×

Ihre Vorbestellung zum Buch »Melodien der Sehnsucht: Wie ein schöner Schmetterling«

Wir benachrichtigen Sie, sobald »Melodien der Sehnsucht: Wie ein schöner Schmetterling« erhältlich ist. Hinterlegen Sie einfach Ihre E-Mail-Adresse. Ihren Kauf können Sie mit Erhalt der E-Mail am Erscheinungstag des Buches abschließen.

Melodien der Sehnsucht: Wie ein schöner Schmetterling

hier erhältlich:

Seth hat eine Nacht mit einer bezaubernden Unbekannten verbracht. Als er sie wiedertrifft, erwartet ihn eine Überraschung: Es ist die berühmte Violinistin Lia D'Angeli! Hat er überhaupt eine Chance, ihr Herz zu gewinnen?


  • Erscheinungstag: 01.03.2015
  • Seitenanzahl: 120
  • ISBN/Artikelnummer: 9783956494116
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Sandra Field

Melodien der Sehnsucht: Wie ein schöner Schmetterling

Aus dem Amerikanischen von Sabine Reinemuth

image

MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright © 2015 by MIRA Taschenbuch

in der Harlequin Enterprises GmbH

Titel der englischen Originalausgabe:

His One-Night Mistress

Copyright © 2005 by Sandra Field

erschienen bei: Harlequin Enterprises, Toronto

Published by arrangement with

Harlequin Enterprises II B.V./S.àr.l

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Covergestaltung: pecher und soiron, Köln

Redaktion: Maya Gause

Titelabbildung: Thinkstock/Getty Images, München; pecher & soiron, Köln

ISBN eBook 978-3-95649-411-6

www.mira-taschenbuch.de

Werden Sie Fan von MIRA Taschenbuch auf Facebook!

eBook-Herstellung und Auslieferung:

readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

 

 

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder

auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich

der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Alle handelnden Personen in dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

1. KAPITEL

Glitzernd. Faszinierend. Was für ein fantastischer Anblick!

Staunend schritt Lia d’Angeli durch das weitläufige Foyer des Pariser Luxushotels und bewunderte die riesigen Wandspiegel in den prunkvoll vergoldeten Barockrahmen. Was sie darin erblickte, hätte sich auf einer Lustbarkeit am Hofe Ludwigs des Vierzehnten abspielen können. Lia presste die Einladungskarte mit den elegant geschwungenen Lettern fester an sich. Ihr Freund Mathieu hatte sie ihr gestern in die Hand gedrückt. „Ein Maskenball”, hatte er ihr erklärt und gelächelt. „Leider kann ich nicht hin. Such dir einen hübschen jungen Mann aus, Lia, und iss, trink und tanz nach Herzenslust. Vielleicht begegnest du einem Prinzen – du bist viel zu schön, um wie eine Nonne zu leben, chérie.”

Mathieu war bekannt für seinen lockeren Lebensstil, dennoch war Lia fest entschlossen, seinen Rat in die Tat umzusetzen – wenigstens zum Teil. Sehr gern wollte sie essen, trinken, tanzen und ihren Spaß haben – jedoch allein. Sie würde das Fest ohne Begleiter besuchen und auch allein wieder verlassen.

Niemand hier weiß, wer ich bin, dachte sie erleichtert. Noch war ihre Berühmtheit jung und belastete sie teilweise schwer. Aber heute war sie nicht Lia d’Angeli, die junge begabte Geigerin, die ihr Publikum im Sturm eroberte und innerhalb von sechs Monaten zwei internationale Wettbewerbe gewonnen hatte. Nein, dachte sie und lächelte ihrem Spiegelbild zu, heute bin ich ein flatterhafter Schmetterling, der von Blume zu Blume gaukelt und sich nicht fangen lässt.

Wie eine zweite Haut umschloss ihr Kostüm, ein glänzender türkisfarbener Bodysuit, ihre Brüste, Taille, Hüften und die langen schlanken Beine. An den Füßen trug sie mit Strass besetzte Riemchensandaletten, und zwischen Körper und Armen deutete hauchdünner grüner und türkisfarbener Chiffon die Flügel an. Doch erst die Maske machte das Kostüm so aufsehenerregend.

