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Tiffany Sexy Band 58
Erscheinungstag: | Di, 05.05.2009 |
Bandnummer: | 0058 |
Seitenanzahl: | 380 |
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Die gute Tochter
"Lauf!", fleht ihre große Schwester Samantha. Mit vorgehaltener Waffe treiben zwei maskierte Männer Charlotte und sie an den Waldrand. "Lauf weg!" Und Charlie läuft. An diesem Tag. Und danach ihr ganzes Leben. Sie ist getrieben von den Erinnerungen an jene grauenvolle Attacke in ihrer Kindheit. Die blutigen Knochen ihrer erschossenen Mutter. Die Todesangst ihrer Schwester. Das Keuchen ihres Verfolgers.
Als Töchter eines berüchtigten Anwalts waren sie stets die Verstoßenen, die Gehetzten. 28 Jahre später ist Charlie selbst erfolgreiche Anwältin. Als sie Zeugin einer weiteren brutalen Bluttat wird, holt ihre Geschichte sie ganz ungeahnt ein.
"Die gute Tochter" ist ein Meisterwerk psychologischer Spannung. Nie ist es Karin Slaughter besser gelungen, ihren Figuren bis tief in die Seele zu schauen und jede Einzelne mit Schuld und Leid gleichermaßen zu belegen.
"Die dunkle Vergangenheit ist stets gegenwärtig in diesem äußerst schaurigen Thriller. Mit Feingefühl und Geschick fesselt Karin Slaughter ihre Leser von der ersten bis zur letzten Seite."
Camilla Läckberg
"Eine großartige Autorin auf dem Zenit ihres Schaffens. Karin Slaughter zeigt auf nervenzerfetzende, atemberaubende und fesselnde Weise, was sie kann."
Peter James
"Karin Slaughter ist die gefeiertste Autorin von Spannungsunterhaltung. Aber Die gute Tochter ist ihr ambitioniertester, ihr emotionalster - ihr bester Roman. Zumindest bis heute."
James Patterson
"Es ist einfach das beste Buch, das man dieses Jahr lesen kann. Ehrlich, kraftvoll und wahnsinnig packend - und trotzdem mit einer Sanftheit und Empathie verfasst, die einem das Herz bricht."
Kathryn Stockett
„Die Brutalität wird durch ihre plastische Darstellung körperlich spürbar, das Leiden überträgt sich auf den Leser.“
(Hamburger Abendblatt)
„Aber es sind nicht nur die sichtbaren Vorgänge und Handlungen von guten oder schlechten Individuen, die die (…) Autorin penibel genau beschreibt. Es sind vor allem die inneren, die seelischen Abläufe, die überzeugen.“
(SHZ)
„Das alles schildert Slaughter mit unglaublicher Wucht und einem Einfühlungsvermögen, das jedem Psychotherapeuten zu wünschen wäre.“
(SVZ)
„Die aktuelle Geschichte um die Quinns ist eine Südstaaten-Saga der besonderen Art, von der ihr nicht weniger erfolgreiche Kollege James Patterson sagt, sie sei ‚ihr ambitioniertester, ihr emotionalster, ihr bester Roman. Zumindest bis heute‘.“
(Focus Online)
„Die Autorin hat hier ein ausgezeichnetes Buch vorgelegt, dass mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt hat.“
(Krimi-Couch.de)
„Es gibt Bücher, bei denen man das Atmen vergisst. Die Romane der amerikanischen Schriftstellerin gehören dazu. So auch dieser Pageturner. (…) Karin Slaughter versteht es meisterhaft, glaubwürdige Charaktere zu erschaffen und ihre Leser fortwährend zu überraschen.“
(Lebensart)
„Atmosphärisch dichter Thriller über die sozialen Gespinste einer Kleinstadt, psychologisch sehr stimmig, mit vielen Schichten und Überraschungen.“
(Bayrischer Rundfunk)
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Die wenigen Tage und Nächte, die Daniel mit Catherine verbracht hat, waren eine Offenbarung. Wann hat er zuletzt eine Frau so begehrt? Wie lange ist es her, dass eine Frau ihm so viel Lust und Leidenschaft geschenkt hat? Erst beim Abschied von der Geliebten meldet sich Daniels Gewissen. Vor Jahren hat er seiner Ehefrau ewige Treue geschworen …
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1. KAPITEL
Daniel O’Sullivan wachte jeden Morgen stets auf die gleiche Weise auf. Mit einem starken sexuellen Verlangen. Nach seiner Heirat war die Morgendämmerung zu seiner liebsten Tageszeit geworden. Er hatte sich im Bett zu seiner Frau herumgedreht und sie geliebt. Danach hatte er geduscht, sich rasiert und war gemeinsam mit ihr zur Arbeit gefahren. Was konnte ein Mann sich mehr wünschen?
Doch an einem Septembermorgen vor sieben Jahren, bei hellem Sonnenschein, war dieses Glück durch eine gewaltige Explosion zerstört worden, als zwei Passagierflugzeuge in zwei Gebäudetürme rasten. Eine Katastrophe, die zweitausendsiebenhunderteinundfünfzig Menschenleben forderte. Eins der Opfer war seine Frau Michelle gewesen.
Vorbei.
Die nächsten fünf Jahre rollte er sich morgens im Halbschlaf herum, blindlings nach Michelle tastend, aber sie war nicht da. Sein Verlangen blieb ungestillt.
Allmählich veränderte sich die Aufwachphase. Schleichend, sodass er es lange Zeit gar nicht gewahr wurde. Irgendwann jedoch hörte er auf, unbewusst nach seiner Frau zu suchen, seine Hände griffen nicht mehr nach jemandem, der nicht mehr da war.
Vorbei.
Er fing an zu vergessen.
Für viele andere Menschen mochte das okay sein. Aber Daniel tickte anders. Liebe galt für immer. Ein Versprechen galt für immer, und so hatte er vor zwei Jahren das Hochzeitsfoto auf seinen Nachttisch gestellt als Erinnerung daran, wie viel genau seine Frau ihm bedeutete.
Er schaute nicht nach anderen Frauen, er flirtete nicht mit anderen Frauen, und erst recht schlief er nicht mit anderen Frauen. Wenn er Michelle in Schlaftrunkenheit auch vergessen mochte, er brachte es nicht fertig, sie zu betrügen.
Sein frauenloses Leben hatte sich zu einem düsteren Dauerzustand entwickelt, den er nicht ändern wollte. Das war auch der Grund, weshalb er Manhattan im Sommer nicht verließ, wie so viele andere New Yorker es taten.
Juli in Manhattan war die Hölle. Heiß, feucht und schwül. Die schwere Luft schien über den Flüssen und Häuserfluchten zu stehen. Die ganze Insel war in ein schmutziges gelbes Licht getaucht. Die meisten vernünftigen Menschen tauschten die unerträglichen Bedingungen in der City liebend gern gegen das Paradies abgelegener Strände ein. Daniel O’Sullivan dagegen war entschlossen zu bleiben, egal wie sehr seine Brüder auf ihn einreden mochten.
„Ich fahre nicht“, erklärte er Sean und Gabe kategorisch und wandte sich demonstrativ wieder dem Computerbildschirm zu. Ohne sich weiter um seine Brüder zu kümmern, überflog er den Monatsabschluss der Bar. Unterm Strich waren die Zahlen durchaus erfreulich, ja hervorragend.
Das Lokal, das heute den Namen Prime trug, befand sich seit fast achtzig Jahren in dem Gebäude Ecke Siebenundvierzigste und Zehnte und wurde ebenso lange von einem O’Sullivan betrieben. Jetzt war Gabe der Inhaber. Sean und er waren stille Teilhaber, die nur samstags mitarbeiteten – Sean bediente am Tresen, und er kümmerte sich im winzigen Büro im Keller um die Buchhaltung.
„Es würde dir guttun, aus der Stadt herauszukommen, ein paar Leute zu treffen“, meinte Gabe und lehnte sich an einen Stapel Getränkekartons. Er war der jüngste der drei Brüder und ein großartiger Barkeeper – ein kontaktfreudiger Typ, der immer Menschen um sich haben musste.
„Und es könnte gut sein, dass du mit einer Frau im Bett landest“, fügte Sean auf seine direkte Art hinzu. Er war genau das Gegenteil von ihm, Daniel, und machte Frauen gegenüber keinen Hehl aus seinen sexuellen Bedürfnissen. Seltsamerweise schienen sie sich nicht daran zu stören, was Daniel nie begriffen hatte. Vielleicht flogen sie einfach nur auf Juristen, vielleicht hatten die Sterne bei Seans Geburt besonders günstig gestanden. Daniel wusste es nicht, es war ihm im Grunde auch gleichgültig, aber es gab Momente – wie jetzt –, da fiel ihm Seans Selbstgefälligkeit gehörig auf die Nerven.
„Du hattest keinen Sex, seit Michelle tot ist, nicht wahr?“, fragte Sean nicht besonders taktvoll.
