×

Ihre Vorbestellung zum Buch »SPOT 4 - Jace: The Leader«

Wir benachrichtigen Sie, sobald »SPOT 4 - Jace: The Leader« erhältlich ist. Hinterlegen Sie einfach Ihre E-Mail-Adresse. Ihren Kauf können Sie mit Erhalt der E-Mail am Erscheinungstag des Buches abschließen.

SPOT 4 - Jace: The Leader

Jace traut seinen Augen kaum: In Todesangst steht eine junge Frau vor seiner Tür, die in den Fokus eines Menschenhändlerrings geraten ist. Ein Blick in Jennifers atemberaubend blaue Augen, und der Anführer des SPOT-Teams weiß: Er würde sein Leben für sie geben. Doch Jace ahnt nicht, dass dieser Einsatz dunkle Erinnerungen in ihm heraufbeschwören wird. Schon einmal hat er geliebt und wurde bitter enttäuscht. Ein Countdown um Leben und Tod beginnt, und Jace muss alles geben, um sein Mädchen vor einem grausamen Schicksal zu retten.

SPOT ist back: Im vierten Teil der Romantic-Thrill-Reihe wird es wieder heiß!


  • Erscheinungstag: 15.12.2018
  • Aus der Serie: Spot
  • Bandnummer: 4
  • Seitenanzahl: 220
  • ISBN/Artikelnummer: 9783733712938
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

SPECIAL OPERATIONS TEAM

Das Special Operations Team, auch SPOT genannt, ist eine Einsatztruppe der amerikanischen Polizei, die es offiziell nicht gibt. Nur ein paar wenige Abteilungschefs wissen von ihnen.

Diese fünf Männer haben nicht nur mit SWAT-Teams trainiert, sondern auch mit Navy Seals und Army Rangern.

Sie gehören zu den Besten.

Sie werden dann gerufen, wenn die Polizei mit normalen Mitteln nicht mehr weiterkommt.

Sie agieren im Dunkeln. Sie haben immer alles unter Kontrolle. Aber diese Einsätze ändern alles für sie.

Dies sind die Geschichten dieser fünf Männer.

PROLOG

Jennifer liebte die Arbeit im Hotel Ocean Side. Es war schon als Kind ihr Traumberuf gewesen, obwohl kaum jemand den Grund dafür verstand. Sie selbst konnte es auch nicht beschreiben. Es gab immer wieder stressige Tage, an denen sie am liebsten im Bett geblieben wäre, so wie heute. Doch trotzdem liebte sie ihren Job und konnte sich nicht vorstellen, etwas anderes zu machen. Außerdem hatte ja jeder Beruf auch anstrengende Seiten. Deswegen hatte sie sich auch noch kein einziges Mal über ihre Arbeitsstelle beschwert.

Seit fünf Stunden rannte Jennifer nun schon von einer Etage auf die nächste, sodass ihr mittlerweile die Füße schmerzten. Mal wieder verfluchte sie sich dafür, dass sie am liebsten in hohen Absätzen zur Arbeit ging und hier nicht einmal ein Paar flache Ersatzschuhe aufbewahrte. Am liebsten hätte sie sich ihre Schuhe nämlich von den Füßen gerissen und in die nächste Ecke geschmissen. Doch ihr blieb nichts anderes übrig, als in den wenigen Minuten, die sie sich nun an ihren Schreibtisch setzte, die Schuhe auszuziehen und zu hoffen, dass diese Pause für die nächste Stunde reichen würde. Zwischendurch, wenn sie die Zeit dafür fand, ging sie auch noch mit den Köchen die neue Speisekarte durch und wies die Zimmermädchen an, sorgfältiger zu arbeiten.

Seufzend stellte Jennifer sich wieder auf ihre hohen Absätze, die dafür sorgten, dass die Druckstellen an ihren Füßen nur noch größer wurden, schritt vorsichtig durch die Eingangshalle und hielt auf den Empfangstresen zu. Dabei legte sie ihre Hand auf den Bauch, der von ihrem engen Rock etwas eingeschnürt wurde und schon seit einer Ewigkeit leise knurrte. Vor einer Stunde hätte Jennifer eigentlich Mittagspause gehabt, aber bis jetzt war sie noch nicht einmal dazu gekommen, einen Schluck zu trinken, geschweige denn etwas zu essen. Und sie hatte die Befürchtung, dass es auch noch etwas dauern würde, bis sie endlich die nötige Ruhe fand. Meistens trat diese erst ein, sobald sie die Haustür hinter sich geschlossen hatte.

Kaum war sie um den Empfang herumgegangen, zog sie sich die Schuhe aus und ließ sich auf einen der Stühle fallen, die sich dort befanden. Erleichtert atmete sie auf und wackelte mit den Zehen, um die neu gewonnene Freiheit zu genießen.

„Du siehst müde aus“, wurde sie von ihrer Kollegin Christine begrüßt, nachdem diese sich um einen Gast gekümmert hatte. Dabei begutachtete sie Jennifer von oben bis unten, bevor sie eine Augenbraue nach oben zog.

Jennifer war unsicher, wie sie darauf reagieren sollte. Sie wusste, dass ihre Freundin sich Sorgen um sie machte. Doch sie hatte Christine schon mehr als einmal versichert, dass das nicht nötig war. Schließlich war Jennifer erwachsen und wusste genau, wie weit sie gehen konnte. Aber es brachte nichts, das jetzt noch einmal zu wiederholen. Ihre Freundin hatte einen viel zu großen Dickschädel, als dass es sie wirklich beeindruckt hätte.

