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Katzenkrieg

Als Buch hier erhältlich:

Madrid im Frühjahr 1936. In der Stadt brodelt es: Kommunisten wollen an die Macht, die faschistische Falange plant einen Putsch. Am Vorabend des Bürgerkriegs reist ein englischer Kunstexperte nach Spanien, um ein verschollenes Bild von Velázquez zu begutachten. Der Auftrag ist brisant - mit dem Erlös des Verkaufs könnten die Falangisten Waffen kaufen. Was für Anthony Whitelands als kunsthistorisches Abenteuer beginnt, entwickelt sich zur lebensgefährlichen Verfolgungsjagd durch Madrid. - Altmeister Mendoza hat einen großartigen und hochspannenden Roman über den spanischen Bürgerkrieg und Faschismus vorgelegt. "Katzenkrieg" ist Historienroman, Politthriller und Liebesgeschichte zugleich.
  • Erscheinungstag: 30.07.2012
  • ISBN/Artikelnummer: 9783312005437

Leseprobe

Rosa war bei mir,
für sie ist diese Fabel

Es gehört zur Eigenart der menschlichen Natur,

dass jedes Leben auch hätte anders sein können,

als es war.

José Ortega y Gasset, Velázquez

1

4. März 1936

Liebe Catherine,

kurz nach dem Überschreiten der Grenze und dem Erledigen der umständlichen Zollformalitäten hat mich das Rütteln des Zuges in den Schlaf gelullt, denn die Nacht zuvor hatte ich, bedrängt von all den Problemen, Schrecken und Engpässen unserer stürmischen Beziehung, kein Auge zugetan. Durchs Fenster sah ich nur die dunkle Nacht und mein eigenes Spiegelbild – das Bild eines sorgengeplagten Mannes. Das Morgengrauen brachte mir nicht die Erleichterung, wie sie oft einen sich ankündigenden neuen Tag begleitet. Der Himmel war noch immer bewölkt, und die fahle Sonne machte die Landschaft draußen und die Landschaft meines Geistes nur noch trostloser. In dieser Situation, den Tränen nahe, schlief ich ein. Als ich die Augen öffnete, war alles anders. Die Sonne strahlte an einem grenzenlosen, tiefblauen Himmel, den nur einige winzige schneeweiße Wolken trübten. Der Zug fuhr durch die öde Hochebene Kastiliens. Endlich in Spanien!

Ach, Catherine, meine angebetete Catherine, könntest Du dieses großartige Schauspiel sehen, Du würdest die Verfassung verstehen, in der ich Dir schreibe. Es ist viel mehr als ein geographisches Phänomen oder ein schlichter Landschaftswechsel – es ist etwas Erhabenes. In England, ebenso wie im Norden Frankreichs, durch den ich gerade gefahren bin, ist das Land zwar grün, die Felder sind fruchtbar, die Bäume hoch, doch der tiefe Himmel ist grau und feucht, die Stimmung düster. Hier dagegen ist der Boden ausgetrocknet, die Felder sind dürr und gesprungen und bringen nur welkes Gestrüpp hervor, der Himmel aber ist unendlich und das Licht grandios. In unserem Land schreiten wir immer mit gesenktem Kopf einher, den Blick starr auf den Boden gerichtet; hier, wo der Boden nichts zu bieten hat, gehen die Menschen erhobenen Hauptes dahin und schauen zum Horizont. Es ist ein Land der Gewalt, der Leidenschaft, der großen individualistischen Gebärden. Nicht wie bei uns, die wir von unserer engen Moral und unseren kleinlichen gesellschaftlichen Konventionen unterjocht sind.

So sehe ich jetzt unsere Beziehung, liebe Catherine: als schäbigen Ehebruch voller Intrigen, Zweifel und Gewissensbisse. Solange sie anhielt (zwei Jahre, drei vielleicht?), haben wir beide keine einzige ruhige oder freudige Minute erlebt. In unsere moralische Mittelmäßigkeit getaucht, haben wir es nicht wahrnehmen können, was wir erleiden mussten, erschien uns als etwas Gottgegebenes. Doch der Moment unserer Befreiung ist gekommen, und es ist die Sonne Spaniens, die es uns gezeigt hat.

Auf Wiedersehen, meine liebe Catherine, ich gebe Dir die Freiheit, die Gelassenheit und die Lebensfreude zurück, die Dir mit vollem Recht zusteht, jung, schön und intelligent, wie Du bist. Und auch ich werde, allein, aber gestärkt durch die zarte Erinnerung unserer feurigen, wenn auch unziemlichen Umarmungen, versuchen, den Weg des Friedens und der Weisheit wiederzufinden.

PS. Ich glaube, Du solltest Deinem Mann mit dem Geständnis unseres Abenteuers keinen Kummer bereiten. Ich weiß, wie sehr es ihn schmerzen würde, wenn er erführe, dass eine auf die glücklichen Tage von Cambridge zurückgehende Freundschaft verraten worden ist. Von der aufrichtigen Liebe gar nicht zu reden, die er für Dich hegt.

Immer der Deine,
Anthony

«Inglis?»

Die Frage schreckte ihn auf. Ins Schreiben des Briefes versunken, hatte er kaum auf die anderen Passagiere im Abteil geachtet. Nach Calais war seine einzige Gesellschaft ein lakonischer Franzose gewesen, mit dem er zu Beginn der Fahrt einen Gruß und in Bilbao zum Abschied einen weiteren gewechselt hatte; die übrige Zeit hatte der Franzose unbekümmert geschlafen, und nach seinem Aussteigen war der Engländer seinem Beispiel gefolgt. Dazwischen waren auf verschiedenen Bahnhöfen immer neue Fahrgäste zugestiegen. Außer Anthony waren jetzt wie in einer Milieuposse einer fahrenden Theatertruppe ein betagter Landgeistlicher, ein bäurisch aussehendes junges Mädchen und der Mann versammelt, der ihn angesprochen hatte, ein Typ undefinierbaren Alters und Standes mit rasiertem Schädel und ausladendem Republikanerschnurrbart. Der Geistliche hatte einen Holzkoffer bei sich, das junge Mädchen ein dickes Bündel und der andere zwei massige schwarze Lederkoffer. «Ich kann nicht Englisch, wissen Sie», fuhr er angesichts der scheinbaren Zustimmung des Engländers zu seiner Frage fort. «No Inglis. Ich Spanis. Sie Inglis, ich Spanis. Spanien sehr anders als England. Different. Spanien Sonne, Stierkampf, Gitarren, Wein. Everibodi olé. England nix Sonne, nix Stierkampf, nix Freude. Everibodi kaputt.» Er schwieg eine Weile, damit der Engländer seine soziologische Theorie verarbeiten konnte, und fügte dann hinzu: «In England König. In Spanien nix König. Vorher König. Alfonso. Jetzt nicht mehr König. Finis. Jetzt Republik. Präsident: Niceto Alcalá Zamora. Wahlen. Zuerst befehlen Lerroux, jetzt Azaña. Ein Haufen politische Parteien, alle schlecht. Politiker unverschämte Kerle. Everibodi Dreckskerle.»

Der Engländer nahm seine Brille ab, reinigte sie mit dem Einstecktuch, das aus seiner oberen Jacketttasche lugte, und schaute dabei aus dem Fenster. Auf dem ockerfarbenen Boden, der sich dahinzog, so weit das Auge reichte, wuchs kein einziger Baum. In der Ferne sah er einen Bauern mit einer Decke und einem breitkrempigen Schlapphut im Damensitz auf einem Maultier. Weiß Gott, woher der kommt und wohin er geht, dachte er, ehe er sich wieder dem Mann mit mürrischem Ausdruck zuwandte, um zu zeigen, dass er keine Lust auf eine Fortsetzung des Gesprächs hatte. «Ich bin über die Umschwünge der spanischen Politik auf dem Laufenden», sagte er frostig, «aber als Ausländer fühle ich mich nicht berechtigt, mich in die inneren Angelegenheiten Ihres Landes einzumischen oder mich dazu zu äußern.»

«Hier legt sich niemand mit niemandem an», sagte der redselige Reisende ein wenig enttäuscht, als er das perfekte Spanisch des Engländers hörte, «das fehlte noch. Ich habe es nur gesagt, um Sie über die Sachlage zu informieren. Auch wenn man bloß auf der Durchreise ist, schadet es nicht, zu wissen, mit wem man es gegebenenfalls zu tun hat. Angenommen, ich bin aus irgendeinem Grund in England und komme auf den Gedanken, den König zu beschimpfen. Was passiert? Ich werde eingebuchtet. Ganz normal. Und hier genau dasselbe, bloß umgekehrt. Womit ich sagen will, dass sich die Dinge seit einiger Zeit geändert haben.»

Davon merkt man nichts, dachte der Engländer. Er sagte es aber nicht, er wollte nur dieses banale Gespräch beenden. Gewitzt blickte er nun den Geistlichen an, der unauffällig, aber mit kaum verhohlener Missbilligung dem Geschwätz des Republikaners gefolgt war. Der Trick zeitigte die gewünschte Wirkung. Der Republikaner deutete mit dem Daumen auf den Geistlichen und sagte: «Da haben Sie gleich ein Beispiel für das, was ich Ihnen sagte. Bis vor kurzem haben die da nach Gutdünken geschaltet und gewaltet. Heute leben sie auf Pump, und sobald sie bocken, werden wir es ihnen heimzahlen, nicht wahr, Pater?»

Der Geistliche verschränkte die Hände im Schoß und schaute den anderen scharf an. «Wer zuletzt lacht, lacht am besten», sagte er gelassen.

