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Savor - Ich brauche dich!

Die größte Dummheit meines Lebens war definitiv, mich in Matt DeLuca zu verlieben. Verdammt, der Typ ist mein Boss! Der beste, den ich je hatte. Milliardär, Ex-Baseballstar, irre sexy. Meine Aufgabe: Die Eröffnung seines neuen Weinguts zu dem Glamour-Event im Napa Valley zu machen.

Aber wie soll ich mich konzentrieren, wenn mir schon beim Klang seiner tiefen Stimme die Knie weich werden. Und dann dieser Blick, wenn er glaubt, dass ich nicht hinschaue: Als ob er mir genüsslich die Kleider vom Leib reißen will ... Und in meinen Träumen tut er noch so viel mehr! Ich muss herausfinden, ob er mich wirklich will oder ob ich mir das nur einbilde. Und ich bin bereit, alles dafür zu tun - und alles zu riskieren …

"Monica Murphy beschreibt die sexuelle Spannung so gut, dass einem die Luft wegbleibt.” New York Times-Bestsellerautorin Laura Kaye

"Eine aufregende erotische Geschichte, die das Verlangen nach mehr weckt."

FreshFiction.com


  • Erscheinungstag: 15.08.2016
  • Aus der Serie: Billionaire Bachelor's Club
  • Bandnummer: 3
  • Seitenanzahl: 304
  • ISBN/Artikelnummer: 9783956499104
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Monica Murphy

Savor –
Ich brauche dich!

Roman

Aus dem Amerikanischen von
Gabriele Ramm

MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der HarperCollins Germany GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright © 2016 by MIRA Taschenbuch

in der HarperCollins Germany GmbH

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

Savor

Copyright © 2014 by Karen Erickson

erschienen bei: Avon Impulse,

an Imprint of Harper Collins Publishers

Published by arrangement with

Harper Collins Publishers, New York

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner GmbH, Köln

Umschlaggestaltung: büropecher, Köln

Redaktion: Maya Gause

Titelabbildung: Thinkstock/Getty Images, München: egorr

ISBN eBook 978-3-95649-910-4

www.harpercollins.de

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eBook-Herstellung und Auslieferung:

readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

1. KAPITEL

Matt

„Kann man eigentlich nach dem Geruch von jemandem süchtig werden?“ Meine Stimme klingt zwar beiläufig, doch meine Gedanken wirbeln wild durcheinander. Mein Blick ist fest auf die Frau gerichtet, über die ich rede. Die, von der ich glaube, dass ich langsam, aber sicher süchtig nach ihr werde, obwohl mein Verstand mir sagt, dass diese spezielle Sucht ein großer Fehler ist. Schlecht für mich. Schlecht für alle.

Ivy Emerson schaut mich entgeistert an. Die Verlobte meines Freundes und die Mutter seines zukünftigen Kindes ist zufälligerweise auch eine der besten Innenarchitektinnen im ganzen Napa Valley, und sie arbeitet für mich. „Von wem genau redest du?“

Verdammt. Habe ich das eben wirklich laut gesagt? Das war definitiv nicht meine Absicht.

Wir sitzen in meinem Büro, die Tür steht sperrangelweit offen, sodass ich eine hervorragende Sicht nach draußen in das Vorzimmer habe, wo der Schreibtisch meiner Assistentin steht. Der Schreibtisch von Bryn James. Der Miss James, deren berauschender Duft mir die Sinne verwirrt und meinen Schwanz hart werden lässt.

Der Miss James, die nur unscheinbare Sachen trägt und ein stilles Wasser ist. Sprich, sie ist so gar nicht mein Typ. Wieso fühle ich mich also trotzdem zu ihr hingezogen? Wieso macht mich ihr verdammter Duft so verrückt?

Das ergibt doch alles keinen Sinn.

„Von niemandem im Besonderen“, schwindele ich und zucke mit den Schultern. Ivy ist vorbeigekommen, um mit mir kurz über ihre letzte Rechnung zu sprechen. Nimmt man ihre astronomischen Honorare und Archer Bancrofts Reichtum zusammen, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass es irgendwann darauf hinausläuft, dass die beiden die Weltherrschaft übernehmen. Oder die Welt einfach aufkaufen.

„Du lügst wie gedruckt“, murmelt sie und schüttelt den Kopf. „Und machst dir auch noch selbst was vor.“

„Was? Wieso?“ Ich greife nach einem Kuli und kritzele meine Initialen unter die Rechnung, während Ivy sich auf dem Stuhl vor meinem Schreibtisch niederlässt. „Gib die Rechnung Bryn, dann macht sie den Scheck für dich fertig. Willst du ihn gleich mitnehmen oder später noch mal vorbeikommen, um ihn abzuholen?“

Ivy lächelt. „Außerdem bist du ein typischer Vertreter der Spezies Ausweichender, stimmt’s? Ach, ihr Männer. Ihr seid echt alle gleich.“

Stirnrunzelnd sehe ich sie an und frage mich, worauf sie nun wieder anspielt. Ich kenne Ivy, seit sie ein Teenager war. Damals habe ich mich mit ihrem Bruder Gage und ihrem jetzigen Verlobten Archer angefreundet. Die Schwierigkeit dieser langen Bekanntschaft ist, dass Ivy ständig die professionellen Grenzen überschreitet, wenn wir zusammenarbeiten. Sie hat kein Problem damit, mir ganz genau zu sagen, was sie denkt und empfindet.

Meistens – so wie jetzt auch – will ich das aber gar nicht hören.