Wie ein antiker Helm reichte sie bis über die Wangenknochen und ließ Lias braune Augen noch dunkler und geheimnisvoller wirken. Das lange dunkle Haar war unter einer mit Perlen und Pfauenfedern verzierten Kappe versteckt. Wangen, Kinn und Hals hatte Lia türkis geschminkt und die Lippen golden.

Für ihre Zwecke war es das perfekte Kostüm, denn es gab ihr die Freiheit, nach der sie sich an diesem Abend sehnte. Niemand konnte sie in dieser Aufmachung erkennen. Wie Cinderella wollte sie bis Mitternacht lachen und tanzen, um mit dem Glockenschlag heimlich zu verschwinden.

Neugierig blickte sie sich unter den Gästen um. Von Marie Antoinette bis zum Glöckner von Notre-Dame, vom Kardinal bis zur Tänzerin von Moulin Rouge war alles vertreten, was man sich nur denken konnte. Alle trugen Masken, und alle waren fremd – vielleicht sogar sich selbst, dachte Lia und fühlte sich plötzlich bedrückt.

Doch schnell schüttelte sie dieses Gefühl wieder ab, ging zum Türsteher und zeigte ihre Einladung. Nachdem der uniformierte Beamte an seiner Seite ihm etwas ins Ohr geflüstert hatte, nahm er Lia die Karte ab und legte sie, ohne auch nur einen Blick darauf geworfen zu haben, auf einen Stapel.

Also gab es keine Schwierigkeiten, obwohl die Einladung auf Mathieus und nicht auf ihren Namen ausgestellt war. Erleichtert betrat Lia den Ballsaal. Ein Wiener Walzer erklang, doch der mächtigen Musikanlage nach zu urteilen würden wohl bald härtere Rhythmen folgen.

Auch in diesem Raum, der kobaltblau tapeziert war, hingen Spiegel an den Wänden. Die Decke war mit unzähligen Putten bemalt, und in den prachtvollen Messingkandelabern brannten echte Kerzen. Die Tische um die Tanzfläche waren mit kostbaren Damasttüchern eingedeckt, und an der eleganten Atmosphäre hätte bestimmt der Sonnenkönig persönlich Gefallen gefunden. Überall boten Ober in weißer Livree den Gästen Wein und Champagner auf silbernen Tabletts an.

Und dann fiel ihr Blick auf ihn.

Genau wie sie lehnte er an der Wand und beobachtete das bunte Treiben. Ein Räuber mit Umhang und Reitstiefeln, schwarzer Maske und einem Dreispitz, den er tief ins Gesicht gezogen hatte.

Kein Kostüm hätte seine große athletische Gestalt verbergen können oder die Aura von Macht, die ihn umgab. Selbstbewusst und ruhig stand er da, als sei er es gewohnt, überall das Sagen zu haben.

Er war ein Mann, der sich nahm, was ihm gefiel, ein Räuber durch und durch.

Und wie sie war auch er ohne Begleitung.

Als ihre Blicke sich trafen, fröstelte Lia. Der Fremde nahm sie so durchdringend ins Visier wie ein Bandit sein Opfer. Lia war nicht in der Lage, auch nur den kleinen Finger zu bewegen, und fühlte sich hilflos wie ein aufgespießter Schmetterling. Mit klopfendem Herzen stand sie bewegungslos da.

Angstzustände waren nichts Neues für Lia, denn sie hatte schon immer viel gewagt und steckte ihre Ziele stets gefährlich hoch. Aber so schlimm ihr Lampenfieber vor Konzerten auch sein mochte, eine Sache beruhigte sie immer: Sie konnte sich auf ihr Spiel verlassen, weil sie jedes Mal bestens vorbereitet war. Außerdem wusste sie aus Erfahrung, dass sie ihre Nerven im entscheidenden Moment unter Kontrolle hatte.

Wohingegen die Panik, unter der sie jetzt litt, von ganz anderer Qualität war. Lia fühlte sich nackt und hilflos, und das nur, weil ein Mann sie ansah, ein Mann, dem sie noch nie begegnet war und den sie bestimmt nie wieder treffen würde.

Ich benehme mich einfach lächerlich, gestand sie sich ein. Schließlich hatte der Fremde sie lediglich angeschaut, und sie reagierte, als ob er sie berührt hätte. Lia riss sich zusammen, nahm von einem Ober dankend ein Glas Rotwein entgegen, hob es hoch und prostete dem Fremden lässig zu.