Der Engländer überließ die beiden ihrem Wortgefecht. Langsam setzte der Zug seinen Weg durch die trostlose winterliche Meseta fort und zeichnete eine Rauchsäule in die kristallklare Luft. Bevor er wieder einschlief, hörte er den Republikaner argumentieren: «Wissen Sie, Pater, Kirchen und Klöster werden nicht grundlos niedergebrannt. Noch nie ist eine Schenke, ein Krankenhaus oder eine Stierkampfarena in Brand gesteckt worden. Wenn sich in ganz Spanien das Volk gerade die Kirchen aussucht, wo die doch so schwer brennen, dann muss es dafür einen Grund geben.»

Ein heftiger Ruck riss den Engländer aus dem Schlaf. Der Zug hatte auf einem größeren Bahnhof angehalten. Ein Eisenbahnangestellter in Cape und mit Schal und Tellermütze humpelte eilig über den Bahnsteig. In seiner behandschuhten Hand balancierte er eine erloschene Messingfunzel. «Venta de Baños! Fahrgäste nach Madrid bitte umsteigen! Der Schnellzug fährt in zwanzig Minuten!»

Der Engländer angelte seinen Koffer aus dem Gepäcknetz, verabschiedete sich von den Mitreisenden und trat auf den Gang hinaus. Seine von den vielen Stunden reglosen Dasitzens eingerosteten Beine versagten beinahe den Dienst. Trotzdem sprang er auf den Bahnsteig hinunter, wo er von einem eisigen Luftzug empfangen wurde, der ihm den Atem nahm. Umsonst hielt er nach dem Eisenbahner Ausschau – dieser war nach erfüllter Pflicht sofort in sein Büro zurückgekehrt. Die Bahnhofsuhr war stehengeblieben und zeigte eine unwahrscheinliche Zeit an. An einem Mast hing eine zerfetzte spanische Flagge. Der Engländer erwog, im Schnellzug Zuflucht zu suchen, durchquerte aber stattdessen den Bahnhof in Richtung Ausgang. Vor einer von Reif und Ruß blind gewordenen Glastür, über der ein Schild Gaststätte verkündete, blieb er stehen. Im Inneren strahlte ein kleiner Kohleofen ein wenig Wärme aus und machte die Luft stickig. Der Engländer nahm die beschlagene Brille ab und rieb sie mit der Krawatte sauber. Der einzige Gast in der Gaststätte stand an der Theke, schlürfte einen weißen Schnaps und rauchte eine Zigarre. Eine Anisschnapsflasche in der Hand, starrte der Kellner den Engländer an, der zu ihm sagte: «Guten Tag. Ich muss einen Brief abschicken. Vielleicht gibt es bei Ihnen Briefmarken. Und sonst sagen Sie mir bitte, ob es im Bahnhof eine Verkaufsstelle gibt.»

Der Kellner starrte ihn offenen Mundes an. Dann murmelte er: «Wüsste ich nicht …»

Ohne von seinem Anisglas aufzuschauen, meldete sich der einsame Gast zu Wort: «Sei doch nicht so ungehobelt, verdammt. Was wird der Gentleman für einen Eindruck von uns bekommen?» Und zum Engländer gewandt: «Entschuldigen Sie den Burschen. Er hat kein Wort von dem verstanden, was Sie gesagt haben. In der Bahnhofshalle finden Sie einen Tabakladen, wo Sie auch Briefmarken kaufen können, und einen Briefkasten. Aber trinken Sie doch vorher ein Gläschen Anis.»

«Nein, vielen Dank.»

«Schlagen Sie ihn nicht aus, ich lade Sie ein. Ihr Gesicht zeigt, dass Sie eine Stärkung brauchen.»

«Ich hatte nicht mit dieser Kälte gerechnet. Als ich die Sonne sah …»

«Das ist nicht Málaga. Das ist Venta de Baños, Provinz Palencia. Wenn es hier kalt ist, dann richtig. Sie sind Ausländer, wie man unschwer sieht.»

Der Kellner stellte ein Glas Anis vor den Engländer hin, der es in einem Zug austrank. Da er nichts gegessen hatte, verbrannte ihm der Schnaps Hals und Magen, aber gleichzeitig durchrieselte ihn eine angenehme Wärme.

«Ich bin Engländer», antwortete er. «Und ich muss mich sputen, wenn ich den Schnellzug nach Madrid nicht verpassen will. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, lasse ich meinen Koffer hier, statt ihn mitzuschleppen, während ich zum Tabakladen gehe.»

Er stellte das Glas auf die Theke und trat durch eine Seitentür in die Bahnhofshalle hinaus, wo er mehrmals hin und her ging, ohne den Laden zu finden, bis ein Gepäckmeister auf ein geschlossenes Fensterchen deutete. Dort klopfte er an, und nach einer Weile ging das Fenster auf, und es erschien ein Glatzkopf mit einfältigem Gesicht. Als ihm der Engländer erklärte, was er wollte, schloss er die Augen und bewegte die Lippen wie im Gebet. Dann bückte er sich, stand wieder auf und legte ein riesiges Buch auf den Sims. Er blätterte lange darin, entfernte sich und kam mit einer kleinen Waage zurück. Der Engländer reichte ihm den Brief, den der Postbeamte sorgfältig wog. Wieder schlug er im Buch nach und berechnete dann das Porto. Der Engländer zahlte und eilte in die Gaststätte zurück. Mit einem schmutzigen Lappen in der Hand starrte der Kellner zur Decke hinauf. Auf die entsprechende Frage des Engländers sagte er, das Getränk sei wie vereinbart vom anderen Gast bezahlt worden. Der Koffer stand noch am selben Ort. Der Engländer ergriff ihn, bedankte sich und hastete hinaus. Eben setzte sich zwischen weißen Dampfwolken und Rauchstößen schwerfällig der Schnellzug nach Madrid in Bewegung. Mit langen Schritten erreichte er den letzten Wagen und stieg ein.

Nachdem er durch mehrere Waggons gegangen war, ohne ein leeres Abteil zu finden, beschloss er, auf dem Gang zu bleiben, obwohl es dort kalt zog. Der Laufschritt hatte ihn ins Schwitzen gebracht, und die Erleichterung, den Brief abgeschickt zu haben, war ihm die Anstrengung mehr als wert. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Zum Henker mit den Frauen!, dachte er.

Er wäre gern allein gewesen, um die neuerlangte Freiheit zu genießen und die Landschaft zu betrachten, doch nach einer Weile taumelte der Mann aus der Gaststätte auf ihn zu. Er grüßte, und der andere stellte sich zu ihm. Er war etwa fünfzig, klein, hager, mit faltenübersätem Gesicht, Säcken unter den Augen und unstetem Blick. «Haben Sie den Brief einwerfen können?»

«Ja. Als ich in die Gaststätte zurückkam, waren Sie schon weg, so dass ich mich nicht mehr für Ihre Freundlichkeit bedanken konnte. Fahren Sie zweiter Klasse?»

«Ich fahre, wo ich grade Lust habe. Ich bin Polizist. Machen Sie doch nicht so ein Gesicht – aus diesem Grund hat niemand Ihren Koffer mitgehen lassen. In Spanien darf man nicht so vertrauensselig sein. Bleiben Sie in Madrid, oder fahren Sie weiter?»

«Nein, ich will nach Madrid.»

«Darf ich nach dem Grund Ihrer Reise fragen? Natürlich aus rein persönlichem Interesse. Sie brauchen nicht zu antworten.»

«Macht gar nichts. Ich bin Kunstexperte, insbesondere für spanische Malerei. Ich kaufe und verkaufe nicht, sondern schreibe Artikel, unterrichte und arbeite ab und zu mit Galerien zusammen. Wenn immer ich kann, fahre ich nach Madrid, auch ohne besonderen Anlass. Der Prado ist meine zweite Heimat. Vielleicht sogar meine erste. Nirgendwo bin ich glücklicher gewesen.»

«Sieh an, scheint ein schöner Beruf zu sein. Das hätte ich nie gedacht», bemerkte der Polizist. «Und davon können Sie leben, wenn die Frage nicht indiskret ist?»

«Nicht besonders gut», räumte der Engländer ein, «aber ich beziehe eine kleine Rente.»

«Glückspilze gibt’s», sagte der Polizist mehr zu sich selbst. Dann fügte er hinzu: «Wenn Sie so oft nach Spanien kommen und unsere Sprache so gut sprechen, haben Sie hier vermutlich viele Freunde.»

«Richtige Freunde nicht. Ich bin nie lange genug in Madrid gewesen, und wir Engländer sind ein zurückhaltendes Völkchen, wie Sie wissen.»

«Dann muss Ihnen meine Fragerei ja sehr auf die Nerven gehen. Nehmen Sie es mir nicht übel, es ist eine Berufskrankheit. Ich beobachte die Menschen und versuche, Ihren Beruf, Ihren Zivilstand, ja selbst ihre Absichten herauszufinden. Meine Arbeit besteht im Vorbeugen, nicht im Unterdrücken. Ich gehöre dem staatlichen Sicherheitsdienst an, und die Zeiten sind unruhig. Ich meine natürlich nicht Sie – sich für jemanden zu interessieren heißt nicht, ihn zu verdächtigen. Aber hinter dem gewöhnlichsten Menschen kann sich ein Anarchist, ein Agent im Dienst einer fremden Macht, ein Mädchenhändler befinden. Wie soll man sie von rechtschaffenen Menschen unterscheiden? Niemandem stehen die Personalien auf der Stirn geschrieben. Und doch verbergen alle ein Geheimnis. Zum Beispiel auch Sie – wozu die Eile, einen Brief einzuwerfen, den Sie in einigen Stunden seelenruhig in Madrid hätten einwerfen können? Sie brauchen mir nichts zu sagen, sicherlich hat alles eine ganz einfache Erklärung. Ich wollte Ihnen nur ein Beispiel nennen. Das ist meine Mission, nicht mehr und nicht weniger: hinter der Maske das wahre Gesicht zu entdecken.»

