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Paul und die Klettenhexe – Das Geheimnis der Seemagierin

hier erhältlich:

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Paul ist total begeistert als er erfährt, dass die Klassenfahrt in diesem Schuljahr ihn und seine Mitschüler ans Meer führen wird, um dort etwas über Fossilien zu lernen. Es kommt noch besser: Für den spektakulärsten Fund gibt es einen Preis - den möchte er natürlich gewinnen! Die Klettenhexe für ihren Teil ist zunächst überhaupt nicht angetan von den Reiseplänen der Schulleitung, bis … -, ja bis sie auf die Spur des örtlichen Seemagiers stößt, in dessen Versteck sich der größte Schatz der Welt befinden soll …


  • Erscheinungstag: 28.12.2020
  • Aus der Serie: Paul Und Die Klettenhexe
  • Bandnummer: 3
  • Seitenanzahl: 208
  • Altersempfehlung: 9
  • Format: E-Book (ePub)
  • ISBN/Artikelnummer: 9783505143038

Leseprobe

Deutsche Erstausgabe

© 2020 Schneiderbuch

in der HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

Alle Rechte für die deutschsprachige Ausgabe vorbehalten

Die englische Originalausgabe erscheint 2021

unter dem Titel »Picklewitch & Jack and the Sea Wizard’s Secret«

bei Faber & Faber Limited

Bloomsbury House, 74–77 Great Russell Street, London, WC1B 3DA

Text © 2020 by Claire Barker

Illustration © 2020 by Teemu Juhani

Aus dem Englischen von Antje Görnig

Umschlagadaption: Achim Münster

eBook: PPP, Pre Print Partner GmbH & Co. KG, Köln, www.ppp.eu

ISBN 978-3-505-14303-8

www.schneiderbuch.de

Facebook: facebook.de/schneiderbuch

Instagramm: @schneiderbuchverlag

Es war Sommer, und in der Maria-Makellos-Schule für Hochbegabte standen die Fenster weit offen. Goldene Sonnenstrahlen fielen ins Klassenzimmer und glitzerten auf dem spiegelblank polierten Holzboden. Draußen blühten die Rosen, die Honigbienen summten, und die Rasenmäher zogen auf den Grünflächen lange Bahnen.

»Verflixt und zugenäht!« Die Klettenhexe stöhnte. Sie hatte die Beine auf dem Tisch und fächelte sich mit einer Krähenfeder Luft zu. »Mir ist so heiß! Ich fühle mich wie eine gekochte Rote Bete.«

Paul versuchte, sie nicht anzustarren, aber es stimmte: Klarindes Gesicht war ziemlich rot und glänzte. Er fand, sie hatte mehr Ähnlichkeit mit einer Tomate als mit einer Roten Bete, doch das sagte er ihr nicht. Stattdessen meinte er: »Vielleicht liegt es an deiner Kleidung.«

Die Klettenhexe schaute auf ihre Latzhose und ihre Stiefel hinunter. »Was ist damit?«

»Na ja«, entgegnete er, »du bist immer angezogen wie im Herbst.«

Klarinde dachte darüber nach. »Verstehe«, sagte sie. »Vielen Dank, Paul.«

Vielen Dank? Paul stutzte. Ging es ihr nicht gut? Oder folgte sie tatsächlich gerade zum allerersten Mal seinem Rat?

Klarinde holte ihr Zauberbuch aus ihrem alten Rucksack. »Was wir jetzt brauchen, ist ein blitzfixer Wechsel der Jahreszeiten!«, erklärte sie. »Ich habe irgendwo in meinem Grimoire eine fantastische Zauberformel.« Sie begann zu blättern. »Ein kühles Windchen würde helfen oder eine Gewitterwolke direkt über der Schule, die uns Schatten spendet. Vielleicht auch ein dichter Nebel. Dann würde ich mich viel wohler fühlen.«

Sie richtete sich ruckartig auf. »Ich hab’s! Ich rufe den Sturmwolf! Er lässt den Teich zufrieren, und dann können wir alle Eislaufen gehen!«

»Nein«, sagte Paul und stützte seufzend den Kopf in die Hände. »So habe ich das nicht gemeint.«

»Wie denn sonst?«, brummelte Klarinde, ohne aufzusehen, und blätterte eifrig weiter.