„Ivy.“ Ich senke die Stimme und starre sie böse an, doch sie lächelt, als würde sie mich lediglich für einen einzigen Witz halten. Die Frau lässt sich einfach nicht beirren. „Wann willst du deinen Scheck haben?“

Sie macht eine wegwerfende Geste, sodass die Armbänder an ihrem Handgelenk zu klimpern beginnen. „Steck ihn einfach in die Post. Bryn wird schon wissen, was sie damit tun muss und wohin sie ihn schicken soll. Sie ist so effizient, findest du nicht auch?“

„Sehr.“ Ich schiebe die Rechnung über den Schreibtisch in Ivys Richtung, in der Hoffnung, dass sie den Wink mit dem Zaunpfahl versteht. Ich möchte, dass sie verschwindet, damit ich wieder an die Arbeit gehen kann. Damit ich mal recherchieren kann, ob man wirklich süchtig nach dem Duft eines anderen werden kann. Ich habe schon von Pheromonen gehört …

„Sie duftet auch immer so gut. Ich habe sie sogar mal nach ihrem Parfum gefragt, aber sie will es mir nicht verraten. Ich glaube, sie möchte, dass es ihr Geheimnis bleibt.“ Ivy grinst so breit, dass ihr vermutlich die Wangen wehtun.

Verdammt. Wieso, zum Teufel, habe ich diese dämliche Frage eben überhaupt laut ausgesprochen? Sie ist mir so rausgerutscht, ohne dass ich darüber nachgedacht habe. Etwas, das mir in letzter Zeit häufiger passiert – vor allem wenn ich Miss James zu lange anschaue.

Dann geschieht nämlich Folgendes: Ich höre auf zu denken. Mein Verstand schaltet sich ab. Ich kann sie dann bloß noch anstarren und träumen. Was würde sie wohl tun, wenn ich sie auf ihren Schreibtisch drücken, nach ihrem langen dunklen Haar greifen und ihren Kopf zurückziehen würde? Wenn ich sie mit all der Leidenschaft küssen würde, die sich in mir aufgestaut hat, seit sie für mich arbeitet?

Was sie praktisch seit dem Tag tut, seit ich dieses Weingut übernommen habe. Sie gehörte nämlich sozusagen zum Inventar. Eine fest angestellte Assistentin, allein für mich. Der vorherige Besitzer nannte sie ein Geschenk.

Ein wahrlich verführerisches Geschenk. Eins, das anscheinend auf dieser Erde weilt – direkt vor meiner Bürotür –, um mich vor Verlangen in den Wahnsinn zu treiben.

Nur weil sie so verdammt gut riecht.

Oh, und natürlich wegen ihrer sexy Stimme. Die Stimme, die sie nicht so oft benutzt, weil sie so verdammt still ist. Und dann diese Haarpracht … die sie leider in einem festen Knoten oder einem strengen Zopf versteckt.

Irgendetwas verbirgt sich da auch unter ihrer unscheinbaren und wenig schmeichelhaften Kleidung. Das spüre ich. Ich bin schließlich kein Idiot. Sie versteckt Brüste und einen Arsch, und sowohl das eine als auch das andere ist vermutlich ziemlich spektakulär.

Natürlich könnte es sich auch bloß um ein Wunschdenken meinerseits handeln, denn es bereitet mir ernsthaft Sorgen, dass ich mich zu meiner Assistentin hingezogen fühle. Meiner sehr unscheinbaren und trotzdem sehr verführerischen Angestellten.

Es ergibt alles überhaupt keinen Sinn.

„Vergiss einfach, dass ich diese Frage gestellt habe“, brumme ich, doch das bringt Ivy nur zum Lachen.

Du meine Güte, sie macht mich echt wütend. Manchmal weiß ich wirklich nicht, wie Archer das aushält.

„Sei nicht so miesepetrig. Es ist völlig okay, zuzugeben, dass du was für Bryn übrighast.“ Sie beugt sich auf ihrem Stuhl vor und lächelt verschwörerisch. „Ich habe so das Gefühl, dass du ihr auch nicht ganz gleichgültig bist, weißt du?“

Ich weiß es. Aber ich darf darauf nicht reagieren. Bryn James arbeitet für mich. Sie ist meine Assistentin. Sie ist ständig an meiner Seite. Wir verbringen vermutlich mehr Zeit miteinander als mit irgendeinem anderen Menschen in unserem Leben – vor allem in letzter Zeit, denn die große Wiedereröffnung des Weinguts steht kurz bevor. Bryn ist eine Repräsentantin meines Unternehmens. Man stelle sich das einmal vor: Ich fange jetzt an, mit meiner Angestellten herumzumachen, und dann geht das alles in die Brüche. Das würde mich richtig in Schwierigkeiten bringen. Sie könnte mich wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz belangen und finanziell so ausnehmen, dass ich mit eingekniffenem Schwanz und einem ruinierten Unternehmen dastehen würde.

Oh nein. Darauf werde ich es nicht ankommen lassen. Ich habe gesehen, wie das bei meinem Dad gelaufen ist. Das wird mir nicht passieren.

„Selbst wenn. Daraus kann nichts werden.“ Ich werfe Ivy einen strengen Blick zu. „Und diese Unterhaltung bleibt unter uns, verstanden?“ Ich schaue über ihre Schulter, um zu sehen, ob Bryn an ihrem Schreibtisch sitzt. Ihr Platz ist jedoch verwaist.

Gott sei Dank.