Mit einer weit ausholenden Geste zog er den Hut und verbeugte sich bühnenreif, wobei seine dichten blonden und von der Sonne natürlich gesträhnten Locken im Kerzenlicht glänzten. Elegant richtete er sich wieder auf, durchquerte den Saal und kam auf sie zu.

Doch noch bevor er bei ihr war, verbeugte sich ein als Napoleon verkleideter Mann vor Lia und bat sie in gebrochenem Französisch um den nächsten Tanz. Schnell setzte sie ihr Glas auf dem nächsten Tisch ab und nahm die Aufforderung in Englisch an.

„Schön, dass Sie meine Muttersprache sprechen”, bemerkte der Napoleon erleichtert und führte sie im Walzertakt geschickt übers Parkett. Offenbar war er nicht an einer Unterhaltung interessiert, denn er konzentrierte sich ganz aufs Tanzen, was Lia sehr entgegenkam. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie der Räuber sich mit einem charmanten Lächeln der Umarmung einer Revuetänzerin entzog und immer näher kam.

„Ich würde gern einen Blick auf das Orchester werfen. Wäre das möglich?”, wandte Lia sich an ihren Partner.

Napoleon salutierte und steuerte sie elegant in die gewünschte Richtung. Als der Walzer in eine Rumba überging, löste ein Clown mit einem grellroten, übergroß geschminkten Mund den berühmten Franzosen ab. Anschließend landete Lia in den Armen eines vorbildlich gekleideten Gentlemans, der einem Roman des vorletzten Jahrhunderts entsprungen zu sein schien. Ganz der Musik hingegeben, hob und senkte Lia die Arme und folgte dem Rhythmus, sodass der Chiffon ihrer Flügel sie wie ein Schleier umwehte.

Als der Twostepp endete und der ältliche Gentleman sich vor Lia verbeugte, stand bereits der Räuber neben ihm.

„Jetzt bin ich an der Reihe”, forderte er in einem Ton, der sein verbindliches Lächeln Lügen strafte.

Lia hätte ablehnen können, doch sich vor einer Herausforderung zu drücken empfand sie als feige. Stolz legte sie also stattdessen den Kopf zurück. „Es ist sehr warm hier. Dürfte ich Sie um ein Glas Champagner bitten?”

„Wie heißen Sie?”

„Benehmen Sie sich immer wie der Elefant im Porzellanladen?”, fragte Lia spöttisch.

„Ich halte nichts davon, unnötig Zeit zu vertun.”

„Meine oder Ihre?”

„Meine”, antwortete er ungerührt.

„Dann sollten Sie sich besser eine andere Partnerin suchen.”

„Das glaube ich nicht.”

„Dann verraten Sie mir doch Ihren Namen”, provozierte sie ihn, fest davon überzeugt, dass er ablehnen würde.

„Seth Talbot aus Manhattan. Und auch Sie sind Amerikanerin.”

Lia erschrak, denn tatsächlich lebte sie ebenfalls in Manhattan – in einer kleinen Eigentumswohnung in Greenwich Village. „Ich bin in der Schweiz geboren, Mr Talbot”, wich sie einer direkten Stellungnahme aus, winkte einem Ober und nahm sich ein Glas Champagner. Sie setzte es an die Lippen und genoss das Prickeln der Kohlensäure.

„Sie nehmen sich offensichtlich, was Ihnen gefällt”, stellte Seth fest.

„Gibt es denn eine andere Möglichkeit?”

„Nein, für meine Begriffe auch nicht. Wir verstehen uns.”

„Sie können mich nicht verstehen, weil Sie gar nicht wissen, worauf ich aus bin”, entgegnete sie kühl.

„Wir haben uns angesehen und sofort gewusst, was wir voneinander wollen.”

Halt dich zurück, Lia. Sei vernünftig und spiel nicht mit dem Feuer. „Leider bin ich keine Hellseherin, Mr Talbot. Sie müssen mir schon erklären, was in Ihrem Kopf vor sich geht.”

Fast schmerzhaft eng umschloss er daraufhin ihre Handgelenke mit den Fingern. Dabei konnte sie sehen, dass er keinen Ring trug.