Gabe warf ihm ärgerlich einen strengen Blick zu. „Du hast gesagt, dass du die Sache feinfühlig angehen würdest.“
„Das war feinfühlig“, verteidigte sich Sean. „Ich hätte viel anschaulicher beschreiben können, was er alles versäumt, doch ich hatte Mitleid.“
„Schert euch hier raus“, befahl Daniel, aber keiner seiner jüngeren Brüder rührte sich. Früher hätten sie auf ihn gehört und seinen Wunsch respektiert. Noch etwas, das sich nach dem elften September verändert hatte.
Wie schnell sie alle vergaßen.
Daniel konzentrierte sich wieder auf die Zahlen auf dem Monitor. Wenigstens nörgelte der nicht mit ihm herum.
Sean schaltete den Bildschirm kurzerhand aus. „Ich glaube, du solltest dein Mönchsleben überdenken, Daniel. Die Strategie funktioniert nicht. Du bist angespannt. Du bist ernst. Denk an die alten Zeiten, als du …“
„… angespannt und ernst warst“, ergänzte Gabe trocken.
„Es geht euch nichts an“, sagte Daniel gereizt, ohne den Blick vom schwarzen Monitor zu wenden. Normalerweise machte es ihm nichts aus, von seinen Brüdern auf den Arm genommen zu werden, doch wenn der September nahte, reagierte er empfindlich.
„Du kannst dich nicht dein ganzes Leben lang verkriechen“, meinte Gabe ruhig. „Außerdem dreht es sich nur um ein Wochenende.“
Bei dem „Wochenende“, wie Gabe es so harmlos nannte, handelte es sich um ein Treffen mehrerer Anwälte mit zu viel Geld und zu viel Freizeit, die ein Strandhaus in den Hamptons gemietet hatten, um einmal richtig über die Stränge zu schlagen – mit kurvenreichen Frauen in knappen Bikinis und Unmengen von Alkohol.
Daniel schüttelte den Kopf, schaltete den Bildschirm wieder ein und arbeitete weiter. Seinen Brüder die kalte Schulter zu zeigen funktionierte normalerweise, und er nahm schon an, dass die Sache damit erledigt war, als er leichte Schritte auf der Treppe hörte.
Gabes Freundin Tessa kam herunter.
Seine Brüder fuhren schweres Geschütz auf.
Daniel fluchte im Stillen, als Tessa sich neben Gabe ins winzige Büro zwängte.
„Du musst fahren, Daniel. Ich möchte, dass du dir für mich ein Haus in der Gegend anschaust“, bat sie mit sanfter Stimme und unschuldigem Blick. „Es ist vielleicht etwas für einen meiner Kunden, aber man muss es schon in natura gesehen haben, um es beurteilen zu können. Du würdest mir einen großen Gefallen tun, wenn du mir diesen Weg abnehmen könntest. Bitte.“
Tessa war mit Leib und Seele Immobilienmaklerin.
Daniel rieb sich den Nacken. Es war eine Sache, seinen Brüdern eine Absage zu erteilen. Eine Frau zu enttäuschen war eine völlig andere Sache. Von den drei O’Sullivans war er der Höfliche, der Kavalier. Im Moment allerdings war er vor allem frustriert.
„Musst du jetzt schon deine Frau für dich in den Kampf schicken, Gabe?“
„Ich bin nicht stolz darauf.“ Gabe zog Tessa an seine Seite. „Es geht doch nur um ein Wochenende, Daniel, nicht um die Veränderung eines Lebensstils.“
„Warum fährst du eigentlich nicht selbst hin, Sean?“, fragte Daniel misstrauisch.
Sean blieb bei seiner Story. „Ich habe mir überlegt, dass es eine ideale Möglichkeit für dich ist, ein paar Tage loszulassen. Du könntest es gebrauchen.“
Daniel musterte seinen Bruder nach wie vor argwöhnisch. Gabe hätte er diese Geschichte vielleicht abgekauft, aber nicht Sean. „Was steckt wirklich dahinter?“
Sean knickte ein, weil er ohnehin durchschaut war. „Ashley hat mich ausgerechnet für dieses Wochenende nach Miami eingeladen. Deshalb brauche ich einen Ersatzmann für die Timesharing-Gruppe, weil ich sonst riskiere, rauszufliegen. Die Regeln sind knallhart. Und da Gabe in festen Händen ist, bist du der einzige Bruder, der infrage kommt.“
Na, das klang doch schon viel eher nach Sean. „Ich bin nicht bereit, für dich die Kastanien aus dem Feuer zu holen“, meinte Daniel.
„Ich denke dabei nur an dich“, erwiderte Sean mit unschuldigem Blick.
Gabe hustete. „Trag nicht zu dick auf, Sean.“
Sean kniff die Augen zusammen. „Du willst tatenlos zusehen, wie er hier unten verrottet? Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich will meinen Bruder zurückhaben. Drei Jahre vergingen, und ich habe den Mund gehalten. Fünf Jahre vergingen, und ich habe den Mund gehalten. Jetzt sind sieben Jahre vergangen, und ich habe es satt, den Mund zu halten.“
„Und sind wir nicht alle dankbar dafür?“, warf Daniel ironisch ein. Er war überrascht, weil Sean sich dermaßen ereiferte.
Sean zeigte mit dem Finger auf ihn. „Jetzt hältst du mal den Mund.“
Daniel gehorchte perplex. Er starrte seine beiden zankenden Brüder an und bekam Schuldgefühle. Das hatte er aus seiner Familie gemacht.
Drei Brüder. Sie hatten immer zusammengehalten und einander unterstützt. Ja, sie hatten auch gestritten, weil das ganz normal war, allerdings nicht so und nicht seinetwegen. Er war immer das Vorbild, der Verantwortungsvolle. Jedenfalls war er das früher einmal gewesen. Jetzt wollte er eigentlich nur noch in Ruhe gelassen werden, doch er würde nicht zulassen, dass seine Brüder sich seinetwegen stritten.
„Ich glaube nicht, dass ich in die Gesellschaft passen würde“, wandte er schwach ein.
Sean breitete die Hände aus. „Niemand wird es merken. Die Männer sind alle Kollegen von mir. Sie kennen dich nicht. Frank bringt vier Mädels aus einer Werbeagentur in Chelsea mit, die für jeden Spaß zu haben sind. Sie werden dich für düster und geheimnisvoll halten. Es wird großartig werden. Vielleicht findest du sogar eine Seelenverwandte. Wer bin ich, dies zu beurteilen?“
Eine Seelenverwandte? Sean muss in letzter Zeit zu viel Alkohol getrunken haben, dachte Daniel. Eine Seelenverwandte begegnete einem Mann nicht zweimal in seinem Leben. Manche Männer hatten nicht einmal das Glück, dass es ihnen einmal passierte.
„Ich weiß nicht“, murmelte er, aber Gabe sah zufrieden aus, und Sean lächelte. Er erkannte, wie lange es her war, dass er seine Brüder glücklich gemacht hatte. In den letzten Jahren hatte er ihnen meistens nur Ärger bereitet und sie nachts oft telefonisch aus dem Schlaf gerissen, damit sie ihn aus irgendeiner Bar retteten.
Gabe hob den Zeigefinger. „Es gibt eine Bedingung. Du kannst nicht deinen Ehering tragen. Frauen, die sich mit verheirateten Männern einlassen … nein, das machst du nicht mit.“
„Ich werde meinen Ring nicht ablegen“, protestierte Daniel und rieb den schweren goldenen Ring an seinem Finger wie einen Talisman. Das Metall glänzte immer noch wie neu.
Tessa nickte. „Gabe hat recht. Du kannst den Ring nicht tragen. Die Frauen werden dich für einen schäbigen Kerl halten. Es sind ja nur drei Tage, Daniel. Was können drei Tage schaden?“
Drei Tage. Nur drei Tage am Strand.
Daniel starrte Tessa und seine Brüder an, die sich verbündet hatten, ihn in die Hamptons zu schicken. Und sie glaubten auch noch, sie täten ihm einen Gefallen.
Fein.
Er würde fahren – und seinen Ring in der Tasche lassen. Wenn er sich fügte, würde es Tessa freuen, es würde Sean und Gabe freuen, und danach könnte er in sein wohlgeordnetes Leben zurückkehren und sie alle denken lassen, dass die Dinge besser wurden.
Kein Problem.
Ein griechischer Gott saß an ihrem Strand. Er saß schon seit Stunden da, beinahe regungslos, während auf dem Strandabschnitt nebenan ausgelassen Volleyball gespielt wurde. In ihrer momentanen düsteren Stimmung war Catherine Montefiore vielleicht nicht objektiv, aber während sie den Fremden vom Fenster des Strandhauses ihres Großvaters beobachtete, fand sie seinen Anblick ebenso fesselnd wie alles, was je von Hopper, Dalí oder Picasso gemalt worden war.
Von ihrer Position aus konnte sie den Mann hauptsächlich im Profil sehen. Sein kantiges Kinn wirkte wie gemeißelt. Ohne Sonnenbrille schaute er starr auf die schäumenden Wellen des Atlantiks, während das Licht seine Haut golden schimmern ließ. Sein Haar war dunkel und kurz, mit ein paar widerspenstigen Locken im Nacken.
Und dann die Schultern! Catherine sah in ihrem Beruf genügend nackte Männer und hatte ein Auge für perfekte Formen. Seine Ellbogen waren auf die Knie gestützt, eine Haltung, die seine Armmuskeln wunderbar zur Geltung brachte.