„Das bin ich auch“, gab Jennifer dennoch zu, nachdem sie kurz nachgedacht hatte. „Seit Tagen habe ich keinen ruhigen Abend mehr auf meinem Sofa verbracht. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie es eigentlich aussieht. Sobald ich zu Hause bin, esse ich nur etwas, gehe duschen und dann sofort ins Bett.“

Christine warf ihr einen Blick zu, den Jennifer allerdings nicht so ganz deuten konnte.

„Oh Mann, ich führe ein megalangweiliges Leben.“

Jennifer wollte nicht jammern, aber gerade fühlte es sich zu gut an, sich einfach mal den ganzen Frust von der Seele zu reden. Außerdem war keiner der Gäste in der Nähe, sodass sie sich keine Sorgen darum machen musste, dass sie jemand hören konnte.

Mitleidig sah Christine sie an. Jennifer konnte sich vorstellen, was in ihrem Kopf vor sich ging, allerdings war sie froh darüber, dass ihre Freundin ihre Gedanken für sich behielt. Es war nämlich so, dass ihr Chef ihr schon vor Monaten angeboten hatte, ihr einen Assistenten zur Seite zu stellen. Bis jetzt hatte Jennifer es aber abgelehnt und dabei immer wieder betont, dass sie das alles alleine schaffen konnte. Und bis jetzt war das auch der Fall gewesen. Allerdings spürte sie von Tag zu Tag deutlicher, dass sie immer mehr auf dem Zahnfleisch ging und sich nach Abwechslung sehnte.

„Wie läuft es hier vorne?“, fragte Jennifer nun und hoffte, dass ihre Freundin und Kollegin auf den Themenwechsel eingehen würde.

„Mach dir keine Sorgen. Hier ist alles super. Nur der Drucker macht wieder ein paar Schwierigkeiten, aber da kommt gleich jemand, der ihn endlich austauscht. Also ein Problem weniger für dich. Nichts, mit dem ich nicht selber fertig werde.“

Dankbar lächelte Jennifer Christine an, bevor sie ihren Blick von ihr abwandte. Prüfend schaute sie sich in der Empfangshalle um.

Überall sah sie nur glücklich wirkende Gäste. Das zeigte ihr, dass sie ihren Job richtig machte. Die Menschen unterhielten sich, gingen nach draußen oder zu den Aufzügen. Ein paar von ihnen saßen in den gemütlichen Ledersesseln, die überall in der Lobby verteilt waren, und tranken etwas oder lasen in einer Zeitschrift.

Langsam ließ Jennifer ihren Blick schweifen, bis sie an einer Person hängenblieb, die sie in den letzten Tagen schon öfter hier gesehen hatte. Bis jetzt hatte sie sich nichts dabei gedacht, schließlich kamen viele Stammgäste immer wieder und hielten sich auch gern in der Lobby auf immer demselben, von ihnen bevorzugten Sitzplatz auf. Doch bei diesem Mann beschlich sie ein unerklärbares Misstrauen.

Der Mann war groß und so breit gebaut, dass sein Anzug spannte. Sein Blick war grimmig und düster. Allein deswegen stach er schon aus der Menge heraus. Abwechselnd schaute er in die Zeitung, die er in den Händen hielt, und dann auf die Menschen um ihn herum. Als er wieder seinen Blick durch die Halle gleiten ließ, blieb er schließlich an Jennifer kleben. Durchdringend sah er sie an. Beinahe war es so, als könnte er sehen, was in ihr vor sich ging. Unwillkürlich bildete sich eine Gänsehaut auf ihrem Körper.

Jennifer hatte keine Ahnung, wer dieser Mann war, aber sie spürte, dass irgendetwas mit ihm nicht stimmte. Er gefiel ihr nicht. Die Zeit, in der er sie musterte, kam ihr vor wie eine Ewigkeit. In diesen Sekunden verlangsamte sich ihr Herzschlag, als würde es versuchen, nicht aufzufallen.

Langsam richtete der Gast seinen Blick wieder auf die Zeitung. Er wirkte jedoch nicht sonderlich interessiert an dem Inhalt. Jennifer konnte nicht einmal sagen, woran sie das ausmachte, aber ihr Gefühl sagte es ihr. Und darauf hatte sie sich schließlich schon immer verlassen können.

Eine Weile verharrte Jennifer noch wie in Trance und beobachtete ihn. Erst als ein lautes Geräusch an ihre Ohren drang, zuckte sie erschrocken zusammen. Auch der Typ hob ruckartig den Kopf und sah in die entsprechende Richtung. Aber es dauerte nicht lange, bis er seinen Blick wieder nach unten richtete.

Kurz wartete sie noch darauf, dass er sich wieder umsah. Doch als die Angst, dass er sie noch einmal bemerken könnte, zu groß wurde, wandte sie sich von ihm ab.

„Ist das ein Gast?“, fragte sie Christine und nickte dabei leicht in die entsprechende Richtung.

Diese folgte ihrem Blick und betrachtete den Typen kurz, bevor sie sich wieder zu Jennifer drehte.

„Ich kenne ihn nicht. Aber das heißt nichts. Vielleicht hat er auch bei einem Kollegen eingecheckt. Ich habe hier ja schließlich auch nicht immer alles im Blick, sonst müsste ich rund um die Uhr hier sein“, antwortete sie und zuckte dabei mit den Schultern.