«Es ist kalt hier», sagte der Engländer nach einer Pause, «und ich bin nicht warm genug angezogen. Wenn Sie nichts dagegen haben, suche ich mir ein Abteil, das ein wenig geheizt ist.»

«Oh, selbstverständlich, ich will Sie nicht länger aufhalten. Ich werde in den Speisewagen gehen, um etwas zu trinken und ein wenig mit dem Personal zu plaudern. Ich befahre diese Strecke oft und kenne die Leute. Ein Kellner ist eine wertvolle Informationsquelle, vor allem in einem Land, wo mehr geschrien als gesprochen wird. Ich wünsche Ihnen eine gute Reise und einen glücklichen Aufenthalt in Madrid. Sicherlich sehen wir uns nicht wieder, aber ich gebe Ihnen meine Karte, man weiß nie. Oberstleutnant Gumersindo Marranón, zu dienen. Falls Sie was brauchen, fragen Sie bei der Obersten Polizeidirektion nach mir.»

«Anthony Whitelands», sagte der Engländer, während er die Karte in die Jacketttasche steckte, «ebenfalls zu Ihren Diensten.»

2

Obwohl er nach der langen Reise todmüde ist, schläft Anthony Whitelands nur oberflächlich und wird mehrmals von fernem Lärm geweckt, der nach Gewehrschüssen klingt. Er hat sich in einem einfachen, aber gemütlichen Hotel eingemietet, das er von früheren Reisen her kennt. Die Halle ist klein und nicht sehr gastlich, und der Empfangschef benimmt sich flegelhaft, aber die Heizung funktioniert, und das Zimmer, zwar klein, aber mit hoher Decke, verfügt über einen ziemlich großen Kleiderschrank, ein bequemes, sauber bezogenes Bett und einen Pinienholztisch mit Stuhl und arbeitstauglicher Lampe. Das rechteckige Fenster mit seinen Holzläden geht auf die abgeschiedene Plaza del Ángel hinaus, und über den Giebeln der gegenüberliegenden Häuser erkennt man die Kuppel der San-Sebastián-Kirche.

Dennoch ist die Atmosphäre unbehaglich. Wegen der Kälte hat der Lärm der Madrider Nacht dem düsteren Heulen des unerbittlichen Windes aus der Sierra Platz gemacht, der das Laub und die Papierfetzen auf dem schwarzen, rauhreifglänzenden Boden aufwirbelt. Die Fassaden sind mit zerrissenen schmutzigen Wahlplakaten und Handzetteln verschiedenster Couleur vollgeklebt, die jedoch allesamt zu Streik, Aufstand und Konfrontation aufrufen. Anthony kennt die Lage nicht nur, sondern gerade deren Ernst hat ihn nach Madrid geführt; als er jetzt aber alles leibhaftig vor sich sieht, befällt ihn eine Mischung aus Unruhe und Mutlosigkeit. Manchmal bereut er es, den Auftrag angenommen, und manchmal bereut er es, Catherine den Brief geschickt zu haben, der einen Schlussstrich unter ihre Beziehung setzt, eine Beziehung, die zwar unruhig, aber zugleich der einzige Ansporn in seinem derzeitigen Leben gewesen war.

Beklommen zieht er sich langsam an und prüft dabei immer wieder die Wirkung seiner Gestalt im Schrankspiegel. Es ist kein schmeichelhafter Anblick. Nach der Reise sind die Kleider zerknittert, und obwohl er sie gründlich ausgebürstet hat, sind die Rußspuren nicht verschwunden. Zusammen mit seinem blassen, müden Gesicht nicht gerade die Erscheinung, die zu den Leuten passt, welche er sich zu besuchen anschickt, und die kaum den gewünschten Eindruck hervorrufen wird.

Er verlässt das Hotel und gelangt nach wenigen Metern auf die Plaza Santa Ana; der Wind hat die Wolken weggefegt, und der Himmel ist von der klaren Durchsichtigkeit eines eisigen Wintermorgens. Die ersten Gäste streben in die Cafés und Kneipen. Anthony schließt sich ihnen an und betritt ein Lokal, das nach Kaffee und warmem Gebäck riecht. Während er auf die Bedienung wartet, blättert er die Zeitung durch. Aus den großen Schlagzeilen und den verschwenderisch gesetzten Ausrufezeichen gewinnt er einen wenig anziehenden Gesamteindruck. An vielen Orten Spaniens hat es Zusammenstöße zwischen Gruppen rivalisierender Parteien mit einigen Toten und vielen Verletzten gegeben. Auch wird in mehreren Branchen gestreikt. In einem Dorf der Provinz Castellón ist der Pfarrer vom Bürgermeister von der Kirche verwiesen und in dieser danach eine Tanzveranstaltung organisiert worden. In Betanzos sind einem Kruzifix Kopf und Füße abgehauen worden. Die Gäste des Lokals kommentieren diese Ereignisse mit großspurigen Gesten und Phrasen, während sie gierig an ihren Zigaretten ziehen.

Da er das kräftige englische Frühstück gewohnt ist, bekommen ihm die große Tasse starker Kaffee und die fetten churros schlecht und verhelfen ihm weder zu einem klaren Kopf, noch heben sie seine Stimmung. Er schaut auf die Uhr, denn die sechseckige Uhr über der Theke scheint ebenso stillzustehen wie die Bahnhofsuhr in Venta de Baños. Bis zu seiner Verabredung hat er zwar noch reichlich Zeit, aber das Geschrei und der Rauch setzen ihm zu, so dass er bezahlt und auf den Platz hinaustritt.

Seine raschen Schritte führen ihn bald zum Eingang des Prado-Museums, das eben seine Türen geöffnet hat. Er zeigt der Frau am Schalter das Papier, das ihn als Dozenten und Forscher ausweist, und wird nach Rückfragen und Zögern umsonst eingelassen. In dieser Jahreszeit sind fast keine Besucher da – und noch weniger im vorherrschenden Klima von Gewalt und Unsicherheit, und das Museum ist wie ausgestorben. In den Sälen herrscht eisige Kälte.

Gleichgültig gegenüber allem, was nicht das Wiedersehen mit seinem ersehnten Museum ist, verweilt Anthony einen Augenblick vor Il Furore, der Bronzebüste Karls V. von Leone Leoni. Der Kaiser, in römischer Rüstung, hält eine Lanze in der Hand, und zu seinen Füßen liegt unterjocht und in Ketten die Darstellung der wilden Gewalt, die Nase ans Gesäß des Siegers gepresst, der auf göttliches Geheiß und ungeachtet der Mittel die Ordnung verkörpert und auf Erden durchsetzt.

Durch dieses kraftstrotzende Vorbild gestärkt, strafft der Engländer den Rücken und geht entschlossen zum Velázquez-Saal. Das Werk dieses Malers beeindruckt ihn so sehr, dass er sich nie mehr als ein Bild vornimmt. So hatte er sie auch Jahre zuvor studiert, eines nach dem anderen, indem er jeden Tag mit einem Notizblock ins Museum kam und nach und nach alle Details aufschrieb, die er entdeckte. Immer kehrte er danach erschöpft, aber glücklich in seine Unterkunft zurück und übertrug die Notizen in ein liniertes, größeres Heft.

Doch diesmal kommt er nicht in der Absicht, etwas aufzuschreiben, sondern als Pilger, der an den Ort geht, wo man einem Heiligen Ehre erweist und ihn um seinen Schutz anfleht. Mit diesem vagen Gefühl bleibt er vor einem Bild stehen, sucht den richtigen Abstand, reinigt die Brille und schaut es an, unbeweglich, fast ohne zu atmen.

Velázquez malte das Porträt des Hofnarren Don Juan de Austria in dem Alter, in dem der Engländer jetzt ist, der es überrascht betrachtet. Früher gehörte es zu einer Sammlung von Narren und Zwergen, die für den Schmuck der königlichen Gemächer bestimmt war. Dass jemand einen großen Künstler mit den Porträts dieser Elendsgestalten beauftragen konnte und diese Bilder nachher zu prominenten Dekorationsstücken machte, mag heutzutage im Gegensatz zu damals schockieren, aber entscheidend ist letztlich, dass diese königliche Grille so umwerfende Werke hervorbrachte.