Ivy wird ernst und hebt feierlich die Hand. „Diese Unterhaltung bleibt unter uns. Bei meiner Pfadfinderehre.“

„Du warst doch nie bei den Pfadfindern“, murmele ich, besorgt darüber, dass sie ihr Versprechen auf eine Unwahrheit gründet. Wahrscheinlich wird sie die Sache überall hinausposaunen. Genauer gesagt, Archer und Gage gegenüber erwähnen. Und auf deren Scheißkommentare kann ich gut und gern verzichten.

Ach, verdammt, ich denke viel zu viel über das alles nach.

Sie lacht noch einmal. „Ich verrate nichts, versprochen. Aber ich muss dir was erzählen, Matt.“ Sie lehnt sich wieder nach vorn und senkt die Stimme. „Bryn ist richtig verknallt in dich. Vielleicht hast du es noch nicht bemerkt, doch ich weiß es genau. Man merkt es an ihrer Stimme und daran, wie ihre Augen leuchten, wann immer sie dich ansieht oder über dich redet. Und an der Art und Weise, wie sich ihre Bewegungen deinen anpassen, wenn ihr zwei zusammen seid … Na ja, das ist schon relativ offensichtlich. Ein Experte auf dem Gebiet der Körpersprache hätte einen Heidenspaß an euch beiden.“

Experte für Körpersprache? Wovon, zum Teufel, redet Ivy da? „Ich habe keine Ahnung, worauf du hinauswillst. Solche Schwärmereien im Büro bedeuten jedenfalls rein gar nichts. Das ist ein harmloses Geplänkel, das niemand weiterverfolgt. Schluss, aus, Ende.“

Das versuche ich mir die ganze Zeit einzureden. Ich darf die Sache mit Bryn nicht weiterverfolgen, so verlockend es auch sein mag. Mal ganz davon abgesehen, dass es höchst unpassend wäre, etwas mit meiner Assistentin anzufangen, kommen wir auch aus völlig unterschiedlichen Welten. Sie wirkt nett und normal, still und unauffällig, während ich wohl eher das Gegenteil bin. Mein Leben ist seit Jahren ein einziger Affenzirkus.

„Ach so, ich verstehe. Du willst das Richtige tun, und das ist auch bewundernswert. Also siehst du natürlich nichts weiter als eine effiziente Assistentin in Miss James.“

Na ja, damit liegt Ivy nicht so falsch. Als ich Bryn kennenlernte, hat sie kaum zwei Worte gesagt. Sie hielt den Kopf immer gesenkt, wenn ich mit ihr geredet habe, und hat nur mit „Ja, Sir“ und „Nein, Sir“ geantwortet. Es schien fast so, als würde sie mit den Wänden verschmelzen wollen, um bloß nicht bemerkt zu werden.

Deshalb habe ich sie tatsächlich kaum bemerkt.

Nachdem wir uns jedoch an die gemeinsame Arbeit gewöhnt hatten, geschah etwas. Ich glaube, dass Ivy nicht ganz unschuldig an Bryns langsamer Veränderung ist. Inzwischen schaut Bryn mir sogar in die Augen, wenn sie mit mir redet, und sie wirkt irgendwie sehr viel lebhafter. Außerdem hat sie angefangen, etwas mehr Farbe zu tragen, was meine Aufmerksamkeit unweigerlich auf ihren Oberkörper gelenkt hat. Obwohl ich mich selbstverständlich bemühe, möglichst nicht darauf zu achten.

Diese winzigen Veränderungen haben mich auf einmal dazu gebracht, all diese Kleinigkeiten zu registrieren … zum Beispiel ihre Augenfarbe (blau), wie ihr Haar aussieht (wie Seide, und ich würde es liebend gern mal berühren), und diese verlockenden vollen Lippen (sie sind verdammt spektakulär).

Manchmal verharrt ihr Blick auf mir, wenn sie mich anschaut, und mir geht es andersherum genauso. Ihr Lächeln wird weicher, sie senkt die Stimme, wenn sie redet, und das regt meine Fantasie an. Würde sie so klingen, kurz bevor ich sie küsse? Bevor ich sie nackt ausziehe? Bevor ich sie in mein Bett locke?

Mist. Das sind alles ziemlich gefährliche Gedanken. Fast ziehe ich die alte Miss James vor. Die, die mit der Tapete verschmolz, langweilig und nichtssagend. Das mag vielleicht gemein klingen, aber, verdammt, eine derartige Ablenkung ist echt das absolut Letzte, was ich zurzeit brauche.

Und sie stellt im Moment die größte Ablenkung für mich dar. Dabei habe ich definitiv Wichtigeres zu tun.

„Sie ist eine großartige Assistentin. Das ist alles. Hör auf, da irgendetwas hineinzuinterpretieren, wo nichts ist“, erkläre ich und klinge dabei wie ein genervter alter Mann.

„Ach, komm schon. Du kannst ruhig zugeben, dass du dich zu ihr hingezogen fühlst. Du hast die Wette doch gewonnen, Matt. Offen und ehrlich.“ Ihre Augen funkeln. „Gib einfach nach. Gage und Archer können dir deswegen ja nichts mehr anhaben.“

„Ich glaube, du willst mich nur verarschen“, kontere ich.

