mann so sehnsüchtig ansehen?, fragte sie sich. Irgendwie konnte sie sich den Mann nicht vorstellen, der auf sie vor dem Altar warten würde.
Es würde jedenfalls nicht Will sein, trotz allem, was sie zu Josh und Aisling gesagt hatte. Aisling! Was für ein blöder Name! Er sollte Ashling ausgesprochen werden, aber Bella sprach ihn immer genau so aus, wie er geschrieben wurde, nur um Aisling zu ärgern. Sie hatte einfach etwas an sich, was Bella gegen den Strich ging.
Kate reichte Alex den Brautstrauß. Das kleine Mädchen biss sich vor Anspannung auf die Lippe, als es mit den kostbaren Blumen zurücktrat, aber dann zwinkerte Finn seiner Tochter zu, und sie lächelte plötzlich strahlend.
Es war eine traditionelle Hochzeit in der Dorfkirche. Bella und Phoebe waren nicht die Einzigen, die den größten Teil des Gottesdienstes damit verbrachten, sich die Augen abzutupfen, und als Kate und Finn durch das mit Rosen geschmückte Portal nach draußen in den strahlenden Sonnenschein kamen, sahen sie so richtig zusammen aus, dass Bella noch einmal zu weinen begann.
„Das ist ja furchtbar!“, sagte sie zu Phoebe. „Ich habe seit ‚Zeit der Zärtlichkeit‘ nicht mehr so viel geweint!“
„Ich weiß“, schluchzte Phoebe. „Sie sehen so glücklich aus!“
„Was ist mit euch beiden los?“, fragte Josh. „Eine Hochzeit soll ein freudiges Ereignis sein.“
„Es ist eine Frauensache“, sagte John zu ihm. „Diese Heulerei bedeutet anscheinend, dass sie sich gut amüsieren. Sie werden damit aufhören, sobald sie ein bisschen Champagner intus haben.“
Bella bemerkte, dass Aisling nicht weinte. Sie brauchte keine Angst zu haben, dass ihre Mascara verlief. In einem schlichten aquamarinfarbenen Kleid sah sie kühl und hübsch aus, und ihr Hut war ärgerlich stilvoll. Bella war plötzlich überzeugt, dass ihr eigener Hut übertrieben und lächerlich wirkte. Aisling war leise und elegant, konnte ein Zelt aufstellen und sich von einer Felswand abseilen. Neben ihr kam sich Bella laut und schlampig vor, und sie war durch und durch ein Großstadtmensch. Tatsächlich war Aisling perfekt für Josh.
Ich bin nur seine beste Freundin, dachte Bella. Sie wandte sich schnell ab und beobachtete, wie die Familienfotos gemacht wurden. Danach wurde das Brautpaar mit Kates ursprünglichen Hausgenossinnen Caro, Phoebe und Bella fotografiert, natürlich mit den Ehemännern von Caro und Phoebe, und dann wurde noch eine Aufnahme von Kate und Finn mit den engsten Freunden und deren Partnern gemacht: Phoebe, John, Josh, Aisling und Bella.
Bella war sich sehr bewusst, dass sie auf beiden Fotos allein stand. Es war eine neue Erfahrung für sie. Immer war sie diejenige mit einem Partner gewesen, während sich Phoebe und Kate darüber beklagt hatten, keinen Mann zu haben. Welche Ironie, dass sie jetzt überzählig war.
Keinesfalls sollte Aisling denken, dass es sie störte, und deshalb lachte und plauderte Bella lebhaft, während die ganze Hochzeitsgesellschaft durch das Dorf zum Haus von Kates Eltern ging, wo im Garten ein Festzelt aufgebaut worden war.
Bella war der Meinung, dass sie eine großartige Schau abzog, aber Josh ließ sich anscheinend nicht täuschen. Er kannte sie zu gut. Sie wünschte, er würde aufhören zu fragen, ob irgendetwas nicht in Ordnung sei. Sie wollte ihm nicht sagen, dass sie nervös und aus dem Gleichgewicht war, weil er dann nach dem Grund fragen würde, und sie wusste nicht, warum.
Nein, das stimmte nicht ganz. Es hatte etwas damit zu, wie sie gestutzt hatte, als Aisling auf der Bildfläche erschienen war. Es hatte etwas damit zu tun, wie sie auf der Verlobungsparty für Kate über den Tisch geblickt und erkannt hatte, dass Josh nicht mehr der vertraute, ein bisschen fade Student war, den sie so lange gekannt hatte. Ihr war es so vorgekommen, als würde sie sich plötzlich einem Fremden gegenübersehen. Er hatte ein alltägliches Gesicht, alltägliche blaugraue Augen und alltägliches braunes Haar, und sie hatte ihn immer für einen unauffälligen Typ gehalten. Sie hatte vorher noch nie bemerkt, wie er sich in den vierzehn Jahren verändert hatte, die sie sich jetzt schon kannten. Er war kompakter geworden und strahlte eine ruhige Kompetenz aus, die eindrucksvoll war, ohne einschüchternd zu sein.
Früher hatte Bella niemals auf seinen Mund, seine Hände oder seinen Hals geachtet, hatte niemals bemerkt, dass er einen herrlichen Körper hatte. Josh war nicht außergewöhnlich groß, aber schlank und muskulös, und seine Bewegungen waren geschmeidig.
Und jetzt, da es ihr aufgefallen war, konnte sie nicht aufhören, darauf zu achten.
Es machte sie nervös. Josh war ihr bester Freund, der sie durch endlose Höhen und Tiefen ihres Liebeslebens begleitet hatte. Sie hatte an seiner Schulter geweint, mit ihm gelacht und geredet und ihn umarmt, ohne zu überlegen. Er hatte sie ungeschminkt gesehen, müde, schlecht gelaunt, krank und verkatert, und sie hatte ihn als selbstverständlich betrachtet. Mit Josh zusammen zu sein war gewesen, wie mit Kate oder Phoebe zusammen zu sein, so bequem wie ein altes Paar Hausschuhe.
Aber plötzlich fühlte sie sich bei ihm nicht mehr wohl, und sie verstand nicht, warum. Sie wollte nur, dass alles wieder so wie früher war.
Er kam zu ihr. Bella war sofort aufgeregt und trank einen Schluck Champagner, um sich zu beruhigen. Er war derselbe Josh wie immer. Es war Unsinn, zu denken, dass sich zwischen ihnen etwas geändert hatte.
„Bist du okay?“ Er musterte sie besorgt.
„Natürlich. Warum?“
„Du scheinst ein bisschen gestresst zu sein. Ich habe mich gefragt, ob du und Will vielleicht Probleme habt.“
Bella ärgerte sich über Josh, weil er den Nagel auf den Kopf traf. „Ich verstehe nicht, warum du unbedingt möchtest, dass meine Beziehung zu Will eine Katastrophe ist. Was sollte denn nicht in Ordnung sein? Will ist fantastisch. Er ist unglaublich attraktiv, großzügig, intelligent, erfolgreich …“ Und das ist er tatsächlich, dachte sie fast verzweifelt. Als sie ihn kennengelernt hatte, war sie verrückt nach ihm gewesen. Warum konnte sie nicht wieder so empfinden? „Ich vermisse ihn einfach“, sagte sie in der Hoffnung, dass die Erklärung Josh davon abhalten würde, weiter in das Thema einzusteigen. „Und ohne Kate kommt mir das Haus sehr leer vor.“
„Ja, natürlich. Wirst du allein darin wohnen bleiben?“
„Ich denke, schon. Ich bezahle nur eine symbolische Miete. Phoebe braucht das Geld nicht – einer der vielen Vorteile, einen reichen Ehemann zu haben! –, deshalb kann ich es mir leisten, das ganze Haus für mich zu haben.“
„Es überrascht mich, dass du nicht mit Will zusammenziehst, wenn er so perfekt ist. Möchte er sich nicht binden?“, fragte Josh spöttisch.
