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Hades und das zwölfte Mädchen

Für immer und ewig ohne Liebe? Niemals! Hades alias Henry möchte seinem unendlichen Leben ein Ende bereiten. Doch davon will der Rat nichts wissen. Sie brauchen ihn, den Herrscher des Totenreichs! Göttin Diana beschließt, ihm eine Gefährtin zu suchen. Wenn Henry sich wieder verliebt, wird er weiterleben wollen … Ihre Wahl fällt auf Ingrid, ein Mädchen aus einem New Yorker Waisenhaus. Doch kaum hat Ingrid die Prüfungen des Olymps bestanden und könnte an Henrys Seite zu ihnen gehören, stirbt sie gewaltsam. Und nach ihr zehn weitere! Bis Diana selbst eine Tochter bekommt: Kate. Als Henry in ihre Augen blickt, weiß er: Dieses Mädchen ist ihm bestimmt. Kate muss seine Göttin werden - oder er stirbt mit ihr gemeinsam.


  • Erscheinungstag: 15.03.2016
  • Aus der Serie: Books2read
  • Seitenanzahl: 48
  • ISBN/Artikelnummer: 9783733785703
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

GOTT DER FINSTERNIS
CALLIOPES ANGEBOT

Als dem Herrn der Unterwelt war Hades die Furcht der Lebenden und die Ehrerbietung der Toten gewiss. Als Mitglied des ewigen Rats der Götter stand ihm unvorstellbare Macht zur Verfügung. Er war jederzeit bereit zu tun, was immer nötig war, um seine Pflichten zu erfüllen und seine Gesetze durchzusetzen. Und als Herrscher über die Seelen der Verstorbenen würde er ewig leben. Seine Verantwortung ihnen gegenüber garantierte ihm wahre Unsterblichkeit.

Doch all das hätte er aufgegeben, um sterblich werden zu können.

In den Äonen seines Daseins hatte Hades mehr Gesichter gesehen, mehr Geschichten gehört als der Rest des Rats zusammengenommen. Irgendwann betrat jeder Sterbliche sein Königreich, und auch wenn er nur einen Bruchteil von ihnen persönlich zu Gesicht bekam, spürte er die Gegenwart eines jeden Einzelnen. Jeden Augenblick waren ihm all diese verlorenen Leben gegenwärtig.

Das war es, worum er die Sterblichen beneidete: eine festgelegte Spanne zu haben und zu wissen, dass das Leben eines Tages aufhören würde, statt für immer in diesem endlosen Ozean von Zeit zu treiben … Das wäre wundervoll. Auf diese Weise wüsste er, auch wenn er für immer allein bliebe, dass es eines Tages vorbei wäre. Doch als Gott war ihm eine solche Erleichterung verwehrt.

Er saß auf seinem Thron, hinter sich einen langen Tag des Urteilens über die Verstorbenen. Schwer wog die Stille auf seinen Schultern. Über die letzten Jahrhunderte schien die Zahl der Seelen exponentiell gewachsen zu sein. Vielleicht wirkte es aber auch nur so, weil Persephone nicht länger an seiner Seite war. Seine Frau, seine Freundin, seine Partnerin – er hatte sich weit mehr auf sie verlassen, als ihm bewusst gewesen war. Selbst in dem Wissen, dass sie ihn niemals so lieben würde wie er sie, bewahrte er sie im Gedächtnis, hütete die Erinnerung an sie wie einen Schatz, wie andere ein Leben der Glückseligkeit in ihren Herzen bewahrten.

Doch er hatte seinen stillen Schwur gehalten, hatte sie nie wieder aufgesucht. Das Wissen, dass sie so nah und doch so verliebt in einen anderen war, bedeutete die pure Qual, und einen solchen Schmerz konnte er sich nicht erlauben. Gerade erst hatten die Wunden zu verheilen begonnen, und auch wenn Narben unvermeidlich waren, würden sie sich niemals schließen, wenn sie durch Persephones Anblick immer wieder aufs Neue aufbrachen.

Stattdessen gestattete er sich, in den wenigen Stunden seines Schlafs von ihr zu träumen. Darin erlaubte er sich, in einem Leben zu versinken, das sie hätten haben können, hätte er nicht so furchtbar falsch gehandelt – hätte er getan, was sie wollte, das Richtige gesagt, gar nicht erst zugelassen, dass Demeter ihn zu dieser Heirat überredete. Wie es gewesen wäre, wenn er vor all diesen Äonen Persephone selbst gefragt hätte, was sie wollte, bevor sie einander so irreparablen Schaden zugefügt hatten. Und in diesen wenigen Traumstunden war er glücklich.

Er atmete aus und lehnte sich in seinem Thron zurück. Die Augen fielen ihm zu. Heute waren es fünfhundert Jahre. So lange war es her, dass er sie hatte gehen lassen, und es schmerzte immer noch genauso wie an jenem Tag, als er sie hatte sterben sehen. Von wegen Narben. In diesem Augenblick war er überzeugt, es würde nie besser werden, egal, wie viel Zeit verging.

