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Ein Panda zieht ein

Als Buch hier erhältlich:

Panda-Dame Pudding auf den Spuren von Mary Poppins

Die Panda-Dame Pudding ist die Attraktion des Zoos von Edinburgh. Aber abends, wenn der Tierpark geschlossen ist, schaut sie sich am liebsten ihre Mary-Poppins-DVD an. Puddings allergrößter Wunsch: wie das berühmteste Kindermädchen der Welt mit einem Zauberschirm davonzufliegen und eine Familie zu finden, um die sie sich kümmern kann! Als sie erfährt, dass der neunjährige Cal ganz dringend ihre Hilfe braucht, schlägt Puddings große Stunde. Die Panda-Dame mit dem riesigen Herzen büxt aus dem Zoo aus, um Cal bei der Suche nach seinem plötzlich verschwundenen Vater zu helfen.

Eine wunderschöne, fantasievolle Geschichte über Freundschaft und über die verrückten Wendungen, die das Leben nehmen kann


  • Erscheinungstag: 28.06.2022
  • Seitenanzahl: 200
  • Altersempfehlung: 7
  • Format: E-Book (ePub)
  • ISBN/Artikelnummer: 9783748801917

Leseprobe

Für Diana

Was wird aus Pudding?

Ich lach so gern! Hahaha!« Pudding summte vor sich hin. Für sie war das heute wieder mal ein nahezu perfekter Tag als Star vom Edinburgher Zoo gewesen. Vielleicht wäre nicht jeder, der vorüberging, sofort darauf gekommen, dass ein Panda das Publikum unterhalten konnte. Doch wenn man stehen blieb und Pudding zuguckte, sah man sofort, dass sie einfach gut darin war, Kinder zum Lächeln zu bringen.

»Den lieben langen Tag«, schmetterte sie. Dabei winkte sie den Leuten zum Abschied zu. Noch lange nachdem sich die Menge aufgelöst hatte, warf sie Kusshände.

»Kommt morgen wieder!«, rief sie in die kühle Abendluft. »Ihr seid ein wundervolles Publikum!«

Als sie ganz allein war, ging Pudding in ihren Käfig zurück. Mit einem Seufzer setzte sie sich hin. Es war Zeit für ihre Lieblingsbeschäftigung. Sie legte ihre Mary-Poppins-DVD ein. Die hatte sie von ihrem Wärter Gerald bekommen, als sie noch ein kleines Bärenkind gewesen war. Er hatte gehofft, die DVD würde ihr helfen, sich nicht mehr so einsam zu fühlen. Und damit hatte er richtig gelegen.

Wenigstens für eine Weile.

Pudding betete Mary Poppins an. Natürlich betete sie auch ihren Wärter Gerald an. Von ihm hatte sie mindestens genauso viel über das Leben gelernt wie von Mary Poppins. Die hatte ihr beigebracht, wie man immer höflich und fröhlich war, und Gerald, wie man ein Star wurde. (Sie hatte einen magischen Regenschirm, er einen rotblonden Schnurrbart.)

Aber keiner von beiden konnte eine echte Familie ersetzen.

Pudding seufzte noch einmal, als sie Mary Poppins mit ihrem Zauberschirm in den Himmel fliegen sah.

»Eines Tages«, flüsterte sie traurig, »wenn ich genug geübt habe, fliege ich vielleicht auch weg wie du, Mary Poppins. Und dann finde ich eine Familie, bei der ich leben kann. Eine Familie, die mich braucht.«

BIEP!

Das Biep kam von Geralds Uhr und bedeutete: Bambus. Das wusste Pudding. Und so war es auch: Pünktlich auf die Minute kam Gerald mit ihrem Abendbrot.

»Hallo Gerald«, rief Pudding ihm zu. »War das nicht ein superkalifragilistischexpialigetischer Tag heute?«

»Hmpf«, schnaufte der Wärter, die Arme so voll mit frischen grünen Bambusschösslingen, dass er sie kaum schleppen konnte.

Ein Panda verspeist täglich fast sein Eigengewicht an Bambus. Gerald machte das also oft.

»Lass mich dir helfen.« Pudding nahm ihm das Bündel ab.