Jetzt hatte er Bella so provoziert, dass sie ihre Verlegenheit vergaß. „Das musst ausgerechnet du sagen! Du hast dich noch nie gebunden!“
„Ich warte nur auf die richtige Frau“, erwiderte er hochmütig.
„Nein, du hast Angst, ein Risiko einzugehen.“
Josh war fassungslos. „Wie kannst du so etwas sagen, Bella?“
„Ja, ja, ich weiß, dass du schon Konvois durch Krisengebiete begleitet und im Schneesturm Leute von einem Berg gerettet hast.“ Bevor Josh vor zwei Jahren sein eigenes Unternehmen gegründet und angefangen hatte, Schulungen für leitende Angestellte durchzuführen, hatte er die nötige Ausrüstung für Katastropheneinsätze beschafft, aber manchmal auch Expeditionen organisiert, deren Erlöse den Hilfsorganisationen zugute gekommen waren, für die er gearbeitet hatte. Bella hatte niemals verstanden, warum jemand viel Geld dafür bezahlte, einen Monat lang erschöpft zu sein, zu frieren und Angst zu haben. Diese Expeditionen waren jedoch sehr beliebt gewesen. „Du bist schon oft in gefährlichen Situationen gewesen“, sprach sie weiter, „nur sind das körperliche Risiken. Bist du jemals ein anderes Risiko eingegangen?“
„Es war riskant, mein eigenes Unternehmen zu gründen“, sagte Josh eingeschnappt.
Bella war nicht beeindruckt. „Das war ein finanzielles Risiko. Ich rede von emotionalen Risiken.“
„Man muss an alle gleich herangehen. Die Situation logisch prüfen, nicht emotional, und dann die möglichen Folgen seiner Entscheidung abwägen.“
Wenn Josh ihr mit seiner Logik kam, wunderte sich Bella immer, wie, in aller Welt, sie beide nur Freunde geworden waren. In Gedanken verdrehte sie die Augen.
„Was Beziehungen betrifft, bin ich niemals davon überzeugt gewesen, dass es sich lohnt, ein Risiko einzugehen“, sagte er. „Um Angst geht es dabei nicht.“
Das mit der Angst hatte offensichtlich an ihm genagt.
„Nicht jeder ist wie du, Bella. Fünf Minuten nachdem du einen Mann kennengelernt hast, investierst du schon alles in eine Beziehung. Man sollte meinen, deine Erfahrungen hätten dich gelehrt, irgendetwas zurückzuhalten, aber nein! Kaum bist du über eine katastrophale Affäre hinweg, stürzt du dich in eine neue.“
„Immer noch besser, als sich ewig nicht entscheiden zu können und zu überlegen, ob man vielleicht gerade seine Chance bezüglich einer perfekten Beziehung verpasst hat.“
„Und die hast du mit Will?“, fragte Josh skeptisch.
Bella hob trotzig das Kinn. „Ja.“
„Warum lebt ihr dann nicht zusammen?“
„Wir sind auch so glücklich. Jeder wohnt für sich, was bedeutet, dass wir uns Freiraum lassen können. Den brauchen wir alle.“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass du dich danach sehnst“, sagte Josh ungläubig. „Du bist der geselligste Mensch, den ich kenne.“
„Vielleicht kennst du mich nicht so gut, wie du denkst“, erwiderte Bella ärgerlich. „Tatsächlich freue ich mich darauf, allein zu wohnen. Ich habe mich schon daran gewöhnt, weil Kate so viel Zeit bei Finn und Alex verbracht hat. Es ist möglich, dass ich mir das Haus irgendwann wieder mit jemandem teile, aber es wird nicht dasselbe sein. Wo soll ich jemanden finden, mit dem ich so gut auskomme wie mit Phoebe und Kate?“
„Wie wär’s mit Aisling?“, fragte Josh. „Sie sucht zurzeit nach einer Wohnung. Und ihr vertragt euch bestimmt. Ich würde meinen, sie ist die perfekte Hausgenossin für dich.“
Auf welchem Planeten lebte er? Bella blickte ihn ungläubig an. Sah er Aisling und sie wirklich als dicke Freundinnen? Kannte er sie überhaupt nicht? „Ich bin nicht sicher, ob wir so viel gemeinsam haben“, sagte Bella vorsichtig.
„Ich finde, ihr seid euch sehr ähnlich. Aisling macht Marketing, und du machst Public Relations. So verschieden sind die Berufe nicht, stimmt’s? Und sie geht auch gern auf Partys.“
„Ich dachte, sie verbringt ihre ganze Freizeit damit, Berge zu besteigen und aus Dosen und Bindfäden Flöße zusammenzubauen“, sagte Bella ein bisschen mürrisch.
„Sie hat viele Expeditionen mitgemacht, aber sie amüsiert sich genauso gern wie du.“ Also bekam Aisling beides hin. Sie konnte sich mit einer Machete einen Weg durch den Regenwald schlagen und Lippen
stift benutzen. Na und? Bella trank noch einen Schluck Champagner. „Aber so eine Prinzessin wie du ist sie nicht“, sagte Josh. „Sie sucht keinen Stecker für ihren Föhn, wenn sie zeltet!“
Bella betrachtete Josh mit einer gewissen Feindseligkeit. Er hatte sie früher einmal zum Zelten in die Yorkshire Dales mitgenommen und war entsetzt gewesen, als er entdeckt hatte, dass sie nicht nur einen Föhn dabeihatte, sondern ihn auch benutzt hatte. Josh hatte es sie niemals vergessen lassen. Bestimmt hatte Aisling die Geschichte erfahren und darüber gelacht, dass jemand so sehr ein Stadtmensch sein konnte. „Tooting wäre nicht besonders bequem für Aisling“, sagte Bella. „Von dort ist deine Firma nicht gerade leicht zu erreichen.“
„Aisling ist schon durch die Sahara gefahren. Ich glaube nicht, dass es ein Problem für sie sein wird, die U-Bahnlinien zu wechseln!“
Tja, das verweist mich in die Schranken, dachte Bella missmutig. „Gut, ich rede mit Phoebe. Das Haus gehört ihr, deshalb ist es ihre Entscheidung.“
„Ich bin sicher, sie hat nichts dagegen.“
„Wo ist Aisling überhaupt?“, fragte Bella. Sie musste Phoebe erwischen, bevor Josh es tat. Keinesfalls wollte sie sich das Haus mit Aisling teilen.
Er blickte sich im Zelt um. „Dort drüben. Sie unterhält sich mit Finns Schwester.“
Als hätte sie ihn gehört, sah Aisling zu ihnen herüber und winkte Josh gebieterisch zu sich. Obwohl sie ihn loswerden wollte, damit sie Phoebe suchen konnte, ärgerte sich Bella, als er einfach ging. Er sollte mehr Stolz haben. Immerhin, dies war ihre Chance, sich Phoebe zu schnappen.