Wie gebannt betrachtete sie ihn. Langsam ließ sie ihren Blick über seinen Körper schweifen und wurde immer unruhiger. Irgendwann konnte sie nicht länger widerstehen. Sie nahm ihren Skizzenblock und ihren Bleistift, und schon flogen ihre Finger über das weiße Blatt.
Mit jedem Strich auf dem Papier wurde ihr klarer, dass ihr erster Eindruck sie getäuscht hatte. Götter waren vollkommen. Keine Makel, keine Narben. Dieser Mann war kein Gott, sondern ein Sterblicher, den das Leben gezeichnet hatte, ein Odysseus auf der Suche nach dem Zuhause jenseits des Meeres.
Fieberhaft skizzierte sie sein Gesicht. Die Stirn warf einen Schatten über seine Züge, die Brauen waren düster zusammengezogen. Sie sparte die Augen bis zum Schluss aus, weil sie sich die Einsamkeit, die sich in ihnen spiegeln mochte, nicht vorstellen konnte.
Mit flinken Fingern zeichnete sie seine Gestalt, doch da der Mann im Liegestuhl saß, konnte sie seine Brust und seinen Unterkörper nicht gut sehen. Leise öffnete sie die Flügeltür zur hölzernen Veranda, vorsichtig, damit er es nicht hörte und sich womöglich gestört fühlte.
Die Veranda war klein für die Verhältnisse in Southhampton. Vier Adirondack-Stühle, ein grün-weiß gestreifter Sonnenschirm und ein paar Kübelpflanzen. Catherine setzte sich mit ihrem Block und ihrem Stift unter den Schirm. Nach außen hin sah es so aus, als würde sie die Sonne über dem Ozean zeichnen – und nicht etwa den Fremden, der ihre Fantasie beflügelte. Sie neigte den Kopf noch ein wenig, um den perfekten Blickwinkel zu erlangen.
Unwillkürlich entfuhr ihr ein lauter Seufzer. Die Brust des Mannes war kräftig und breit, die Bauchmuskeln waren gut ausgebildet. Seine Haut schimmerte in der Sonne beinahe bronzefarben. Dunkles Brusthaar lief zu einer schmalen Linie zusammen, die hinunterführte zu … Catherine lächelte. Das war Kunst, von der Natur erschaffen.
Sie selbst dagegen war nichts anderes als das Produkt ihrer Umgebung. Ihr Großvater war Charles Montefiore, Inhaber des Montefiore Auction House, eines der führenden Auktionshäuser Amerikas für Kunst und Antiquitäten. Dort hatte sie als Kunstschätzerin alle Stationen durchlaufen und war inzwischen so weit, ihren Großvater bei besonderen Projekten zu unterstützen, hauptsächlich bei Versteigerungen hochwertigster Objekte.
Catherine hatte an der Columbia University erfolgreich Kunstgeschichte studiert, dennoch wusste sie, dass sie für ihre Familie in vieler Hinsicht eine Enttäuschung war. Sie hatte nicht die Klasse ihrer Mutter oder das Talent zur Selbstdarstellung wie ihr Großvater. Sie hatte Manhattans angesehenste Privatschule besucht, die Sommerferien in Europa verbracht, aber trotz der elitären Erziehung hatte sie zu wenig Selbstvertrauen entwickelt. Ihre Mutter nannte sie introvertiert. Sie selbst bevorzugte die Umschreibung „zurückgezogene Künstlerin“, doch es lief auf dasselbe hinaus.
Kritisch betrachtete sie die Zeichnung in ihrer Hand. Als Künstlerin war sie fasziniert vom männlichen Körper, der Kraft, die darin steckte, nur leider waren die meisten Männer, mit denen sie bisher gearbeitet hatte, entweder homosexuell oder pensionsreif. Ihre beiden Beziehungen in den letzten acht Jahren waren gescheitert. Die mit Leon war einfach im traurigen Nichts versandet. Die mit Antonio ging zu Ende, als ihm klar geworden war, dass er eine Frau gefangen im Körper eines Mannes war.
Nach dem Fiasko mit Antonio hatte sie sich darauf beschränkt, den männlichen Körper lediglich als Kunstobjekt zu betrachten. Das war einfacher für ihr Ego.
Während sie sich mit ihrer Skizze beschäftigte, näherte sich ihrem Odysseus eine Blondine im Bikini. Catherine runzelte die Stirn. Zum Glück ließ er sich nicht von der neuzeitlichen Sirene mit den offensichtlich künstlichen Brüsten in Versuchung führen. Sein Ausdruck blieb unverändert abweisend.
Die Blondine winkte munter und zog sich zurück. Eifrig widmete Catherine sich wieder ihrer Arbeit. Sie schattierte, radierte und zeichnete, bis ihr Werk vollendet war.
Einen Moment betrachtete sie das Bild atemlos. Es war gut. Wirklich gut. Sie lächelte, weil sie das nicht oft von ihren Arbeiten dachte. Ihr Talent reichte ihrer Meinung nach nicht aus, etwas Ernsthaftes damit anzufangen. Verglichen mit den großen Kunstwerken, mit denen sie täglich zu tun hatte, wirkten ihre Bilder wie von Kinderhand gezeichnet. Zumindest kam es ihr so vor.
Nicht diese Zeichnung. Diese Zeichnung war etwas Besonderes. Es war Catherine gelungen, die Aura von Einsamkeit, die den Fremden umgab, einzufangen, die Müdigkeit im Gegensatz zu seiner kraftvoll dynamischen Gestalt. Je länger sie den Mann anschaute – den lebendigen Mann, nicht sein Ebenbild auf Papier –, desto mehr Gedanken machte sie sich um ihn. Die Menschen in New York wirkten nach außen niemals einsam. Es schien eine Grundregel der Stadt zu sein. Wie konnte man unter acht Millionen anderen Menschen einsam sein? Und doch wusste Catherine, dass das möglich war. Vielleicht war das der Grund, weshalb der Mann sie so sehr faszinierte. Vielleicht …
Leider würde sie, wenn sie ihn weiterhin so fixierte, noch von ihm dabei erwischt werden. Daher legte sie ihren Zeichenblock weg, setzte ihre Sonnenbrille auf und streckte die Beine aus. Irgendwann regte er sich und stand auf. Catherine atmete tief ein und lächelte. Sein Körper war perfekt. Als er sich zu ihr umdrehte, wurde sie schlagartig ernst, damit er sich nicht eingeladen fühlte. Sie war nicht so sexy gebaut wie die braun gebrannte Blondine im Bikini. Sie war groß, ihr Haar von einem fahlen Blond, und sie hatte an guten Tagen fünfzehn Pfund Übergewicht – von den schlechten Tagen ganz zu schweigen. Sie trug nur einteilige Badeanzüge, die ihren Po kleiner wirken ließen. Um die Hüften siedelten sich die überflüssigen Pfunde bei ihr nämlich am ehesten an.
Der Fremde schaute sie an. Sein Blick schweifte über sie, nicht mit besonderem Interesse an ihrer Person, sondern als registrierte er sie lediglich als Teil der Umgebung. Catherine unterdrückte den Impuls, sich zu bedecken. Es war besser, die Gleichgültige zu spielen. Er hielt inne. Sie konnte seine Unentschlossenheit spüren, aber dann kam er doch langsam auf sie zu.
Catherine schaute unauffällig auf den Boden, um sich zu vergewissern, dass ihr Zeichenblock geschlossen war. Alles in Ordnung. Kein Grund, nervös zu sein.
„Ich hoffe, ich störe nicht“, sagte er.
Catherine schüttelte den Kopf, als hätte sie ihn bisher kaum wahrgenommen. „Sie können dort sitzen, so lange Sie möchten.“
Aus der Nähe konnte sie sehen, dass seine Augen dunkelgrau waren. Sein Blick war distanziert, aber nicht kalt, sondern eher leer und leblos wie bei den Menschen auf Gemälden von Piero.
„Ich dachte, dieses Haus würde leer stehen, und nebenan geht es zu wie im Irrenhaus“, fuhr er fort, womit er ihr sofort sympathisch war. Sie hatte bereits mitbekommen, wie überdreht die Gesellschaft im Nachbarhaus war.
„Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen“, erwiderte sie würdevoll. „Bitte bleiben Sie.“
Unruhig trat er von einem Fuß auf den anderen. Catherine wusste, was das zu bedeuten hatte. Der Mann hatte es eilig, ihrer Gesellschaft zu entfliehen, und hielt sich nur aus Höflichkeit zurück. Dieses Verhalten kannte sie nur zu gut von sich selbst.
„Ich heiße Daniel“, stellte er sich schließlich vor.
„Catherine.“ Sie hielt die Hand über die Augen, um sie vor der Sonne zu schützen, und konnte ihn jetzt besser sehen. Seine symmetrischen Gesichtzüge wirkten lebendiger als noch vor wenigen Augenblicken. Sie nahm sich vor, ihn noch einmal zu zeichnen, um das kleine Grübchen in seinem Kinn und die Bartstoppeln im Bild festzuhalten.
