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Die vollkommene Kämpferin

Nachdem Kate die Prüfungen bestanden hat, muss sie Eden und ihren Ehemann Henry vorerst verlassen. Mit ihrem besten Freund James verbringt sie den Sommer in Griechenland - und wird prompt in eine Fehde zwischen den Unsterblichen hineingezogen. Seit Jahrhunderten sind Castor und Pollux auf der Flucht vor Zeus und Hades, und Kate, die angehende Königin der Unterwelt, ist mit Sicherheit die letzte Person, der die Brüder trauen. Trotz allem ist sie entschlossen, den beiden zu helfen. Bald muss Kate jedoch feststellen, dass sie im Umgang mit den Unsterblichen noch einiges zu lernen hat …


  • Erscheinungstag: 15.03.2016
  • Aus der Serie: Books2read
  • Seitenanzahl: 70
  • ISBN/Artikelnummer: 9783733785710
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Dem Rat der Mütter, für all die Waldspaziergänge

POLLUX

Scheinbar endlos wand sich der Gang aus der Höhle aufwärts durch die Erde. Pollux griff nach Castors Hand, um ihn auf dem unebenen Boden zu stützen. Cerberus’ Knurren hallte durch den Tunnel, und Pollux hätte dem Höllenhund lieber seine Eingeweide zum Fraß vorgeworfen, als zuzugeben, dass ihn nackte Angst durchströmte. Den Toten konnte Hades’ massiger dreiköpfiger Wächter der Unterwelt nichts anhaben, doch Pollux fürchtete sich nicht vor dem Hund, sondern vor dem Gott, der ihm folgte.

Vielleicht war es tatsächlich nicht die beste Idee gewesen, seinen Bruder aus der Unterwelt zu befreien, aber der Rat hatte Pollux nicht wirklich eine Wahl gelassen.

„Komm schon“, drängte er und zog Castor am Arm. „Es ist nicht mehr weit.“

„Das hast du schon vor drei Meilen behauptet.“ Castor stolperte, doch augenblicklich war Pollux an seiner Seite und zog ihn wieder auf die Beine.

„Und jetzt sind wir drei Meilen näher dran. Hör auf zu jammern und lauf endlich.“

Gemeinsam stolperten sie durch die Höhle, während das Knurren von Cerberus hinter ihnen immer lauter wurde. Keiner der Brüder sagte ein Wort, während sie durch die verzweigten Gänge nach oben kletterten und der Sicherheit mit jedem Schritt näher kamen. Sie zwangen sich, einen Fuß vor den anderen zu setzen, wieder und wieder und wieder. Das war alles, was sie noch tun konnten.

Cerberus holte auf. Heiß strömte sein Atem über Pollux’ Nacken und brachte den Gestank von Knochen, Blut und Tod mit sich. Wieder drängte Pollux seinen Bruder voran, zog ihn mit sich. Endlich wich die Dunkelheit einem schwachen Schimmer, und vor Erleichterung hämmerte Pollux das Herz in der Brust. So nah. So verdammt nah. Nur noch ein kleines Stück und …

Castor schrie auf.

Blitzartig wirbelte Pollux herum, seine Eingeweide schienen sich in Eis zu verwandeln. Cerberus war jetzt direkt hinter ihnen – dicht genug, dass sie die Hand ausstrecken und ihn berühren könnten – und er hielt Castors Bein zwischen den Zähnen gefangen. Es spielte keine Rolle, dass Castor nicht verletzt werden konnte, nicht wenn er rein technisch gesehen bereits tot war. Doch wenn sie zu lange hierblieben, würde eine Gefangennahme tatsächlich den Tod bedeuten. Und eine dauerhafte Trennung.

Pollux überlegte nicht länger. All seine Kraft zusammennehmend holte er aus und schmetterte dem Hund die Faust aufs Maul. Ein weiterer Grund für Hades, sie zu jagen und ihnen bei lebendigem Leib die Haut abzuziehen, aber es funktionierte. Cerberus jaulte auf und ließ Castor los. Mit der Pfote wischte er sich immer wieder über die verletzte Schnauze, während er mit seinen anderen beiden Köpfen weiterhin die Zähne fletschte.

„Alles in Ordnung?“, fragte Pollux und half seinem Bruder auf.

„Mir geht’s gut“, keuchte Castor. „Hast du gerade …“

„Spar dir die Standpauke für später. Los jetzt.“

Der Schimmer wurde heller, während der stechende Geruch von Cerberus’ Atem nachließ. Endlich, endlich erreichten sie den Eingang der Höhle, und Pollux stieß einen Schrei der Erleichterung aus. Sie hatten es geschafft. Sie hatten es wirklich geschafft, endlich waren sie in Sicherheit. Oder zumindest so sicher, wie es in Anbetracht der Umstände möglich war.