Die Millionenwette – ha, als hätte ich bisher auch nur einen Cent von meinen beiden Freunden, diesen Arschlöchern, bekommen, die mir jeder fünfhunderttausend Dollar schulden! Als wir vor knapp einem Jahr auf dem Hochzeitsempfang eines Freundes waren, waren sie bereitwillig auf meinen Vorschlag eingegangen, diese beiden Idioten. Ich hatte sie herausgefordert: Derjenige von uns dreien, der als Letzter noch Single ist, gewinnt eine Million Dollar. Anfangs war es eigentlich nur ein Scherz gewesen. Ich hatte angenommen, dass Archer und Gage wirklich die Letzten wären, die sich jemals verlieben würden. Vor allem Archer. Nie hätte ich gedacht, dass sie mich oder diese Wette ernst nehmen würden.

Aber überraschenderweise hatten sie es getan. Und schnell war mir klar, dass ich als Gewinner dieser Wette hervorgehen würde.

Archer war der Erste, den es erwischte. Und Gage folgte kurz nach ihm. Nicht einmal sechs Monate hatte es gedauert, bis sie zu Fall gebracht wurden. Fuck, Archer hatte sich noch am selben Abend, als wir die Wette abgeschlossen haben, mit Ivy eingelassen.

Verrückt. Es ist fast so, als hätte die Wette sie angespornt, loszuziehen, um sich eine Frau zu suchen und sich zu verlieben.

Ivys Lachen reißt mich aus meinen Gedanken. Als ich aufblicke, sehe ich, dass sie aufgestanden ist. Sie schnappt sich die Rechnung von meinem Schreibtisch. „Ich verarsche dich halt gerne. Und jetzt muss ich los. Es war wie immer ein Vergnügen, ein paar Minuten in deiner Gesellschaft zu verbringen, Mister DeLuca. Ich freue mich schon auf nächste Woche, wenn wir anfangen, alles für die Eröffnung vorzubereiten.“

„Bis dann“, erwidere ich, doch sie ist bereits auf dem Weg nach draußen und lässt die Rechnung auf Bryns Schreibtisch fallen, ehe sie ganz aus meinem Sichtfeld verschwindet.

Ich lehne mich auf meinem Stuhl zurück, reibe mir das Kinn und spüre, wie die Bartstoppeln über meine Handfläche kratzen. Ich muss mich dringend mal rasieren. Scheiße, ich brauche dringend mal Urlaub. Seit ich aus einer Laune heraus dieses Weingut gekauft habe, heißt es für mich nur noch Arbeit, Arbeit, Arbeit.

Dabei hatte ich gedacht, die Sache würde Spaß machen. Mal was anderes. Ich hatte etwas gesucht, womit ich mich nach meinem spektakulären Aus in der National Baseball League beschäftigen kann.

Meine gesamte Jugend habe ich auf dem Baseballfeld verbracht. Habe nur für diesen Scheiß gelebt und anschließend Baseball zu meinem Beruf gemacht. Eigentlich hatte ich geplant, sehr viel länger zu spielen, als mein Vater es je getan hat. Und vor allem sollte es eine noch großartigere Karriere als seine werden.

Diese Hoffnungen wurden alle zunichtegemacht, als ich auf dem Feld rückwärts lief, bereit, einen Ball zu fangen, und dann ins Stolpern kam. Worüber ich gestolpert bin, weiß ich nicht mehr. Über meine eigenen Füße? Niemand konnte es hinterher sagen.

Das Einzige, woran ich mich noch erinnere, ist, dass ich eben noch ganz oben war und für ein richtig großes Spiel trainierte – und im nächsten Moment lag ich im Krankenhaus und wurde auf eine sehr langwierige Knieoperation vorbereitet.

Meine Karriere war beendet, und dabei hatte ich bloß acht Saisons gespielt. Mein Leben hatte sich mit einem Mal von Grund auf verändert, und ich hatte keine Ahnung, was ich als Nächstes tun sollte.

Archer hatte sich schon seit Längerem darum bemüht, Gage und mich dazu zu überreden, auch ins Napa Valley zu ziehen. Und nachdem ich mich gezwungenermaßen vorzeitig aus dem Sport verabschieden musste, hatte ich mich notgedrungen auf die Suche nach einer interessanten Investition und einem möglichen Zeitvertreib begeben.

Innerhalb von Tagen hatte ich etwas gefunden: ein alteingesessenes Weingut, das einmal der Stolz der Gegend gewesen war, jedoch harte Zeiten durchmachte, seit der Patriarch gestorben war. Das Weingut stand kurz vor der Zwangsvollstreckung. Doch ehe es dazu kommen konnte, hatte ich es zu einem Spottpreis aufgekauft.

Und sah mich einer Handvoll Angestellter gegenüber – eingeschlossen einer Miss Bryn James –, die mich als ihren persönlichen Retter betrachteten.

Wie sich herausstellte, waren weder die Angestellten noch der produzierte Wein das Problem gewesen, sondern der älteste Sohn des Winzers, der das Geld für nichts und wieder nichts zum Fenster rausgeworfen hatte. Er hatte das Unternehmen ausbluten lassen und die Kassen der Familie völlig geleert. Übrig blieb ein vor sich hin dümpelndes Unternehmen mit langweiliger Marketingstrategie, veralteter Etikettierung und ohne einen erkennbaren Plan für die nächsten sechs Monate, geschweige denn für die nächsten fünf Jahre.

Das Ganze war dem Untergang geweiht gewesen.

Also habe ich mir das Weingut geschnappt, meinen Namen draufgepappt, und damit war das DeLuca-Weingut geboren. Während der vergangenen Monate habe ich nonstop gearbeitet, um die große Neueröffnung vorzubereiten. Die meisten Einheimischen hier im Napa Valley, vor allem die anderen Winzer, halten mich wohl für einen Witz. Sie sehen in mir den großen, bösen und vorzeitig pensionierten Baseballspieler Matthew DeLuca, der hier aufgetaucht ist und so tut, als wüsste er, wie man ein Weingut führt. Sie denken, ich wäre auf der Suche nach einem Hobby hergekommen und hätte es schließlich in dem Gut gefunden.

