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Angels of the Dark - Himmelsfeuer

Ein mörderischer Krieger mit flammenden Schwingen, eine Frau, die in ihm den Hunger nach Sieg, Leidenschaft und Schmerz weckt: Der dritte Band von Gena Showalters fesselnder Serie Angels of the Dark!

Engelskrieger Thane kennt keine Gnade. Erbarmungslos vernichtet er die Phönixfrau Kendra, die ihn gefesselt, gefoltert und für ihre Gelüste missbraucht hat. Doch selbst der Hass auf Kendra, in Asche vergangen, verblasst neben dem Gefühl, das ihn für deren Sklavin Elin Vale überkommt. Halb Phönix, halb Mensch weckt die zarte Schönheit in dem Himmelskrieger eine nie gekannte Leidenschaft. Es ist Lust, die er mit ihr erleben will, es ist auch ein wütender Hunger nach Sieg, Unterwerfung und Schmerz. Aber es ist noch mehr. Manipuliert ihn Elins halbe Phönixseele, wie es Kendra getan hat? Oder kann es für Thane etwas jenseits aller Qualen geben, das heißer als das dunkle Feuer in ihm brennt?


  • Erscheinungstag: 10.10.2014
  • Aus der Serie: Angels Of The Dark
  • Bandnummer: 3
  • Seitenanzahl: 432
  • ISBN/Artikelnummer: 9783956493669
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Gena Showalter

Himmelsfeuer

Roman

Aus dem Amerikanischen von
Freya Gehrke

MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright dieses eBooks © 2014 by MIRA Taschenbuch

in der Harlequin Enterprises GmbH Deutsche Erstveröffentlichung

Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:Burning Dawn

Copyright © 2013 by Gena Showalter

erschienen bei: HQN Books, Toronto

Published by arrangement with

HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Covergestaltung: pecher und soiron, Köln

Redaktion: Tania Krätschmar

Autorenfoto: © Harlequin Enterprises S.A., Schweiz

Titelabbildung: Harlequin Enterprises S.A., Schweiz

ISBN eBook 978-3-95649-366-9

www.mira-taschenbuch.de

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eBook-Herstellung und Auslieferung:

readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

1. KAPITEL

Er lebte Sex. Atmete Sex. Ernährte sich von Sex.

Er war Sex.

Vielleicht war das sein Name.

Nein. Sie nannte ihn nicht so. Sie – sein Herz. Der Grund für seine Existenz.

Wenn sie sich auf ihn setzte und seine pochende Härte Stück für Stück in ihren hungrigen Körper aufnahm, sagte sie immer: „Mein Sklave braucht mich mehr als die Luft zum Atmen, nicht wahr?“

Mein Sklave. Ja. Das war sein Name.

Mein Sklave wollte seine Frau. Verzehrte sich nach ihr wie nach Wasser, um seinen Durst zu lindern.

Muss sie haben.

Für ihn gab es nur sie. Er konnte nicht leben ohne ihren Geruch nach Rauch und Träumen … oder ihre Hitze, als sei er ganz dicht an der Sonne … oder ihre feurigen Krallen. Wie tief jene kleinen Dolche immer in seine bloße Brust schnitten. Und ihre Fangzähne, die so entzückend zwischen ihren Lippen hervorblitzten … wie köstlich sie sich in seine Halsschlagader senkten.

Sie war perfekt, und nur wenn sie bei ihm war, wenn sie Wonne nahm und gab mit ihrem starken Leib, nur dann war der nagende Hunger in seinem Inneren endlich besänftigt.

Muss. Sie. Haben. JETZT.

Aber … Er sah sich um. Sie war nicht bei ihm. Als er versuchte, sich vom Bett zu erheben, spürte er wieder Fesseln an seinen Hand- und Fußgelenken. Kein Seil. Nicht dieses Mal. Zu kalt, zu hart. Stahl? Es war ihm zu unwichtig, als dass er nachgesehen hätte.

Problem. Lösung. Mein Sklave biss die Zähne zusammen und zerrte mit all seiner beachtlichen Kraft. Haut riss, Knochen knackten. Schmerz. Freiheit. Er grinste. Da draußen war seine Frau. Bald schon würde er sie finden. Er würde sich in sie versenken und seine Begierde nach ihr stillen. Wieder und wieder und wieder …

Nichts und niemand würde ihn aufhalten.