Anders als seine Kollegen aus der Sammlung hatte der Mann mit dem Spitznamen Don Juan de Austria keine feste Anstellung bei Hofe. Er war ein Teilzeitnarr, von Mal zu Mal engagiert, um eine vorübergehende Absenz auszufüllen oder die aus Kranken, Idioten und Geistesgestörten bestehende Belegschaft zu verstärken, die den König und seine Gefolgschaft unterhielt. In den Archiven ist sein richtiger Name nicht erhalten, nur sein ausgefallener Spitzname. Ihn dem größten Soldaten der kaiserlichen Armeen und dem natürlichen Sohn Karls V. gleichzusetzen gehörte offenbar mit zum Witz. Um seinem Namen Ehre zu erweisen, hat der Narr auf dem Bild zu seinen Füßen eine Arkebuse, einen Brustpanzer, einen Helm und einige Kugeln, vielleicht Geschosse für eine kleinkalibrige Kanone; seine Kleidung ist königlich, er hält einen Amtsstab in der Hand und trägt auf dem Kopf einen übermäßig großen, leicht gebeulten Hut mit auffälligem Helmbusch. Diese Prachtgewänder verhüllen die Wirklichkeit nicht, sondern betonen sie erst recht – sogleich bemerkt man einen lächerlichen Schnauzbart und eine gerunzelte Stirn, die ihn einige Jahrhunderte zum voraus ein wenig Nietzsche ähnlich sehen lassen. Der Narr ist nicht mehr jung. Er hat kräftige Hände, aber dünne Beinchen, die auf einen zerbrechlichen Körperbau hindeuten. Das Gesicht ist äußerst hager, die Wangenknochen hervorstehend, der Blick ausweichend, misstrauisch. Um den Spott noch zu vergrößern, erkennt man hinter der Figur auf der einen Seite des Bildes eine Seeschlacht beziehungsweise ihre Folgen: ein Schiff in Flammen, eine schwarze Rauchsäule. Der echte Don Juan de Austria hatte das spanische Geschwader in der Schlacht von Lepanto gegen die Türken befehligt, in den Worten Cervantes’ der größten Heldentat, die die Jahrhunderte erlebten. Die Schlacht auf dem Bild ist nicht klar, es kann ein Stück Wirklichkeit, eine Allegorie, eine Nachahmung oder ein Traum des Narren sein. Sie soll satirisch wirken, dem Engländer jedoch trüben sich die Augen beim Betrachten einer Schlacht, die mit einer Technik dargestellt ist, welche aller Malerei ihrer Zeit voraus ist und die Turner zum selben Zweck anwandte.

Mit einiger Mühe gewinnt Anthony seine Gelassenheit zurück und schaut abermals auf die Uhr. Er hat nicht weit zu gehen, muss sich aber auf den Weg machen, wenn er so pünktlich sein will, wie man es sicherlich von ihm erwartet, nicht aus Tugend oder Höflichkeit, sondern als pittoresken Zug seiner Nationalität – die sprichwörtliche englische Pünktlichkeit. Da ihn niemand sieht, verabschiedet er sich mit einem Kopfnicken von dem Hofnarren, macht kehrt und verlässt das Museum, ohne den großen Werken an den Wänden weiter Beachtung zu schenken.

Wieder auf der Straße, stellt er zu seiner Überraschung fest, dass die durch das Bild ausgelöste melancholische Nachdenklichkeit seine Niedergeschlagenheit nicht verstärkt, sondern beseitigt hat. Zum ersten Mal seit seiner Ankunft ist er sich wirklich bewusst, dass er in Madrid ist, einer Stadt, die ihm angenehme Erinnerungen zuträgt und ein erregendes Freiheitsgefühl verschafft.

Anthony Whitelands hat Madrid immer gefallen. Im Gegensatz zu so vielen anderen spanischen und europäischen Städten geht diese weder auf die Griechen noch auf die Römer, auch nicht auf das Mittelalter zurück, sondern auf die Renaissance. Philipp II. erschuf sie aus dem Nichts und errichtete hier 1561 seinen Hof. Aus diesem Grund hat Madrid keine auf eine dunkle Gottheit zurückgehenden Gründungsmythen, und auch keine römische Jungfrau nimmt es unter ihrem geschnitzten Holzumhang auf, noch wirft eine erhabene Kathedrale ihren spitzen Schatten in die Altstadt. Auf Madrids Wappen wirft sich kein abgehärteter Drachentöter in die Brust; sein Schutzpatron ist ein einfacher Bauer, zu dessen Gedenken Volksfeste und Stierkämpfe organisiert werden. Um das natürliche Geschenk seiner Unabhängigkeit zu bewahren, baute Philipp II. den Escorial und hielt so die Versuchung von Madrid fern, nicht nur zu einem Brennpunkt der Macht, sondern auch der Spiritualität zu werden. Aus demselben Grund verwarf er El Greco als Hofmaler. Dank diesen Vorsichtsmaßnahmen haben die Madrilenen zwar viele Fehler, sind aber keine Schwärmer. Als Hauptstadt eines Riesenreiches, dem die Religion Auskommen und Zusammenhalt verschaffte, konnte sich Madrid nicht immer ganz aus kirchlichen Angelegenheiten heraushalten, aber so weit wie möglich delegierte es deren dunkelste Seiten an andere Städte: Salamanca war der Schauplatz erbitterter theologischer Debatten, die heilige Teresa de Jesús, der heilige Juan de la Cruz und der heilige Pedro de Alcántara erlebten ihre Ekstasen in Ávila, und die schrecklichen Ketzerverbrennungen fanden in Toledo statt.

Gestärkt durch Velázquez’ Gesellschaft und die der Stadt, die den Maler aufgenommen und auf den Gipfel seines Ruhms geführt hatte, und trotz Kälte und Wind marschiert Anthony Whitelands durch den Paseo del Prado zur Plaza de Cibeles und folgt dann dem Paseo de Recoletos zum Paseo de la Castellana. Dort sucht er nach der angegebenen Nummer und findet sich vor einer hohen Mauer und einem Gittertor. Durch die Stäbe hindurch sieht er hinten in einem Park einen kleinen zweistöckigen Palast mit Säulenportikus und hohen Fenstern. Diese unauffällige Größe erinnert ihn an die Natur seiner Aufgabe, und die Euphorie weicht der vorherigen Mutlosigkeit. Aber es ist so oder so zu spät, um den Rückzug anzutreten. Er stößt das Gittertor auf, durchquert den Garten bis zur Eingangstür und klingelt.

3

Nur drei Tage zuvor hatte er in dem Angebot noch eine wunderbare Chance gesehen, etwas in seinem Leben zu verändern, was ihm allmählich unerträglich geworden war. Immer wenn er allein war, fasste er den festen Entschluss, sein Abenteuer mit Catherine zu beenden; danach, wenn er sich mit ihr traf, wurde er wieder schwach und von qualvollen Zweifeln befallen, so dass ihre Begegnungen zu einem absurden Drama wurden. Die Beziehung lief ständig Gefahr aufzufliegen, und im Gegenzug erhielten sie nur eine Weile des Kummers, der Vorwürfe und des bitteren Schweigens. Aber je bewusster ihm wurde, dass er dieses ungesunde Verhältnis beenden musste, desto düsterer zeichnete sich zugleich eine wiedergewonnene Normalität ab. Catherine war das einzig Aufregende in einem mit so viel Zurückhaltung aufgebauten Leben, dass er mit seinen vierunddreißig Jahren jetzt dazu verdammt war, nichts mehr zu erwarten denn eine Routine, die umso bedrückender war, als jedermann in ihr die Erfüllung aller Wünsche und Ambitionen sah.

Obwohl er von einer Familie der middle class abstammte, hatten ihm seine Intelligenz und seine Beharrlichkeit die Türen zu Cambridge geöffnet. Hier hatte ihn zunächst die Kunst im Allgemeinen, danach die Malerei und schließlich die spanische Malerei des Goldenen Zeitalters dermaßen fasziniert, dass er seine ganze intellektuelle und emotionale Energie in sie investierte und auf alles andere verzichtete. Während seine Kommilitonen Liebesabenteuern hinterher- oder zu den vergifteten Ideologien jener Jahre überliefen, lebte er tief versunken in einer von Heiligen und Königen, von Infantinnen und Narren bewohnten Welt aus den Paletten Velázquez’, Zurbaráns, El Grecos und vieler weiterer Maler, die eine unvergleichliche technische Meisterschaft mit einer dramatischen, sublimen Weltsicht verbanden. Nach Studienabschluss und nachdem er immer wieder lange in Spanien gewesen und durch Europa gereist war, begann er zu arbeiten, und bald trugen ihm sein Wissen, seine Integrität und seine Gründlichkeit Prestige ein, wenn auch nicht Ruhm oder Geld. Sein Name hatte Klang im kleinen Kreis der Sachverständigen, die sonst eher zum Kritisieren als zum Aufmuntern neigten. Weder auf diesem noch auf einem anderen Gebiet strebte er mehr an. Eine Freundschaft mit einer attraktiven, kultivierten und begüterten jungen Frau, die mit wachsender Zuneigung in die Ehe gemündet war, löste seine materiellen Probleme und erlaubte es ihm, Zeit und Streben ganz seiner großen Leidenschaft zu widmen. Im Wunsch, den Gegenstand seiner Verzückung zu teilen, unternahmen sie eine Reise nach Madrid. Unglücklicherweise gerieten sie mitten in einen Generalstreik, und überdies zog sich seine Frau wegen des Wassers oder der Kost eine Darmkrankheit zu, was sie davon abhielt, das Experiment zu wiederholen. Das häusliche Leben und ein dichtes Netz aufreibender gesellschaftlicher Beziehungen richteten schließlich eine Verbindung zugrunde, die nie wirklich leidenschaftlich oder stabil gewesen war. Nachdem er mit der Scheidung seine wichtigste Einkommensquelle eingebüßt hatte, konzentrierte sich Anthony auf die Arbeit. Als ihm selbst das erstickend wurde, begann er mehr oder weniger zufällig ein Abenteuer mit der Frau eines ehemaligen Studienkollegen. Im Gegensatz zu seiner Exfrau war Catherine stürmisch und sinnlich. Sicherlich suchte sie genauso wie er nur ein wenig Bewegung in einem konventionellen Leben, aber sogleich wurde die Situation für beide unerträglich – zu spät gewahrten sie, wie schwer gesellschaftliche Normen auf ihrem Verlangen lasteten, gegen die zu verstoßen sie so lange amüsiert hatte, bis sie feststellen mussten, dass sie nicht nur zu ihrem Bewusstsein, sondern auch zu ihrer Identität gehörten.