In gewisser Weise haben sie recht, aber das würde ich natürlich niemals zugeben.

Ich möchte ihnen beweisen, dass sie sich irren. Ich will ihnen zeigen, dass ich genau weiß, was ich hier tue. Ich will mir ihren Respekt verdienen. Anders als mein Vater, dem man zwar immer wieder Respekt entgegengebracht hat, der ihn dann aber durch eigenes Zutun verwirkt hat.

Ich bin nicht wie er. Er ist ein Witz. Die Öffentlichkeit hat versucht, auch aus mir einen Witz zu machen. Und das wird sicherlich noch öfter passieren. Mein Ziel ist es, ein für alle Mal zu beweisen, dass ich, obwohl ich Vinnie De-Lucas Sohn bin, noch lange nicht so bin wie er.

Genau deshalb muss ich mich von Miss James fernhalten. Sie ist süß, doch sie ist eine Frau, die für mich arbeitet. Und das könnte alle möglichen Probleme heraufbeschwören.

Probleme, die ich echt nicht gebrauchen kann.

Bryn

Ich setze mich hinter meinen Schreibtisch, greife nach der Rechnung, die Ivy dagelassen hat, und lege sie auf den Stapel mit den Sachen, die ich vor Feierabend erledigen muss. In letzter Zeit komme ich selten vor sechs Uhr hier weg, und ich fürchte, heute könnte es sogar noch später werden.

In gut einer Woche findet die große Wiedereröffnung statt, und bis dahin ist furchtbar viel zu tun. Außerdem muss ich mir jetzt am Wochenende wohl endlich mal Zeit nehmen und zusammen mit Ivy shoppen gehen, um ein passendes Kleid zu finden. Es ist nicht so, dass Matt mich schlecht bezahlt. Aber eigentlich kann ich mir solch eine Ausgabe nicht leisten, vor allem nicht für ein Kleid, das ich vermutlich nur einmal anziehen werde, ehe ich es in die hinterste Ecke meines Kleiderschrankes verbanne.

Trotzdem … Ich möchte so gut wie möglich für Matt aussehen – natürlich bloß, weil ich ja sozusagen eine Repräsentantin des DeLuca-Weinguts bin.

Na klar. Es hat rein gar nichts damit zu tun, dass du ihn für so umwerfend hältst, dass dir jedes Mal schwindelig wird, wenn er in deine Richtung schaut. Oder wenn er dir dieses Lächeln schenkt. Oder wenn du in seinem Büro bist, nur ihr zwei, und ihr zusammenarbeitet, wenn er seine Stimme zu einem leisen Murmeln gesenkt hat und sein frischer, maskuliner Duft in der Luft hängt, der dich ganz verrückt macht. Es hat auch nichts mit der Art zu tun, wie er dich ansieht, wenn er glaubt, dass du ihn nicht beachtest. So als würde er dich langsam ausziehen wollen, um mit den Händen über deinen nackten Körper zu streichen. Gefolgt von seinem Mund …

Seufzend lasse ich den Kopf hängen und starre auf die Tastatur vor mir. Mich in meinen Chef zu verknallen ist so ziemlich das Idiotischste, was ich je getan habe. Und ich habe in der Vergangenheit schon eine Reihe von idiotischen Dingen getan.

Ich verdrehe die Augen und beginne zu tippen. Meine Gedanken drehen sich im Kreis. In meinem Kopf herrscht ein einziges Durcheinander, und immer wieder denke ich über diese Verliebtheit nach, die doch sowieso zu nichts führen kann. Wie soll ich denn da vernünftig mit Matt reden können? Kaum bin ich in seiner Nähe, schaltet sich mein Verstand automatisch ab. Wenn er zu mir an den Schreibtisch kommt, fühle ich mich leicht benommen. Und wenn er mich anlächelt, setzt mein Herzschlag aus.

Und das Schlimmste an der ganzen Sache ist, dass ich das alles schon einmal erlebt habe. Dabei handelte es sich allerdings nicht bloß um eine Schwärmerei. Nein, ich habe mich – im wahrsten Sinne des Wortes – von meinem ehemaligen Chef ein ums andere Mal um den Schreibtisch jagen lassen, während er mir an den Hintern gefasst hat. Und an meine Brüste. Ich habe seine Hände zwar abgewehrt, dabei aber leider gekichert. Schließlich habe ich mich auch noch von ihm küssen lassen.

Ziemlich lange und ziemlich heftig … und noch einiges mehr.

Erst danach habe ich herausgefunden, dass er eine Frau und Kinder hat, und, Scheiße, da wäre ich am liebsten gestorben. Ich habe sofort am nächsten Tag gekündigt. Damals war ich gerade neunzehn, hatte schreckliche Angst und habe befürchtet, dass seine Frau mich fertigmachen würde. Und es wäre ihr gutes Recht gewesen, wie ich finde, denn immerhin habe ich mit ihrem Mann rumgemacht. Wieso habe ich etwas so Schreckliches getan? Was habe ich mir nur dabei gedacht?

