×

Ihre Vorbestellung zum Buch »Paul und die Klettenhexe – Der unheimliche Cousin«

Wir benachrichtigen Sie, sobald »Paul und die Klettenhexe – Der unheimliche Cousin« erhältlich ist. Hinterlegen Sie einfach Ihre E-Mail-Adresse. Ihren Kauf können Sie mit Erhalt der E-Mail am Erscheinungstag des Buches abschließen.

Paul und die Klettenhexe – Der unheimliche Cousin

hier erhältlich:

Pauls neue beste Freundin, die Klettenhexe Klarinde, stellt nach wie vor allerlei lustigen Schabernack in der Maria-Makellos-Schule für Hochbegabte an. Als sie von ihrem Cousin Archibald Kuckuck einen Brief bekommt, mit dem der seinen Besuch ankündigt, stürzt sie sich gleich in die Vorbereitungen und bringt den alten Walnussbaum und die unzähligen darin lebenden Vögel auf Vordermann. Sie will schließlich auf den entfernt lebenden Verwandten einen guten Eindruck machen. Doch der geheimnisvolle Cousin ist nicht der, der er zu sein scheint. Und schon bald erkennen Klarinde und Paul, dass Archie finstere Pläne im Gepäck hat.


  • Erscheinungstag: 05.03.2020
  • Aus der Serie: Paul Und Die Klettenhexe
  • Bandnummer: 2
  • Seitenanzahl: 208
  • Altersempfehlung: 9
  • Format: E-Book (ePub)
  • ISBN/Artikelnummer: 9783505143021

Leseprobe

Die Klettenhexe Klarinde rannte in Windeseile von der Schule nach Hause, hielt ihren Hut fest und sang mit lauter Stimme:

 

»Zu sagen hat mir keiner was,

ich tu, was mir gefällt!

So war und ist schon immer das:

Klarindes Hexenwelt!«

 

Paul lief hinter ihr her und achtete darauf, dass er nicht auf die Risse im Gehweg trat. »Ich sage doch nur«, schnaufte er, als sie die Einfahrt erreichten, »dass es auch nette Katzen gibt.«

Klarinde rümpfte voller Ekel die Nase. »Also, die Nachbarskatze STINKT nach Bösartigkeit! Ich weiß nicht, wie du das aushalten kannst. Mir tränen davon die Augen.« Sie nieste, als ob sie ihre Worte unterstreichen wollte. »Jemand sollte die Polizei rufen!«

Paul dachte an Flöckchen, die alte Katze, die gemächlich ihre Milch aus einem Näpfchen schlürfte und den ganzen Tag schlief. Diese Katze war ungefähr so böse wie eine flauschige Bettsocke, und das wollte Paul gerade sagen, als Klarinde mit einem kräftigen Tritt die klapprige Gartentür öffnete.

»Hallo, Vögel! Ich bin zu Hause!«, rief sie. »Habt ihr mich vermisst?«

Rotkehlchen, Stare, Krähen und Spatzen kamen aus dem ganzen Garten herbeigeflogen. Sie zwitscherten und tschilpten vor Freude und flatterten begeistert um Klarinde herum.

»Ist ja gut, ist ja gut, das reicht!«, rief sie kichernd und verscheuchte sie. »Macht nicht so einen Wirbel, ich war doch nur ein paar Stunden weg! Und ich komme jedes Mal wieder, nicht wahr? Ihr wisst doch, dass ihr euch auf Klarinde verlassen könnt!«

Paul grinste. Seine beste Freundin hatte eine Zahnlücke, Haare wie ein Vogelnest und eine ziemlich beängstigende Spinnentasche. Klarinde war eigenartig, unhöflich, störrisch, ein bisschen schmuddelig und roch nach Pilzen – und vor allem war sie sehr, sehr ungezogen. Trotzdem mochte er sie mehr als alle anderen Kinder, die er in seinem Leben kennengelernt hatte.

Paul machte die Gartentür hinter sich zu. Bevor er und seine Mutter eingezogen waren, hatte Haus Krähenhorst jahrelang leer gestanden. Der große Garten war verwildert und zugewuchert. Tag für Tag waren Leute auf dem Weg zur Arbeit an den mit Brettern zugenagelten Fenstern und der alten knarrenden Tür vorbeigegangen. Und niemand hatte geahnt, dass hinter der hohen Mauer eine kleine Hexe lebte, die zaubern konnte und mit den Vögeln spielte.