Die Türen zum Thronsaal öffneten sich, und seufzend richtete er sich auf. Die nächste Ladung Seelen war erst für morgen früh vorgesehen, und James wäre nicht so töricht, ihn jetzt zu stören. Doch auch wenn er mit niemand Bestimmtem gerechnet hatte, dann am allerwenigsten mit dem Mädchen, das ihm jetzt in dem Torbogen am Ende des Mittelgangs gegenüberstand.

„Hera. Nein, Calliope“, korrigierte er sich und stand auf. „Es tut gut, dich zu sehen.“

„Gleichfalls, Hades.“ Sie beugte den Kopf, als sie auf ihn zukam, und er tat es ihr gleich. Es war Jahrtausende her, dass sie beide miteinander allein gewesen waren – noch vor seiner Hochzeit mit Persephone. Die Erinnerung versetzte ihm einen Stich.

„Ich störe doch nicht bei irgendetwas, oder?“

Er schüttelte den Kopf, ergriff ihre Hände und drückte sie zur Begrüßung. „Nein, nein. Ich bin hier fertig für heute. Ich wollte mich gerade zurückziehen.“

„Oh.“ Ihr Lächeln verblasste etwas. „Ich hatte gehofft, wir könnten reden.“

„Natürlich.“ Er bot ihr seinen Arm, und als sie sich unterhakte, führte er sie aus dem Thronsaal hinaus. Die Korridore waren von ewigen Fackeln erleuchtet, die seiner Wohnstatt etwas Unheimliches verliehen, doch ihm war es lieber so. Es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, ein Licht zu schaffen, in dem die Schatten nicht so tanzten, doch das hätte seine Einsamkeit nur noch schlimmer gemacht.

Als sie gemeinsam ein gemütliches Wohnzimmer betraten, das er aus Mangel an Gelegenheit lange nicht mehr benutzt hatte, folgte er ihrem Beispiel und sah sich um, als sähe er den Raum zum ersten Mal. Seltsam, wie die Gewohnheit etwas einstmals Vertrautes fremd werden lassen konnte. Er rief Tee herbei und goss ihnen beiden ein, und als er sich neben ihr aufs Sofa setzte, bemerkte er, wie sie näher rückte. Vielleicht hatte sie ihn einfach vermisst. Oder sie spürte, wie sehr er irgendeine Form von Trost brauchte.

„Hier hat sich nicht viel verändert“, stellte sie fest, während sie an ihrer Tasse nippte. „Wie kommst du zurecht?“

„Es ist lange her, dass mich das jemand gefragt hat“, bemerkte er mit einem schwachen Lächeln, auch wenn weder ihre Anteilnahme noch seine Feststellung ihn mit Freude erfüllten. „Ich nehme an, es ging mir schon mal besser.“

Calliopes Miene verfinsterte sich. „Ja, vermutlich.“ Sie legte ihre Hand auf seine. „Gibt es irgendetwas, das ich tun kann?“

Er schüttelte den Kopf. „So mächtig und bezaubernd du auch bist, ich fürchte, es gibt nichts, das irgendjemand tun könnte.“

Sie errötete und senkte für einen Moment den Kopf. Bescheidenheit wirkte an ihr verkehrt. „Du bist zu gütig.“

„Kaum. Es ist nicht meine Schuld, dass Zeus – äh, Walter – nicht zu schätzen weiß, was er an dir hat.“

Verärgerung zuckte um ihre Mundwinkel – und vielleicht auch noch etwas Tiefergehendes. „Nein, das weiß er nicht. Hast du dir noch keinen neuen Namen ausgesucht?“

„Leider hatte ich noch nicht wirklich die Muße dafür. Noch scheint mir die Auswahl nicht besonders verlockend.“

Sie schnaubte tadelnd. „Du siehst hier unzählige Menschen durchkommen. Irgendeiner muss doch einen Namen gehabt haben, der dir gefällt.“

„Ihre Namen gehören ihnen. Ich könnte sie ihnen nicht stehlen, wie Diana es mit Ella getan hat.“

Calliope grinste. „Ich glaube, das hat sie nur gemacht, um ihr eins auszuwischen für die Kommentare, die Ella über sie und Walter gemacht hat.“

„Und du stimmst Ella nicht zu?“, fragte Hades. „Ich hätte gedacht …“

„Ich weiß, was Walter so treibt“, entgegnete sie schulterzuckend. „Jetzt hat es auch keinen Zweck mehr, dagegen anzugehen.“

Nachdem er Äonen lang Geschichten von Calliopes Eifersucht gehört hatte und sie teilweise selbst miterlebt hatte, war dies definitiv eine unerwartete Wendung. Schweigend nahm Hades ihren Gesinnungswandel in sich auf. „Hast du also auch jemanden gefunden?“

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