„Danke, Catherine.“
„Es ist mir ein Vergnügen“, antwortete sie ehrlich.
Daniel kehrte zu seinem Liegestuhl zurück und saß dort noch einige Stunden, bis die Sonne unterging.
Catherine blieb auf der Veranda und tat so, als würde sie dösen.
2. KAPITEL
Am nächsten Morgen, nach nur drei Stunden Schlaf, stand Daniel auf und rieb sich die müden Augen. Er hatte vergessen, welche Strapazen ein solches Partywochenende bedeutete, wenn man sich selbst nichts aus stundenlanger Trinkerei, oberflächlichen Bettgeschichten und albernen Witzen machte. Auf der Suche nach Ruhe und Frieden hatte er erst versucht, draußen auf der Veranda zu schlafen, aber als Chelsea und Bill mitten in der Nacht nackt baden gegangen waren, hatte er es aufgegeben. Er hatte sich auf Catherines Veranda geschlichen und war dort schließlich auf einem ihrer Liegestühle fest eingeschlafen.
Dafür ist Sean mir etwas schuldig. Daniels erste Gedanken nach dem Aufwachen kreisten darum, wie er es seinem Bruder heimzahlen könnte. Nur noch zwei Tage, sagte er sich und berührte die leere Stelle an seinem Ringfinger. Ohne Ring erschien ihm die Leere in ihm noch viel bedrückender.
Nach ausgiebigem Recken kehrte er nach nebenan zurück und lag schon auf einem der Liegestühle des Strandhauses, als Catherine auf ihrer Veranda auftauchte. Sie winkte, er winkte zurück. Den Rest des Morgens ignorierten sie einander, bis einer der Spaßvögel auf die glorreiche Idee kam, ein Fass im Sand anzustechen, was er noch nicht einmal richtig konnte. Daniel hatte nicht vor, ihn in dieser Kunst zu unterweisen, und flüchtete stattdessen wieder an Catherines Strand, inständig hoffend, dass sie nichts dagegen hatte.
Es dauerte eine Stunde, bis sie sich ihm näherte. „Du fühlst dich nebenan nicht wohl, stimmt’s?“, fragte sie und sank neben ihm in den weichen Sand.
Daniel lachte trocken. „Ja. Ich würde gern nach Hause fahren, doch die Anwälte würden es meinen Brüdern erzählen, und ich müsste so ein Wochenende nur noch ein weiteres Mal über mich ergehen lassen.“
„Die Anwälte?“, fragte sie und nahm ihre Sonnenbrille ab.
„Alles Kollegen meines Bruders. Lange Geschichte. Du möchtest sie bestimmt nicht hören.“
Catherine schaute ihn an, schaute aufs Meer und dann nach nebenan. Mit einem Stirnrunzeln wandte sie sich wieder zu Daniel um. „Warum bist du hier?“
„Jedenfalls nicht freiwillig.“
„Das habe ich mir gedacht“, antwortete sie, so leise, dass er es beinahe nicht hörte.
Das war es, was ihm an ihr gefiel. Ihre Zurückhaltung. Sie schien es bewusst zu vermeiden, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ihr einteiliger Badeanzug war praktisch zum Schwimmen, aber nicht sexy. Ihr langes blondes Haar fiel ungestylt über ihre Schultern. Soweit er es beurteilen konnte, war sie auch völlig ungeschminkt, aber er war auf diesem Gebiet kein Experte.
Ihre Augen gefielen ihm trotzdem. Es waren große braune Augen, die ihn stetig musterten – bis ihre Blicke sich begegneten. Dann blinzelte sie, sah weg und errötete leicht. Nebenan jagte einer der Anwälte – Samuel? – eine Frau über den Strand, bis sie sich umdrehte und sich fangen ließ.
Daniel bemerkte, dass Catherine das laute Treiben beobachtete. „Möchtest du rübergehen?“
Rasch schüttelte sie den Kopf. „Oh nein. Ich fühle mich hier wohl. Wie ist es mit dir?“
„Ich studiere die Leute lieber aus der Ferne.“
„Ah, ein Zoologe“, sagte sie mit dem Anflug eines Lächelns.
„Die Typen sind ziemlich leicht einzuordnen.“
„Wirklich?“, fragte sie skeptisch, zog die Beine unter sich und bohrte die Zehen in den Sand.
„Oh ja“, antwortete er überzeugt.
„Dann erzähl mir doch bitte etwas über den Mann in der blauen Badehose.“
Daniel dachte kurz nach. Er kannte diese Leute zwar nicht gut, aber er kannte die Typen auswendig. „Das ist Anthony. Er ist ein Clown, nimmt nichts ernst.“
„Was ist mit dem blassen Mann, der morgen unter einem schlimmen Sonnenbrand leiden wird?“
„Das ist Bill. Glaube ich zumindest. Er ist ein bisschen seltsam. Trinkt zu viel. Arbeitet zu hart.“
„Was ist mit dem dunkelhaarigen Mädchen in seinem Arm?“
„Sie heißt Chelsea. Ehrgeizig, macht keine halben Sachen.“
„Und warum verschwendet Chelsea, die keine halben Sachen macht, ihre Zeit mit Bill, obwohl sie eigentlich Anthony will?“
„Wie kommst du darauf?“, fragte er erstaunt, doch als er Chelsea beobachtete, stellte er fest, dass Catherine recht hatte. Sie mochte ihre Nächte nackt badend mit Bill verbringen, aber wenn der nicht hinsah, verschlang sie Anthony mit Blicken. Das ergab keinen Sinn. „Okay, nehmen wir an, du hast recht. Warum verschwendet sie dann ihre Zeit mit Bill?“
Catherine drehte sich zu ihm um. Ihr Haar fiel über ihre Schulter und streifte ihre Brust. Daniel schaute sofort wieder zu Bill und Chelsea.
„Sie möchte nicht allein sein und glaubt, dass Anthony sie nicht genug mag. Die meisten Menschen geben sich mit dem Erstbesten zufrieden, statt zu lernen, mit sich allein zu sein.“
„Ich dachte, das müsste man nicht erst lernen.“ Daniel war seit sieben Jahren allein und hatte keine besonderen Probleme damit.
„Ich glaube schon. Es ist wichtig, sich mit sich allein wohl-zufühlen, zu wissen, wozu man fähig ist und wozu nicht. Das spart einem eine Menge Zeit und Ärger.“
Die ruhige Stimme der Vernunft. Daniel fand Catherine immer sympathischer. „Bist du Psychologin?“
„Nein, nicht einmal annähernd“, erwiderte sie lachend.
„Wie kommt es, dass du so viel weißt?“, fragte er, weil ihr Details aufgefallen waren, die er übersehen hatte. Dabei war er als Buchhalter darauf getrimmt, auf Details zu achten.
„Wie du schon sagtest, die Menschen sind leicht einzuordnen.“
Er musterte sie wieder, nach Details suchend, die er bei ihr übersehen haben könnte. Sie überraschte ihn, aber auf positive Art. Ihre Theorie erklärte vieles. Zum Beispiel, weshalb Warren im Büro jeden Donnerstag nach der Arbeit mit Tom einen trinken ging, obwohl er den Kerl nicht ausstehen konnte. Weshalb Kim sich freitags mit Madeline zum Lunch traf, obwohl Madeline sie von ihrem Posten verdrängt hatte. War es so schwer, allein zu essen?
„Hast du Freunde, die sich ebenfalls mit dem Erstbesten zufriedengeben?“, fragte er neugierig.
„Eine Freundin, die nicht von ihrem Ex loskommt, obwohl er sie unglücklich macht.“ Sie beugte sich vor. Ihr Haar streifte wieder ihre Brust. Diesmal schaute Daniel länger hin, bevor er den Blick abwandte.
„Vielleicht liebt sie ihn“, meinte er mit rauer Stimme. Die Hitze setzte ihm zu und ließ ihn gleichzeitig übermütig werden.
Catherine schob die Sonnenbrille hoch und bohrte ihre Füße noch tiefer in den Sand, bis sie vollkommen bedeckt waren. „Sie liebt ihn nicht. Sie mag ihn nicht einmal.“
„Die Menschen sind sonderbar“, entgegnete er und konzentrierte sich auf die schäumenden Wellen, bis er sich wieder unter Kontrolle hatte.
„Das kann man wohl sagen“, stimmte sie zu.
Ihre Unterhaltung plätscherte von da an weiter vor sich hin, wechselte von einem belanglosen Thema zum anderen, doch Daniel gefiel das. Er lehnte sich im Liegestuhl zurück und genoss die warmen Sonnenstrahlen, die vom Wasser reflektiert wurden. Dies war für ihn Entspannung pur.
Irgendwann versiegte die Unterhaltung. Das Schweigen wurde nur untermalt vom gleichmäßigen Rauschen der weiß aufgeschäumten See.
Catherine beobachtete, wie die Wellen an den Strand rollten, und räusperte sich. „Du bist herzlich eingeladen, bei mir zu schlafen.“
Es dauerte einen Moment, bis Daniel den Sinn der Worte begriff. Unwillkürlich zog er die Augenbrauen hoch, schockiert über das Angebot und mehr als nur ein bisschen ängstlich. Er konnte nur hoffen, dass sie seine Reaktion nicht bemerkte. Wenn es darum ging, Gefühle zu verbergen, war er ein Meister.