Jennifer nahm sich vor, auch die anderen Kollegen nach dem mysteriösen Mann zu befragen. Aber vor allem würde sie den Sicherheitsdienst bitten, ein besonders wachsames Auge auf die Eingangshalle zu haben.

Um sich abzulenken warf sie einen Blick auf den Monitor vor sich. Obwohl es schon fast Abend war, hatten sich noch drei Gäste angekündigt, die heute einchecken wollten. Zwei von ihnen kannte sie schon persönlich, während sie den dritten Namen noch nicht gehört hatte.

„Falls etwas sein sollte, du weißt ja, wo du mich findest“, sagte Jennifer zu Christine und griff dabei nach ihren Schuhen. Sie wollte nur noch so schnell wie möglich von hier verschwinden.

„Mach dir um uns hier vorne mal keine Sorgen.“ Christine strahlte sie an, was Jennifer ein leises Lachen entlockte. „Nun geh schon, leg die Füße für ein paar Minuten hoch und iss etwas. Wenn du hier zusammenklappst, bringt es niemandem etwas.“

„Ich weiß“, murmelte Jennifer und wich dabei den Blicken ihrer Freundin aus.

„Und wieso machst du es dann nie? Man muss dich ja schon beinahe dazu zwingen. Der Laden wird auch noch stehen, wenn du mal zehn Minuten nicht an dein Telefon gehst. Entweder müssen die anderen dann mal warten, oder sie finden selbst eine Lösung. Für welchen Weg auch immer sie sich entscheiden, sie werden es überleben.“

Christines Stimme ließ keinen Widerspruch zu, deswegen probierte Jennifer es auch gar nicht erst. Bevor sie sich jedoch umdrehte und verschwand, warf sie noch einen prüfenden Blick in die Richtung des Mannes. Noch immer saß er unverändert auf dem gleichen Platz.

Während ihrer restlichen Schicht hatte Jennifer zwar viel zu tun, doch jedes Mal, wenn sie durch die Eingangshalle ging, schaute sie wieder zu ihm hin, ohne es zu wollen. In diesem Punkt war es so, als hätten ihre Augen ihren eigenen Willen.

Aber auch drei Stunden später, kurz vor ihrem Feierabend, saß er noch immer da. Er schien beinahe dort festgeklebt zu sein.

Als sie um zehn Uhr abends endlich müde und mit ihren Schuhen in der Hand zu ihrem Wagen ging, war es bereits dunkel. Die Tiefgarage, in der sie ihren Wagen immer parkte, war um diese Uhrzeit schwach beleuchtet, sodass man kaum etwas sah. Doch Jennifer störte es nicht. Ganz im Gegenteil, sie war sogar froh darüber. Es half ihr, endlich abzuschalten und sich auf den restlichen Abend zu freuen, auch wenn er heute doch eher kurz ausfallen würde.

Barfuß ging sie auf ihren Wagen zu, der in der hintersten Ecke stand. Als sie nur noch einige Schritte entfernt war, entriegelte sie das Schloss und warf ihre Tasche dann auf den Rücksitz.

Seufzend ließ sie sich hinter das Lenkrad fallen. In diesem Moment nahm sie sich vor, dass sie ihren nächsten freien Tag genießen würde. Auch wenn sie wusste, dass das wahrscheinlich aussichtslos war. Ihr fehlte die nötige Ruhe, da sie immer mit den Gedanken bei der Arbeit war. Dabei hatte sie schon so vieles ausprobiert, um sich zu entspannen, doch bisher hatte nichts funktioniert.

Ein letztes Mal fuhr sie sich über das Gesicht und steckte dann den Schlüssel in das Zündschloss ihres Volvos. Mit einem leisen Surren sprang er an, sodass sie auch die Scheinwerfer anstellen konnte. Ein kleines Stück ließ sie den Wagen nach vorne rollen, bevor sie ihn nach rechts in Richtung des Ausgangs lenkte.

Jennifer war noch keine zwei Meter weit gekommen, als sie erschrocken zusammenzuckte und abrupt auf die Bremse trat. Dabei riss sie das Steuer ein Stück zur Seite. Wäre sie nicht nur Schritttempo gefahren, hätte sie sicher eines der anderen Fahrzeuge gerammt. Da war sie sich sicher. Ihr Herz raste, als würde es sich gleich aus ihrer Brust befreien wollen. Es kam ihr vor, als würde es eine Ewigkeit dauern, doch schließlich schaffte sie es, sich zu konzentrieren. Angestrengt starrte sie auf die schwere Eisentür, die sich in einiger Entfernung befand. Es war niemand mehr zu erkennen. Nichts wies darauf hin, dass dort vor wenigen Sekunden noch eine vermummte Gestalt gestanden hatte. Aber Jennifer hatte jemanden gesehen, sie war sich ganz sicher.

Die Angst schien ihr die Luft abzuschnüren, und sie keuchte gehetzt auf. Innerlich wappnete sie sich gegen alles, als sie ihren Blick langsam von rechts nach links wandern ließ. Diese Tiefgarage war nur für die Angestellten des Hotels zugänglich. Und Jennifer war sich sicher, dass keiner ihrer Kollegen ihr einen derartigen Schrecken einjagen würde.

Trotzdem war es ausgeschlossen, dass sich hier drin ein Fremder befand. Doch aus einem Grund, den sie sich selber nicht so genau erklären konnte, hatte sie das Gefühl, als wäre genau das der Fall.