„Du sagst doch Nein, stimmt’s?“, bat Bella, nachdem sie Phoebe von John weggezerrt und ihr die Sache erklärt hatte.
„Wenn du es willst“, erwiderte Phoebe. „Mir fällt nur kein Grund ein, warum ich etwas gegen Aisling haben sollte. Sie scheint sehr nett zu sein.“
„Ich mag sie nicht.“
„Warum nicht?“
„Sie hat ein bisschen zu viel von diesem überschäumenden irischen Charme. Und ich glaube nicht, dass sie die Richtige für Josh ist.“
„Bist du sicher, dass du nicht einfach nur eifersüchtig bist?“
„Eifersüchtig?“ Bella verschüttete ihren Champagner. „Sei nicht albern! Ich bin immer gut mit all seinen Partnerinnen ausgekommen.“
„Hm. Aber andererseits hat dir keine davon ähnlich gesehen.“
„Das tut Aisling auch nicht!“
„Doch. Ich bin überzeugt, dass du sie deshalb nicht magst.“
Bella drehte sich um und blickte dorthin, wo sich Aisling an Josh schmiegte. Offensichtlich konnte sie nicht die Hände von ihm lassen. Das hasst er bestimmt, dachte Bella missbilligend. Er war eindeutig ein Mann, der für Intimitäten hinter verschlossenen Türen war.
Allerdings wehrte er Aisling nicht gerade ab. Bella sah weg. „Ich sehe Aisling überhaupt nicht ähnlich“, sagte sie zu Phoebe. „Zunächst einmal ist sie rothaarig.“
„Okay, aber wenn man die Haar- und Augenfarbe ändert, was bekommt man dann? Sie ist lächerlich hübsch, hat endlos lange Beine und den Glamour, der sie so sehr von Joshs früheren Partnerinnen unterscheidet. Gib es zu, Bella, sie ist fast ein Klon!“
Bella wollte nichts dergleichen zugeben. „Abgesehen davon, dass wir uns überhaupt nicht ähnlich sehen und charakterlich völlig verschieden sind? Alles, was Aisling und ich gemeinsam haben, ist unser Geschlecht! Josh erzählt mir immer, wie praktisch veranlagt sie ist und wie gern sie gesunde Sachen macht, Bergsteigen und Zelten, zum Beispiel.“
Phoebe zuckte die Schultern. „Von mir aus.“
„Jedenfalls haben Josh und ich vor langer Zeit vereinbart, dass wir nur gute Freunde sein wollen. Von Eifersucht kann keine Rede sein.“
„Hast du ihn niemals attraktiv gefunden?“, fragte Phoebe neugierig.
Bella wich dem Blick ihrer Freundin aus. „Er war nicht mein Typ.“
„Glaubst du, dass du sein Typ warst?“
„Er hat es niemals gesagt, und er ist sowieso immer mit irgendeiner Outdoor-Begeisterten zusammen gewesen, die kein Theater um ihr Haar macht, kein Make-up trägt und gern um sechs aufsteht, um Höhlen zu erforschen, oder was auch immer sie an den Wochenenden unternommen haben. Josh und ich haben uns gegenseitig zum Lachen gebracht und uns großartig amüsiert. Wir wollten es nicht verderben, indem wir miteinander schlafen. Außerdem war er damals überhaupt nicht attraktiv. Er war ein bisschen schmächtig und vertrottelt.“
Phoebe sah zu ihm hinüber. „Er hat sich verändert.“
„Ja“, sagte Bella, die ihrem Blick folgte. Die schlanke, muskulöse Gestalt war ihr gleichzeitig fremd und völlig vertraut. Josh unterhielt sich mit jemandem, der außer Sicht war. Als er lachte, musste Bella gegen eine Welle von Schwindel kämpfen, und hinterher fühlte sie sich benommen und hohl. „Ja, hat er.“
Ein Schweigen folgte.
Erschrocken über diese starke körperliche Reaktion, trank Bella zittrig ihren Champagner, und es dauerte einige Zeit, bis sie bemerkte, dass Phoebe sie erwartungsvoll ansah. „Wie bitte?“
„Ich habe nichts gesagt.“
Das war das Schlimmste an Freundinnen, die einen wirklich gut kannten. Sie brauchten nichts zu sagen, damit man wusste, was sie gerade dachten. „Ich bin nicht eifersüchtig, in Ordnung?“
„In Ordnung“, erwiderte Phoebe gleichmütig. „Also was ist das Problem?“
„Wer behauptet, ich hätte eins?“
Phoebe seufzte. „Hör auf, Bella, das ist offensichtlich. Ist es Will?“
„Nein. Ja. Irgendwie schon“, gab sie zu.
„Was ist passiert?“
„Nichts, das ist es ja gerade. Ich bin in letzter Zeit einfach … rastlos. Wir hatten keinen Streit oder so etwas. Es war Will, der vorgeschlagen hat, dass wir ein bisschen Abstand halten, und ich denke, das ist alles, was ich brauche. Ich meine, Will ist fantastisch, stimmt’s?“
„Er scheint sehr nett zu sein“, erwiderte Phoebe unverbindlich.
„Und er sieht umwerfend gut aus, ist intelligent, solvent und nicht neurotisch. Mehr kann ich nicht verlangen. Er wäre heute mitgekommen, wenn ich ihn darum gebeten hätte. Warum lasse ich ihn nach Hongkong verschwinden? Ich muss meinen Kopf untersuchen lassen! Was ist mit mir los?“
„Nichts. Will ist einfach nicht der Richtige für dich.“
„Wenn ein Mann wie er nicht der Richtige ist, wer ist es dann?“
„Ich weiß es nicht“, sagte Phoebe. „Aber du wirst es wissen, wenn du ihn findest.“
2. KAPITEL
Bella wünschte, sie hätte Phoebes Zuversicht. Stimmte irgendetwas nicht mit ihr? Sie wusste, dass sie hübsch war, und es fehlte ihr nicht an Männern, die mit ihr ausgehen wollten. Aber es führte niemals zu etwas. Sie verliebte sich Hals über Kopf, und ebenso schnell war es wieder vorbei.
Vielleicht finde ich diesen besonderen Mann niemals, dachte Bella niedergeschlagen, als sie sich ein Kanapee nahm. Und jetzt konnte sie möglicherweise nicht einmal mehr auf Josh zurückgreifen. Sie hatten früher einmal abgemacht, dass sie beide heiraten würden, wenn sie vierzig wurden und noch niemanden gefunden hatten. Damals hatte Bella gelacht. Ihr war überhaupt nicht der Gedanke gekommen, dass Josh eine andere heiraten könnte. Es war schwer vorstellbar, dass ein so zurückhaltender Mensch wie er sein Leben mit jemandem teilte. Keine seiner Partnerinnen war jemals bei ihm eingezogen.
Bella blickte sich suchend in dem überfüllten Zelt um. Dort war er. Wie meistens klammerte sich Aisling an seinen Arm, und sosehr Bella auch glauben wollte, dass ihn ihre Besitzgier störte, es gelang ihr einfach nicht. Josh sah im Gesellschaftsanzug überraschend gut aus. Das weiße Hemd ließ seine nach vielen Aufenthalten in den Tropen wettergegerbte Haut noch gebräunter wirken. Sogar jetzt, ebenso gekleidet wie die anderen Männer im Zelt, machte er den toughen, kompetenten Eindruck eines Mannes, der eigentlich in einer verwaschenen Khakihose durch den Dschungel ziehen oder eine staubige Piste entlangfahren und nicht in einem englischen Garten Champagner trinken und Kanapees essen sollte.