„Gott hat dich mit einem hübschen Körper und einem schönen Gesicht gesegnet“, hat meine Grandma mir vor langer Zeit einmal gesagt. „Das wird dir nichts als Ärger einbringen, Mädchen. Du bist viel zu hübsch für dein eigenes Wohl.“

Ich verziehe das Gesicht, während meine Finger über der Tastatur innehalten. Na großartig. Jetzt verfolgt mich auch noch meine Grandma. Aber die Worte, die sie gesagt hat – und das, was mit meinem ehemaligen Chef passiert ist –, sind der Grund, warum ich angefangen habe, mir ein unscheinbareres Äußeres zuzulegen. Mein Gesicht hat mir einfach zu viele Probleme eingehandelt.

Als ich ein kleines Mädchen war, versuchte der stadtbekannte Perversling, der nur drei Trailer von uns entfernt wohnte, mich in seinen Wagen zu zerren. Daraufhin tat ich das, was meine Mom mir immer eingetrichtert hatte, was man in solch einer Situation tun sollte: Ich spuckte dem Kerl ins Gesicht und lief fort.

Und als ich auf der Highschool war, wurde ich von drei Typen aus dem Footballteam in der leeren Sporthalle in eine Ecke gedrängt und von ihnen auf die Knie gestoßen, weil sie ihren Spaß mit mir haben und mir ihre Schwänze in den Mund stecken wollten. Nur das Auftauchen ihres Trainers rettete mich, der ihnen sagte, sie sollten machen, dass sie fortkommen. Danach hat nie wieder jemand ein Wort über den Vorfall verloren.

Das war, abgesehen von dem Ereignis mit dem stadtbekannten Perversling, der furchterregendste Augenblick in meinem Leben.

Als daher mein süßholzraspelnder Exchef seinen Charme versprühte und mich irgendwie dazu brachte, ihn mit all der aufgestauten Leidenschaft einer naiven Neunzehnjährigen, die zu viele Liebesromane gelesen hatte, zu küssen … Nun, da war es wenig überraschend, dass meine albernen Träume wie Seifenblasen zerplatzten.

Sämtliche meiner albernen Träume sind zerplatzt. Und was mich dabei stets in Schwierigkeiten brachte, war mein allzu hübsches Gesicht.

Damals zog ich sofort weg, ließ Texas hinter mir und machte mich auf den Weg nach Kalifornien, dem verheißungsvollen Land der Träume und des Glücks. Ich gab mir größte Mühe, in Hollywood Fuß zu fassen, und glaubte, wenn ich schon so gut aussehe, könnte ich wenigstens versuchen, das Beste daraus zu machen.

Allerdings wurde mir ziemlich bald klar, dass ich bloß eins von unzähligen anderen hübschen Gesichtern war. Ich ergatterte eine Rolle in einem TV-Werbespot für einen kleinen Sender, der jedoch nur spätabends ausgestrahlt wurde. Außerdem posierte ich auf einer Reihe von Auto-Shows im Bikini, wo ich ständig damit beschäftigt war, allzu übergriffigen Männern, die meinen Hintern oder sonst was begrapschen wollten, auf die Finger zu klopfen.

Frustriert machte ich mich dann online auf die Suche nach einem Job. Nach irgendeinem Job, irgendwo, es war mir egal, ich wollte einfach weg aus Hollywood. Doch auch dieser Traum zerplatzte. Niemand wollte mich einstellen – es sei denn, ich wäre bereit gewesen, mit demjenigen zu schlafen. Oder ihm einen Blowjob zu verpassen. Aus irgendeinem Grund waren alle scharf auf einen Blowjob.

Perverslinge.

Schließlich stieß ich doch noch auf eine vielversprechende Stellenanzeige: Gesucht wurde eine persönliche Assistentin im Napa Valley. Auf diese Weise konnte ich aus Hollywood weg, ohne Kalifornien ganz verlassen und womöglich nach Hause zurückkehren zu müssen. Dort hätten mich ja alle für eine absolute Versagerin gehalten.

Also begann ich mit meiner Verwandlung. Ich bekam den Job und hörte auf, mich zu schminken, trug nur noch Dutt oder Pferdeschwanz und besorgte mir neue, relativ hässliche Klamotten in neutralen Farben. Ich war bloß noch ein Schatten meines früheren Ichs. Ich war still. Aber ich war eine verdammt gute Angestellte.

Leider war der vorherige Besitzer des Weinguts ein verdammt schlechter Chef.

Als er all sein Geld verjubelt hatte und der Besitz in die Zwangsvollstreckung ging, war ich mir sicher, dass ich jetzt in meine staubige Heimatstadt zurückmusste, an den Ort, wo meine Träume zerplatzt waren. Ich hatte schon angefangen, meine Sachen zu packen, und nach Möglichkeiten gesucht, die wenigen Möbel aus der miesen kleinen Wohnung, die ich mir kaum leisten konnte, zu verkaufen, als mein ganz persönlicher Held in meinem Leben auftauchte und es für immer veränderte.

Matthew DeLuca.

Der höllisch attraktive ehemalige Baseballspieler hatte aufgrund einer Knieverletzung seine Karriere vorzeitig beenden müssen. Er sah aus wie ein Filmstar, als er mit seinem fantastischen Aussehen und dem umwerfenden Lächeln eines Tages ins Büro marschierte und mit seiner tiefen, aufregenden Stimme – die meinen Körper jedes Mal, wenn ich sie höre, in Schwingung versetzt – verkündete, dass er unser aller Leben zum Besseren verändern würde.

Und genau das tat er.