Ein letztes Mal atmete sie tief durch und legte den Gang ein. Alles in ihr schrie danach, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden. Und genau deswegen fuhr sie auf die Schranke am Ausgang zu. Dort hielt sie mit zitternden Händen ihre Magnetkarte unter das Lesegerät und winkte dem Pförtner noch zu, bevor sie um die Ecke bog und verschwand.

Erst als sie mehrere Kilometer zwischen sich und das Hotel gebracht hatte, hielt Jennifer an und schaltete den Motor aus. Noch immer war sie nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen, sodass sie Angst hatte, einen Unfall zu bauen. Auch wenn das bedeutete, dass sie noch später zu Hause sein würde, so wollte sie sich die Zeit nehmen, wenigstens ihren Puls wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Wer zur Hölle war das? fragte sie sich immer wieder, doch sie fand keine Antwort darauf.

1

„Moment“, rief Jace mit lauter Stimme und rubbelte sich mit dem Handtuch ein wenig die Haare trocken, da er gerade erst aus der Dusche gekommen war.

Offenbar hatte der Besuch vor seiner Tür ihn dennoch nicht gehört, denn erneut ertönte die Klingel.

„Verdammt“, fluchte Jace und band sich das Handtuch um seine Hüften. Es ist mir egal, wer da unten steht, aber ich hoffe, dass es wichtig ist.

Er verließ das Badezimmer und eilte die Treppe hinunter. Wer immer da vor seiner Tür stand, hatte etwas auf dem Herzen, das spürte er. Es gab sonst keinen einzigen Grund, wieso man sich so verhalten sollte.

Mit nackten Füßen ging er über die kühlen Fliesen im Flur, bis er die Haustür erreicht hatte. Dort angekommen öffnete er sie hastig, ehe der Besuch Zeit hatte, ein weiteres Mal auf die Klingel zu drücken.

„Was gibt´s?“, fragte er, noch während er die Tür weiter zur Seite schob. Dabei konnte er nicht verhindern, dass seine Stimme mehr oder weniger ein Knurren war.

Doch noch in der gleichen Sekunde sah er, dass kein Freund oder Familienmitglied vor ihm stand, wovon er eigentlich ausgegangen war. Er blickte direkt in die wunderschönen Augen seiner Nachbarin, die sich bei seinem Anblick immer mehr weiteten.

Erst jetzt wurde ihm klar, was für einen Eindruck sein Auftreten wahrscheinlich bei ihr hinterließ. Doch es war ihm nicht peinlich. Nein, auf gewisse Art und Weise fand er es lustig, wie die Frau ihn betrachtete.

Sie hatte den gleichen Gesichtsausdruck wie damals die Mädchen von seiner ehemaligen Highschool, wenn er und ein paar andere Kumpels des Footballteams ohne Shirts über den Schulflur gelaufen waren.

Ihr Blick glitt über seinen Körper, als hätte sie noch nie einen nackten Mann gesehen. Halbnackten Mann in seinem Fall, schließlich trug er ja ein Handtuch. Kurz überlegte er, ob er einen Schritt auf sie zutreten sollte, doch dann entschied er sich dagegen.

Jace konnte es nicht erklären, aber irgendetwas hatte diese Frau an sich, das zerbrechlich wirkte. Dabei war er sich sicher, dass sie eigentlich eine starke Frau war. Dennoch spürte er ihre Unsicherheit. Und das reichte ihm, um sie nicht noch weiter zu reizen, auch wenn er es gerne getan hätte.

Stattdessen blieb er ruhig an Ort und Stelle stehen und wartete auf eine Reaktion von ihr. Doch dann konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ihm lagen ein paar Sprüche auf der Zunge, die er sich mühsam verbiss.

„Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragte er stattdessen zuckersüß und setzte dabei das Lächeln auf, von dem er wusste, dass es Frauen um den Verstand brachte.

„Tut mir … leid“, stotterte sie und verlagerte dabei das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Ihr Blick huschte hin und her, als würde sie nach einem Ausweg suchen. Nervös knetete sie ihre Finger. Doch Jace beschloss, dass er darauf nicht eingehen würde.

„Was denn?“, fragte er sie stattdessen und tat dabei so, als hätte er keine Ahnung, wovon sie eigentlich sprach. In Wirklichkeit wusste er es genau, allerdings fand Jace es viel zu amüsant, die schöne Unbekannte ein wenig auflaufen zu lassen.

Er ließ sie keine Sekunde aus den Augen. Jace sah ihr an, dass sie nach den richtigen Worten suchte. Die Tatsache, dass er jedoch nur ein Handtuch trug, schien es ihr allerdings deutlich zu erschweren.

Langsam, beinahe in Zeitlupe, drehte sie ihren Kopf über die Schulter und blickte zur Straße. Jace kam der Gedanke, dass sie nach einem Ausweg suchte und womöglich jeden Augenblick verschwinden könnte. Normalerweise wäre ihm das egal. Er war noch nie ein Mann gewesen, der einer Frau hinterherrannte. Doch bei ihr war es das Letzte, was er wollte. Er konnte es sich selber nicht erklären, aber das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte, überkam ihn.

Mal abgesehen davon, dass sie vor wenigen Wochen in das Haus auf der anderen Straßenseite gezogen war, wusste er nicht viel über seine Nachbarin. Zwischendurch hatte Jace sie aus der Ferne gesehen. Doch da sie meistens erst spät abends nach Hause kam, hatte er noch keine Gelegenheit gehabt, mit ihr zu sprechen. Und morgens war sie oft schon verschwunden, noch bevor er überhaupt das Haus verließ, und das war schon früh.