Gemeinsam stürzten er und sein Bruder hinaus ins Tageslicht, und er kniff die Augen zusammen, geblendet von der Sonne. In einer sommerlichen Brise wisperten die Blätter der Bäume, und Pollux’ Herz flog dem Himmel entgegen. Es war egal, dass er sich gegen den Rat der Olympier gestellt hatte. Es war egal, dass er damit jede Verbindung zu seinem Vater abgebrochen hatte. Und es war ebenfalls egal, dass sie gejagt werden würden, solange sie auf freiem Fuß blieben.

Wichtig war nur, dass er und Castor zusammen waren, und nichts, nicht einmal die Götter, nicht einmal das grausamste Schicksal, das die Moiren ersinnen könnten, würde sie wieder auseinanderbringen. Nicht solange Pollux atmete.

Als er über die Schulter sah, erspähte er Hades’ Silhouette zwischen den Felsen des Höhleneingangs. Die Oberfläche gehörte nicht zu seinem Reich. Hier draußen konnte er sie nicht verfolgen. Aber sollten sie auch nur einen Fuß wieder in die Höhle setzen, würden sie ihm gehören.

Der Wind legte sich. Ohne Vorwarnung zuckte ein Blitz durch die Luft und schlug in einen Baum keine zwei Meter neben ihnen. Castor machte einen Satz zurück in Richtung Höhle auf Hades und ihre ewige Trennung zu, doch Pollux drängte seinen Bruder erneut unter freien Himmel. Lieber würde er tausend Blitzschläge ertragen, als seinen Bruder wissentlich ihrem Kerkermeister auszuliefern.

Durch den endlos weiten Himmel hallte ein dröhnender Donnerschlag, bei dem Pollux die Zähne aufeinanderschlugen, und sie tauschten einen Blick. Zeus verfehlte niemals sein Ziel. Auch er wusste, was geschehen würde, wenn sie zurück in die Höhle flüchteten. Und Pollux hatte nicht den geringsten Zweifel daran, dass der König der Götter vor nichts zurückschrecken würde, um seinen Stolz zu bewahren.

Ohne Umschweife beherzigte Pollux die Warnung seines Vaters, packte Castors Hand und rannte los.

KATE

Sechs Monate. Einhundertvierundachtzig Tage. So lange musste ich Eden fernbleiben, wo Henry, mein frischgebackener Ehemann, auf meine Rückkehr im September wartete. Vom jetzigen Zeitpunkt aus wirkte es wie eine Ewigkeit, und der Gedanke, so lange von ihm getrennt zu sein, ließ mich vor Sehnsucht fast vergehen.

Doch mir blieb keine große Wahl. Sechs Monate da, sechs Monate weg. Das war die Vereinbarung, die wir getroffen hatten, als ich mich bereit erklärt hatte, auf Eden zu bleiben. Im Austausch dafür hatte er meine sterbenskranke Mutter am Leben erhalten. So verrückt es auch klingen mochte, Henry war in Wahrheit Hades, Gott der Unterwelt – und er war der Rolle mehr als gewachsen.

Unseren Handel bereute ich nicht, doch nachdem ich mich sechs Monate lang unaufhaltsam immer mehr in ihn verliebt hatte, war die Aussicht, ein halbes Jahr von ihm getrennt zu sein, die reinste Folter. Doch er hatte darauf bestanden, und letzten Endes war es wahrscheinlich gar nicht so verkehrt, dass ich eine Gelegenheit bekam, einen Schritt von meinem unsterblichen Leben zurückzutreten. Mich daran zu erinnern, was es hieß, ein Mensch zu sein.

In den ersten zweiundsiebzig Stunden nach unserem Abschied blieb mir nicht viel Zeit, ihn zu vermissen – hauptsächlich weil ich mich nicht allein auf den Weg gemacht hatte. Mein bester Freund James hatte zugestimmt, mich zu begleiten, und gemeinsam waren wir nach Griechenland aufgebrochen. Er war nicht Henry, doch er wusste genau, wie er mich aufheitern und dazu bringen konnte, mich auf den gemeinsamen Sommer zu freuen.

James hatte die gesamte Reise durchgeplant, und im Flugzeug von New York nach Athen malte ich mir aus, was die nächsten sechs Monate alles mit sich bringen würden. Wanderungen durch antike Ruinen. Köstliches griechisches Essen. Ganze Tage, die wir faulenzend am Strand verbringen würden. Und ich würde nicht mehr ständig über die Schulter blicken und mich fragen müssen, wann jemand versuchen würde, mich umzubringen.

Dass wir uns gleich am ersten Tag in einem Wald verirrten, hatte nicht zu den Dingen gehört, die mir vorschwebten.

„Du hast wirklich nicht die geringste Ahnung, wo wir sind?“, fragte ich ungläubig, während ich hinter James herstapfte. Drei Stunden nachdem wir uns von unserer Reisegruppe getrennt hatten, marschierten wir immer noch durch die Wälder vor Athen. In meinem ganzen Leben hatte ich mich noch nie so verlaufen. Doch James hatte lässig die Hände in die Taschen geschoben und sah aus, als würde er bloß einen gemütlichen Spaziergang machen, während er die Landschaft genoss.