„Lassen Sie mich los”, bat sie ruhig.

Mit einer Abruptheit, die schon beleidigend wirkte, ließ er ihre Hände los – doch nur, um ihr den Arm um die Taille zu legen und sie von der Tanzfläche zu führen, obwohl die Musik gerade wieder einsetzte.

Wie selbstverständlich zog er sie mit unter sein weites schwarzes Cape, was Lia als unerhört intim empfand. Aber sie wehrte sich nicht gegen diese erregende Umarmung, denn ihre Faszination war größer als ihre Angst – was konnte ihr dieser Mann inmitten eines überfüllten Ballsaals auch schon antun?

Noch nie hatte sie so etwas erlebt, sie fühlte sich wie hypnotisiert. Die Körperwärme des Fremden übertrug sich auf sie, und ihr Herz klopfte langsam und stark. Jetzt nahm er ihre freie Hand und führte sie an die Lippen, bevor er sie umdrehte und die Innenfläche küsste – eine unbeschreiblich erotische Geste, die Lia erbeben ließ.

Am liebsten hätte sie ihr Glas zu Boden geworfen und beide Hände in die dichten, zerzausten und seidig glänzenden Locken des Fremden geschoben. Stattdessen umklammerte sie es krampfhaft, als wäre es ihr einziger Halt in dieser unwirklichen Situation.

Immer noch streichelte er mit den Lippen ihre Handfläche. Lia schloss die Augen und genoss das sinnliche Kribbeln. Tief in ihrem Inneren verspürte sie ein verlangendes Ziehen, und ihre Sehnsucht erwachte. Ich bin wirklich ein Schmetterling, dachte sie erstaunt, ein Schmetterling, der die Flügel ausbreitet, um der Sonne entgegenzufliegen. Plötzlich waren all ihre Sinne erwacht, und sie fühlte sich leicht und lebendig.

Vergiss die romantischen Gefühlsduseleien und sei ehrlich, Lia. Du lässt dich von einem Mann verführen, der in derselben Stadt lebt wie du. Du handelst unverantwortlich und spielst mit dem Feuer!

„Hören Sie auf damit!” Mit einer ruckartigen Bewegung wollte sie sich aus seinem Griff befreien, wodurch der Champagner aus dem Glas schwappte und über ihre Sandaletten lief.

Doch Seth Talbot war schneller und hielt Lia an den Fingern fest. „Sie wollen doch gar nicht, dass ich aufhöre”, behauptete er.

„Ich weiß nichts über Sie …”

„Doch. Ich habe lediglich die Höflichkeitsfloskeln übersprungen”, antwortete er rau. „Und bin gleich zu dem gekommen, was uns wirklich interessiert.”

Beim Tonfall des Fremden setzte Lias Herz einen Schlag aus. Er klang dunkel vor Erregung, und an seinem Hals pochte eine kleine Ader.

„Sie fühlen es also auch”, meinte sie leise.

„Von dem Moment an, als ich Sie sah”, gestand er.

Hatte sie das nicht gewusst? Hatte sie nicht deshalb die Aufforderung des Napoleons sofort angenommen und sich eiligst unter die Tanzenden gemischt?

„Sie sind wirklich ein Räuber, Mr Talbot. Was Sie sehen, wollen Sie auch haben.”

„Und Sie sind ein Schmetterling, dessen einziger Lebenszweck darin besteht, sich in Liebe zu vereinigen.”

Lia schluckte. „Ein Dieb nimmt sich, was ihm gefällt, ohne an die Konsequenzen zu denken.”

„Warum nennen Sie mich einen Dieb, wenn Sie freiwillig zu mir kommen?”

„Oh, hören Sie auf! Sie bringen mich ganz durcheinander.”

„Wie schön.” Plötzlich lächelte er.

Das machte ihn noch verführerischer, und sie musste all ihre Kräfte mobilisieren, um sich gegen seinen männlichen Charme zu wappnen. „Ich bin nicht auf körperliche Vereinigung aus”, erklärte sie kühl. „Ein Kostüm ist nur ein Kostüm, es macht noch keine Aussage über meinen Charakter.”

Ausgiebig musterte er sie von Kopf bis Fuß – ihr kam es vor, als würde er sie mit den Augen entkleiden. „Ihr Kostüm ist provozierend und sexy”, stellte er nüchtern fest.