»Ich habe gemeint, du könntest deinen Hut abnehmen, wenn dir so heiß ist. Oder deine Stiefel ausziehen«, sagte Paul genervt.

»Meine Stiefel ausziehen?« Klarinde sah ihn entsetzt an. »Wie kannst du so etwas sagen! Mir ist schon klar, dass Häuslinge merkwürdige Vorstellungen haben, Paul – aber wirklich! Was fällt dir ein! Als würde eine Hexe JEMALS ihre Stiefel ausziehen! Auf so eine Idee kann nur ein Stinkmorchel kommen, oder vielleicht ein Piesepampel oder ein Dummdussel …«

»Ist ja schon gut, Klarinde, nicht so laut«, raunte Paul ihr zu und sah sich verstohlen in der Klasse um. »Du musst nicht immer Magie benutzen, weißt du? Du könntest einfach mal den Verstand einschalten. Du kennst die Regel: keine Zaubereien mehr in der Schule. Es darf doch niemand wissen, dass du eine echte Hexe bist. Ich versuche nur zu helfen.«

Klarinde zeigte mit dem Finger auf ihn. »Ja, aber das lässt du lieber bleiben! Häuslinge haben keine Ahnung von den richtigen Temperaturen für Hexen. Kümmer dich um deinen eigenen Kram!«

Mit einem empörten Schnauben verschränkte sie die Arme, und eine Feldmaus sprang aus der Brusttasche ihrer Latzhose. »Was für ein unhöflicher Bengel! Mir hat KEINER was zu sagen!«, schimpfte sie. »Ich TU, was mir gefällt, und mir GEFÄLLT, was ich tu!« Sie streckte die Zunge heraus und prustete ihm ins Gesicht.

Paul wischte sich die Spucke aus dem Auge. Die Klettenhexe – ein wildes kleines Mädchen, das in dem Walnussbaum am Rand des Gartens wohnte – tat nie, was man ihr sagte. Warum sollte es also diesmal anders sein? Ob sie mit den Elstern auf dem Dach tanzte oder ihn in ihre Zaubereien verwickelte – sie machte, was sie wollte, und brachte ihn damit immer wieder in Schwierigkeiten.

Doch obwohl sie ihm seinen Kuchen klaute, Haare wie ein Vogelnest hatte und nach Pilzen roch, mochte Paul sie sehr. Er konnte sich allerdings nicht erklären, warum er sie so mochte, wo er doch ein vernünftiger, gut erzogener Junge war. Aber es war ihm auch ein Rätsel, warum Klarinde ausgerechnet ihn als ihren besten Freund ausgewählt hatte – einen Jungen, der die Schulpausen zuvor allein verbracht hatte. Die Wahrheit war, dass Klarinde trotz all ihrer Fehler eine treue Freundin war und sehr witzig – und wahnsinnig beliebt noch dazu. Außerdem ließ sich nicht bestreiten, dass immer etwas Aufregendes passierte, wenn Klarinde in der Nähe war. Und wie viele Kinder konnten schon von sich behaupten, mit einer echten Hexe befreundet zu sein?

Wie aufs Stichwort öffnete Klarinde ihre schmutzige Faust und brachte eine Handvoll Marienkäfer zum Vor­schein. Sie beugte sich über sie und flüsterte:

»Marienkäfer klein und groß

steiget auf und sauset los,

flattert aus der Schule raus

und fliegt gleich geschwind nach Haus!«

Paul beobachtete, wie die kleinen Käfer ihre gepunkteten Flügelchen ausbreiteten, zum Fenster hinausschwirrten und sich auf den Weg zum Garten von Haus Krähenhorst machten. Sein Garten – besser gesagt Klarindes Garten – war ein verwuchertes Paradies, in dem es nur so summte und brummte vor Leben. Vögel zwitscherten in den Bäu­men, Frösche planschten im Teich und schillernde Libellen schwebten über das hohe Gras. Das magische Reich, das von einer schützenden Mauer umgeben war, hatte seine eigene Atmosphäre, die so wechselhaft war wie der Wind. Dieser Garten war Klarindes Zuhause, und wenn Paul in ihre laubgrünen Augen sah, kam es ihm manchmal so vor, als würde er direkt in ihn hineinschauen.