Catherine warf ihm einen Blick zu, sah sein erschrockenes Gesicht und lachte.
„Nicht so, wie du jetzt denkst“, beruhigte sie ihn. „Wir haben mehrere Gästezimmer. Außerdem spiele ich weder Volleyball noch bin ich laut. Deine Brüder brauchen es nie zu erfahren.“
Er seufzte sichtlich erleichtert.
„Nichts, wovor du Angst haben müsstest. Ich verspreche es“, sagte sie.
Daniel glaubte ihr. Das Angebot war mehr als verlockend. Ihr Strandhaus war ein Hort der Ruhe verglichen mit der verrückten Realityshow nebenan. Wie zur weiteren Abschreckung brachte einer der Anwälte jetzt eine Karaokemaschine nach draußen, drehte die Anlage auf und sang lauthals und schlecht einen Song von Bob Dylan.
„Ich weiß nicht. Würde es dir wirklich nichts ausmachen?“, fragte er zögernd und hörte gleichzeitig die Sehnsucht in seiner Stimme.
Catherine schüttelte den Kopf. Ihr Haar fiel wieder über ihre Schultern nach vorn. Diesmal schaute er überhaupt nicht hin.
„Bestimmt nicht. Ich zeichne viel, und wenn du nur am Strand sitzen und die Sonne genießen möchtest, störst du mich überhaupt nicht.“
„Du zeichnest?“, hakte er neugierig nach.
„Nicht gut“, antwortete sie ausweichend und setzte die Sonnenbrille auf, allerdings nicht schnell genug, um das unsichere Flackern in ihrem Blick vor Daniel zu verbergen.
„Trotzdem, das ist etwas Besonderes“, meinte er bewundernd. Sie sah so aus, als ob sie etwas Bestätigung gebrauchen könnte.
„Was machst du beruflich?“, erkundigte sie sich.
„Ich bin Buchhalter.“
„Wie aufregend“, murmelte sie.
Daniel lächelte. „Lüg nicht.“
Sie schaute ihn an. Die dunklen Gläser verbargen ihre Augen. „Es passt zu dir.“
„Die meisten Menschen meinen das als Beleidigung.“
„Nein, du bist sehr ruhig und gründlich und ernsthaft. Ich glaube, das sind gute Eigenschaften für einen Buchhalter.“
Catherine schien es völlig ernst zu meinen. „Trotzdem, langweilig bleibt langweilig“, entgegnete er.
„Ha. Das kann ich mir nicht vorstellen“, erklärte sie so überzeugt, dass er nicht anders konnte, als sie groß anzuschauen.
„Was machst du?“, fragte er. Wenn sie Buchhaltung aufregend fand, musste ihr eigener Job ja tödlich langweilig sein.
„Ich bin Kunstschätzerin.“
Nein, das war keineswegs tödlich langweilig. „Das ist aufregend.“
„Ja“, stimmte sie gelassen zu. „Letztes Jahr haben wir einen verschollenen Picasso entdeckt.“
„Das ist doch viel besser als Buchhaltung.“
Da lächelte sie. Ihm fiel auf, dass sie ein nettes Lächeln hatte. Eine volle Unterlippe und ebenmäßige weiße Zähne.
„Warum wollten deine Brüder, dass du in die Hamptons fährst?“, fragte sie.
„Damit ich Spaß habe.“
Catherine lachte. Auch ihr Lachen war sympathisch. Der Klang weckte in ihm den Wunsch mitzulachen, doch er tat es nicht.
„Entschuldige, ich sollte nicht lachen“, meinte sie und hielt sich die Hand vor den Mund.
„Warum nicht? Du hast ja völlig recht.“
„Also wirst du dich nicht amüsieren und deinen Brüdern beweisen, dass ihre Idee völlig daneben war, oder?“
„So schlimm ist es nicht“, räumte Daniel ein. Seit er Catherine kennengelernt hatte, genoss er es, zwanglos mit ihr zu plaudern.
„Ich werde deinen Brüdern nichts verraten“, flüsterte sie.
„Danke.“
„Machst du außer Buchhaltung noch etwas anderes?“
Daniel zögerte, weil er nicht gern von der Bar erzählte. Er entsprach nicht dem Klischee vom offenen, kontaktfreudigen Barbesitzer und hielt deshalb normalerweise den Mund. Doch Catherine würde es verstehen. Das wusste er. Sie war der Typ, der Vertrauen erweckte, nicht forderte oder richtete. „Ich bin Miteigentümer einer Bar.“
Sie nahm die Sonnenbrille ab. Daniel wünschte, sie würde sie nicht wieder aufsetzen – ihre Augen zogen ihn in ihren Bann.
„Ich habe noch nie einen Barbesitzer kennengelernt“, sagte sie. „Du scheinst nicht der Typ zu sein.“
Diesmal lachte Daniel. „Mein Bruder ist der Typ.“
„Aha. Deine Brüder müssen dir sehr nahestehen.“
„Nicht, wenn sie Therapeuten spielen.“
„Möchtest du Lunch?“, fragte sie.
Daniel schaute auf die Uhr. Er hatte fast zwei Stunden lang mit Catherine geredet, ohne dass er gemerkt hatte, wie die Zeit verging. „Ich möchte dir keine Umstände machen.“
„Unsinn. Du bist jetzt mein Gast. Was wäre ich für eine Gastgeberin, wenn ich dir nichts zu essen anböte?“
Daniel zog sein T-Shirt an und folgte Catherine durch die Flügeltür ins Haus. Drinnen seufzte er beseelt. Dies war ein Strandhaus ganz nach seinem Geschmack. Es gab keinen Fernseher, keine Stereoanlage, nur eine Couch mit Blick auf die Fenster, zwei zierliche Stühle, ein Bücherregal mit seltenen Bänden und vermutlich wirklich gute Kunst an den Wänden.
„Das ist ein tolles Haus.“
„Es gehört meinem Großvater. Ich komme oft hierher.“ Sie schaute in den Kühlschrank. „Eier, Salat, Thunfisch und ein paar Beerenfrüchte.“
„Sehr vernünftig.“
„Kuchen und Chips sind in der Speisekammer. Eigentlich sollte ich solche Kalorienbomben gar nicht im Haus haben“, meinte sie und strich verlegen über ihre Hüften. Daniels Blick folgte ihren Händen ganz automatisch, und er fühlte, wie sich etwas in ihm regte.
Es war spontan aufflammendes Verlangen.
Er sah weg, und Catherine bekam nichts von seiner Verwirrung mit.
Nach dem Lunch setzte er sich mit einem Krimi an den Strand, während Catherine zeichnete. Er war neugierig auf ihre Arbeit, aber sie zeigte sie ihm nicht von sich aus, und so ließ er es auf sich beruhen. Sobald die Gesellschaft nebenan zum Dinner fuhr, nutzte er die Gelegenheit, um seine Reisetasche herüberzuholen.
Niemand schien seine Abwesenheit überhaupt bemerkt zu haben. Hervorragend.
Als er mit der Tasche in der Hand durch die Flügeltür kam, saß Catherine auf der Couch und las. Sie blickte auf und wirkte, als hätte er sie gestört. „Bist du sicher, dass es dir nichts ausmacht?“, musste er sich nochmals vergewissern.
„Keine Sorge. Ich freue mich.“
Danach hörte er auf, sich Gedanken zu machen, und amüsierte sich einfach. Das Abendessen war toll. Sie ließen sich viel Zeit dabei, und als die Dämmerung hereinbrach, öffnete Catherine einen 1982er Rothschild und schenkte zwei Gläser ein. „Großvater hat einen wirklich ausgezeichnet bestückten Weinkeller“, erzählte sie, setzte sich neben ihn auf die Couch und zog die Beine unter sich.
Der Wein war der perfekte Abschluss für den schönsten Tag, den Daniel seit Langem erlebt hatte. Genau genommen seit sieben Jahren.
„Das war ein netter Abend“, sagte er. „Ich weiß das zu schätzen.“
„Du erwartest nicht viel. Das gefällt mir“, erwiderte sie und sah ihn an. Daniel vergaß prompt, was er noch hatte sagen wollen. Es war zu lange her, dass er so vertraut mit einer Frau zusammengesessen hatte. Er fühlte, wie sein Nacken feucht wurde und sein Puls schneller ging, als er sich in den Tiefen ihrer melancholischen braunen Augen verlor.
Pass auf, O’Sullivan.
Catherine wandte zuerst den Blick ab. Zeit, ins Bett zu gehen, dachte Daniel.
Allein.
Er nahm einen großen Schluck Wein und stellte das Glas beim Aufstehen auf den Tisch. „Ich glaube, ich gehe ins Bett. Ich bin müde. Letzte Nacht habe ich nicht viel Schlaf bekommen.“ Er musste fort, und zwar schnell, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Sie nahm anmutig die Beine vom Sofa. Daniel starrte auf ihren Badeanzug, den er bis eben nur praktisch gefunden hatte. Jetzt sah er, dass der Ausschnitt verführerisch weiche, geschmeidige Haut enthüllte.