Da er den Bruch offensichtlich nicht in der persönlichen Begegnung herbeiführen konnte, hatte sich Anthony Whitelands mehrfach vorgenommen, Catherine zu schreiben, obwohl es sehr riskant war, ein schriftliches Zeugnis ihrer Affäre zu hinterlassen, und ihr unwiderruflich seine Entscheidung mitzuteilen, aber immer wieder hatte er nach langen, mühseligen Ansätzen davon Abstand genommen. So, wie es ihm an Argumenten fehlte, so fehlte es ihm auch an Worten.

Als er eines Nachmittags in seinem Arbeitszimmer wieder über einem solchen Versuch brütete, kündigte ihm das Dienstmädchen einen Besucher an, dessen Visitenkarte sie ihm auf einem Tablett überreichte. Persönlich kannte Anthony den Mann nicht, aber er hatte schon mehrmals von ihm gehört, immer in wenig vorteilhaften Worten. Pedro Teacher war ein Mann undurchsichtiger Herkunft, allgegenwärtig in der Welt der Kunstsammler, wo sein Name stets im Zusammenhang mit trüben Transaktionen fiel. Nur aufgrund dieser vielleicht falschen, jedenfalls nie bewiesenen Gerüchte hatte sein Gesuch nicht prosperiert, in den Reform Club aufgenommen zu werden, dem auch Anthony angehörte. Das, dachte er, war wohl auch der Grund dieses unerwarteten Besuches. Hätte er an einem Artikel über Kunst gearbeitet, so hätte er den ungelegenen Besucher mehr oder weniger höflich abgefertigt. Doch jetzt erlaubte es ihm die Störung, den Brief an Catherine aufzuschieben, so dass er das Schreibzeug weglegte und den Besucher vom Dienstmädchen hereinbitten ließ.

«Vor allem», sagte Pedro Teacher, nachdem den ersten Formalitäten Genüge getan war, «muss ich mich entschuldigen, ohne Voranmeldung in Ihre Privatsphäre einzudringen. Ich baue darauf, dass die Angelegenheit, die mich herführt, als Rechtfertigung für diesen unverzeihlichen Verstoß dienen wird.»

Die Ausdrucksweise war allzu korrekt, um natürlich zu sein, so wie auch alles andere an Teachers Person. Er war nahe an den Vierzigern und kleingewachsen, hatte kindliche Züge und winzige weiße, beim Sprechen unablässig vor seinem Gesicht flatternde Hände. Ein dünner Schnurrbart mit leicht aufwärts gewölbten Spitzen und runde graue Augen gaben ihm etwas Katzenhaftes; auf seiner Gesichtshaut zeichnete sich eine schwache Make-up-Schicht ab, und er verströmte einen süßlich-teuren Duft. Er trug ein Monokel, Halbstiefel mit Gamaschen und war auserlesen, aber nicht zu seiner Gestalt passend gewandet – einen großen Mann hätten seine Kleider, von bester Qualität, stattlich aussehen lassen, an ihm wirkten sie ein wenig komisch.

«Spielt keine Rolle», entgegnete Anthony. «Sagen Sie mir, womit ich Ihnen dienen kann.»

«Sogleich werde ich Ihnen den Grund des Gesprächs auseinandersetzen. Vorher indessen muss ich Ihnen ans Herz legen, nichts von dem verlauten zu lassen, was wir hier besprechen. Ich weiß, dass ich Sie beleidige, wenn ich Ihre makellose Diskretion in Frage stelle, doch in diesem besonderen Fall sind vitale Interessen mit im Spiel. Stört es Sie, wenn ich rauche?»

Auf eine herablassende Geste des Gastgebers hin nahm er aus einem vergoldeten Etui eine Zigarette, steckte sie in eine Bernsteinspitze, zündete sie an, zog den Rauch ein und fuhr fort: «Ich weiß nicht, ob Sie mich kennen, Señor Whitelands. Wie meinem Namen zu entnehmen ist, bin ich halb Engländer und halb Spanier, weshalb ich in beiden Ländern Freunde habe. Seit meiner Jugend widme ich mich der Kunst, doch da es mir an jeglichem Temperament gebricht, außer demjenigen, diese Realität zu erkennen, beteilige ich mich an ihr als Händler und gelegentlich als Berater. Einige Maler beehren mich mit ihrer Freundschaft, und ich darf mit Stolz sagen, dass Picasso und Juan Gris von mir wissen.»

Anthony machte eine ungeduldige Handbewegung, die seinem Besucher nicht verborgen blieb.

«Ich komme zu der Angelegenheit, über die ich mit Ihnen sprechen wollte», sagte er. «Vor zwei Tagen hat sich ein lieber alter Freund mit mir in Verbindung gesetzt, ein distinguierter spanischer Gentleman, der in Madrid wohnt, ein Mann von Abstammung und Vermögen und, infolge einer Erbschaft und aus eigenem Gefallen, Besitzer einer beachtlichen Sammlung spanischer Malerei. Ich brauche Ihnen nicht zu schildern, an welchem Scheideweg sich Spanien befindet. Nur durch ein Wunder wird diese edle Nation nicht in den Abgrund einer blutigen Revolution stürzen. Die derzeitige Gewalt macht einen schaudern. In diesem Moment ist niemand sicher, aber für meinen Freund und seine Familie ist die Situation aus naheliegenden Gründen ziemlich hoffnungslos. Andere Leute haben unter diesen Umständen das Land verlassen oder sind dabei, es zu tun. Um sich ein Auskommen zu sichern, haben sie zuvor große Geldsummen auf ausländische Banken überwiesen. Das können meine Freunde nicht, denn ihre Einkünfte stammen großenteils aus ländlichem Besitztum. Es bleibt ihnen nur die erwähnte Kunstsammlung. Können Sie mir folgen, Señor Whitelands?»

«Absolut, und ich ahne schon, wie die Geschichte ausgeht.»

Der Besucher lächelte, sprach aber weiter, ohne sich durch die Anspielung seines Gesprächspartners aus dem Konzept bringen zu lassen. «Wie alle Staaten erlaubt auch der spanische die Ausfuhr nationaler Kunstschätze nicht, selbst wenn sie sich in Privatbesitz befinden. Doch könnte ein nicht sehr großes, nicht sehr bekanntes Stück der Wachsamkeit ein Schnippchen schlagen und das Land verlassen, obwohl das Unterfangen in der Praxis einige Schwierigkeiten mit sich bringt, deren erste es ist, den Marktwert des betreffenden Werks zu bestimmen. Dazu wäre ein Schätzer gefragt, der das Vertrauen sämtlicher beteiligter Seiten genießt. Überflüssig zu sagen, wer in diesem Fall der geeignete Schätzer wäre.»

«Ich vermutlich.»

«Wen Besseres gäbe es? Sie kennen die spanische Malerei in- und auswendig. Ich habe all Ihre Schriften zu diesem Thema gelesen und kann Ihre Gelehrsamkeit bezeugen, aber auch Ihre Fähigkeit, wie kein Zweiter das dramatische Temperament der Spanier zu verstehen. Ich will nicht sagen, es gebe nicht auch in Spanien hochkompetente Leute, aber sich in deren Hände zu begeben brächte eine große Gefahr mit sich: Sie könnten aus ideologischen Gründen, aus persönlicher Abneigung, aus Eigensucht, ja aus schlichter Geschwätzigkeit Anzeige erstatten. Die Spanier reden zu viel. Auch ich, wie Sie sehen.» Er schwieg einen Augenblick, um zu zeigen, dass er dem nationalen Laster Einhalt gebieten konnte, und fuhr dann leiser fort: «Ich will den Inhalt meines Vorschlags in zwei Worten zusammenfassen. Da die Tage, ja selbst die Stunden zählen, werden Sie so schnell wie möglich nach Madrid fahren, wo Sie mit der betreffenden Person Kontakt aufnehmen, deren Identität ich Ihnen preisgebe, falls wir zu einer Vereinbarung kommen. Sobald der Kontakt hergestellt ist, wird Ihnen die betreffende Person ihren Kunstbesitz oder einen Teil davon zeigen, und Sie werden sie zum beschriebenen Behufe bezüglich des geeignetsten Stücks beraten. Danach, wenn über die Wahl Einigkeit besteht, werden Sie das Objekt nach Ihrem ehrlichen Wissen und Gewissen schätzen, und der sich daraus ergebende Betrag wird telefonisch per Geheimcode übermittelt, der Ihnen im gegebenen Moment ebenfalls verraten wird. Ohne weitere Diskussion wird diese Summe sogleich auf das Konto der betreffenden Person bei einer Londoner Bank überwiesen, und sowie die Zahlung garantiert ist, wird sich der Verkaufsgegenstand auf die Reise machen. An dieser letzten Etappe werden Sie nicht beteiligt sein – so werden mögliche Unannehmlichkeiten keine juristischen oder andersgearteten Folgen für Sie haben. Stets wird Ihre Identität anonym bleiben, und Ihr Name wird nirgendwo auftauchen, es sei denn, Sie wünschten das Gegenteil. Die Reisekosten werden von der betreffenden Person übernommen, und selbstverständlich werden Sie die bei solchen Geschäften übliche Kommission erhalten. Sowie Ihre Mission erfüllt ist, können Sie zurückkommen oder in Spanien bleiben, ganz nach Belieben. Was die Geheimhaltung betrifft, welche die Transaktion zu umgeben hat, wird Ihr Wort eines englischen Gentleman ausreichen.» Er legte eine Pause ein, so kurz, dass der andere keine Zeit für einen Einwand hatte, und fuhr fort: «Zwei letzte Erwägungen, um Skrupel oder Zaudern zu zerstreuen. In der aktuellen Situation ein unbedeutendes Stück des unermesslichen spanischen Kunsterbes zu unterschlagen kann nicht als Kapitalflucht gelten, sondern ist vielmehr eine Rettungsaktion. Wenn die Revolution ausbricht, wird die Kunst ebenso malträtiert sein wie das ganze Land, und zwar auf irreparable Art. Die zweite Erwägung ist nicht weniger wichtig, denn mit Ihrer Vermittlung, Señor Whitelands, werden Sie zweifellos dazu beitragen, mehrere Menschenleben zu retten. Und nun denken Sie darüber nach, und entscheiden Sie dann im Einklang mit Ihrem Gewissen.»