Da war es wohl nicht verwunderlich, dass mit Klarinde vom ersten Tag an eine Wildheit durch die Flure der Maria-Makellos-Schule gehuscht war. Die Natur war ihr wie ein gehorsamer Hund in die Schule gefolgt. Und inzwischen störte sich niemand mehr an dem Efeu, der sich durch die Schlüssellöcher rankte, und den Schnecken, die sich durch die Bücher auf den Regalen fraßen.

Paul zählte gerade die Raupen an den Fenstervorhängen, als Professor Helle in die Klasse kam. Alle, die vorher über ihren Büchern gebrütet hatten, sahen augenblicklich auf.

»Guten Tag, liebe Schülerinnen und Schüler«, sagte der Professor und gab der Ringelblume in seinem Tintenfass etwas Wasser. »Du liebe Güte, ganz schön heiß hier, oder? Aber egal – ich habe coole Nachrichten, haha!«

»Ich hoffe, wir bekommen einen neuen Lehrer für Fremdsprachen«, sagte Nikos Theofanis leise und schob seine Brille hoch. »Unterricht in vierundzwanzig Sprachen ist nicht genug.«

Astrid Olsen, Junior-Astrophysikerin des Jahres, ent­­gegnete: »Ich hoffe, es geht um neue Daten vom Hubble-­Teleskop!«

Fenella seufzte sehnsüchtig. »Vielleicht gibt es ja auch neue Schriften von Shakespeare für die Bibliothek.«

»Wir wissen, worum es geht!«, riefen die telepathisch veranlagten Wilson-Zwillinge im Chor. Sie drückten konzentriert die Finger an ihre Schläfen. »Um einen … AUSFLUG

»Ausgezeichnet, liebe Zwillinge! Gut gemacht!« Der Professor strahlte. »Ihr werdet immer besser! Ihr liegt ­richtig: Wir machen einen Ausflug ans Meer!«

Die ganze Klasse freute sich – nur Klarinde nicht. Sie war viel zu beschäftigt damit, einen Ohrenkneifer zu kitzeln.

»Wir haben das große Glück«, rief Professor Helle über das begeisterte Raunen hinweg, »dass uns die weltberühmte Wissenschaftlerin, Autorin und ehemalige Schülerin unserer Schule Dr. Florenzia Scharfzahn in ihr Haus Drachenfels eingeladen hat! Es ist ihr Wohnsitz und zugleich ihr Studienzentrum auf einer Klippe an der Küste. Genauer gesagt an der Juraküste, die für bemerkenswerte Fossilienfunde bekannt ist, wie ihr sicher alle wisst.«

Paul sprang vor Aufregung fast von seinem Stuhl. Erstens war er ein großer Fossilienfan – er hatte sogar eine richtige Sammlung in seinem Zimmer. Zweitens war ihm die berühmte Florenzia Scharfzahn natürlich ein Begriff. Sie hatte sein Lieblingsbuch zu diesem Thema geschrieben. Sie war eine Abenteurerin und Wissenschaftlerin und hochintelligent – sie war seine Heldin! Das war die beste Nachricht aller Zeiten.

»Herr Professor!«, rief er und reckte die Hand in die Höhe. »Herr Professor, können wir sie persönlich kennenlernen? Kann sie mir mein Buch Fantastische Fossilienwelt signieren? Dürfen wir selbst nach Fossilien suchen und sie ihr zeigen?«

»Ja, ja, Paul.« Professor Helle schmunzelte. »Beruhige dich. Wir sehen uns die Felsen selbstverständlich genauer an, die den Schlüssel zu Millionen Jahren Geschichte bergen, und ihr werdet ausreichend Gelegenheit haben, selbst Schätze zu finden. Es wird sogar einen Wettbewerb geben mit einem Preis für den außergewöhnlichsten Fund.«

Autor