Wirklich, es war erstaunlich, dass sie so viele Jahre gebraucht hatte, um zu erkennen, was für einen herrlichen Körper Josh hatte, schlank, hart und muskulös. Sein Gesicht war auch nicht übel. Natürlich sah er nicht so umwerfend gut aus wie Will, im Grunde gab es jedoch nichts an Joshs Gesicht auszusetzen. Er hatte schöne Augen, und sein Lächeln konnte wirklich ziemlich beunruhigend sein.
Er hat auch einen schönen Mund, dachte Bella. Wenn man ihn zu lange ansah, machte er einen plötzlich ganz kirre.
So. Bella erschauerte und riss den Blick von seinem Mund los. Es war völlig falsch, wie sie an Josh dachte. Er war ihr Freund, der einzige Mensch, mit dem sie über alles reden konnte.
Bis auf diese Gedanken.
Sie stellte sich vor, zu ihm zu gehen und zu sagen: „He, Josh, ich habe gerade gedacht, was für einen tollen Körper du hast, und mich gefragt, wie es wohl wäre, dich zu küssen.“ Sie zuckte zusammen, als sie im Geiste sein entsetztes Gesicht vor sich sah. Das konnte sie Josh nicht antun. Wichtiger, sie konnte es sich selbst nicht antun! Ehrlichkeit war eine Sache, Demütigung eine ganz andere.
Josh und Aisling hatten sich mit John unterhalten, dessen Aufmerksamkeit jetzt von einem anderen Gast beansprucht wurde. Josh zog Aisling fester an sich und küsste sie. Der Schmerz, der Bella bei dem Anblick durchschnitt, kam so unerwartet, dass sie zusammenfuhr und ihren Champagner verschüttete. Sie wandte sich schnell ab. So ging das nicht! Sie brachte Schwung in eine Party. Eine Frau wie sie drückte sich nicht in den Ecken herum und fühlte sich ausgeschlossen. Es war an der Zeit, die Runde zu machen und ihren berühmten Charme einzusetzen.
Es gelang ihr so gut, dass einer von Kates jüngeren Brüdern ihr am Ende des Empfangs gestand, er sei in sie verliebt, und sie fragte, ob sie ihn heiraten wolle. Gerührt und belustigt, enttäuschte Bella ihn freundlich, aber insgeheim fühlte sie sich ein bisschen besser, auch wenn er erst einundzwanzig war und reichlich Champagner getrunken hatte. Sie mochte bald dreiunddreißig werden und keine Camping-Queen wie Aisling sein, aber einige Männer wollten sie.
Anscheinend übte sie plötzlich eine große Anziehungskraft auf sehr junge Männer aus. Beim „ceilidh“ – dem schottischen Tanz – im Zelt an diesem Abend stand Bella im Mittelpunkt einer Gruppe von Jungs, die völlig in sie vernarrt waren. Ihre unverhohlene Bewunderung war natürlich sehr schmeichelhaft, Bella war jedoch nicht völlig sicher, dass es ein gutes Zeichen war. Sah sie wirklich alt genug aus, um Bedarf an einem jungen Liebhaber zu haben?
Trotzdem, es war nett, sich zur Abwechslung einmal begehrt zu fühlen. Bella wollte Josh unbedingt zeigen, dass sie sich großartig amüsierte, und ließ sich von einem Verehrer nach dem anderen auf die Tanzfläche führen. Anscheinend waren ihre Partner taub, was die gebrüllten Anweisungen des Bandleaders betraf, der verzweifelt versuchte, allen die Schritte der schottischen Tänze zu erklären, aber was ihnen an Können fehlte, glichen sie durch Enthusiasmus aus. Mehr als einmal wurde Bella so herumgeschleudert, dass sie gegen andere Paare prallte. Zum Glück schienen die meisten von ihnen auch keine Ahnung zu haben, was sie taten.
Von einer anderen Gruppe aus beobachtete Josh, wie Bella den Jungen verwirrte, mit dem sie gerade tanzte. Er war höchstens sechzehn. Offensichtlich kann er sein Glück kaum fassen, dachte Josh nachsichtig. Bella bezauberte mühelos jeden Mann, den sie traf. Sogar Kates mürrischer Großonkel war gegen den Stevenson-Charme nicht immun gewesen.
Das war schon so, seit Josh sie kennengelernt hatte. Er erinnerte sich an den Moment, als er sie das erste Mal gesehen hatte. Sie war in den Seminarraum gekommen, blond, schön und unmöglich glamourös zwischen all den anderen schmuddeligen Studenten. Lächelnd hatte sie sich neben ihn gesetzt, und er war so nervös gewesen wie der Schuljunge, mit dem sie jetzt tanzte.
Während der ersten Wochen hatte Josh sie aus einiger Entfernung angestarrt. An sie kam er sowieso nicht heran, und deshalb fiel ihm nicht einmal ein, dass sie Freunde werden könnten. Aber als er Bella dann doch näher kennenlernte, war er von ihrem Charme überwältigt. Sie gab ihm das Gefühl, dass sie nur darauf gewartet hatte, ihn kennenzulernen, den unscheinbaren Josh Kingston. Erstaunt stellte er fest, wie nett und natürlich sie war und wie lustig. Sie mochte ja aussehen wie eine Prinzessin, aber sie hatte eine ansteckend dreckige Lache.
Nicht, dass er jemals versuchte, die enge Beziehung auszunutzen, die sich zwischen ihnen entwickelte. Er war der gute Freund, der eine verlässliche Mann in den Schwindel erregenden Höhen und Tiefen ihres Liebeslebens. Und es störte ihn nicht. Oder das sagte er sich jedenfalls. Zumindest sah er sie, und er war so mit ihr zusammen, wie es die Männer nicht waren, in die sie sich verliebte. Keiner von ihnen hielt sich lange. Bella wirkte weltklug, aber unter all dem Glamour schlug das Herz einer echten Romantikerin, die sich mit keinem Geringeren als Mr. Perfekt zufriedengeben würde.
Vielleicht hatte sie ihn in Will gefunden. Josh schien es unwahrscheinlich zu sein, dass Will der Richtige war, doch er hatte Bellas Männergeschmack noch nie verstanden. Er hatte sich gefragt, ob die Sache mit Will ihren Lauf genommen hatte, als Bella vorhin so angespannt und unglücklich ausgesehen hatte. Davon war jetzt allerdings nichts zu bemerken.
Josh lächelte liebevoll, während er beobachtete, wie Bella in ihrer Gruppe die Reihe auf- und abtanzte. Lachend ließ sie sich herumschwenken, das glänzende blonde Haar wehte ihr ums Gesicht, und das Kleid wirbelte um diese sensationellen Beine.
„Josh!“, flüsterte Aisling, und ihm wurde klar, dass er ihr die Hand reichen und die Reihe entlanggehen sollte.
Erst viel später am Abend bekam er Gelegenheit, mit Bella zu tanzen.
„Ich bin müde“, sagte sie, als er sie auf die Tanzfläche ziehen wollte.