Wenn Klarinde oben in ihrem Walnussbaum saß, beobachtete sie manchmal die Häuslinge. Hätten diese Leute auch nur ein Mal von ihren Handys und Zeitungen aufgeschaut, dann hätten sie das Mädchen mit dem spitzen Hut vielleicht gesehen, das sie durch ein altes Fernglas betrachtete. Aber die Menschen waren meistens zu beschäftigt, um die wirklich wichtigen Dinge wahrzunehmen, und so blieb Klarinde lange Zeit verborgen wie eine Nuss in ihrer Schale.

Aber an einem stürmischen Donnerstag hatte sich alles für immer geändert. Völlig unerwartet war ein großer gelber Umzugswagen in der Einfahrt aufgetaucht, und ein gut angezogener Junge war ausgestiegen. Klarinde hatte ihn sich kurz angesehen und die Entscheidung getroffen, dass sie lange genug allein gewesen war. Es war Zeit für Veränderungen, und Paul war genau das, was sie brauchte: ein Freund mit Kuchen. Und wenn Klarinde sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, brachte sie nichts und niemand mehr davon ab – ob es Paul passte oder nicht.

Auch jetzt musste er sich kneifen, als er ihr dabei zusah, wie sie aus dem Nichts mehrere Hände voll Kuchenkrümel für die Vögel herbeizauberte. Wie konnte es sein, dass im einundzwanzigsten Jahrhundert eine echte Hexe in seinem Garten lebte? Es war unbegreiflich, vor allem für einen so vernünftigen, logisch denkenden Jungen wie ihn. Aber es ließ sich nicht bestreiten, denn hier war sie – direkt vor seiner Nase. Die Klettenhexe war so echt wie das Efeu an der Gartentür.

Doch am merkwürdigsten fand Paul, dass sich Klarinde ausgerechnet ihn als besten Freund ausgesucht hatte – einen Jungen, der in den Pausen immer allein auf dem Schulhof hockte. Sie hätte jemanden wählen können, der bei allen beliebt war. Aber er war sehr froh, ihr Freund zu sein; meistens jedenfalls.

Als die letzten Krümel weggepickt waren, landete eine Elster auf Klarindes Hut und steckte eine schwarz-weiße Feder in das Hutband. »Vielen Dank, sehr aufmerksam«, bedankte sich Klarinde.

»Wirklich schickelich! Und jetzt pass auf, Paul: Wer als Letzterer auf dem Baum ist, ist eine Tranfunzel!« Während die beiden über Brennnesseln und Gestrüpp hinwegsprangen, hielt Klarinde schnuppernd die Nase in den Wind. »Ich sage dir, der Frühling liegt in der Luft!«, rief sie. Blaue Glockenblumen drängten sich in dichten Büscheln zusammen, und in dem glibberigen Froschlaich in Tümpeln und Pfützen entstand neues Leben.

»Donnerlittchen!«, sagte Klarinde. »In dieser Jahreszeit gibt es jede Menge zu tun. Die Liste in meinem Grimoire ist schon länger als ein Elefantenrüssel, aber gerade ist mir noch was eingefallen.« Sie nahm ein schmutziges Heft aus ihrem Rucksack, auf dem GRIM stand. Es war übersät mit Aufklebern und Flecken. Sie schlug eine Seite auf, die schon fast komplett vollgekritzelt war, zog einen Bleistift-Stummel aus der Tasche und fügte hinzu:

Paul schaute ihr über die Schulter. »Dein Grimoire ist ein bisschen wie das Tagebuch, das ich in meinem Nachtschränkchen habe, oder? Darin führe ich auch Listen.«

Klarinde schlug das Heft zu und steckte es wieder in ihren Rucksack, den sie fest verschloss. »Wie kannst du nur so etwas sagen?«, fuhr sie Paul an. »Mein Grimoire hat auch Gefühle! Du weißt sehr wohl, dass es megatronische Zauberformeln und ganz spezielle Hexennotizen enthaltet. Das willst du mit deinem Tagebuch vergleichen? Ha! Aus einer Ente wird nie und nimmer ein Schwan, Paul Dorian!«

Die Klettenhexe sagte oft ziemlich unhöfliche Dinge. Paul beschloss, ihre Beleidigung einfach zu überhören, und wechselte das Thema. »Du denkst doch an den Natur-Verein?«, erinnerte er sie, als sie am Walnussbaum ankamen. »Morgen in der Mittagspause? Du willst die Ameisen tanzen lassen, hast du gesagt. Du hast ziemlich große Versprechungen gemacht, und jetzt sind alle mächtig gespannt darauf.«

Seit dem schicksalhaften Tag, als Klarinde sich selbst in seine Klasse eingeladen hatte, war das Leben an der Maria-Makellos-Schule für Hochbegabte schöner geworden. Die Natur folgte Klarinde wie ein gehorsamer Hund in die Schule, und so kam es, dass grüne Farnwedel in Tintenfässern wuchsen, Efeuranken durch Schlüssellöcher drangen, Laub durch die Flure wirbelte, und Schnecken still und heimlich an den Bücherregalen entlangkrochen und sich von A bis Z durchfraßen.