Gerald wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Danke, meine Kleine«, sagte er. »Mannomann! Ich bin völlig fertig. Die Flamingos haben mich den ganzen Tag auf Trab gehalten.«

»Du Armer! Unverschämte Vögel«, schimpfte Pudding. »Setz dich doch und ruh dich ein bisschen aus.«

»Ausruhen!« Gerald grummelte. »Wenn ich mich hinsetze, komme ich nie wieder hoch! Ich werde auch nicht jünger. Ich bin bald dreiundachtzig.«

Pudding nickte. »Das ist wirklich sehr alt.«

»Vielen Dank auch.« Gerald spielte den Beleidigten. »Aber die Chefs sollten mich lieber nicht während der Arbeitszeit rumsitzen sehen. Die reden sowieso schon davon, mich in Rente zu schicken.«

Nachdenklich kaute Pudding auf einem besonders leckeren Bambusschössling herum. »Vermutlich werde ich auch nicht jünger«, sagte sie. Sie hatte keine Ahnung, wie alt sie war, sie wusste nur, dass es sehr lange her war, seit sie in einer Kiste im Zoo angekommen war. »Wird eigentlich überhaupt irgendwer jünger?« Diese Frage stellte sie eher sich selbst als Gerald. »Wenn das passieren würde, dann wäre ich irgendwann wieder ein Bärenjunges und du ein klitzekleines Baby.« Sie kaute auf einem Bambusstängel. »Hoffentlich will der Zoo mich nicht auch wegschicken. Es sei denn …« Der Stängel rutschte ihr aus dem Mund, als sie plötzlich einen Einfall hatte. »Es sei denn, sie finden eine Familie für mich. Ich wäre so gern ein Kindermädchen mit Tasche, Hut und Schirm – genau wie Mary Poppins. Glaubst du, dass das vielleicht irgendwann passiert?«

»Was?« Gerald hustete. »Kindermädchen? Ein Panda als Kindermädchen? Hat man so was schon gehört? Wo gibt’s denn das!« Er lachte rau. »Du hast wirklich nur Flausen im Kopf, meine Kleine!« Gerald kitzelte sie hinter den Ohren.

Pudding hatte keine Ahnung, was er da brabbelte. Wie konnte man denn Flausen im Kopf haben? Was war das überhaupt? Und warum sollte sie kein Kindermädchen sein können?

BIEP! BIEP!

»Mann! Diese neue Uhr nervt mich!«, grummelte Gerald ärgerlich. Pudding warf einen Blick auf das Ding an seinem Handgelenk. Es sah richtig toll aus – schwarz und glänzend, mit einem eckigen Zifferblatt. (Schwarz war Puddings Lieblingsfarbe. Ihre zweitliebste Farbe war Weiß.) Die Chefs hatten Gerald diese Uhr geschenkt, als er genau sechzig Jahre im Zoo gearbeitet hatte – das waren drei Pandaleben.

BIEP! BIEP!

»Hör auf!«, schimpfte Gerald.

»Tut mir leid«, sagte Pudding. »Hab ich was Falsches gesagt?«

Gerald lachte. »Du doch nicht, kleiner Fellklops! Diese dumme Uhr. Die schickt mir Nachrichten, sagt mir, wie ich mich um dich kümmern soll, wann ich dich füttern muss – als ob ich das nicht wüsste, nach so vielen Jahren!« Er schnaufte verärgert.

»Nun reg dich doch nicht auf, Gerald«, beschwichtigte Pudding ihn. »Das tut dir nicht gut.«

»Du bist wirklich eine Süße.« Er lächelte sie an. »Und da fällt es mir nur noch schwerer, dir zu sagen …«

BIEP! BIEP! BIEP! BIIIEP!

»Ach! Blödes Ding!«, brüllte Gerald und riss sich die Uhr vom Arm.

»Ich glaube, deine Uhr versteht dich nicht, Gerald«, sagte Pudding. Sie wollte ihm helfen.

BIIIIIIPPP!!

»Grrrr!« Gerald zog die Augenbrauen zusammen. Er stopfte sich die Uhr in die Tasche.

»Warum guckst du denn nicht einfach, was sie dir sagen will, Gerald? Es könnte doch eine wichtige Nachricht sein.«

»Das ist nichts …« Gerald brach den Satz ab. »So, wie wär’s denn, wenn du jetzt dein Abendbrot isst, und ich hole dir inzwischen frisches Streu?«

Obwohl Gerald sich über seine Uhr beschwerte, wusste Pudding, dass sie ihm ab und zu nützlich war. Zum Beispiel als Larry, der Pavian, sich als blinder Passagier in einen Lastwagen geschmuggelt hatte. Dank dem Chip an Larrys rechtem Fuß und der Such-meinen-Affen-App auf Geralds Uhr hatte der Wärter ihn aufspüren können.

Pudding schüttelte den Kopf. Menschen konnten solche Dummköpfe sein. Egal, was im Zoo vor sich ging: Das war Geralds Problem. Pudding musste für ihren Auftritt proben. Denn wie jeder weiß: Übung macht den Meister.