Nicht nur zahlte er all die ausstehenden Gehälter, um die uns unser ehemaliger Chef betrogen hatte. Nein, er gab allen Angestellten des Chandler-Weinguts, das seitdem unter dem Namen DeLuca firmiert, auch noch eine Gehaltserhöhung. Anschließend fragte er uns, ob es uns etwas ausmachen würde, während der kommenden Monate Überstunden zu machen, um das Weingut bis zur Wiedereröffnung auf Vordermann zu bringen.

Er brauchte keinen von uns zweimal zu fragen. Wir waren mehr als willig, alles zu tun, um unseren neuen Chef glücklich zu machen. Und uns das zusätzliche Gehalt zu verdienen.

Matt hat mir also nicht nur das Leben gerettet, er ist außerdem ein guter Chef. Fair, intelligent, großzügig. Auch wenn er mich hart arbeiten lässt, schafft er es, dass ich mein Bestes gebe. Und er hat noch nie versucht, mich um den Schreibtisch zu jagen, um mir einen Kuss zu stehlen.

Obwohl ich mir manchmal wünschte, er würde es tun.

„Miss James, könnten Sie mir noch eine aktuelle Liste der Gäste erstellen, die nächste Woche zur Party kommen wollen?“

Matts knapper, geschäftsmäßiger Ton reißt mich aus meinen Gedanken, und als ich aufblicke, sehe ich ihn mit besorgter Miene vor meinem Schreibtisch stehen. Die Brauen hat er zusammengezogen, den Kopf zur Seite geneigt, und er sieht insgesamt so aus, als wollte er versuchen, herauszufinden, was mir fehlt.

Tja, ich kann ihm ja wohl kaum erzählen, dass er mir fehlt, oder?

„Ja, Sir.“ Ich lächele ihn schmallippig an. So lächele ich in letzter Zeit nur noch. Früher hatte ich ein strahlendes, offenes Lächeln, doch das hat mir viel zu viel Ärger eingebracht. Es hat den Männern einen falschen Eindruck vermittelt.

„Sie werden auch daran teilnehmen, richtig?“ Diesmal zieht er eine Braue hoch, während er auf meine Antwort wartet.

Mein Mund wird ganz trocken, und ich gleite mit der Zunge über die Lippen. Dabei bemerke ich, dass Matts Blick einen winzigen Moment lang zu meinem Mund wandert, bevor er mir wieder in die Augen schaut. „Richtig“, erwidere ich, ihn nachahmend. Ich muss vor Ort sein, um sicherzustellen, dass alles planmäßig läuft. Obwohl ich schreckliche Angst davor habe, mich da sehen zu lassen.

Was ist, wenn er … wenn er jemanden mitbringt? Dann wäre ich am Boden zerstört. Ich müsste so tun, als wäre alles gut, müsste weiter meinen Job machen, während ich innerlich langsam zerbrechen würde.

Was total blöd ist. Blöd, blöd, blöd.

„Gut.“ Er nickt kurz. „Ich brauche Sie dort.“

„Ich werde da sein“, sage ich schwach und bin insgeheim dankbar, dass ich sitze, denn meine Knie fühlen sich ziemlich wackelig an. Himmel, hilf! Es gefällt mir, dass er gesagt hat, er braucht mich dort.

Dass er mich braucht.

„Danke.“ Matt nickt erneut und geht zur Tür. „Ich bin draußen auf dem Weinberg. Simsen Sie mich an, wenn Sie mich brauchen.“

„Mach ich. Viel Spaß!“, rufe ich ihm hinterher, während mein Blick auf seinen knackigen Hintern fällt. Wie fast immer ist Matt leger gekleidet und hat Jeans an, denn den größten Teil seiner Zeit verbringt er ohnehin zwischen den Weinreben. Er ist ganz versessen darauf, alles zu lernen, was nötig ist, um hochwertige Trauben zu produzieren, die dann hochwertigen Wein ergeben. Zu den Jeans trägt er normalerweise Oberhemden, deren Ärmel er häufig bis zum Ellenbogen hochgerollt hat, sodass seine kräftigen gebräunten Unterarme zu sehen sind. Ein Anblick, der mir ebenfalls weiche Knie beschert.

Gelegentlich taucht er auch im Anzug auf. Meistens wenn er eine Besprechung in seinem Büro mit irgendwelchen wichtigen Leuten hat. Mit Investoren, Großhändlern und so. Das sind die schlimmsten Tage. Dann ist meine Konzentration total hin. Der Mann kann einen Anzug ausfüllen wie kein anderer. Diese breiten Schultern und der kräftige Oberkörper, das dunkle Haar, das im Nacken einen Tick zu lang ist – eine kleine Erinnerung an seine Zeit als Baseballspieler, vermute ich. Sein volles braunes Haar wellt sich an den Enden auf äußerst ansprechende Weise. Sprich, mir juckt es immer in den Fingern, mit den Händen hindurchzufahren.

Ich kann mich kaum beherrschen. Der Mann wirkt auf mich wie eine Droge, ohne die ich nicht mehr leben kann. Natürlich ist es hoffnungslos, doch zugleich macht mich diese Sucht glücklich. Es ist geradezu lächerlich, wie oft ich an ihn denke.

Er scheint jedoch keinen Gedanken an mich zu verschwenden.

Mein Handy klingelt, und als ich Ivys Nummer auf dem Display erkenne, gehe ich ran. Eigentlich mag ich es nicht, Privatgespräche während der Arbeitszeit zu führen. Matt hat zwar noch nie etwas gesagt, aber für mich fühlt es sich nicht richtig an.