Die Schule stellte zwar immer noch hohe Anforderungen und legte Wert auf gutes Betragen, aber die Kinder waren etwas entspannter geworden und lächelten viel öfter. Sie büffelten nicht mehr so verbissen wie früher, und ihre Krawatten saßen lockerer.

Sogar die Schuldirektorin Frau Schneidig trug eine Blume im Knopfloch, doch wenn man sie danach fragte, hatte sie keine Erklärung dafür. Klarindes Übermut fegte durch die Flure wie der Ostwind und vertrieb den Staub aus sämtlichen Ecken und Winkeln. Sie war eine Regelbrecherin und eine Ulknudel, und mit ihr glitzerten die Schultage wie Tautropfen auf einem Spinnennetz. Deshalb überraschte es Paul nicht, dass die anderen Kinder Schlange standen, um ihrem Natur-Verein beizutreten.

»Natürlich denke ich daran!«, versicherte Klarinde und rieb sich den Bauch. »Aber wenn ich Hunger habe, kann ich das nicht machen. Ich brauche erst mal einen Kuchen. Und zwar einen riesigen leckerlichen Süßhümpel!«

Das brauchte sie Paul nicht zweimal sagen. Zum Glück backte seine Mutter gern, und zu Klarindes großer Freude war immer ein reichlicher Vorrat im Haus. Klarinde liebte Kuchen. Manchmal konnte Paul sogar hören, wie sie nachts in ihren Träumen davon sang:

 

»Oh, Frau Mama, ich bitte dich ... SCHNARCH

back mir einen Kuchen fein,

ein Törtchen wäre leckerlich ... SCHNARCH

auch Haferkekse dürfen’s sein,

und süße Muffins mach für mich ...«

 

Paul machte sich sofort auf den Weg ins Haus, doch plötzlich rief Klarinde mit schriller Stimme: »WARTE MAL! SIEH NUR, PAUL! DA OBEN! EIN BRIEF!«

Aufgeregt schaute sie durch ihr kaputtes Fernglas. »Für mich!«

Paul guckte in den Himmel. Eine Möwe mit einem weißen Briefumschlag im Schnabel kam auf sie zugeflogen.

»Bekommen Hexen Post?«, fragte Paul verdutzt und blinzelte in die Sonne.

»Natürlich, ständiglich«, antwortete Klarinde.

»Hast du denn schon mal einen Brief bekommen?«

»Nein.«

Die Möwe machte eine Bruchlandung zu Klarindes Füßen. Sie musterte die Klettenhexe mit grimmigem Blick und spuckte den Brief aus, dann schwang sie sich wieder auf und flog davon.

Klarinde und Paul starrten schweigend den Umschlag auf dem Boden an.

 

Auf der Briefmarke stand AFRICA. Paul blickte mit gerunzelter Stirn in den wolkenlosen Himmel. Niemand außer ihm wusste, dass im Garten von Haus Krähenhorst eine Hexe lebte. Es war kein Garten, in dem man sich sonnte oder das Gras mähte oder mit Gästen Tee trank. Hier kam auch niemand einfach so auf einen Sprung vorbei. Der Garten war alt und verwildert und geheimnisvoll. Brennnesseln und stacheliges Gestrüpp breiteten sich darin aus, und darüber zogen große schwarze Vögel wachsam ihre Runden. Wenn das Licht im richtigen Winkel einfiel, sahen die zerbrochenen Trittsteine auf den Pfaden sogar wie Zähne aus. Die Adresse der Klettenhexe sollte eigentlich streng geheim sein, genau wie ihre Zauberkräfte.

An die Klettenhexe

Klarinde

Walnussbaum

Im Garten

Haus Krähenhorst

Aber Klarinde war in diesem Moment viel zu begeistert, um sich darüber Gedanken zu machen. Sie riss den Umschlag auf und zog eine Karte heraus. Auf der Vorderseite war ein Häschen mit einem Blumenstrauß abgebildet. »Oh, guck mal! Von Archibald Kuckuck!« Klarinde freute sich. »Er kommt mich besuchen!«

»Archibald Kuckuck? Wer ist das?«

»Also, ich hätte gedacht, das wäre offensichtlicht. Er ist natürlich mein Cousin.« Klarinde sah Paul an, als wäre er der dümmste Junge der Welt. »Hier!« Sie hielt ihm die Karte hin. Auf der Rückseite stand tatsächlich mit Tinte geschrieben:

Liebste Klarinde,

ich komme dich besuchen.