Drei Tage später fragte sich Anthony Whitelands vor der Flügeltür mit ihren Anklängen an Baumeister Herrera, ob seine Anwesenheit hier den von Pedro Teacher genannten altruistischen Zwecken diente oder dem schlichten Bedürfnis entsprang, der Routine zu entkommen und mit der Schubkraft dieses Impulses den Problemen seiner Affäre ein Ende zu setzen. Und während er seiner Niedergeschlagenheit mit einem Abenteuergeist aufzuhelfen versuchte, an dem es ihm vollkommen fehlte, ging die Tür des Palais auf, und ein Butler fragte ihn, wer er sei und was ihn herführe.

4

«Bestellen Sie dem Herrn Herzog, dass mich Pedro Teacher schickt.»

Der Butler war ein erstaunlich junger Mensch mit dunklem Teint und Kraushaar, langen Koteletten und Stierkämpferpose. Ein größerer Kontrast als zwischen dem Engländer und diesem Zigeuner war nur schwer vorstellbar. Er starrte den Besucher an, als wollte er ihm gleich die Tür vor der Nase zuschlagen, doch dann trat er beiseite, bat ihn mit einer dringlichen Geste herein und schloss rasch die Tür hinter ihm. «Warten Sie hier», sagte er knapp, eher wie ein Verschwörer als wie ein Bediensteter, «ich werde Seine Exzellenz benachrichtigen.»

Er verschwand durch eine Seitentür und ließ Anthony Whitelands in einer geräumigen, hohen, mit Marmorboden ausgelegten Halle allein, die keinerlei Möbel beherbergte und offensichtlich dem Ein und Aus von Freunden diente und um Fremde kurzerhand im Stehen zu empfangen. Ohne das durch die auf den Garten hinausgehenden hohen, schmalen Fenster einfallende goldene Licht wäre es ein düsterer Raum gewesen.

Blind für alles, was nicht mit seinem eingeschränkten Interessengebiet zu tun hatte, betrachtete Anthony die Bilder an den Wänden. Die meisten zeigten Jagdszenen, unter denen ihm eine ganz besonders auffiel. Tod des Aktaion gilt als eines der wichtigsten Werke aus Tizians Reifezeit. Das Bild, das er jetzt in Augenschein nahm, war eine wundervolle Kopie des Originals, das zu studieren er nie die Gelegenheit gehabt hatte, obwohl er viele Farbtafeln davon gesehen und genügend darüber gelesen hatte, um das Werk sogleich zu erkennen. Das Sujet entstammte mehreren Quellen, deren bekannteste Ovids Metamorphosen waren. Mit einigen Freunden auf der Jagd, verirrt sich Aktaion im Wald, und auf seinem Streifzug überrascht er die Göttin Diana, die sich eben ihrer Kleider entledigt hat, um in einem Teich zu baden. Zornig verwandelt sie Aktaion in einen Hirsch, der von seinen eigenen Hunden zerfleischt wird. Ohne einen offensichtlichen Grund zählt Ovid die Namen aller Hunde von Aktaions Meute auf und nennt sogar einige von deren Erzeugern, ihre Herkunft und ihre Eigenschaften. Diese Häufung von Details macht die Metzelei noch beängstigender, in der sich zwar sämtliche Beteiligten kennen, aber nicht wiedererkennen noch sich mitteilen können. Ovid erzählt, ihren Hirsch gewordenen Herrn hätten als erste zwei Hunde erreicht, die zurückgeblieben waren, dann aber eine Abkürzung genommen hatten. Dieses traurige Geschehen, so der Dichter, dürfe niemandem angelastet werden, schließlich sei es kein Verbrechen, den Weg verfehlt zu haben. Laut anderen Versionen wollte Aktaion die Göttin verführen, mit Worten oder mit Gewalt. Dritte verniedlichen das Ganze: Niemand dürfe eine Gottheit sehen, weder mit noch ohne Kleider, und dann heil davonkommen. Tizians Darstellung der Szene ist voller Widersprüche: Diana trägt noch ihre Kleider, und statt Aktaion zu verfluchen, scheint sie einen Pfeil auf ihn abschießen zu wollen oder bereits abgeschossen zu haben; die Verwandlung des unglückseligen Jägers hat eben erst begonnen – er steckt noch in seinem Menschenkörper, aber bereits ist ihm ein unproportioniert kleiner Hirschkopf gewachsen, was die Hunde nicht daran hindert, ihn schon so wild wie irgendeine Beute anzufallen, obwohl sie strenggenommen den Geruch ihres Herrn hätten erkennen müssen. Auf den ersten Blick könnten diese Fehler der Eile oder der Unlust des Künstlers gegenüber einem Auftragswerk zugeschrieben werden. Doch Tizian malte es am Ende seines Lebens und verwandte über zehn Jahre darauf. Bei seinem Tod befand sich das Bild noch in seinem Besitz. Dann ging es durch mehrere Hände und Länder, bis es in einer englischen Privatsammlung landete. Die Kopie, die Anthony jetzt betrachtete, war etwas kleiner als das Original und war, wie er folgern konnte, Ende des 19. Jahrhunderts von einem kompetenten Kopisten hergestellt worden. Während er darüber nachgrübelte, wie sie in die Halle dieses kleinen Madrider Palais gelangt sein mochte, sprach ihn in seinem Rücken eine Stimme an. «Entschuldigen Sie, sind Sie der neue Englischlehrer?»

Als er sich umwandte, sah er vor sich ein Mädchen mit langen Zöpfen und in Schuluniform. «Ich fürchte, nein. Woher weißt du, dass ich Engländer bin?»

«Weil Sie so aussehen.»

«So sehr sieht man es mir also an?»

Das Mädchen trat etwas näher auf ihn zu, als wollte sie ihren Schluss oder die Aufrichtigkeit des Besuchers bestätigt sehen. Von nahem sah sie älter aus, als ihre Kleidung und ihr kindliches Benehmen annehmen ließen. Sie war schlank, hatte kleine Gesichtszüge und große, forschende Augen. «Mein Vater will, dass ich Englisch lerne, für den Fall, dass wir Madrid verlassen müssen. Ich gehe seit über einem Monat nicht mehr in die Schule. Aber Sprachen lernen mag ich nicht. Die Engländer sind Protestanten, nicht wahr?»

«Die meisten.»

«Pater Rodrigo sagt, die Protestanten werden alle zur Hölle fahren. Die Neger, auch wenn sie Heiden sind, kommen in die Vorhölle, wenn sie gut sind. Die Protestanten dagegen, auch wenn sie gut sind, in die Hölle, weil sie in ihrem Irrtum verharren, wo sie doch katholisch sein könnten.»

«Nun, ich werde Pater Rodrigo gewiss nicht widersprechen. Wie heißt du denn?»

«Alba María, aber alle sagen Lilí zu mir.»

«Lilí, zu dienen», sagte eine kräftige Stimme hinter ihm.

Ein großer, trübsinniger Mann mit hoher Stirn und weißem Haar war eingetreten. In einem einzigen Blick nahm er die Szene auf, ging mit einem angedeuteten Streicheln an dem Mädchen vorbei und reichte dem Engländer mit unveränderter Miene die Hand. «Verzeihen Sie, dass ich Sie habe warten lassen. Ich bin Álvaro del Valle y Salamero, Herzog von Igualada. Sie sind Pedro Teachers Abgesandter. Ich hoffe, das Erdbeben da hat Sie mit seiner Dreistigkeit nicht belästigt.»

Lilí hatte sich hinter ihren Vater gestellt. Auf den Zehenspitzen flüsterte sie ihm etwas ins Ohr und sauste aus der Halle.

«Nicht im Geringsten», sagte der Engländer, «Ihre Tochter hat sich als vollendete Gastgeberin benommen und mir auf charmante Art die ewige Verdammnis prophezeit.»

«Hören Sie nicht auf sie», antwortete der Herzog, «und glauben Sie nicht, Ihr Seelenheil würde ihr große Sorgen bereiten. Eben hat sie mir gesagt, Sie glichen Leslie Howard. Aber wir wollen nicht hier bleiben. Seien Sie so freundlich und kommen Sie in mein Arbeitszimmer.»