„Ähhhmm“, gab sie nun von sich, nachdem sie sich ihm wieder zugewandt hatte. „Ich hoffe, ich störe nicht.“

„Quatsch, wieso solltest du?“ Jace hielt nichts davon, andere Leute zu siezen. Um genau zu sein mochte er das überhaupt nicht. Es gab nur eine Person, die er mit Nachnamen ansprach, und das war sein Chef bei der Polizei.

„Sie ...“, sagte seine Nachbarin nur und zeigte dabei etwas betreten auf den Boden.

Obwohl er sie bis jetzt nur ein paarmal aus der Ferne gesehen hatte, hatte er nicht den Eindruck gehabt, als wäre sie schüchtern. Nein, eigentlich schien sie eine Frau zu sein, die genau wusste, was sie wollte und es sich einfach nahm.

Doch dass sie jetzt ihm gegenüber kaum einen vernünftigen Ton herausbrachte, zeigte ihm, dass er sich wohl geirrt hatte. Und irgendwie gefiel ihm das.

„Ich bin Jace“, stellte er sich kurzerhand vor und reichte ihr die Hand. Dabei machte er einen Schritt auf sie zu, um die Distanz zwischen ihnen zu überbrücken. Er hoffte, dass er es so schaffte, dass sie nicht mehr aussah, als wäre sie schon viel zu lange in der Sonne gewesen.

Einen Moment schaute sie in seine Augen. Wie zwei Magneten schienen ihre Blicke voneinander angezogen zu werden. Keiner konnte sich abwenden.

„Jennifer“, erwiderte sie und nahm seine Hand. Ihr Händedruck war fest, was zu seiner ersten Einschätzung von ihr passte. Doch es dauerte nicht lange, bis ihr Blick wieder zur Seite glitt.

Jennifer drehte sich von ihm weg und schaute zu ihrem Haus hinüber. Jace folgte ihrem Blick und entdeckte einen BMW, der ihm schon vor ein paar Tagen aufgefallen war. Immer mal wieder stand er am Straßenrand in dieser ruhigen Wohngegend geparkt, sodass es für jemanden, der nicht vom Fach war, wahrscheinlich nicht auffällig erschien. Doch Jace war nicht ohne Grund ein Mitglied bei SPOT. Er wusste, dass dieses Auto keinem seiner Nachbarn gehörte und war deswegen neugierig geworden. Aus diesem Grund hatte er es auch überprüfen lassen. Allerdings war das Kennzeichen auf eine einfache Hausfrau aus der näheren Gegend zugelassen. Kein Grund zur Sorge also. Doch die Tatsache, dass sich Jennifer nun wieder nervös in Richtung des Wagens umdrehte, machte ihn skeptisch.

„Du brauchst dir keine Gedanken zu machen. Ich war gerade nur unter der Dusche“, erklärte er und zog so ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich.

„Ach so“, murmelte Jennifer. Dabei schien sie mit den Gedanken allerdings woanders zu sein.

„Also, wie kann ich dir helfen? Ist etwas passiert?“ Jace hasste es, wenn er anderen jedes Wort aus der Nase ziehen musste. Aber das brachte sein Job halt mit sich.

„Ähhhm, ja“, brachte sie nach einer Ewigkeit schließlich mit halbwegs fester Stimme hervor, nachdem sie sich geräuspert hatte. „Eigentlich wollte ich nur fragen, ob du vielleicht eine gute Werkstatt hier in der Nähe kennst.“

Das war der Moment, in dem er wusste, dass sie keine von diesen Mädchen war, die sich ihm und seinen Freunden bei jeder sich bietenden Gelegenheit an den Hals warfen. Nein, sie war nicht vorlaut, sondern zurückhaltend. Und das empfand er als eine erfrischende Abwechslung.

Neugierig begutachtete er sie genauer. Ihre langen schwarzen Haare hatte sie zu einem Zopf nach hinten gebunden. Und ihr enger Hosenanzug betonte jede einzelne ihrer Kurven. Wirklich nichts wurde seiner Fantasie überlassen, weswegen Jace sich gerade noch ein Stöhnen verkneifen konnte.

Wie auch immer sie ihr Leben bestritt, Jace war sich sicher, dass sie keine Angst davor hatte, es mit jedem aufzunehmen, der sich ihr in den Weg stellte. Dafür strahlte sie zu viel Selbstsicherheit aus. Auch wenn ihr diese gerade jetzt anscheinend fehlte. Und Jace würde gerne wissen, woran das lag. Denn irgendwie hatte er seine Probleme daran zu glauben, dass es nur seine Schuld war.

„Ist etwas mit deinem Wagen?“, fragte er sie und warf dabei einen Blick in die Richtung ihres Hauses. Er konnte ihr Auto in der Auffahrt stehen sehen. Dabei streifte sein Blick erneut den BMW, der nur wenige Meter entfernt stand.

Erst jetzt erkannte er zwei Männer darin, und ihn beschlich ein ungutes Gefühl. Einer der Typen kam ihm leider nur allzu bekannt vor. Und für gewöhnlich konnte er sich auf sein Gedächtnis verlassen.

Er spannte seine Muskeln an und versuchte trotz der Entfernung zu erkennen, was es mit den beiden Typen im Auto auf sich hatte. Dadurch machte er deutlich, dass er auf sie aufmerksam geworden war. Und das konnten sie auch ruhig wissen.