Ich werde am Dienstag zur Teestunde eintreffen.

Dein teurer Cousin

Archibald Kuckuck

»Aber ...«, stammelte Paul, »ich dachte, es gäbe nur dich und die Vögel. Warum hast du mir nicht erzählt, dass du Verwandte hast?«

Klarinde kletterte auf ihren Walnussbaum. »Du musst nicht alles wissen«, entgegnete sie und legte den Finger an die Lippen. »Hexen sind geheimnisvoll. Das ist ja der Witz an der Sache.«

»Tja ...«, sagte Paul eingeschnappt. Die überraschende Nachricht gefiel ihm gar nicht. »Wenn du so geheimnisvoll bist, woher weiß dann dieser Cousin, wo du wohnst? Ich dachte, das sei auch streng geheim.«

»Vielleicht hat der Wind es ihm gesagt«, rief Klarinde von oben. »Wie jeder weiß, ist der Wind ein Plappermaul.« Sie setzte sich auf einen Ast und ließ die Beine baumeln. Als sie zu der Sonnenuhr hinunterschaute, begann sie zu schimpfen. »Verflixt und zugenäht! Mir läuft die Zeit davon. Bevor Archibald kommt, gibt es hier noch eine Menge zu tun!«

Paul ging das alles viel zu schnell. »Moment mal! Ich dachte, es sei dir egal, was die Leute denken«, protestierte er. »Und was ist mit ›Ich tu, was mir gefällt, und mir gefällt, was ich tu‹? Das kommt mir doch alles ziemlich seltsam vor. Was ist, wenn jemand etwas von dem Besuch mitbekommt? Und was ist mit den Ameisen für den Natur-Verein?«

»Paul, jetzt sieh es doch ein! Ich muss die Baumblätter putzen und das Moos auffluffen, bevor ich überhaupt daran denken kann, einer Ameisenkolonne das Tanzen beizubringen!« Sie stand auf, zog ein Maßband aus der Tasche ihrer Latzhose und maß einen Raben vom Schnabel bis zu den Klauen ab. »Oh je! Oh nein! Das ist ja allerschreck­lichst. Das geht gar nicht.« Sie stieß einen tiefen Seufzer aus und sortierte die Vögel auf den Ästen hin und her wie Gemüsedosen im Regal. »Die sitzen alle in der falschen Reihenfolge!«

»Wie gesagt«, rief Paul laut, damit Klarinde ihm endlich zuhörte, »meinst du nicht, es ist zu riskant, wenn hier außer dir noch ein Hexer herumläuft?«

Klarinde wandte sich von den Vögeln ab und sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »WAS ...«, sagte sie langsam und bedächtig, »willst du damit sagen

Pauls Herz klopfte schneller. Er wurde immer nervös, wenn Klarinde in diesem Ton mit ihm redete – der wie eine Mischung aus Polizist und Gans klang. Aber es stimmte doch, dass Klarinde und ihr Cousin womöglich zu viel ungebetene Aufmerksamkeit auf sich zogen, und Paul wollte auf keinen Fall unangenehm auffallen. Er hatte in seinen Geschichtsbüchern gelesen, dass Hexen früher die Schuld an allem gegeben wurde, ob es nun zu viel regnete oder das Brot verdorben war. Paul war von Natur aus vorsichtig und immer in Sorge, dass jemand hinter Klarindes Geheimnis kam: dass sie sich nicht bloß als Hexe verkleidete, sondern tatsächlich eine Hexe war. Erwachsene gingen mit solchen Informationen einfach nicht vernünftig um.

»Ich sage doch nur, dass manche Leute mehr auffallen als andere«, beschwichtigte er Klarinde und versuchte, ihren spitzen Hut und ihre Zauselhaare nicht anzustarren. Eine Hexe war schon schlimm, aber wenn noch ein Hexer dazukam, dann führte das garantiert zu einem Verkehrschaos. »Was soll ich denn meiner Mutter sagen? Und was ist, wenn die Leute Fragen stellen? Wenn es zu gefährlich wird?«

Klarinde drohte ihm mit dem Finger. »Paul, das Problem mit dir ist, dass du dir zu viele Gedanken machst. Das wird gewisslich lustig. Mein Cousin ist ein Cousin von der bes­testen Sorte, du wirst schon sehen. Das ist einfach eine Tatsache – wie der Regen und die Sonne und böse Katzen.«

Autor