Nun ging Lias Temperament mit ihr durch. Was Seth Talbot konnte, konnte sie auch! Sie legte den Kopf zurück und betrachtete ihn ungeniert. Die kniehohen Stulpenstiefel mussten aus handschuhweichem Leder sein, denn sie umschlossen seine athletischen Waden fast ebenso eng wie die schwarze Hose seine muskulösen Oberschenkel. Das elegante, mit Spitzen besetzte Hemd stand am Hals offen und zeigte ein Stück sonnengebräunter Haut, und der Fall des Umhangs ließ keinen Zweifel daran, wie beeindruckend breit Seth Talbots Schultern waren.

Bei seinem Anblick überkam Lia ein primitives Verlangen, das sie schockierte. War sie jemals das Opfer derart heftiger Gefühle gewesen? Nein, und deshalb war es umso wichtiger, jetzt unbedingt beherrscht zu bleiben.

„Sie sind auch nicht auf die Idee gekommen, sich als Clown mit roter Nase und Riesenohren zu verkleiden, wie der Mann, mit dem ich gerade getanzt habe. Ihr Kostüm ist ebenfalls sexy und betont Ihre Männlichkeit. Was wollen Sie mir also vorwerfen?”

„Endlich geben Sie zu, dass Sie mich erotisch finden – was für ein Fortschritt!”

„Tun Sie doch nicht so naiv.” Lia lächelte gespielt souverän. „Jede Frau, die Augen im Kopf hat, würde sich meinem Urteil anschließen.”

„Ich meine etwas anderes. Es hat uns beide getroffen wie der Blitz, so plötzlich und heftig, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte. Noch nie bin ich mitten in einem überfüllten Saal einer Unbekannten begegnet, von der ich sofort gewusst habe, dass sie für mich geschaffen ist – das schwöre ich Ihnen.”

Eigenartigerweise glaubte sie ihm aufs Wort. „Mir ist so etwas auch noch nie passiert”, gestand sie widerwillig.

Mit einer Zärtlichkeit, die sie endgültig entwaffnete, streichelte er ihre Wange. „Vielen Dank für Ihre Ehrlichkeit.”

Nur äußerst ungern widerstand Lia dem Wunsch, sich in seine Arme zu flüchten und die Stirn gegen seine Schulter zu lehnen. „Dann lassen Sie mich ehrlich bleiben: Es ist nicht meine Art, mit Fremden ins Bett zu gehen”, fuhr sie nüchtern fort.

„Meine auch nicht. Deshalb sollten Sie mir endlich Ihren Namen nennen.”

Eine innere Stimme riet Lia, ihre Identität auf keinen Fall preiszugeben. „Sie haben die Wahl, Mr Talbot, entweder Sie verzichten auf meinen Namen, oder ich nenne Ihnen einen falschen.”

„Warum so geheimnisvoll?”

„Weil das besser für mich ist.”

„Sind Sie berühmt? Sollte ich Sie kennen?” Angestrengt musterte er sie.

Seth Talbot sah nicht so aus, als würde er in ein klassisches Konzert gehen, eine Jazzkneipe passte viel besser zu ihm. „Nein, das ist unwahrscheinlich”, antwortete sie deshalb.

„Wenn wir gleich miteinander ins Bett gehen, und davon reden wir gerade, muss ich wissen, wer Sie sind.”

Er hat recht, erkannte Lia mit Schrecken, ich bin im Begriff, mit ihm ins Bett zu gehen! War sie denn völlig verrückt geworden? „Wenn Sie auf meinem Namen bestehen, wird nichts aus uns beiden”, erklärte sie fest.

„Haben Sie Schwierigkeiten mit der Polizei?”

„Nein!”

„Wenn Sie weder berühmt sind noch gesucht werden, hätten Sie mir einen falschen Namen nennen können, ohne dass ich je dahintergekommen wäre.”

„Ich lüge nicht.”

„Sie gewinnen lieber.”

„Und was ist falsch daran?”

„Nichts, aber auch ich bin lieber der Sieger als der Verlierer.”

„Dann können Sie mit mir eine neue Erfahrung machen, Mr Talbot. Es tut uns allen gut, die Rollen einmal zu tauschen.”