Catherine schaute zu ihm auf. Ihr Blick löste unverhofft heftige Begierde in ihm aus. Er war plötzlich in Gefahr, die Kontrolle zu verlieren. Nur wegen eines Blicks. Und wegen dieser Brüste. Dieser weichen, geschmeidigen …
Daniel sagte sich, dass er gehen sollte, aber es war zu spät.
Er konnte sich dem Bann dieser seelenvollen braunen Augen nicht entziehen.
Catherine stand auf.
Ihm stockte der Atem.
Und dann küsste sie ihn.
3. KAPITEL
Daniel löste sich von Catherine. „Ich sollte gehen“, sagte er.
Sie schämte sich in Grund und Boden. Sie hatte gedacht … ach, wen interessierte es, was sie gedacht hatte? Dieser Moment intimer Nähe mit einem solch attraktiven Mann hatte sie verzaubert, und nun hatte sie alles verdorben. Wie war sie bloß darauf gekommen, dass er Lust hätte, sie zu küssen?
„Es tut mir leid. Ich hätte es nicht tun sollen. Dumm, dumm, dumm.“ Sie redete zu viel. Immer wenn sie in Verlegenheit geriet, fing sie an zu plappern.
„Es war nicht dumm“, widersprach er mit einem leichten Lächeln.
„Ich meine nicht, dass es dumm war, dich zu küssen, ich meine nur, du bist …“ Sie stockte und senkte den Blick. „Ich hätte dich nicht so überfallen dürfen. Es war aufdringlich.“
„Ich fand es nicht aufdringlich“, erwiderte Daniel ruhig.
Catherine mochte ihn immer mehr. Er war so rücksichtsvoll, so bemüht, und er hatte sogar Erfolg damit. Sie fühlte sich besser.
„Okay, vielleicht nicht aufdringlich, aber falsch.“
„Es war auch nicht falsch.“
„Ich hätte es nicht tun sollen. Vergiss es einfach“, bat sie, um sich einen Rest von Stolz bewahren zu können.
„Nein, es war richtig, dass du es getan hast.“
Nun wurde ihr seine Rücksichtnahme doch etwas zu viel. „Deshalb bist du wohl auch zurückgeschreckt, als wäre ich der Teufel in Person“, meinte sie sarkastisch.
Er schüttelte den Kopf. „Das ist es nicht.“
Seine Stimme klang auf einmal rau und sexy. Catherine wagte nicht aufzublicken, aber sie spürte, dass sich etwas zwischen ihnen verändert hatte. Die Spannung war greifbar. Ein starkes, berauschendes Gefühl durchströmte sie.
„Dann ist es also okay?“, fragte sie unsicher.
Daniel umfasste ihre Taille. Er streichelte sie sanft und schob seine Finger in den Rückenausschnitt ihres Badeanzugs. Ein erregendes Kribbeln durchlief ihren Körper.
Catherine zögerte immer noch, ihn anzusehen. Die Leute hielten sie für schüchtern, feige wäre allerdings der treffendere Ausdruck. Ihr Herz klopfte wild, als sie schließlich langsam den Blick hob. Verlangen spiegelte sich in Daniels Augen. Einsam sah er jetzt nicht mehr aus, ihr Odysseus.
Sie streckte die Hand aus und strich über das Baumwollshirt, das seine Brust bedeckte. Endlich konnte sie ihn berühren, sein Herz unter ihren Fingern schlagen fühlen. Sein Körper war nicht aus kaltem Granit oder Marmor, sondern aus Fleisch und Blut, geschaffen, um sie zu verführen. Theoretisch mochte sie Expertin für den männlichen Körper sein, doch in der Praxis fehlte es ihr an Erfahrung. In diesem Moment zitterte sie wie ein unschuldiges Mädchen.
Behutsam zog Daniel sie an sich, senkte den Kopf und küsste sie.
Sie fühlte seine Lippen zittern – oder waren es ihre? Catherine war schon vorher geküsst worden, nur nicht so. Zögernd, fast andächtig und dann leidenschaftlich. Sie schmiegte sich an ihn, als er sie fest in die Arme schloss.
Sie seufzte. Ohne Zögern ließ er seine Zunge in ihren Mund gleiten, liebkoste die Innenseite ihrer Lippen. Unter seinen sanften Zärtlichkeiten wurde ihr heiß. Ihre Haut glühte, und zwischen ihren Beinen verspürte sie ein verräterisches Ziehen.
Forschend ließ sie ihre Hände über seinen Körper gleiten. Sie konnte kaum glauben, dass dieser Mann, diese meisterliche Kreation, lebendig war. Seine deutlich fühlbare Erektion ließ jedoch keinen Zweifel an seiner Lebendigkeit. Catherine hatte nur noch den Wunsch, ihn in sich zu spüren.
Daniel hob den Kopf. Er war ebenso atemlos wie sie, dennoch befürchtete sie, dass er sich zurückziehen wollte.
„Du bleibst doch bei mir?“, fragte sie, erregt und ängstlich zugleich.
Seine Miene wirkte angespannt. Seine Finger bohrten sich hart in ihre Hüften, aber es machte ihr nichts aus. Sie wollte, dass er sie berührte. Ihr Verlangen wurde stärker als ihre Furcht, stärker als ihr Stolz. Sie brauchte ihn.
„Lass uns ins Schlafzimmer gehen.“
Catherine nickte stumm, weil sie vor Nervosität kein Wort herausbrachte, und führte Daniel nach nebenan. Er würde sie lieben, sie küssen, sie streicheln. Allein bei dem Gedanken wurde ihr schwindelig. Dieser wunderbare Körper würde ihr gehören. Wenigstens für eine Nacht.
„Darf ich dich ausziehen?“ Kaum hatte sie die Frage ausgesprochen, da bereute sie sie auch schon. Er musste sie ja für eine Nymphomanin halten, die sich jeden Moment auf ihn stürzen würde. Gut, sie begehrte ihn, doch sie wollte ihn auch noch aus anderen Gründen nackt sehen.
„Entschuldige“, fügte sie rasch hinzu. „Ich möchte dich nackt sehen, weil … Du weißt ja, dass ich zeichne, und du hast einen perfekten Körper.“ Ihre Wangen röteten sich vor Verlegenheit. Möglich, dass er sie jetzt für etwas sonderbar hielt, aber sonderbar war um einiges besser als billig.
„Wirklich?“ Daniel klang geschmeichelt.
„Ja, auf jeden Fall.“ Weil er sie so ernsthaft anschaute, zog sie ihm das T-Shirt aus und versuchte, ihn nur mit den Augen einer Künstlerin zu betrachten. „Sieh einmal hier. Das ist die Mittellinie deines Körpers.“ Mit dem Zeigefinger zeichnete sie einen senkrechten Pfad über seine Brust. Beinahe hätte sie vor Entzücken geseufzt, doch das hätte nicht zum Image der engagierten Künstlerin gepasst.
„Wenn du das sagst“, meinte er.
„Du kannst dich darauf verlassen. Ich mache das beruflich.“
„Tatsächlich?“, fragte er neckend.
„Nicht das, was du jetzt denkst …“ Sie zog eine Linie über seine Schultern und fühlte dabei die Muskeln unter ihren Fingern zucken. „Ich meine als Künstlerin.“
Sie strich über seine harte Brust, die weichen Härchen und die kleinen festen Brustwarzen. Diese Kraft und Vitalität würde sie niemals auf Papier bannen können. Umso mehr genoss sie es, ihn zu berühren. Sie folgte dem schmalen Pfad von Haar über seinen Bauch und merkte, wie Daniel den Atem anhielt. Kühn ließ sie ihre Finger unter den Elastikbund seiner Boxershorts gleiten.
Auch ihr stockte der Atem, aber ihre Neugier trieb sie weiter an. Langsam streifte sie die Shorts von seinen Hüften, und dann …
Himmel, sie schnappte nach Luft wie ein völlig unerfahrenes Ding.
Sekundenlang konnte sie nur begierig hinstarren, bevor sie wieder in sein Gesicht schaute.
Er schien sich unwohl zu fühlen.
„Darf ich dich auch sehen?“, bat er.
Catherine nickte, glaubte jedoch, seine Erwartungen ein wenig herunterschrauben zu müssen. „Ich bin nicht annähernd so gut proportioniert wie du.“
Daniel zog die Träger ihres Badeanzugs herunter. „Ich finde, du bist sehr gut proportioniert.“
„Ich bin zu dick.“
Er streifte den Anzug von ihren Hüften, von ihren Beinen und musterte sie lange. Unter seinem Blick wurde sie noch unsicherer. Ihm schien nichts zu entgehen. Weder die überflüssigen Pfunde an ihrem Po noch die weichen, untrainierten Oberschenkel oder der wabbelige Bauch, den sie mit vier Millionen Situps täglich bestimmt straff bekommen würde.
„Siehst du?“, fragte sie. Wahrscheinlich würde er gleich sagen, dass sie sich lieber wieder anziehen sollte. Sie fasste schon nach dem Stoff, aber Daniel hielt ihre Hand energisch fest.
„Beweg dich nicht“, befahl er.