„Er springt nicht an. Dabei muss ich mich gleich auf den Weg zur Arbeit machen“, wandte Jennifer ein und sah dabei schon fast ein wenig panisch aus.

Ein paar Sekunden betrachtete Jace sie, bevor er wieder zu dem Wagen sah. Bei dem Gedanken daran, sie dort alleine stehen zu lassen wehrte sich alles in ihm dagegen. Sein Beschützerinstinkt meldete sich lautstark, sodass er ihn nicht ignorieren konnte.

„Komm rein“, erklärte er mit fester Stimme. „Ich ziehe mir nur eben etwas an, und dann werde ich mal einen Blick auf den Motor werfen. Ich bin zwar kein Mechaniker, aber ein wenig kenne ich mich aus. Vielleicht finde ich den Fehler.“

Während er sprach, machte er einen Schritt zur Seite, damit sie hereinkommen konnte. Er konnte beobachten, wie sie erneut rot anlief. Irgendwie fand Jace es lustig, dass er in der Lage war, Jennifer so schnell aus der Ruhe zu bringen. Eigentlich hatte er bis jetzt nur eine Frau kennengelernt, bei der er das immer wieder geschafft hatte.

„Kein Problem. Ich kann auch einfach drüben warten“, erwiderte sie und machte dann Anstalten, ihm den Rücken zuzudrehen. Doch bevor sie sich auch nur einen Schritt entfernen konnte, griff er nach ihrem Handgelenk und zog sie einfach zu sich hinein.

Jennifer gab einen überraschten Ton von sich, während er die Tür in Windeseile hinter ihr schloss. Jace sah ihr an, dass sie protestieren wollte. Er bedachte sie allerdings mit einem Blick, der sie schlagartig zum Schweigen brachte. Ihr Mund öffnete sich ein wenig, als würde sie doch einen Versuch starten wollen, allerdings schloss sie ihn in der nächsten Sekunde bereits wieder.

„Nicht abhauen“, wies er sie streng an. „Ich bin gleich wieder da.“

Jace war noch nie ein Mann der vielen Worte gewesen, er handelte lieber. Doch vor allem hasste er es, wenn er nicht wusste, was Sache war. Denn das hier etwas vor sich ging, spürte er genau. Er machte seinen Job schon lange genug, um die Anzeichen zu erkennen. Dafür nahm er es auch in Kauf, dass seine schöne Nachbarin ihm nun einen bösen Blick zuwarf.

Um ihr klarzumachen, dass er sich nicht für seinen herrischen Ton entschuldigen würde, erwiderte er diesen. Dann eilte er nach oben, um sich umzuziehen und so schnell wie möglich wieder bei ihr zu sein.

Natürlich war es möglich, dass Jace die Situation falsch einschätzte. Es konnte einfach so sein, dass die beiden Männer nur auf einen Kumpel warteten. Doch Jace gehörte lange genug zu SPOT, um zu wissen, dass er seinem Gefühl trauen konnte. Und das sagte ihm nun einmal, dass etwas nicht stimmte. In den letzten Jahren hatte er oft genug auf seinen Bauch gehört und es so geschafft, keine Dummheiten zu begehen. Im Berufs- und auch in seinem Privatleben.

Das gehörte dazu, wenn man für eine Undercover-Sondereinheit arbeitete. Man lernte, sich auf seine Intuition zu verlassen. Und genau das tat er jetzt.

Nachdem er den Gürtel an seiner Jeans geschlossen hatte betrachtete er die Waffe, die auf der Kommode gegenüber von seinem Bett lag – direkt vor dem Bild, von dem er sich einfach nicht trennen konnte, auch wenn er es sich schon vor einer Ewigkeit vorgenommen hatte. Doch immer, wenn er es in die Schublade legen wollte, kam er sich wie ein Verräter vor.

Jace atmete tief durch und schob die Erinnerungen zur Seite. Dann überbrückte er die wenigen Meter und nahm die Waffe in die Hand. Mit routinierten Handgriffen lud er sie durch und steckte sie sich hinten in den Bund seiner Hose. Dann verdeckte er sie mit seinem Shirt, damit Jennifer sie nicht sehen konnte.

Sie sollte nicht unbedingt wissen, dass er bewaffnet war. Und vor allem wollte er ihr nicht sagen, dass er nicht zögern würde, seine Waffe auch zu benutzen. Jace wusste selber nicht, wieso er so drauf war. Aber irgendetwas sagte ihm, dass er vorsichtig sein musste.

„Verdammt“, murmelte er vor sich hin, während er das Zimmer verließ.

Als er wenig später wieder die Treppe hinunterging, befand sich seine Nachbarin noch immer an der gleichen Stelle, an der er sie zurückgelassen hatte. Er erwartete, dass sie ihm wütende Blicke zuwarf und dabei die Arme vor der Brust verschränkte. Doch sie hatte ihm den Rücken zugedreht und merkte gar nicht, dass er wieder da war. Jennifer stand vor dem kleinen Tisch im Flur neben der Eingangstür und schaute sich die Bilder an, die darauf standen.

Leise kam er ein paar Schritte näher. Dabei begutachtete er ihre Rückseite. Er wollte sie nicht anstarren, doch ihre enge Hose ließ ihm keine andere Möglichkeit. Jennifers perfekt geformter Hintern kam zur Geltung und weckte längst vergessene Fantasien in ihm. Doch er wusste, dass es falsch war, in dieser Situation an so etwas zu denken. Um sich abzulenken, räusperte er sich leise und machte sie so auf ihn aufmerksam.