„Müde? Du? Niemals!“
„Doch. Ich habe den ganzen Abend getanzt. Frag Aisling.“
„Sie tanzt gerade mit John.“
„Ehrlich, Josh, ich bin erschöpft.“
„Dafür brauchst du keine Energie“, sagte er, als die Band eine langsame Melodie zu spielen begann. „Wir müssen nur dastehen und uns ein bisschen hin und her bewegen.“ Er hielt ihr die Hand hin. „Na los, Bella, das schaffst du schon. Ich bin es ja nur!“
Richtig, es war nur Josh. An den Gedanken klammerte sie sich, als sie seine Hand nahm und ihm auf die Tanzfläche folgte. Wenn sie sich weigerte, mit ihm zu tanzen, würde er wirklich denken, dass irgendetwas los wäre. Obwohl nichts los war. Es war nur Josh.
Es war nur Josh, der die Arme um sie legte. Es war nur Joshs breite Brust, die verlockend nah war. Sie hatten schon unzählige Male so getanzt, also warum war es jetzt etwas anderes? Warum sehnte sie sich plötzlich danach, sich an ihn zu schmiegen und das Gesicht an seinen Hals zu drücken? „Schöne Hochzeit“, sagte sie heiser.
„Du amüsierst dich zweifellos gut.“ Josh klang eher belustigt als eifersüchtig. „Was ist das für ein neues Interesse an jungen Liebhabern, Bella? Ich kann die unerfahrenen Jungs schon nicht mehr zählen, die du heute Abend völlig durcheinandergebracht hast. Du hast sie fürs ganze Leben verdorben. In den kommenden Jahren werden sie davon träumen, eine Frau wie dich zu finden, und die meisten werden schließlich enttäuscht sein. Du solltest ein Warnschild tragen: ‚Gesundheitsrisiko für junge Männer!‘“
„Dir hat es niemals etwas ausgemacht“, sagte Bella schärfer, als sie beabsichtigt hatte.
Josh zog sich ein bisschen zurück und sah sie stirnrunzelnd an. „Für mich war es anders.“
„Ich weiß.“ Warum? Warum begehrte er sie nicht? Er hatte niemals auch nur durchblicken lassen, dass er mehr wollte als Freundschaft. Und ich wäre entsetzt gewesen, wenn er es getan hätte, dachte Bella. Also warum war es plötzlich so schwer, mit ihm zu tanzen? Sie war sich seines muskulösen Körpers, seiner Hand auf ihrem Rücken und seiner mit ihren verschränkten Fingern quälend bewusst.
Bella hielt sich starr. Sie war lächerlich schüchtern, und die Zunge schien ihr am Gaumen zu kleben. Das lange Schweigen brachte sie schließlich sogar dazu, ihn nach seiner Arbeit zu fragen.
„Es läuft sehr gut“, sagte Josh, als wäre er erleichtert, dass sie das spannungsgeladene Schweigen gebrochen hatte. „Seit Aisling zu uns gekommen ist, starten wir wirklich durch. Mit ihrem Hintergrund bei ‚C.B.C.‘ – sie sind unser wichtigster Kunde – ist sie unglaublich nützlich, weil sie beide Unternehmen kennt.“
„Tatsächlich?“ Bella versuchte, interessiert zu klingen.
„Vielleicht geben sie uns einen großen Auftrag. Es könnte derjenige sein, der alles verändert.“
„Warum?“
„Wir würden international expandieren. C.B.C. hat Tochtergesellschaften auf der ganzen Welt. Wir haben kürzlich für den Hauptsitz gearbeitet, und jetzt wollen sie, dass wir dasselbe Schulungssystem weltweit durchführen.“
Unwillkürlich war Bella beeindruckt und lebte ein bisschen auf. „Das ist cool.“
„Es könnte ‚cool‘ sein, aber jedes nationale Unternehmen besitzt viel Unabhängigkeit, und die meisten Bosse leisten großen Widerstand gegen den Plan, dass Ausbilder von der Konzernzentrale einfach mit dem Fallschirm abgesetzt werden. In einigen Ländern ist es entscheidend, eine persönliche Beziehung zu den Topmanagern herzustellen, bevor man anfängt, Geschäfte zu machen.“
„Du kannst nicht um die Welt reisen und dich überall vorstellen!“
„Einmal im Jahr werden die erfolgreichsten Führungskräfte zu einem einwöchigen kostenfreien Urlaub eingeladen. Es soll hauptsächlich ein gesellschaftliches Ereignis sein, aber auch dafür sorgen, dass alle dieselbe Firmenethik teilen. In diesem Jahr ist es auf den Seychellen. Sie übernehmen ein ganzes Hotel auf einer der kleinen Inseln. Aus der Zentrale ist der Vorschlag gekommen, dass ich mitfahre. Es wäre eine gute Gelegenheit, viele der Leute kennenzulernen, mit denen ich später vielleicht zu tun haben werde.“
Nur Josh konnte bedrückt klingen, wenn ihm ein kostenloser Urlaub auf den Seychellen geboten wurde! „Wirst du fahren?“
„Solche Betriebsausflüge sind wirklich nicht mein Ding, aber Aisling meint, ich sollte es machen.“
Was für eine Überraschung, dachte Bella feindselig. „Ich nehme an, sie fährt auch mit.“
„Ja. Sie ist diejenige mit den vielen Kontakten, und sie sagt, es sei wichtig, dass ich Leute kennenlerne und darüber rede, was wir für sie tun können.“
„Wirklich?“, fragte Bella kühl. Seit zwei Jahren erzählte sie Josh, er müsse bei zwanglosen Treffen Geschäftsbeziehungen anknüpfen, wenn er Erfolg haben wolle mit seinem Unternehmen, aber auf sie hatte er nicht gehört. Zumindest verschwand jetzt dieser beunruhigende Wunsch, Josh zu küssen. Ärgerlich zu werden war anscheinend ein ausgezeichnetes Mittel dagegen. „Ich bin sicher, Aisling hat recht, nur kann ich mir dich bei einem Strandurlaub nicht vorstellen.“
„Himmel, nein.“ Josh schauderte. „Ich würde verrückt werden, wenn ich den ganzen Tag nichts zu tun hätte, außer in der Sonne zu sitzen, aber Aisling sagt, es seien immer Aktivurlaube.“
„Ach?“ Bella hatte es satt, zu hören, was Aisling sagte.
„So ähnlich, wie wir mit Leuten bei Expeditionen arbeiten, um Teamarbeit und Vertrauen aufzubauen. Tauchen, Bergsteigen oder Buschmärsche bringen Angestellte aus verschiedenen Büros dazu, sich wirklich kennenzulernen und eine echte Bindung zu entwickeln. Wenn alle gefordert werden, müssen sie kommunizieren können.“
„Das behauptest du immer“, sagte Bella, die noch nie Schwierigkeiten gehabt hatte, mit einem Telefon in der Hand von einem Sofa aus zu kommunizieren.