»Morgen, Gerald, lege ich meine BESTE …«, sie reckte eine Pfote über den Kopf, »meine AUFREGENDSTE …«, sie brachte die Füße in Drei-Uhr-Position, »meine WUNDERVOLLSTE …«, sie guckte himmelwärts und lüpfte ein nicht vorhandenes Röckchen, »Panda-Show hin!«

»Das ist gut, meine Kleine«, murmelte Gerald. Er ließ den Kopf hängen. »Mach die allerbeste Show daraus, denn es könnte deine letzte sein.«

Pudding erstarrte mitten im Tanz und starrte ihn an. »Wie bitte? Was meinst du damit?«

BIIIEEEP! BIIIEEEP! BIIIEEEP!

»So, NUN HALT ABER MAL DEN RAND!«

»Ich sehe ja, dass du dich aufregst, Gerald, aber das ist kein Grund, unhöflich zu werden.« Der Wärter benahm sich wirklich sehr seltsam, fand Pudding.

»Ich brüll ja nicht dich an, Pudding, sondern meine Uhr – und diese drängelnden Chefs, die mir sagen, wie ich meine Arbeit machen soll!« Jetzt stammelte er. »Wenn die mir erlaubt hätten, das Adoptionsprogramm früher zu starten, dann hätte ich dich retten können. Und wir müssten dich jetzt nicht wegschicken …« Gerald verstummte plötzlich. »Ach, du meine Güte! Hab ich das eben laut gesagt?«

»Adoption? Mich retten? Mich wegschicken?«, wiederholte Pudding.

Geralds Gesicht wurde knallrot. Er sah aus wie ein Strauß mit einem Knoten im Hals.

»Gerald! Mich wegschicken? Wohin denn?«, wollte Pudding wissen.

Gerald trat von einem Fuß auf den anderen. »Na ja … also …«

Pudding ließ sich nicht beirren. »Also, was ist? Gerald?«

Gerald räusperte sich. »Du weißt doch, dass du nicht Kindermädchen werden kannst, oder, Pud?« Er klopfte Pudding auf die Schulter. »Du bist ein Panda. Ein Bär. Du kannst nicht bei einer Menschenfamilie leben.«

»Warum denn nicht?«, fragte Pudding mit ganz leicht, aber wütend gerunzelter Stirn.

Gerald schüttelte den Kopf. »Es bricht mir das Herz, dir das zu sagen.« Er hatte Tränen in den Augen. »Du bist ein kleiner Panda, mein Schatz. Ein wildes Tier – und ein seltenes dazu. Daran wird sich nie etwas ändern. Und Pandas müssen Junge kriegen, damit es mehr Pandas auf der Welt gibt. Was soll denn aus uns werden ohne Kinder?«

»Was redest du da, Gerald?« Pudding versuchte zu knurren, damit konnte sie ihren Wärter vielleicht dazu bringen, ihr eine richtige Antwort zu geben.

»Die Zooleitung – die Chefs.« Gerald flüsterte und guckte sich um, als ob Spione lauschten. »Die schicken dich nach«, er sprach noch leiser, »China.«

Pudding klappte der Mund auf. »China? Wo ist das?« Von Chinakohl und China-Restaurants hatte sie schon gehört, aber von einem Ort namens China noch nie. »Das verstehe ich nicht. Hab ich was falsch gemacht? Ich …«

Gerald nahm ihre Pfote. »Du hast nichts falsch gemacht.« Er seufzte. »So sind die Dinge nun mal. Es tut mir leid, wirklich. Wahnsinnig leid.«

Armer Gerald, dachte Pudding. Wie traurig er aussah.

»Du wirst mir so fehlen, meine Kleine«, sagte er. »Aber ich kann da nichts machen. Ich bin ein alter Mann, und keiner hört auf mich.« Er ließ ihre Pfote los. »Tschüss, meine Kleine. Wir sehen uns morgen früh. Noch ein letztes Mal. Wer weiß, vielleicht dreht sich der Wind doch noch und alles wird gut.«

Und damit ging Gerald weg.

Pudding saß wie ein Häufchen Elend auf dem kalten Betonboden. Nicht mal ein dickes, pelziges Hinterteil wie ihres konnte die Kälte abwehren, die in ihr hochkroch. Wie lange kannte Gerald den Plan, sie wegzuschicken, wohl schon? Wie oft war er zu ihr gekommen und hatte ihr Futter gegeben, seit er davon erfahren hatte? Und warum hatte er kein Wort gesagt?

Wie eine Antwort darauf drang ein gedämpftes Geräusch durch die Stapel Zeitungspapier, auf denen sie schlief.

Geralds Uhr! Sie musste ihm aus der Tasche gefallen sein.

Pudding wühlte und fand sie. Ich guck mir mal an, was in diesen Nachrichten steht, dachte sie. Vielleicht war das ja alles nur ein dummer Fehler. Mary Poppins sagte schließlich immer, dass die Dinge nicht immer so waren, wie sie schienen.

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