„Ich heiße Seth”, belehrte er sie. „Außerdem täuschen Sie sich in mir, ich habe in meinem Leben schon öfter auf der Verliererseite gestanden, als Sie ahnen.”

Instinktiv spürte sie, wie ernst ihm die Sache war, und ihr Lächeln verblasste. „Das tut mir aufrichtig leid”, meinte sie betroffen.

„Sie flirten nicht mit mir, das fasziniert mich, wie ich ehrlich gestehe. Wir reden also über mehr als nur Sex, oder?”

Erneut geriet Lia in Panik. „Wenn ein Räuber einen zarten bunten Schmetterling erblicken würde, würde er ihn doch nur zertreten”, versuchte sie sich herauszureden.

„Nein, meine Version lautet anders: Er wäre von der Schönheit des zarten Wesens überwältigt und würde es mit allen Sinnen genießen wollen.”

„Doch anschließend muss er das bunte Ding wieder fliegen lassen, denn es liebt die Freiheit.” Lia war erstaunt, wie unnachgiebig sie klang.

Einen Moment verharrte er vollkommen reglos, dann riss er sich plötzlich die Maske ab und warf sie zu Boden. Seth Talbot hatte tiefgrüne Augen mit braunen Sprenkeln. Seine Wangenknochen waren breit, die Gesichtszüge viel zu kantig, um im landläufigen Sinne als hübsch zu gelten, und sein markantes Kinn verriet, dass mit ihm nicht zu spaßen war.

Benommen schüttelte Lia den Kopf. „Ich muss den Verstand verloren haben, sonst würde ich an Flucht denken und nicht an Sex. Und da ich stocknüchtern bin, kann ich noch nicht einmal den Champagner für meine Gefühlsverwirrung verantwortlich machen.”

„Alkohol hat damit nichts zu tun”, erklärte er leise. „Nehmen Sie die Maske ab.”

„Nein! Sollten wir wirklich zusammen ins Bett gehen, müssen Sie mir versprechen, sie nicht zu berühren. Sie sollen nicht wissen, wer ich bin – ich möchte das so. Wenn Sie das nicht akzeptieren, lasse ich Sie jetzt stehen und gehe. Und wagen Sie ja nicht, mir zu folgen, ich würde laut um Hilfe rufen.”

„Sie stellen harte Bedingungen. Haben Sie keine Angst, dass ich mein Versprechen brechen könnte?”

„Nein, ich erwarte von Ihnen, dass Sie meinen Willen respektieren.”

Er lachte, dann sah er ihr direkt in die Augen. „Mein Leben war die letzten Jahre langweilig und vorhersehbar, das merke ich jetzt. Sie dagegen verblüffen mich immer wieder, ich weiß nie, was ich als Nächstes von Ihnen zu erwarten habe.”

War das nicht exakt das, was die Kritiker über sie schrieben? Lia d’Angeli ist immer für eine Überraschung gut, ausgetretene Pfade sind nichts für sie. Immer geht sie aufs Ganze, um dem Geheimnis eines Werkes auf die Spur zu kommen.

In neun von zehn Fällen hatte ihr ihre Eigenwilligkeit als Geigerin den gewünschten Erfolg gebracht. Doch wie stand es mit ihren Chancen bei diesem Mann? Würden ihre Methoden bei ihm versagen wie in dem gefürchteten zehnten Konzert, das von den Kritikern regelrecht in der Luft zerrissen worden war?

Die Antwort kannte allein die Zukunft.

2. KAPITEL

Lia hörte, wie das Orchester einen Tango anstimmte, und sah den Fremden aufmerksam an. „Sie machen nicht den Eindruck eines Mannes, der ein eintöniges Leben führt”, stellte sie fest.

„Schein und Sein sind zwei verschiedene Dinge, kleiner Schmetterling.”

Seinem bitteren Lächeln zufolge wusste der attraktive Fremde im schwarzen Mantel sehr gut, was Leid war. Das zog sie noch mehr zu ihm hin, und sie richtete sich kerzengerade auf.

„Also, wie ist es, Mr Talbot, gehen Sie auf meine Bedingungen ein? Sie erfahren weder meinen Namen noch rühren Sie meine Maske an.”