Josh lachte. „Ich weiß, dass deine Vorstellung von der freien Natur über eine Veranda nicht hinausgeht, aber andere Menschen haben viel davon, wenn sie gedrängt werden, Dinge zu tun, die sie noch nie getan haben.“
„Mit den Leuten in einem Zimmer Konversation zu machen, in deinem Fall“, erwiderte Bella spitz. „Was wird dort geboten?“
„Ich weiß es nicht. Aisling ist ganz wild auf Sporttauchen, und Segeln ist wahrscheinlich auch möglich, also werde ich mich vielleicht nicht allzu sehr langweilen.“
Bella seufzte. Das klang ihr zu dynamisch. „Geschäftliche Kontakte kann man auch in einer Strandbar knüpfen.“
„Wir haben nicht alle das Talent, enge Beziehungen bei einem Cocktail aufzunehmen.“
„Es ist viel nützlicher, als tauchen zu können. Wie viele Kontakte lassen sich unter Wasser knüpfen? Man zeigt mit dem Finger und macht Luftblasen.“
„Du bist so eine Expertin im Tauchen!“
„Ich habe es im Fernsehen gesehen“, sagte Bella ein bisschen eingeschnappt.
Josh lachte. „Dir gefällt nur der Gedanke nicht, dass dein Haar nass wird. Zum Glück ist Aisling nicht so eine Prinzessin!“
Natürlich nicht. Aisling würde sich das Haar hochstecken, praktische Sachen tragen und ihre High Heels zurücklassen. Viel Glück, dachte Bella mürrisch. Wenn Aisling eine Woche in einem Gummianzug und mit einem Tank auf dem Rücken unter Wasser verbringen wollte, war das ihr Problem!
„Übrigens, hast du schon mit Phoebe gesprochen?“ Josh schwenkte Bella herum.
Er hatte den Druck seines Arms um sie verstärkt, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor, und allein davon bekam sie solches Herzklopfen, dass sie vorübergehend atemlos war. „Mit Phoebe gesprochen?“, wiederholte sie und versuchte, normal zu klingen.
„Über Aisling. Ob sie bei dir einziehen kann.“
„Oh. Ja, habe ich.“ Wenn doch nur die Musik aufhören und Josh sie loslassen würde. Vielleicht könnte sie sich dann besser konzentrieren.
„Und was hat sie gesagt?“
Einen Moment lang überlegte Bella, ob sie Phoebe die Schuld zuschieben sollte, aber das wäre nicht fair. „Sie überlässt es mir. Um ehrlich zu sein, ich möchte das Haus lieber eine Weile für mich allein haben.“
„Das ist dein gutes Recht. Aber Aisling wird enttäuscht sein. Sie dachte, dass ihr wirklich gut miteinander auskommen würdet.“
„So?“
„Ja, sie mag dich sehr.“
Das glaubte Bella keine Sekunde lang. Auch wenn Aisling liebenswürdig lächelte, war ihr Blick doch immer ausgesprochen kühl. Bella konnte sich gut vorstellen, dass er ziemlich genau ihren widerspiegelte, wenn sie beide sich trafen. „Tatsächlich?“
„O ja.“ Josh nickte. „Sie hat es mir mehrmals gesagt.“
Na schön, wenn er alles glauben wollte, was Aisling sagte … Wie naiv kann man sein?, fragte sich Bella. Sie hatte ihn für scharfsichtiger gehalten. Er musste wirklich in Aisling vernarrt sein, wenn er ihr jedes Wort abkaufte. Der Gedanke war irgendwie sehr deprimierend.
Bella war erleichtert, als die Musik aufhörte und Josh sie losließ. Sie hatte sich wieder mehr im Griff und bemühte sich, freundlich zu sein. „Ich hoffe, Aisling findet bald etwas anderes. Tooting ist sowieso nicht der bequemste Stadtteil für sie.“
„Vielleicht hast du recht.“ Josh war nicht allzu beunruhigt. „In der Zwischenzeit kann sie bei mir einziehen. Bequemer geht es nicht.“
„Wie bitte?“, rief Bella entsetzt.
„Sie muss Ende nächster Woche aus ihrer jetzigen Wohnung raus. Wo soll sie denn hin?“
„Aber du wolltest bisher noch nie mit jemandem zusammenleben!“
Josh zuckte die Schultern. „Aisling ist anders. Wir kommen wirklich gut miteinander aus, und wir haben viel gemeinsam.“
Was hatte sie angerichtet? Bella fühlte sich elend. „Meinst du nicht, es wird ein bisschen viel, zusammenzuleben und zusammenzuarbeiten?“
„Das wissen wir erst, wenn wir es ausprobieren, stimmt’s? Bisher ist es kein Problem gewesen, Berufs- und Privatleben zu trennen. Ich glaube, es wird klappen.“
Bella konnte es kaum fassen. Ihre Weigerung, sich das Haus mit Aisling zu teilen, war nach hinten losgegangen. Josh hatte seine Privatsphäre immer so sorgfältig geschützt. Seine früheren Partnerinnen durften das Wochenende bei ihm verbringen, aber er hatte niemals auch nur gefragt, ob sie eine Zahnbürste bei ihm lassen wollten. Und jetzt lebte er ausgerechnet mit Aisling zusammen! Bella gefiel das nicht. Sie hatte immer gewusst, wann sie Josh allein antreffen konnte, doch jetzt war er ständig mit Aisling zusammen. Während die Wochen nach Kates Hochzeit vergingen, sah Bella ihn immer seltener. Wenn sie sich trafen, suchte sie nach Anzeichen dafür, dass er sich eingeengt fühlte, oder sie hoffte zu erfahren, dass Aisling dabei war, in eine eigene Wohnung zu ziehen, aber die beiden schienen restlos glücklich zu sein.
Und sie konnte nur sich selbst die Schuld geben, darüber war sich Bella völlig im Klaren. Jetzt musste sie sich einfach mit der Situation abfinden. Aber sie vermisste Josh ganz schrecklich. Nur seine Freundschaft, natürlich, versicherte sie sich. Trotzdem, es war eine große Lücke in ihrem Leben.
Eine Zeit lang setzte sie ihre Hoffnung auf Will. Sie überzeugte sich, dass alles anders sein würde, wenn er aus Hongkong zurückkehrte. Eine vorübergehende Trennung wirkte meistens Wunder, und sobald sie ihn wiedersah, würde sie erkennen, wie viel er ihr bedeutete.
Nur war es nicht so. Sie freute sich, ihn zu sehen, und sie kamen gut miteinander aus, irgendetwas hatte sich jedoch verändert. Will registrierte es auch.
„Es tut mir leid“, sagte Bella unglücklich. „An dir liegt es nicht. Ich weiß nicht, was mit mir los ist.“
„He, mach dir darüber keine Gedanken“, erwiderte Will, der sich als wahrer Schatz entpuppte. „Wir können weiter Freunde sein.“
In mancher Hinsicht übernahm er Joshs Rolle, auch wenn er sie niemals so gut kennen würde wie Josh. Bella wusste, dass es nicht lange dauern würde, bis Will eine andere fand – er sah zu gut aus, um lange allein zu bleiben –, aber fürs Erste verstanden sie sich viel besser, als sie es während ihrer intimen Beziehung getan hatten.
Bellas Leben war viel ruhiger geworden. Aus irgendeinem Grund hatte sie keine Lust mehr, zu Partys zu gehen. Jetzt zog sie es vor, sich mit Freunden zu einem Drink zu treffen oder ins Kino zu gehen.
Fürs Theater hatte sie sich früher auch nicht interessiert, aber als Will zwei Karten für das neueste Musical in der Stadt bekam, freute sie sich darauf, anstatt die Augen zu verdrehen und sich zu wünschen, sie würden stattdessen in den heißesten neuen Klub gehen.