Catherine bemerkte die Anspannung in seinem Gesicht und wurde selbst etwas lockerer. „Du bist auch nervös?“, fragte sie verwundert.
Er atmete tief durch. „Jetzt nicht mehr. Im Moment geht es mir gut.“
„Mir auch“, flüsterte sie.
Daniel küsste sie und sank mit ihr aufs Bett. Als seine Brust ihre berührte, erstarrte er kurz. Catherine hätte schwören können, dass er zurückweichen wollte, doch dann entspannte er sich. Sie seufzte. Es war für sie sehr seltsam, mit einem perfekt gebauten Mann zusammen zu sein, von ihm geküsst und gestreichelt zu werden. Mit den Fingern zeichnete sie die Linien nach, die sie bereits auf Papier festgehalten hatte, nur dass das Papier nicht mit seiner warmen Haut zu vergleichen war. Keinem Maler, keinem Bildhauer, keinem impressionistischen Meister war es je gelungen, dieses Leben, diese Hitze mit seiner Kunst einzufangen. Catherine liebkoste Partien, die sie sich bislang nur vorgestellt hatte, und als sie Daniel stöhnen hörte, lächelte sie.
„Ich habe keine Kondome“, sagte er und stützte sich auf. „Wie konnte ich das vergessen?“
Er wollte sie verlassen? Nur das nicht. Panikartig suchte sie nach einer Möglichkeit, ihn zu halten. „Ich nehme die Pille, um regelmäßig meine Periode zu haben, weil …“
Rasch brachte er sie mit einem Kuss zum Schweigen. Catherine schlang die Arme um seinen Nacken und atmete tief ein. Er roch nach Sandelholz und Wein. Diesen Duft würde sie ewig in Erinnerung behalten. Genau wie diese gestohlene Nacht.
„Bist du dir sicher?“, fragte er.
Catherine wünschte sich nichts mehr, als ihn endlich in sich zu spüren. Sie musste wissen, wie es sich anfühlte. „Absolut sicher“, antwortete sie. Im nächsten Moment drang er mit einem kräftigen Stoß in sie ein.
Catherine erstarrte.
„Bist du okay? Es tut mir leid. Ich bin etwas eingerostet.“
Er klang so schuldbewusst, dass sie sich beeilte, ihm das schlechte Gewissen zu nehmen. „Es liegt an mir. Ich würde es gar nicht merken, ob du eingerostet bist oder nicht.“
Er richtete sich wieder auf und starrte sie an. „Du bist noch Jungfrau?“
„Nein, nein“, erwiderte sie lässig, als würden ihre dürftigen Erfahrungen sie zur Expertin machen. Und sobald ihr Körper sich an Daniel gewöhnt hatte, fühlte es sich … angenehm an.
Er begann sich zu bewegen, langsam und behutsam. Catherine entspannte sich immer mehr, bis es sich richtig gut anzufühlen begann – nein, es war großartig. Unwillkürlich passte sie sich seinem Rhythmus an. Es verunsicherte sie allerdings ein wenig, dass er so still war. Als sie ihn anschaute, stellte sie fest, dass er ihr Gesicht betrachtete. Die Intensität seines Blicks hätte sie vielleicht geängstigt, wenn sie nicht so erregt gewesen wäre. Er konzentrierte sich – nur auf sie.
Verlangend sah er auf ihre Lippen. Sie wollte seinen Mund auf ihrem spüren und küsste ihn. Er konnte wunderbar küssen. Spielerisch glitt seine Zunge über ihre Lippen, verführte und liebkoste sie, bis sie nicht mehr klar denken konnte, nur noch fühlen. Sie klammerte sich an seinen breiten Rücken, während er sich weiter bewegte.
Oh, oh, oh …
Die Welt um sie herum schien auf dem Kopf zu stehen. In diesem Moment erkannte Catherine, wieso die Menschen Sex liebten.
Es war einfach himmlisch.
Daniel drang tiefer in sie ein und erhöhte das Tempo seiner Stöße. Ihr Blut schien schneller zu fließen. Sie spürte, wie er sich anspannte, während ihr eigener Körper instinktiv reagierte, wie sie es noch nie erlebt hatte. Dies war besser als himmlisch. Viel besser. Sie hatte das Gefühl zu fliegen.
Wow!
Catherine riss die Augen auf. Die Welt um sie herum schien einzustürzen. Daniel streichelte sie erregend zwischen den Beinen. Nein, die Welt stürzte nicht ein, sie explodierte wie ein Stern, zerbarst in Millionen feuerfarbene Teilchen – und dabei bestand ihre Welt doch überwiegend aus Pastelltönen.
Catherine zitterte am ganzen Körper. Nein, Daniel zitterte. Er fluchte, aber auf eine Art, die ihr gefiel. Im nächsten Moment bäumte er sich auf.
Wow …
Schweißgebadet sank er auf sie. Seine Brust dehnte sich bei jedem Atemzug. „Es tut mir leid. Das war zu schnell“, murmelte er, während er sein Gesicht in ihr Haar schmiegte.
Schnell? Er dachte, er war zu schnell? Wie mochte es denn erst sein, wenn es nicht so schnell ging? Kein Wunder, dass sich bei den Menschen alles um Sex drehte.
Catherine strich über seinen muskulösen Rücken. Sie genoss es, ihn zu berühren und den männlichen Körper wirklich kennenzulernen. Insgeheim konnte sie es kaum abwarten, ihn wieder zu zeichnen. Ohne Kleidung.
„Ich fand es perfekt“, sagte sie mit einem zufriedenen Seufzen. Daniel hob den Kopf. Seine grauen Augen leuchteten warm, und er lächelte verschmitzt.
„Das war noch gar nichts“, meinte er und rollte sich von ihr herunter.
Catherine vermisste sein Gewicht sofort.
„Willst du damit sagen, dass es noch besser sein kann?“
„Viel besser“, bekräftigte er und streichelte ihr Haar. „Es kann großartig sein, überwältigend, weltbewegend.“
„Das klingt beeindruckend“, entgegnete Catherine, die etwas Derartiges noch nie erlebt hatte und gespannt darauf war. Diese Lust am Leben, die sie plötzlich empfand, war neu und faszinierend für sie. „Glaubst du, wir können es bis weltbewegend bringen?“
Er lächelte. „Ja. Ich glaube, wir schaffen das, noch bevor das Wochenende vorbei ist.“
Catherine schmiegte sich an ihn. Ihre Welt fing bereits an, sich zu bewegen.
Die meiste Zeit der Nacht lag Daniel mit offenen Augen da und hielt Catherine fest. Es war so lange her, dass er eine Frau in den Armen gehalten hatte. Ewig. Er wollte nicht einschlafen, weil er Angst hatte, dass er aufwachen und wieder allein sein würde. Dass alles nur ein Traum war.
Er hätte dies nicht tun sollen. Nein, wirklich nicht, aber es war etwas in Catherines Blick, das ein Nein ziemlich unmöglich machte.
Diese Gewissheit minderte seine Schuldgefühle. Okay, er hatte die Situation ausgenutzt, doch Catherine hatte ihn gebraucht. Und er gehörte nicht zu den Typen, die sich drückten.
Draußen erwachte allmählich das Leben. Noch war alles still und friedlich. Daniel wollte diese Ruhe nicht stören, einfach nur genießen. In der Stadt war es immer laut. Normalerweise mochte er den Lärm, weil er die Stille übertönte. Aber diese Ruhe hier … sekundenlang lauschte er.
Catherine atmete gleichmäßig. Sie duftete nach Seife und einem blumigen Parfum. Ein wunderbarer Duft. Er hatte bis jetzt nicht gewusst, wie sehr er es vermisst hatte, mit einer Frau zusammen zu sein. Ihren nackten Oberschenkel hatte sie zwischen seinen Beinen hochgeschoben. Er berührte ihn aufreizend. Verlangen regte sich in ihm. Sie schlief indes so friedlich, dass er es nicht übers Herz brachte, sie zu wecken. Im nächsten Moment schmiegte sie ihre Brüste an ihn und schlug ganz von selbst die Augen auf.
Die Augen einer Geliebten, der Blick kokett und schläfrig.
Daniel wusste, dass er nicht leben könnte, ohne diesen Blick wiederzusehen.
Er drang in sie ein, bemerkte dabei, wie sie die Augen aufriss, und verspürte Gewissensbisse. Aber dann lächelte sie, und die Gewissensbisse verschwanden. Das Vergnügen begann.
4. KAPITEL
Die Sonne ging im Osten auf, wie sie es immer tat. Daniel wachte mit starkem sexuellem Verlangen auf, wie immer, aber diesmal lag eine Frau neben ihm. Eine nackte Frau. Eine nackte, begehrenswerte Frau.
Daniel lächelte und streckte die Hand aus, um sie zu berühren. Sie war nicht gebaut wie Michelle, die klein und schlank gewesen war. Catherine war groß, mit üppigen Kurven, die perfekt in seine Hände passten. Sie hatte den Körper einer Göttin, wie geschaffen für ihn. Ihre warme, zarte Haut schimmerte wie der Himmel bei der ersten Morgenröte.