Ohne jemandem zu begegnen, gingen sie durch zwei Zimmer und betraten ein sehr wohnliches Arbeitszimmer. Anstelle der robusten kastilischen Möbel war die Bibliothek in englischem Stil gehalten, mit Regalen aus hellem Holz, die von alten, in Leder gebundenen Bänden mit Goldrücken überquollen. An einer Wand hing ein Seestück von Sorolla und an einer weiteren mehrere Zeichnungen, deren Urheberschaft der Engländer nicht zu bestimmen vermochte. Neben den Bildern hingen persönliche Fotografien in diskreten Silberrahmen. Nur in einer Ecke stand die unvermeidliche kleine Kommode, wahrscheinlich ein Familienerbstück. Alles in diesem Raum strahlte Zurückgezogenheit aus. Ein großes dreiflügeliges Fenster führte auf einen Teil des Gartens hinaus, in dem schlanke Zypressen und gestutzte Hecken einen auserlesenen Winkel mit Statuen, Springbrunnen und Marmorbank rahmten. Als er hinausschaute, um dieses reizvolle Panorama zu betrachten, sah Anthony neben dem Springbrunnen ein Paar stehen. Wegen der Distanz und des Schattens der Bäume erkannte er einzig einen hochgewachsenen Mann in langem, marineblauem Mantel und eine blonde, grüngekleidete Frau. Obwohl sie allein waren und nur vom Palais aus gesehen werden konnten, da der Garten durch eine Mauer von der Straße getrennt war, glaubte er im Benehmen der beiden etwas Heimliches wahrzunehmen. Als ihm bewusst wurde, dass er Menschen beobachtete, die nicht gesehen werden wollten, wandte er den Blick vom Fenster ab und richtete ihn auf seinen Gastgeber, dessen Gesicht sich umwölkt hatte, sei es wegen der Szene im Garten, sei es, weil ein Fremder es beobachtet hatte. Aber keiner der beiden verlor ein Wort darüber. Die Züge des Herzogs glätteten sich wieder, und er deutete auf eine lederne Sitzgruppe. Anthony machte es sich auf dem Sofa bequem, während der Herzog in einem Sessel Platz nahm. Er griff nach einer silbernen Dose auf einem Tischchen, öffnete sie, bot dem Gast eine Zigarette an und steckte sich, da dieser ablehnte, selbst eine an, schlug die Beine übereinander und rauchte eine Weile, als wollte er zu verstehen geben, dass die Angelegenheit, die sie zusammengeführt hatte, nicht in Eile abgehakt werden könnte.

«Es ist nicht leicht», sagte er schließlich, «ein so heikles Thema mit jemandem zu besprechen, den man nur durch Dritte kennt. Pedro Teacher hat mir in lobenden Worten von Ihnen berichtet, sowohl hinsichtlich Ihrer Fachkenntnisse als auch Ihrer persönlichen Eigenschaften. Ich kenne Pedro Teacher seit vielen Jahren, und obwohl wir eine eher wirtschaftliche als eine Freundschaftsbeziehung pflegen, lässt mich nichts an der Redlichkeit seines Urteils und seiner Absichten zweifeln. Dass ich mein Vertrauen nur in Unbekannte setzen kann, ist ein Beweis dafür, wie heikel die Situation ist. Sie sind ein Gentleman – beurteilen Sie selbst, wie schmachvoll es für einen Mann wie mich ist, auf die Hilfe Fremder angewiesen zu sein.»

Bei diesen Worten zitterte seine Stimme leicht, doch er kontrollierte die Erregung und fuhr scheinbar natürlich fort: «Ich spreche nicht so zu Ihnen, um mir Ihre Sympathie einzuhandeln, oder gar, um an Ihre Solidarität zu appellieren, ganz im Gegenteil: Alles, was heute in Spanien geschieht, hat den Charakter des Anormalen und unleugbar auch der Gefahr. Folglich wäre es mir absolut verständlich, wenn Sie irgendwann beschließen, die Hände von dieser Geschichte zu lassen und in Ihr Land zurückzukehren. Mit anderen Worten: Handeln Sie nach professionellen Gesichtspunkten, stellen Sie Ihre eigenen Interessen jeder anderen Erwägung voran, und lassen Sie nicht die Gefühle Ihre Entscheidung beeinflussen. Ich mag keine weitere Last auf meinem Gewissen spüren.» Mit einer heftigen Bewegung drückte er die Zigarette im Aschenbecher aus, stand auf und trat ans Fenster. Der Blick in den Garten schien ihn zu beruhigen – er setzte sich wieder hin, zündete eine weitere Zigarette an und fügte hinzu: «Wenn ich nicht irre, hat Sie unser gemeinsamer Freund ins Bild gesetzt …»

Anthony nickte. Da sein Gesprächspartner stumm blieb, fügte er hinzu: «Ihre entzückende Tochter hat mich, vielleicht ganz unbeabsichtigt, darüber informiert, dass Sie vielleicht ins Ausland ziehen. Ich nehme an, unsere Angelegenheit hat mit diesen Plänen zu tun.»

Der Herzog seufzte und sagte mit tiefer Stimme: «Meine Tochter ist sehr aufgeweckt. Ich habe ihr nichts davon gesagt, aber natürlich hat sie meine Absichten erraten. Man braucht nur hinauszugehen, um zu sehen, wie unhaltbar die Lage ist. Vor über einem Monat habe ich Lilí aus Sicherheitsgründen von der Schule genommen. Im Moment kümmert sich ein Geistlicher um ihre Ausbildung, sowohl in moralischer als auch in akademischer Hinsicht.»

Er drückte die Zigarette aus, steckte sich mechanisch eine neue an und fuhr fort: «Dass die Revolution ausbricht, ist nur noch eine Frage der Zeit. Die Lunte brennt, und nichts kann sie mehr löschen. Ich will ganz aufrichtig zu Ihnen sein, Señor Whitelands, ich fürchte mich nicht vor der Revolution. Ich bin nicht so blind, dass ich die Ungerechtigkeit nicht sehe, die in Spanien jahrhundertelang geherrscht hat. Die Privilegien meiner Klasse haben mich nicht daran gehindert, des öfteren reformerische Maßnahmen zu unterstützen, deren erste die Landreform war. Die Verwaltung meiner Güter und der Umgang mit den Pächtern haben mich in diesem Sinn mehr gelehrt als alle Reden, Berichte und Debatten einiger Kaffeehaus-, Wandelhallen- und Ministerialpolitiker. Ich halte eine Modernisierung der Klassenbeziehungen und des Wirtschaftssystems, die für das Land im Allgemeinen und letztlich für alle Spanier vorteilhaft wäre, ob reich oder arm, für möglich. Wozu dient all der Reichtum, wenn das eigene Gesinde das Messer wetzt, um uns die Kehle aufzuschlitzen? Aber für eine Reform ist es zu spät. Aus Nachlässigkeit, Inkompetenz oder Egoismus hat es keine Verständigung gegeben, und inzwischen ist eine friedliche Lösung in weite Ferne gerückt. Vor etwas über einem Jahr ist in Asturien eine kommunistische Revolution ausgebrochen. Sie wurde erstickt, aber vorher hat es viele Ausschreitungen gegeben, insbesondere gegen den Klerus. Die Mumien der Nonnen wurden ausgebuddelt und geschändet, die Leiche eines der vielen ermordeten Priester wurde zum Gespött der Öffentlichkeit mit einem Schild an den Pranger gestellt, auf dem es hieß: Schweinefleisch zu verkaufen. Diese Taten sind nicht typisch für Kommunisten, und sie gehören keinerlei Ideologie an, Señor Whitelands. Das ist pure Rohheit und Blutrünstigkeit. Dann griffen die Armee und die Guardia Civil ein, und die Repression war grauenvoll. Wir sind wahnsinnig geworden, und jedes weitere Wort ist überflüssig. Unter diesen Umständen bleibt mir kein anderer Ausweg, als meine Familie aus dem Land zu schaffen. Ich habe eine Frau und vier Kinder, zwei Jungen und zwei Mädchen. Lilí ist die Kleinste. Ich bin achtundfünfzig. Noch bin ich kein Greis, aber ich habe viel erlebt und habe gut gelebt. Die Aussicht, umgebracht zu werden, begeistert mich zwar nicht gerade, aber erschrecken tut sie mich auch nicht. Ginge es nur um mich, so würde ich bleiben. Die Vorstellung zu fliehen läuft meinem Charakter zuwider, nicht nur, weil das ein Akt der Feigheit ist, sondern wegen etwas mehr. Spanien zu verlassen ist, wie einen geliebten Menschen in der letzten Phase einer unheilbaren Krankheit allein zu lassen. Tun kann ich nichts, doch ich gehöre ans Krankenbett. Aber meine Familie braucht mich. Pragmatisch gesehen, ist ein toter Held etwa so nützlich wie ein toter Feigling.»

Er stand brüsk auf, tat einige Schritte im Arbeitszimmer und streckte die Arme aus. «Ich habe viel geredet und bitte Sie um Entschuldigung. Meine Sorgen haben nichts mit Ihnen zu tun. Aber ich wollte Ihnen zeigen, dass ich kein Kunstspekulant bin. Und in letzter Zeit habe ich nicht oft Gelegenheit zum Reden. Die Meinen halte ich von diesen Dingen möglichst fern, und mit Außenstehenden ist es nicht mehr dasselbe. Sie haben Angst, ihre Meinung zu äußern – vom Preisgeben ihrer Pläne ganz zu schweigen. Es gibt keine Freunde mehr, nur noch Gesinnungsgenossen.»