Will und sie trafen sich im Foyer und gingen die Treppe zur Bar hinauf. In dem Raum wimmelte es von Theaterbesuchern, die vor der Vorstellung noch etwas trinken wollten. Bella und Will drängten sich zur Theke durch und standen plötzlich Josh und Aisling gegenüber, die es geschafft hatten, Drinks zu bekommen, und sich aus dem Gewühl herausschoben.
Bella blieb fast das Herz stehen, als sie Josh sah, und sie zupfte Will verzweifelt am Ärmel, um ihn auf sich aufmerksam zu machen.
Dagegen freute sich Josh aufrichtig, sie zu sehen. „Bella! Wo hast du dich versteckt?“ Beide Drinks haltend, beugte er sich vor und küsste Bella auf die Wange. „Ich habe dich ja eine Ewigkeit nicht gesehen!“ Dann bemerkte er Will, und sein Gesichtsausdruck wurde hart. „Oh. Du bist wieder da.“
Will war verblüfft über Joshs unfreundlichen Ton. „Wieder da?“
„Laut Bella hast du in Hongkong die Weltwirtschaft gerettet, während wir anderen Sterblichen auf Kates Hochzeit waren.“
„Das würde ich nicht sagen“, erwiderte Will bescheiden, „aber wir haben diese besondere Krise gemeistert.“
„Wann bist du zurückgekommen?“ Josh beobachtete Will scharf.
„Vor einigen Wo…“
„Es tut mir leid, dass wir nichts von uns haben hören lassen.“ Bella legte ihm den Arm um die Taille und schmiegte sich an Will. „Aber ihr wisst ja, wie es ist, wenn einer weg gewesen ist. Wir haben eigentlich niemanden gesehen, stimmt’s, Liebling?“
Will zeigte sich der Lage großartig gewachsen. Er zog Bella an sich und sagte, sie hätten keine Lust gehabt, jemanden zu treffen.
„Freut mich, dass es so gut für euch läuft.“ Josh klang nicht erfreut.
„O ja, alles ist perfekt“, säuselte Bella. „Stimmt’s, Will?“
„Perfekt“, wiederholte er.
„Aber genug von uns! Wie geht es euch beiden?“, fragte sie munter.
Josh reichte Aisling ihr Glas und legte den freien Arm um sie, sodass sie dastanden wie Will und Bella. „Großartig.“
„Es passt nicht zu dir, im Theater zu sein, Bella“, mischte sich Aisling ein. „Josh hat mir gerade erzählt, du würdest selbst viel zu gern im Mittelpunkt stehen, als dass du dir ansehen wolltest, wie jemand anders auf der Bühne die ganze Aufmerksamkeit bekommt.“
So hatte Josh das bestimmt nicht gesagt. „Ich bin auch ziemlich überrascht, euch hier zu sehen“, erwiderte Bella zuckersüß. „Ich dachte, ihr wetteifert lieber in der freien Natur darum, wessen Stiefel verdreckter sind und wer das schmutzigste Handtuch hat.“
Aislings Lächeln war ebenso starr wie Bellas. „Ja, wir sind gern aktiv. Aber Kultur gefällt uns auch.“
Josh sah nicht aus, als würde er sich amüsieren. Bevor Bella jedoch etwas erwidern konnte, zerrte Will an ihr.
„Wenn du einen Drink möchtest, sollten wir besser weitergehen.“
„Natürlich. Bis später.“ Sie lächelte Josh und Aisling liebenswürdig an. „Kultur!“, brauste sie auf, sobald Will und sie außer Hörweite waren. „Es ist nur ein Musical. Und Josh wird es hassen!“
„Worum ging es eigentlich?“, fragte Will, als er Bella einen Gin Tonic reichte.
„Josh sollte nicht wissen, dass wir uns getrennt haben.“
„So viel habe ich mir schon zusammengereimt“, sagte Will trocken.
„Danke, dass du mitgespielt hast.“
„Josh ist doch dein bester Freund. Ich dachte, er wäre der Erste, dem du es erzählst.“
„Normalerweise ja“, gab Bella zu, „aber er hat auf Kates Hochzeit so unfreundlich über dich gesprochen, dass ich mich geärgert habe, und außerdem …“
„Was?“
„Nichts.“ Bella konnte nicht erklären, warum sie es für einen so guten Einfall gehalten hatte, Josh glauben zu lassen, sie sei noch immer wahnsinnig in Will verliebt.
„Seit Kate geheiratet hat, sind sechs Wochen vergangen.“
„Ich hatte einfach keine Gelegenheit, es ihm zu sagen.“
„Gerade eben hast du mehr getan, als es ihm nicht zu sagen. Du hast ihm vorgemacht, wir seien noch zusammen!“
„Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass Aisling mich bemitleidet. Du hast ja gesehen, wie sie ist. Sie würde freundlich, mitfühlend und ach so ein bisschen selbstgefällig sein, weil sie und Josh glücklich sind.“ Bella schnitt ein Gesicht. „Sie leben inzwischen zusammen.“
„Aha“, sagte Will.
„Was soll das heißen?“
„Es erklärt, warum du dich so aufregst.“
„Ich rege mich nicht auf!“, fuhr sie ihn an. „Ich mag Aisling nur nicht. Mit Josh war alles bestens, bevor sie dahergekommen ist.“
„Aber sie ist nicht das Problem. Du bist es.“
„Ich?“
„Du bist in Josh verliebt.“
Bella wollte es abstreiten. Davon könne keine Rede sein, wollte sie sagen. Josh sei nur ihr bester Freund, sonst nichts. Aus irgendeinem Grund brachte sie die Worte jedoch nicht heraus. Sie hatte ein flaues Gefühl im Magen, als würde sie am Rand einer Klippe stehen und nicht wagen, in den Abgrund zu blicken.
Die Klingel ertönte. Will nahm Bella das Glas ab, stellte es auf einen Tisch und schob sie zur Treppe. „Arme Bella. Du siehst völlig fertig aus!“
Wie betäubt ließ sie sich von Will nach oben und zu ihrem Platz führen. Nachdem sie sich der Wahrheit so lange widersetzt hatte, konnte sie ihr jetzt nicht mehr ausweichen, und plötzlich hatte sie schreckliche Angst.
Sie hatte Josh doch bisher nicht geliebt, oder zumindest nicht so. Warum hatte sie sich jetzt in ihn verliebt? Sie wollte das nicht. Alles sollte wieder sein, wie es vorher gewesen war. Aber sie wusste, dass sie nicht mehr zurückkonnte. Solange sie es einfach nicht zugegeben hatte, war es okay gewesen, doch nach Wills unbedachten Worten war der Geist aus der Flasche, und sie konnte ihn nicht zurückholen.
Die Wahrheit war heraus. Nach all den Jahren war sie in Josh verliebt.
3. KAPITEL
Bella blickte wie blind die Tänzer auf der Bühne an, während sie daran dachte, was Phoebe auf Kates Hochzeit zu ihr gesagt hatte. „Du wirst es wissen, wenn du ihn findest.“
Aber sie hatte es nicht gewusst. Will, normalerweise nicht der Scharfsichtigste, hatte sie darauf hinweisen müssen, und jetzt hatte sich ihr Leben für immer verändert. Was sollte sie tun? Früher hatte sie immer mit Josh geredet, wenn sie einen Rat gebraucht hatte, doch jetzt war er der eine, dem sie es nicht sagen konnte, durfte. Sie waren sich vor all den Jahren einig gewesen, dass es ihre Freundschaft verderben würde, miteinander zu schlafen, und jetzt würde es noch viel mehr Schaden anrichten, ihm zu gestehen, was sie für ihn empfand. Josh war mit Aisling zusammen. Ich muss mich einfach damit abfinden, dass wir nur gute Freunde sind, dachte Bella verzweifelt. Und sie würde ihm zuliebe versuchen, Aisling zu mögen.