Wobei ich allerdings ohnehin nicht sonderlich viele private Anrufe bekomme. Ich habe kaum Freundinnen hier, denn ich bin ja noch relativ neu in der Gegend. Einen Freund habe ich ebenso wenig; Männer bedeuten sowieso nur Ärger. Tja, und meine Grandma ruft mich auch nie an. Meistens tut sie so, als würde ich gar nicht existieren.

„Du musst Samstag mit mir einkaufen kommen“, verkündet Ivy, nachdem ich mich gemeldet habe.

Unbehagen breitet sich in mir aus. Eigentlich wollte ich gerne mit ihr losziehen. Ich habe mich dazu von ihr überreden lassen. Aber je länger ich darüber nachgedacht habe, desto klarer wurde mir, dass ich es mir nicht leisten kann, in den Läden einzukaufen, die Ivy frequentiert. Sie ist steinreich. Im Gegensatz zu mir. „Ivy, ich weiß es zu schätzen, dass du mit mir shoppen gehen willst. Aber ich kann einfach nicht so viel Geld für ein Kleid ausgeben“, erkläre ich ihr, während ich meinen Stuhl herumdrehe, damit ich aus dem Fenster hinaus auf die Weinberge schauen kann.

Dort draußen entdecke ich Matt, der mit dem Manager spricht. Sein Haar glänzt in der Sonne, und sein weißes Oberhemd spannt sich auf sehr ansprechende Weise über seinen breiten Schultern.

„Ich gehe lieber in einen dieser normalen Läden wie Ross oder so.“ Schnell füge ich noch hinzu: „Das ist eher meine Preisklasse.“

„Du gehst auf keinen Fall zu Ross.“ Ivy seufzt, klingt jedoch fest entschlossen. „Ich habe einen Plan, und du bist ein Teil davon, daher musst du mit mir einkaufen gehen. Und ich bringe noch eine Freundin mit. Sie wird dir gefallen. Es ist die Freundin meines Bruders. Sie ist ein echter Schatz.“

Na toll. Ich weiß, dass Gage Emerson, Ivys Bruder, ein hochkarätiger Makler ist, der Matt geholfen hat, dieses Weingut zu finden. Er ist reich und sieht toll aus. Genau wie Matt. Und genau wie Ivys Verlobter, Archer Bancroft.

Und ich? Ich bin die unbedeutende kleine Bryn James aus Cactus in Texas, die in einem Trailer aufgewachsen ist und ihr Leben lang arm wie eine Kirchenmaus war. Wie eine der Schlangen, die unter unserem Wohnmobil ihr Zuhause hatte, habe ich mich irgendwann gehäutet und ein neues Leben begonnen. Hier in Kalifornien, dem Golden State.

Das Gold ist zwar ein wenig abgeblättert, seit ich hier bin, aber nicht so schlimm, dass man dem nicht mit ein bisschen Politur Abhilfe schaffen könnte.

„Klingt …“

„Wie dein schlimmster Albtraum?“ Ivy lacht, während ich schockiert schweige. Woher wusste sie das? „Ich mag dich, Bryn. Wirklich sehr. Und ich glaube, dass du mich auch magst.“

„Ja, sicher“, erwidere ich automatisch und höre mich dabei wie ein Roboter an.

Ivy lacht noch lauter. „Du musst einfach … lockerer werden. Du bist viel zu verklemmt. Hast du Freunde? Einen Freund? Trägst du auch mal andere Farben als immer nur Braun und Beige?“

„Hey.“ Das finde ich verletzend. Obwohl Ivy natürlich die Wahrheit sagt. „Ich habe auf deine Empfehlung hin letzten Monat diese bunten Tops gekauft.“

„Ich weiß. Und ich bin stolz, dass du so mutig warst. Aber du brauchst noch mehr Farbe, Bryn. Du bist so hübsch – das brauchst du gar nicht erst abzustreiten, denn, vertrau mir, du bist es tatsächlich. Wir könnten dir doch mal eine neue Frisur verpassen. Oder dir einen Satz neuer Klamotten kaufen oder so.“ Sie hält kurz inne. „Bitte, bitte! Ich übernehme auch die Kosten.“

„Auf keinen Fall. Nein, nein. Ich will deine Almosen nicht.“ Ich drehe mich vom Fenster weg und starre auf meinen Computerbildschirm, allerdings verschwimmt alles vor meinen Augen. Meist ist es doch so, dass jemand, der einem etwas Gutes tut, eine Gegenleistung erwartet.

Jedenfalls habe ich diese Erfahrung gemacht.

„Es ist kein Almosen, versprochen. Es ist nur … Ach, ich erklär dir das alles am Samstag. Wir könnten uns zum Mittagessen treffen, dabei erzähle ich dir dann alles, und anschließend gehen wir schön shoppen. Wie hört sich das an?“

Wie ein Albtraum. Wie ein Almosen. Ich sollte Nein sagen. Ich möchte mich niemandem verpflichtet fühlen. Schlimm genug, dass ich meinem Chef gegenüber schon so empfinde. Ich schulde ihm so viel, und er ahnt es nicht einmal.

Ich will nicht, dass Ivy meint, sie müsse sich um mich kümmern. Das ist so oberpeinlich.

„Sag einfach zu, Bryn. Komm schon“, beschwört Ivy mich, und ich gebe endlich nach, weil ich ein Waschlappen bin und gar nicht anders kann.

„Na schön, ich komme mit. Aber ich habe das letzte Wort bei allem, okay? Was die Klamotten und so angeht“, erkläre ich mit fester Stimme.

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