Es dauerte einen Moment, bis sie sich endlich umdrehte. Und auch das tat sie nur zögerlich, als würde sie davon ausgehen, dass er noch immer nahezu nackt war. Doch als sie registrierte, dass er inzwischen angezogen war, schien sie sich zu entspannen.

„Familie?“, fragte sie und richtete dabei den Zeigefinger auf eines der Bilder, auf dem er mit seinen Teamkollegen zu sehen war.

Kurz schaute er darauf, ehe er ihr wieder ins Gesicht blickte.

„In gewisser Weise ja. Diese Jungs sind wie meine Brüder“, murmelte er leise. Sie waren nicht nur wie seine Brüder, sondern sie waren seine Brüder. Er würde alles für sie tun, egal ob sie im Einsatz waren oder nicht. Obwohl sie sein dunkelstes Geheimnis nicht kannten. Er konnte nicht darüber sprechen. Jace hatte die Befürchtung, dass es Wunden aufreißen würde, die noch immer schmerzten. Wunden, bei denen er lange darum kämpfen musste, damit sie sich schlossen.

Neugierig sah Jennifer ihn an. Auf dem Bild trugen sie alle Kampfanzüge und hatten Waffen in den Händen. Da war es völlig normal, wenn sie weiter hätte fragen wollen.

Doch sie behielt die Worte für sich. Auch wenn er seinen Hintern darauf verwettet hätte, dass es ihr schwerfiel.

***

Jennifer betrachtete den Mann vor sich mit unumwundener Neugier. Sie war noch nie gut darin gewesen, sich unauffällig zu verhalten. Bis jetzt war ihr das aber auch egal gewesen – wenn sie den Nachmittag ignorierte, an dem sie diesen Typen in der Eingangshalle ihres Hotels entdeckt hatte.

Doch diese Erinnerung schob sie schnell wieder zur Seite. Sie konzentrierte sich auf Jace, war sich aber nicht sicher, ob das wirklich besser war. Dieser Mann war bis in die letzte Faser seines Körper durchtrainiert. Das hatte sie vorhin schon gemerkt, und das enge Shirt verdeutlichte es noch mehr.

Im Stillen musste sie zugeben, dass er gut aussah, egal ob er nur ein Handtuch um die Hüften geschlungen hatte oder wie jetzt enge Jeans trug. Die Wassertropfen auf seiner nackten Brust zu sehen, wie sie in der Sonne glänzten, hatte dafür gesorgt, dass sie nicht mehr in der Lage war, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Eine Ewigkeit hatte Jennifer gebraucht, bis sie sich endlich wieder einigermaßen im Griff hatte. Doch da war er schon verschwunden.

Die tiefsitzende Jeans und das enge Shirt sahen wirklich zu verführerisch aus, sodass sie spürte, wie sie erneut ein wenig errötete, was untypisch für sie war. Ob angezogen oder nicht, dieser Mann war eine Augenweide.

Bei dieser Feststellung musste sie wieder an den Moment denken, in dem sie begriffen hatte, bei wem sie da überhaupt geklingelt hatte. Dieser Mann war anscheinen derjenige, von dem sie in den letzten Wochen, seit ihrem Einzug, schon die eine oder andere Geschichte gehört hatte.

Wenn es stimmte, was über ihn gesagt wurde, dann hatte er das Haus vor zwei Jahren gekauft und führte seitdem ein ruhiges Leben. So wie Jennifer es verstanden hatte, hatten die anderen Nachbarn es schon ein paarmal versucht, ihn zu Feiern oder gemütlichen Treffen einzuladen, doch er hatte es immer abgelehnt. Man wusste noch nicht mal, was er beruflich machte, das hatten sie und Jace gemeinsam. Es gab auch nicht viele Menschen, denen sie erzählt hatte, dass sie Hotelmanagerin war.

Dennoch gab es Theorien über diesen Mann. Wilde Theorien, die für Jennifer Beleg dafür waren, dass mit manchen eindeutig die Fantasie durchging.

Doch um sich nicht weiter damit beschäftigen zu müssen, schüttelte sie leicht den Kopf. Erst jetzt bemerkte sie das Glänzen in seinen Augen. Und in diesem Moment wurde ihr klar, dass er genau wusste, welche Wirkung er auf sie hatte. Jace spielte mit ihr. Und Jennifer hatte keine Chance, sich ihm zu entziehen. Sie saß in der Falle.

„Ich bin fertig. Von mir aus können wir los“, verkündete er gut gelaunt und sorgte so dafür, dass sie ihren Blick von seinem Körper losriss. Auch wenn ihr das schwerfiel.

„Ja“, nuschelte sie und versuchte dabei, die Nervosität zu unterdrücken, die sich langsam aber stetig in ihr aufbaute.

So gut es ging versuchte sie sich zusammenzureißen, aber irgendwie klappte es diesmal nicht. Normalerweise ließ sie sich von einem Mann nicht aus der Ruhe bringen, auf jeden Fall nicht so. Doch Jace hatte das Talent dazu. Und das gefiel ihr gar nicht.

„Wollen wir?“, fragte Jace sie nun und zeigte dabei auf die Haustür.

Er sah Jennifer an, während er darauf wartete, dass sie an ihm vorbeiging. Doch sie war wie am Boden festgeklebt.