Wie sehr sich ihr Leben verändert hatte, konnte sie Josh nicht sagen, aber Bella beschloss, ihm nicht länger vorzumachen, dass sie noch mit Will zusammen war. Sie hatte Josh noch nie angelogen. Wenn sie Freunde waren, und das waren sie immer gewesen, dann sollte sie einfach zugeben, dass Will doch nicht ihr Traummann war.
Während der nächsten zwei Wochen schien sich jedoch niemals eine Gelegenheit zu bieten. Obwohl sie sich mit Aisling mehr Mühe geben wollte, schreckte Bella davor zurück, vor ihr zu erklären, warum sie so getan hatte, als wäre sie noch mit Will zusammen. Sie war nicht sicher, ob sie Aislings Mitgefühl oder – schlimmer – ihr Verständnis ertragen könnte.
Deshalb sah Bella ihre Chance, die Sache in Ordnung zu bringen, als sie eine Mail von Josh bekam, in der er ihr mitteilte, Aisling würde am folgenden Abend mit einigen ehemaligen Kollegen ausgehen, und vorschlug, dass Bella und er sich zu einem Drink trafen. „Natürlich“, mailte sie zurück. „Habe schon lange nicht mehr gemütlich geschwatzt, und ich muss dir etwas erzählen. Zeit und Ort wie üblich?“
„Auch für dich eine Neuigkeit“, antwortete Josh sofort. „Bis dann.“
Bella war am nächsten Tag lächerlich nervös und so aufbrausend, dass die anderen im Büro schließlich um sie herumschlichen. Also wirklich, das war ja schlimmer als vor einem ersten Date! Sie setzte all ihre Hoffnung auf eine Wunderheilung. Vielleicht würde sie einen Blick auf Josh werfen und feststellen, dass sie doch nicht in ihn verliebt war.
Im Grunde wusste sie jedoch, dass es Wunschdenken war. Sie hatte das jetzt am Hals.
Ihr zitterten die Hände, während sie sich am Ende des Tages auf der Damentoilette das Haar bürstete und Lippenstift auftrug.
„Ein großes Date?“, fragte die persönliche Assistentin des Chefs, die sich auch vor dem Spiegel fein machte.
„Nein“, sagte Bella. „Ich treffe mich nur mit einem Freund.“
Nur ein Freund. Mehr war Josh nicht. Das durfte sie nicht vergessen.
Sie war zehn Minuten zu früh in der Bar, was noch nie da gewesen war. Ständig wurde darüber gespottet, dass ihre Armbanduhr fünfundzwanzig Minuten langsamer als die von Josh ging. Bella besorgte sich einen Drink, setzte sich an einen Tisch und drehte nervös das Glas zwischen den Händen. Das war ja furchtbar! Sie wusste nicht, ob sie sich danach sehnte oder davor fürchtete, dass Josh kam.
Wie immer war er auf die Minute pünktlich. Er sah auf seine Armbanduhr, nahm an, dass sie sich verspäten würde, und ging direkt zur Theke. Bei seinem Anblick schlug Bella das Herz bis zum Hals. Es war ein Glück, dass er sie nicht gesehen hatte und sofort herübergekommen war, weil sie kein Wort herausgebracht hätte. So viel zu ihrer Hoffnung, sie würde vielleicht feststellen, dass sie doch nicht in ihn verliebt war.
Er trug eine Khakihose und eine alte Jacke. Jahrelang hatte Bella die Augen verdreht, weil er überhaupt keinen Sinn für Stil hatte und sich das Haar immer gleich langweilig schneiden ließ. Jetzt machte es sie allein schon verrückt, seinen Nacken zu betrachten.
Josh wandte sich mit einem Bier in der Hand um und suchte nach einem Tisch. Bella winkte, und er machte ein lachhaft überraschtes Gesicht.
„Du bist pünktlich!“ Er stellte das Glas auf den Tisch und küsste sie auf die Wange. „Bin ich in ein Paralleluniversum gerutscht, ohne es zu merken? Was ist mit dir los?“
Ich bin in dich verliebt.
„Es war ruhig im Büro, deshalb bin ich früh gegangen“, sagte Bella, plötzlich schüchtern.
„Ruhig bei den PR-Leuten?“ Josh setzte sich ihr gegenüber. „Das ist ein Paralleluniversum! Prost.“ Er stieß mit ihr an, trank einen Schluck und stellte das Glas wieder hin. „Gut siehst du aus.“
„Du auch.“ Bella konnte nicht den Blick von ihm abwenden. Sie wollte sich auf seinen Schoß setzen, die Hand über seinen Arm bis zur Schulter gleiten lassen, ihn auf den Hals und den Mund küssen … Bella war entsetzt über ihr Verlangen. All die Jahre hatte sie Josh als selbstverständlich betrachtet, und jetzt konnte sie kaum die Hände von ihm lassen! „Wie läuft es so bei dir?“, brachte sie mühsam heraus.
„Großartig. Und bei dir?“
„Gut.“ Das war ja grässlich. Sie war den Tränen nahe. Früher war es mit Josh immer so einfach gewesen. Sie hatten den ganzen Abend geredet, gelacht und sich geneckt. Jetzt saßen sie hier und waren höflich zueinander. „Fliegst du denn nun zu den Seychellen?“
Josh nickte. „In drei Wochen.“
„Du hast ein Glück. Ich wünschte, ich könnte im November wegfahren. Hier ist es dann immer so dunkel und deprimierend.“ Du liebe Güte, sie war beim Wetter!
Josh bemühte sich nicht einmal, auf das Thema einzugehen. Ein peinliches Schweigen folgte.
Ich sollte ihm das mit Will erzählen, dachte Bella. Aber wenn Josh sie nach ihren Gefühlen ausfragte, würde er erkennen, dass sie sich verändert hatte, und dann würde er wissen wollen, warum …Vielleicht war es doch besser, nichts zu sagen?
„Also? Was gibt’s Neues bei dir?“, fragte Josh. „Was musst du mir erzählen?“
„Du zuerst“, erwiderte Bella. „Du hast auch eine Neuigkeit.“
„Ja …“
Er hörte sich so unschlüssig an, wie sie war. Anscheinend wusste er ebenfalls nicht, wie er anfangen sollte. Ein kalter Schauder durchlief sie. „Ist sie gut oder schlecht?“
„Gut“, sagte Josh nach einem weiteren kurzen Zögern.
„Sehr überzeugt klingt das nicht.“
„Doch, sie ist eindeutig gut.“ Die beste Neuigkeit überhaupt. Und warum kommt sie mir nicht so großartig vor?, fragte sich Josh. Er hatte es für einen guten Einfall gehalten, als Aisling es vorgeschlagen hatte. Eigentlich müsste er auf dem Tisch stehen und sein Glück herausschreien. Nur hatte er nicht erwartet, dass es so schwierig sein würde, es Bella zu sagen.
Sie sah ihn neugierig an. „Hat es etwas mit deiner Arbeit zu tun?“
„Nein, nein.“ Josh trank einen Schluck Bier.