Bei der Andeutung, jemand könnte die noblen Sicherheitsvorkehrungen seines Gastgebers falsch interpretieren, setzte der Engländer zu einem wirren Protest an. Anthony Whitelands gehörte natürlich nicht dazu. Doch bevor er diese Erklärung abgeben konnte, erfüllte das melodiöse Läuten eines Glockenspiels die bläuliche Luft des Zimmers. Der Herzog von Igualada stand auf, als gehörte er zum selben Uhrwerk, und rief mit heiterem Gesicht: «Gelobt sei das Heilige Sakrament – halb zwei, und wir hier mit unserer Plauderstunde! Die Zeit verfliegt, mein Freund, vor allem in Gesellschaft eines alten Causeurs und eines freundlich-verständnisvollen Zuhörers. Wie auch immer, es darf nicht sein, dass wir uns an die Arbeit machen, wenn rechtschaffene Christen essen. Das verschieben wir auf einen geeigneteren Zeitpunkt. Bis dahin wäre es mir eine Ehre und ein Vergnügen, wenn Sie den Imbiss mit mir und meiner Familie teilen würden. Natürlich nur, wenn Sie keine anderweitige Verpflichtung haben.»

«Überhaupt nicht, aber ich möchte mich keinesfalls in Ihr Familienleben hineindrängen.»

«Unsinn, mein Lieber! In diesem Haus ist alles erlaubt, außer sich zu zieren. Und lassen Sie sich durch diesen alten Kasten nicht beeindrucken – Sie werden sehen, dass wir einfache Leute sind.»

Ohne eine Antwort abzuwarten, zog er an einer von der Decke hängenden Kordel mit Troddel, und nach einer Weile stürzte der Butler ins Arbeitszimmer und fragte hastig, ob er etwas für den Herrn Herzog tun könne. Dieser erkundigte sich, ob Señorito Guillermo zurückgekommen sei. Der Butler hatte ihn nicht gesehen.

«Schon gut», sagte der Hausherr ungeduldig, «lassen Sie ein weiteres Gedeck auflegen. Und das Essen soll pünktlich um halb drei serviert werden. Wenn Señorito Guillermo noch nicht zurück ist, wird er aufgewärmt essen müssen, was noch da ist. Und sagen Sie der Frau Herzogin, dass wir den Aperitif im Musikzimmer nehmen. Guillermo», sagte er mit nicht sehr überzeugender Strenge, nachdem sich der Butler mit den Anweisungen entfernt hatte, «ist zwar mein Kleinster, aber der größte aller Leichtfüße. Er studiert in Madrid Jurisprudenz, verbringt indessen einen Teil des Jahres zwischen den Landgütern. Meine Absicht ist es, die Liegenschaften allmählich in seinen Händen zu lassen. Seit einigen Monaten rührt er sich nicht aus dem Haus weg. Seine Mutter würde nicht mehr leben, wenn sie wüsste, wie es auf dem Land aussieht, und das mit gutem Grund. So habe ich es vorgezogen, die Familie im Pferch zu haben. Aber die Jugend kann man nicht so kurz anbinden. Nachdem er achtundvierzig Stunden hier war, ist ihm die Decke auf den Kopf gefallen, und vorgestern ist er im Revier von Freunden auf die Jagd gegangen mit dem Versprechen, heute Vormittag zurück zu sein. Wir werden ja sehen. Mein anderer Sohn ist mit zwei Kommilitonen in Italien unterwegs. Florenz, Siena, Perugia – wie schön wäre das! Er hat das Jurastudium abgeschlossen, schwärmt aber für die Kunst, und das werfe ich ihm gewiss nicht vor. Kommen Sie, Señor Whitelands, ich will Sie meiner Frau vorstellen, und wir genehmigen uns ein Gläschen Sherry. Das Heizungssystem ist alt und das Ganze ein Mausoleum. Oh – in Gegenwart meiner Frau und meiner Kinder bitte kein Wort von dem, worüber wir gesprochen haben. Es gibt keinen Grund, Sie noch mehr zu beunruhigen, als sie es ohnehin schon sind.»

5

Munter loderten einige Scheite im Kamin des Musikzimmers, dessen Sims von einer finsteren weißen Beethovenbüste beherrscht wurde. Einen großen Teil des geräumigen Zimmers nahm ein Konzertflügel ein. Aufgeschlagene Noten auf dem Ständer und ein weiterer Stapel auf dem Hocker wiesen auf häufige Benutzung hin. Die Wände waren mit blauer Seide ausgekleidet, und das Fenster rahmte einen Winkel des Gartens mit Orangen- und Zitronenbäumen.

Kaum waren sie eingetreten, als die Herzogin erschien. Sie war eine sehr kleine Frau, leicht hässlich, was Alter und mangelnde Geziertheit zu Würde ausgeformt hatten. Aus ihrem Auftreten sprachen Intelligenz, Energie und Hartnäckigkeit, und ihr leichter andalusischer Akzent verlieh ihr eine natürliche Anmut. In ihrer unbändigen kindlichen Spontaneität beging sie häufige Fauxpas, über die sich die ihr Nahestehenden freuten und die ihr die zärtlichste Zuneigung eintrugen. Unschwer konnte man sich ausmalen, dass diese Frau der Mittelpunkt des Hauses war. «Seien Sie willkommen in diesem alten Gemäuer und vor allem in diesem Raum – Zufluchtsstätte und Heiligtum für mich», sagte sie mit hoher, singender, sich beinahe überschlagender Stimme. «Mein Mann lebt für die Malerei und ich für die Musik. So streiten wir uns nie. Er mag, was bleibt, und ich, was vorübergeht. Sind Sie Musikfreund, Señor …?»

«Whitelands.»

«Herrgott, was habt ihr für seltsame Namen! Und wie ist Ihr Vorname?»

«Anthony.»

«Antoñito? Na, das hört sich schon besser an.»

«Señor Whitelands», mischte sich der Herzog in nachsichtigem, nicht unehrerbietigem Ton ein, «ist der Experte für spanische Malerei, von dem ich euch schon erzählt habe, der Freund von Pedro Teacher. Er ist direkt von England gekommen, um einen Blick auf unsere bescheidene Sammlung zu werfen, aber da uns die Zeit davongelaufen ist, habe ich ihn zum Essen eingeladen. Ist Guillermo noch nicht zurück?»

«Er ist vor einer Weile gekommen, wie mir Julián gesagt hat, aber er hat wie ein Wegelagerer ausgesehen und ist raufgegangen, um sich zu waschen und umzuziehen.»

In diesem Augenblick trat Lilí in Begleitung einer jungen Frau ein, die dem Engländer als Victoria Francisca Eugenia María del Valle y Martínez de Alcántara vorgestellt wurde, Marquise von Cornellá, von allen Paquita genannt, Tochter des Herzogs und der Herzogin und Lilís ältere Schwester. Sie war hochaufgeschossen und glich trotz ihrer regelmäßigen Züge der Mutter, was sie paradoxerweise zu einer höchst attraktiven Frau machte. Ohne zu lächeln, ergriff sie die Hand des Gastes und drückte sie kurz und fest, fast männlich. Dann zog sie sich in eine Ecke zurück und begann in einer Illustrierten zu blättern. Obwohl sie kein grünes Kleid trug, fragte sich Anthony Whitelands, ob diese junge, scheu wirkende Frau nicht die rätselhafte Person war, die er kurz zuvor im Garten in Begleitung eines anonymen Galans erspäht hatte. Inzwischen war Lilí zu ihm getreten und ergriff mit dreister Zutraulichkeit seine Hand. Als sich der Engländer ihr zuwandte, sagte sie: «Verzeih mir, was ich vorhin gesagt habe. Ich wollte dich nicht beleidigen.»

«Oh, es ist nicht beleidigend, Leslie Howard zu gleichen.»

Das Mädchen errötete und ließ seine Hand los.

«Lilí, lass Antoñito in Ruhe seinen Sherry trinken», sagte die Herzogin.

«Sie belästigt mich nicht», sagte er und errötete seinerseits.

Ein hageres, finster und ein wenig beschränkt wirkendes Dienstmädchen krähte, das Essen sei bereit. Sie stellten die Gläser hin und gingen zum Speiseraum. Ganz unprotokollarisch gesellte sich Paquita zu Anthony und hakte ihn unter. «Verstehen Sie wirklich so viel von Malerei?», fragte sie von ganz nahe. «Mögen Sie Picasso?»

«Oh», sagte er hastig, durch diesen Frontalangriff ein wenig aus der Fassung gebracht, «Picasso ist zweifellos sehr talentiert. Aber ehrlich gesagt, wirklich warm werde ich bei seinen Werken nicht, wie überhaupt bei moderner Malerei. Ich verstehe den Kubismus und die Abstraktion unter technischem Gesichtspunkt, aber ich weiß nicht, wohin das noch führen soll. Wenn denn Kunst überhaupt irgendwohin führen soll. Mögen Sie die Avantgarde?»

«Nein, und auch nicht die Retrogarde. Ich gehöre zum musikalischen Teil der Familie. Die Malerei langweilt mich.»

«Das ist mir unerklärlich. Sie leben doch inmitten von großartigen Kunstwerken.»

«Sie meinen, ich bin ein verwöhntes Mädchen?»

«Nein, ich bitte Sie, ich habe nichts dergleichen gesagt. Wie könnte ich mir so was erlauben, ich kenne Sie ja kaum.»

«Ich dachte, Ihr Beruf sei es, auf Anhieb das Falsche vom Echten zu unterscheiden.»

«Ach, verstehe, Sie wollen mich auf den Arm nehmen, Señorita Paquita.»

«Nur ein bisschen, Señor Antoñito.»

Die Verwirrung des Engländers wuchs. Nach seinen Sc...

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