Stumm trat er einen Schritt näher, nahm ihr Gesicht in beide Hände und besiegelte sein Versprechen mit einem Kuss, in dem alles lag – die unwiderstehliche Anziehungskraft, das leidenschaftliche Verlangen und das Fehlen sämtlicher Schranken. Seths Kuss war leidenschaftlich und fordernd, und Lia erwiderte ihn rückhaltlos und hingebungsvoll.

Langsam löste Seth die Umarmung und hob den Kopf. Das Grün seiner Augen war noch dunkler geworden, und er atmete unregelmäßig. „Mir gefallen deine Forderungen nicht, aber ich würde alles tun, um dich zu besitzen. Ich schwöre dir, mich an deine Bedingungen zu halten.”

Alle Anspannung löste sich von Lia. „Gut. Wir haben zwei Möglichkeiten, entweder bleiben wir hier, tanzen, essen, trinken und machen Small Talk, oder wir gehen an einen Ort, wo wir allein sind und unsere Träume wahr werden können.”

„Dein Stil gefällt mir, schöne Unbekannte”, meinte er bewundernd.

„Das Leben ist kurz, Seth, und ich liebe die Herausforderung.” Sie lächelte. „In einem geschützten Kokon könnte ich niemals glücklich sein.”

„Ich habe eine Suite im Hotel. Komm, lass uns gehen”, erklärte er übergangslos.

Überrascht senkte Lia die Lider. Eine Suite in diesem Hotel kostete ungefähr so viel, wie sie in einem Monat verdiente. Dieser Seth Talbot aus Manhattan musste ein sehr reicher Mann sein. „Ich habe schon oft davon geträumt, eine Luxussuite von innen zu sehen, heute werde ich es also erleben.”

„Also gehörst du nicht zum Jetset und vertreibst dir die Zeit in Paris, bevor du die Villa an der Riviera für deine Freunde öffnest?”

Bei der Vorstellung musste Lia lachen. „Nein. Ich muss hart arbeiten, um einigermaßen gut leben zu können, süßes Nichtstun kann ich mir nicht leisten, und es ist auf Dauer auch nicht mein Fall.”

„Und womit verdienst du deinen Lebensunterhalt?”, hakte er sofort nach.

Mit dem Finger zog sie die Kontur seiner sinnlichen Unterlippe nach und genoss den Triumph, als sich seine Kinnmuskeln bei der zärtlichen Berührung unwillkürlich anspannten. „Ich glaube, wir interessieren uns für andere Dinge als Berufe”, antwortete sie schalkhaft. „Ich arbeite legal und sehr hart, bin schrecklich ehrgeizig, und spätestens in zehn Jahren wirst du von mir gehört haben. Mehr verrate ich nicht – oder hast du es dir inzwischen anders überlegt mit uns?”

„Anscheinend habe ich meinen Meister gefunden – und das in einer Frau.” Er lächelte. „Nein, ich stehe zu meinem Wort. Komm!”

Galant reichte er ihr den Arm, und als Lia sich bei ihm einhakte, fiel der schwarze Samt seines Umhangs schwer auf den hellen duftigen Chiffon ihrer Flügel. Eine dunkle Vorahnung überfiel Lia, und sie schauderte. Dennoch ging sie stolz und aufrecht an Seths Seite, als er ihnen einen Weg durch die tanzenden Paare bahnte. Das ist das größte Risiko, das ich in meinem Leben je eingegangen bin, dachte sie. Mit ihren leidenschaftlichen Gefühlen für die Musik und ihrer Geige hatte Lia Erfahrung, mit ihnen konnte sie umgehen. In Liebesangelegenheiten hingegen war sie völlig unerfahren.

Seth Talbot allerdings – davon war sie überzeugt – musste ein Meister darin sein.

Nachdem der Fahrstuhl sie ins oberste Stockwerk gebracht hatte, nahm Seth Lias Hand und führte sie zu einer cremefarbenen, mit Schnitzereien verzierten und teilweise vergoldeten Tür am Ende des Flurs. Doch als er sie für Lia öffnete, konnte sie ihren Fuß nicht über die Schwelle setzen, weil ihr Körper ihr plötzlich nicht mehr gehorchte.

„Ich kenne dich nicht, Seth, ich weiß überhaupt nichts über dich”, erklärte sie brüchig.

Autor