Jennifer selbst war hin und hergerissen. Einerseits wollte sie endlich aus diesem Haus verschwinden, um wieder frei atmen zu können. Aber vor allem hatte sie das Bedürfnis draußen endlich mehr Abstand zwischen sich und Jace bringen. Jennifer hätte auch einen Schritt nach hinten machen können, aber ihr kam es so vor, als würde es nichts bringen. Sie war in diesem Haus von ihm umgeben.

Andererseits waren da die Männer, die noch immer vor ihrem Haus warteten. Und diesen wollte sie aus dem Weg gehen. Sie brauchte nur an deren düstere Gesichter zu denken, und ihr Herz fing wieder an zu rasen.

Da sie noch immer nicht in der Lage war, sich zu bewegen oder etwas zu sagen, ging Jace nun auf die Tür zu und streckte seinen Arm nach dem Griff aus. In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken, während er sie ein Stück öffnete. Verzweiflung machte sich in ihr breit.

Die Worte lagen ihr auf der Zunge, aber sie war einfach nicht in der Lage sie auch auszusprechen. Stattdessen sah sie dabei zu, wie Jace ihr die Hand reichte und sie auffordernd betrachtete. Doch sie brachte nicht mehr fertig, als mit dem Kopf zu schütteln.

„Irgendwie finde ich das schon lustig“, sagte er.

„Was?“ Erst jetzt kam Jennifer wieder einigermaßen zu sich, sodass sie etwas erwidern konnte.

„Vorhin hast du dich noch geweigert hereinzukommen, sodass ich dich mehr oder weniger dazu zwingen musste. Und jetzt weigerst du dich, das Haus wieder zu verlassen.“ Während er sprach, bildete sich ein freches Grinsen auf seinen Lippen.

Er hatte recht, doch sie konnte ihm kaum den Grund dafür sagen. Der war nämlich, dass sie sich das erste Mal seit dieser Begegnung in der Hotellobby wieder sicher gefühlt hatte. Und das, obwohl sie in dem Haus eines fremden Mannes war.

Einige Sekunden war es still.

„Ich werde verfolgt“, brach es schließlich aus ihr heraus.

Jace sagte nichts, sondern zog nur eine Augenbraue nach oben. In diesem Augenblick hatte sie die Befürchtung, dass er ihr kein Wort glaubte. Und könnte sie ihm das verübeln? Es waren zwar nur drei Worte, doch sie musste zugeben, dass sie doch schon sehr abenteuerlich klangen.

„Du wirst verfolgt?“, fragte Jace noch einmal nach, als würde er sichergehen wollen, dass er sie auch richtig verstanden hatte.

Als Antwort nickte sie nur. Die nächsten Sekunden kamen ihr wie eine Ewigkeit vor. Jace ließ sie nicht aus den Augen, während sie sich innerlich vor Scham wand.

„Es gibt Gerüchte über deinen Job. Aber die sind mir egal, ich habe nicht einmal gewusst, dass du hier wohnst. Und eigentlich weiß ich gar nicht, wieso ich dir das alles erzähle, schließlich kennen wir uns überhaupt nicht“, kam ihr viel zu schnell über die Lippen. Jennifer war klar, dass es totaler Unsinn war, was sie da gerade von sich gab. Doch sie musste sie einfach loswerden.

Seufzend und auch kraftlos ließ sie ihren Kopf hängen. Mehrmals atmete sie tief durch und versuchte ihre Gedanken zu sammeln. Sie hatte die Hoffnung, dass sie so vielleicht in der Lage war all das in Sätze zu verpacken, die mehr Sinn ergaben. Doch sie bekam es nicht hin. Und dabei war es egal, wie sehr Jennifer es sich wünschte.

In dem Moment hätte sie sich in den Hintern treten können, weil sie Jace gesagt hatte, dass sie verfolgt wurde. Schließlich konnte er ein Serienmörder sein. Es ging zwar das Gerücht um, dass er Polizist war, aber woher sollte sie wissen, ob das stimmte? Kaum einer der anderen Nachbarn hatte sich jemals richtig mit ihm unterhalten.

Und doch stand sie nun vor ihm und sah ihn beinahe schon verzweifelt an. Und zwar nur, weil sie nicht mehr wusste, was sie tun sollte.

„Okay“, erwiderte Jace, als sie kurz davor war, die Nerven zu verlieren. „Fangen wir doch mal von vorne an. Ich gebe zu, dass ich neugierig bin, welche Gerüchte über mich im Umlauf sind. Aber das hat Zeit bis später.“ Seine Stimme war fest, aber trotzdem ruhig. Sie sorgte dafür, dass auch Jennifer sich augenblicklich beruhigte. „Was meintest du damit, als du gesagt hast, dass du verfolgt wirst?“

Gespannt schaute er sie an. Jennifer konnte nur erraten, was in seinem Kopf vor sich ging.

Ohne dass sie es wollte, glitt ihr Blick zum Fenster, von dem aus sie den schwarzen BMW sehen konnte. Er stand noch immer an der gleichen Stelle. Und sie war sich sicher, dass er erst dann dort verschwinden würde, wenn sie ebenfalls wegfuhr.

„Lass mich raten, es sind die beiden Idioten in dem Wagen da draußen“, stellte Jace fest, ließ sie dabei jedoch nicht aus den Augen.

Autor

Entdecken Sie weitere Romane aus unseren Serien

Spot