„Keinen Schimmer“, gab er leichthin zurück, doch in seiner Stimme lag etwas, das mich an seinen Worten zweifeln ließ. Allerdings blieb mir trotzdem keine andere Wahl, als ihm zu folgen.

„Wenn das bloß ein Trick ist, um mit mir allein zu sein …“, murmelte ich wütend vor mich hin. Das war ihm durchaus zuzutrauen – hätte ich meine Prüfungen in Eden nicht bestanden, wäre James an Henrys Stelle als Herr der Unterwelt getreten. Und selbst wenn ich dann keinerlei Erinnerung an meine Zeit in Eden gehabt hätte, war ich mir sicher, dass er sich gute Chancen ausgerechnet hatte, ihn auch als meinen Ehemann zu ersetzen. Diesen Kampf hatte Henry gewonnen, doch die Blicke, die James mir seitdem immer wieder zuwarf, machten deutlich, dass das Rennen um meine Gunst für ihn noch nicht vorüber war. Ganz davon abgesehen, dass er nie eine ernsthafte Konkurrenz dargestellt hatte. Ich gehörte Henry, so einfach war das.

James grinste. „Das traust du mir echt zu?“

„Ja, auch wenn du verdammt gut weißt, dass ich dich um nichts in der Welt küssen würde.“

Gespielt verletzt legte er sich die Hand aufs Herz. „Das trifft mich tief, Kate.“

„Wenn du uns nicht innerhalb der nächsten Viertelstunde in die Zivilisation zurückbringst, trifft dich noch ganz was anderes.“

Gönnerhaft legte er mir den Arm um die Schultern, und meine Versuche, ihn abzuschütteln, blieben erfolglos. „Du musst mal lernen, der Landschaft die gebührende Beachtung zu schenken. Die kleinen Dinge im Leben zu genießen. Wir haben sechs Monate Zeit, bevor wir das nächste Mal irgendwo auftauchen müssen.“

„Ja, und bis der September kommt, hätte ich diese Wanderung gern lange hinter mir“, grummelte ich. „Im Ernst, James, wenn du glaubst, ich würde im Wald auf dem Boden schlafen …“

Knack.

In der Nähe zerbrach ein Zweig. James blieb stehen, womit er mich ebenfalls dazu zwang, innezuhalten. Angespannt richtete er den Blick auf die umstehenden Bäume. Ich runzelte die Stirn. Als ob hier draußen irgendjemand wäre. Und wenn doch, hey, großartig – vielleicht könnte derjenige uns einen Weg aus dem Wald zeigen.

„Was …“

James brachte mich zum Schweigen, und wütend blickte ich zu ihm auf. Er hatte die Stirn gerunzelt, doch nach einigen Augenblicken wich sein besorgter Ausdruck einem jungenhaften Grinsen. „Hervorragend“, flüsterte er, und ich verdrehte die Augen.

„Wenn du mir nicht augenblicklich erklärst, was hier vor sich geht, schwöre ich, dass ich …“

„Was, zur Hölle, hast du hier zu suchen?“

Diese schroffe Stimme gehörte nicht James. Ich zuckte zusammen, als ein halb nackter junger Mann hinter einem dicken Baumstamm hervortrat. Das dunkle Haar trug er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und auf seinen wohldefinierten Bauchmuskeln hätte ich Wäsche schrubben können.

Ich wurde rot. Gerade mal seit drei Tagen war ich mit Henry verheiratet, und schon sabberte ich, nur weil ich einem Einheimischen mit nacktem Oberkörper begegnete. Sechs Monate ohne Henry würde ich im Leben nicht durchhalten. Vielleicht würde James mich vorzeitig wieder nach Eden bringen, wenn wir es jemals zurück in die Zivilisation schafften.

Ich versuchte vorzutreten, um den Fremden zu begrüßen, doch James verstärkte den Griff um meine Schultern und hielt mich zurück. „Pollux“, sagte er und nickte. „Ist eine ganze Weile her. Wie ich sehe, hast du dir immer noch kein Hemd besorgt.“

Pollux. Den Namen hatte ich schon mal irgendwo gehört, wusste ihn jedoch nicht einzuordnen. War er etwa auch ein Gott? So wie er aussah, hätte mich das nicht weiter überrascht.

„Hermes. Man nennt mich jetzt Lux“, erklärte er mit einem schweren Akzent, der irgendwie englisch klang, und biss die Zähne zusammen. Oder bildete ich mir das nur ein?

„Ah, also ist das Memo auch bei euch angekommen“, erwiderte James. „Nicht, dass Lux unauffälliger wäre als Pollux, aber was immer dir beliebt. Ich heiße jetzt James.“

„Und ich bin Kate“, warf ich ein. „Was ist hier los? Woher kennt ihr beide euch?“

Argwöhnisch beäugte Lux mich. „Lange Geschichte. Ich werde euch nur einmal bitten: Verpisst euch.“

James’ Grinsen verblasste. „Das war ja wohl nicht gerade eine Bitte, oder?“

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