Er streichelte ihre Brustspitzen, die sich sofort aufrichteten. Catherine seufzte im Schlaf und drängte sich seiner Hand entgegen.
Das Sonnenlicht fiel auf seinen leeren Ringfinger. Daniel verspürte einen schmerzhaften Stich, doch er verdrängte das Gefühl. Nicht heute. Heute würde er leben. Es war Sonntag. Sein letzter Tag in den Hamptons, und er wollte ihn in vollen Zügen genießen. Wenn er ging, würde er die Last des Rings wieder tragen, aber diesen einen Tag noch wollte er nur leben wie ein ganz normaler Mann.
Catherine erwachte. Ihre Wimpern flatterten, bevor sie die Lider aufschlug, und schon verlor er sich wieder in den Tiefen ihrer Augen. Sie war so anschmiegsam, so unkompliziert, so unwiderstehlich.
Er liebkoste ihre Brust und fühlte ihr Herz schlagen. Sie verkrampfte sich ein wenig, weil sie sich nackt immer noch etwas unbehaglich zu fühlen schien, doch daran würde er arbeiten.
Halt! Daniel runzelte die Stirn.
Catherine strich mit einem Finger über seinen Mund. „Stimmt etwas nicht?“
Er schüttelte den Kopf. „Nein.“ Dabei dachte er daran, dass sie sich nach diesem Wochenende nicht wiedersehen würden.
„Wann fährst du ab?“
Mit ihrer Frage erinnerte sie ihn daran, wie viel Zeit ihm noch genau blieb.
„Ich nehme den Nachtzug.“ Er hatte es nicht eilig.
„Gut“, antwortete sie und schob das Laken zurück.
Er hatte angenommen, dass sie schüchtern wäre, aber sie schien es zu lieben, seinen Körper zu betrachten. Sie schien es auch zu lieben, ihn zu berühren, und welcher Mann hätte dagegen schon etwas einzuwenden?
Sie zog eine unsichtbare Linie über seine Brust. Ihr Blick wurde verlangend. Daniel liebte es auch, sie zu beobachten, liebte es zu sehen, wie ihr Mund sich einladend öffnete.
Seine Begierde erwachte, und Catherine lächelte.
Noch einen Tag.
Daniel zögerte nicht. Er schob sich auf sie und drang kraftvoll in sie ein. Catherine schloss die Augen. Helles Sonnenlicht schien durch die halb geöffneten Jalousien. Fasziniert schaute er auf ihre vollen Brüste, auf denen sich helle und dunkle Streifen abzeichneten.
Er wollte doch die Kontrolle über seine Gefühle behalten. Er wollte locker bleiben und entspannt, dennoch konnte er einen Anflug von Panik nicht abwehren.
Nur noch ein Tag.
Nur noch ein Tag, dann würde alles wieder vorbei sein.
Beinahe verzweifelt drang er noch heftiger in sie ein. Catherine fixierte ihn mit ihrem Blick. Er versuchte zu lächeln, sich so zu benehmen, als wäre alles normal, aber war es das?
Er stöhnte rau und gab jede Zurückhaltung auf. Sein Verstand war wie ausgeschaltet. Hemmungslos ließ er seiner Lust freien Lauf. Zu lange hatte sein Körper dieses Vergnügen entbehrt.
Noch ein Tag, schoss es ihm wieder in den Sinn. Er bewegte sich schneller. Oh, wie hatte er dies vermisst. Seine Stöße wurden noch fester. Er musste Catherine berühren, er musste sie spüren, er musste … atmen.
Atme ganz tief durch, befahl er sich.
Noch nie hatte er eine Frau auf diese Weise benutzt. Er wusste, dass es falsch war, dass er sich zurücknehmen sollte, doch Catherine klammerte sich an ihn und biss sich auf die Unterlippe. In ihren Augen brannte ein Feuer, das ihn seine Schuldgefühle vergessen ließ. Er stützte sich auf die Arme und nahm, was sie zu geben hatte.
Ihr Kopf fiel zur Seite, ihr helles Haar glitt über ihren sonnenvergoldeten Nacken. Sie bog sich Daniel entgegen, stöhnend vor Lust, und nahm ihn noch tiefer in sich auf. Er spürte, dass er kurz vor dem Höhepunkt war, aber er wollte ihn nicht allein erleben. Zielstrebig schob er eine Hand zwischen ihre Beine und reizte ihre empfindsamste Stelle. Sie sollte es auch fühlen. Sie sollte dasselbe verzweifelte Verlangen fühlen wie er.
Catherine grub ihre Zähne so fest in ihre Unterlippe, dass ein Tropfen Blut kam.
„Komm schon, Catherine“, flehte er beinahe, weil er sie mitnehmen wollte auf den Gipfel der Lust.
Keuchend schloss sie wieder die Augen und drängte sich ihm entgegen.
„Noch ein bisschen mehr“, flüsterte er heiser, während er sich nur noch mühsam beherrschte. Catherine war nah dran. Er wusste es.
Da stieß sie einen Schrei aus, presste sich an ihn und erbebte heftig. Daniel konnte sich nicht länger zurückhalten. Als eine Welle der Lust sie beide auf den Höhepunkt trug, küsste er Catherine wild und ergab sich seinen Gefühlen.
Nur noch ein Tag.
Catherine hob den Kopf, schaute Daniel an und sank zurück ins Kissen. „Ich glaube, das war eben weltbewegend.“
„Na, Gott sei Dank“, sagte er lächelnd.
Sie ergriff seine Hand und strich über seine Finger. Er erstarrte, weil es sich nicht richtig anfühlte. Er sollte seinen Ehering tragen. Daniel versuchte sich zu entspannen. Sich zu erinnern.
Er schloss die Augen, und allmählich wich der Druck von ihm.
„Was möchtest du heute machen?“, fragte Catherine.
Im Moment konnte er sich vorstellen, den ganzen Tag zufrieden im Bett zu verbringen, doch das zu sagen war wohl nicht passend. Er zuckte mit den Schultern. „Das überlasse ich dir.“
„Darf ich dich zeichnen?“
„Möchtest du das?“
Als sie eifrig nickte, wusste er, dass er es ihr nicht abschlagen konnte, auch wenn die Vorstellung, stundenlang in starrer Haltung auf einem ihrer zerbrechlichen Stühle zu posieren, grauenhaft war.
„Okay“, stimmte er mit verhaltener Begeisterung zu.
„Wunderbar.“
Catherine stand sofort auf. Daniel schaute zu, wie sie ihre Reize mit einem unförmigen Bademantel verhüllte, und war enttäuscht. Sieben Jahre lang hatte er es vermieden, an nackte Frauenkörper zu denken, aber jetzt konnte er sich an Catherine gar nicht sattsehen.
Volle, hohe Brüste. Lange Beine, die seine Hüften umschlangen, wenn er in sie eindrang …
Daniel schüttelte den Kopf.
Sie zog die Jalousien auf. „Das Morgenlicht ist am besten“, erklärte sie ihm.
Danach fing sie mit leuchtenden Augen an, ihn in Position zu bringen. Sie drehte seinen Arm in die eine Richtung, seinen Kopf in die andere, ordnete sogar seine Finger auf bestimmte Weise an. Schließlich machte sie auch noch Anstalten, sein intimstes Körperteil zu berühren. Da allerdings bremste er sie.
„Was genau willst du zeichnen?“, fragte er vorsichtig.
„Oh“, sagte sie nur und bedeckte ihn wieder mit dem Laken.
Sofort wusste Daniel, dass ihm etwas Entscheidendes entgangen war. Als Catherine ihn jetzt wieder anschaute, war das Leuchten aus ihren Augen verschwunden.
Verdammt.
„Du möchtest mich nackt zeichnen. Ist es das?“ Er war zwar nie direkt schüchtern gewesen, aber Nacktheit war etwas sehr Privates. Und nun sollte er hier im Adamskostüm für sie posieren, ohne dabei an Sex zu denken?
Unmöglich.
„Du musst nicht für mich Modell sitzen, wenn du dich dabei unbehaglich fühlst. Ich bin mehr als andere Menschen von Bildern Nackter umgeben und gehe vielleicht zu selbstverständlich damit um“, antwortete sie resignierend.
„Schon gut“, lenkte er ein, seinen Stolz über Bord werfend. Catherines Augen leuchteten wieder auf.
Sie zog das Laken zurück und fuhr fort, jeden seiner Körperteile so zu arrangieren, wie sie es sich vorstellte. Daniel biss die Zähne zusammen, bis sie ihn aufforderte, seine Kinnpartie zu entspannen.
Du hast gut reden, dachte er.
Irgendwann hörte sie auf, ihn zu berühren, und begann zu zeichnen. Sie saß in einem Stuhl ihm gegenüber, die Sonne im Rücken. Im Grunde war es gar nicht so schlimm, wie er gedacht hatte. Zumindest hatte er so Gelegenheit, sie in Ruhe zu betrachten.
Sie war hübsch. Wirklich hübsch, aber man musste schon aufmerksam hinsehen, um es zu erkennen. Sonnenstrahlen ließen ihr Haar golden glänzen, und wenn sie sich ärgerte – was oft der Fall zu sein schien – fuhr sie mit den Fingern durch die lan