„Er hat sich schon wieder losgerissen“, grummelte jemand.

Elin Vale hatte im knietiefen Wasser des Teichs gestanden, Kleider gewaschen und von Salzkaramell-Cupcakes geträumt … und von Brownies mit Sahnehaube … und, oh, oh, oh, von Erdnussbutter-Cookies. Jetzt stapfte sie laut platschend aus dem zu warmen Wasser. Das spröde Gras auf dem Uferstreifen der bezaubernden Oase mitten in der afrikanischen Wüste stach unter ihren bloßen Füßen. Vom klaren Morgenhimmel brannte die Sonne herab, und nach allen Seiten hin erstreckten sich goldene Sanddünen. Sie flüchtete sich in den Schatten unter einen der wenigen Bäume. Mit einer sanften Brise wehte mehr Staub heran, als sie je würde abwaschen können.

Wenigstens gab es einen Silberstreif am Horizont. Durch das tägliche Gratis-Ganzkörperpeeling war ihre von der Sonne gerötete, sommersprossige Haut immer ganz weich und rosig.

Na herzlichen Glückwunsch.

Hätte sie doch bloß ihre Lebensziele genauso einfach erreichen können. 1.) Den Phönix-Kriegern entkommen, die sie gefangen hielten, 2.) zu Geld kommen und 3.) eine Konditorei eröffnen. Dort würde sie jede Leckerei verkaufen, die je erfunden worden war … außer Erdnussbutter-Cookies, denn davon würde sie ihren gesamten Lagerbestand ganz allein vertilgen.

Das Leben wäre über die Maßen großartig. Sie würde tun, was sie liebte, und essen, wonach sie lechzte. Bloß gab es bei der Sache ein winzig kleines Problem. Punkt eins auf ihrer To-do-Liste zu erledigen hatte sich als leicht, nun ja, unmöglich erwiesen. Phönixe waren Unsterbliche, die zu Asche verbrennen und von den Toten auferstehen konnten, stärker als je zuvor. Sie waren grausam. Und ironischerweise absolut kaltblütig. Brandschatzen und Plündern war ihr Lieblingssport, und sie mordeten rein zum Vergnügen.

Elin hatte aus nächster Nähe und nur zu persönlich miterlebt, wozu diese Wesen imstande waren, und selbst jetzt, ein Jahr später, waren die Erinnerungen furchtbar genug, um sie in die Knie zu zwingen. Erinnerungen, die sie nicht unterdrücken konnte … Aufhören, bitte, aufhören … Doch da waren sie, blitzten vor ihrem inneren Auge auf. Der Kopf ihres Vaters, der über die Fliesen rollte – ohne seinen Körper. Bays schmerzerfülltes Stöhnen, mit dem er zu Boden sackte und das bis heute in ihren Ohren widerhallte. Der Anblick des Schwerts, das aus seiner Brust ragte. Die Stille, die sich schwer niedersenkte. Die so sehr gefürchtete Stille.

Selbst jetzt noch raste ihr Herz mit genügend Pferdestärken, dass sie damit Rekorde hätte brechen können. Gleich muss ich mich übergeben.

„Fangt ihn ein!“

Der hektische Schrei war eine willkommene und wundervolle Ablenkung, der einzige Rettungsring in einem Ozean des Entsetzens, und hielt den drohenden Zusammenbruch auf.

Suchend blickte sie sich um – dort.

Er ist umwerfend.

Dank ihres angeblich respektlosen Mundwerks – manche Leute kamen einfach nicht mit der Wahrheit klar – hatte sie die vergangenen zwei Wochen eingezwängt in einem kleinen, modrigen Loch verbracht. Deshalb hatte sie den neuen Gefangenen noch nicht gesehen, der „es wert war, ein Kaiserreich umzustürzen, um ihn in die Finger zu kriegen“.

So lauteten jedenfalls die Worte jeder Frau im Lager.

Zum ersten Mal musste Elin ihren Entführern zustimmen. Der unsterbliche Sklave der Prinzessin war ein Gott unter den Männern.

Er stapfte durch den Sand und fegte kampferprobte Soldaten beiseite, als wären sie Stofftiere. Und das trotz der Tatsache, dass seine Hand- und Fußgelenke aussahen wie Hackfleisch.

Seine Miene war finster, beängstigend, und trotz ihrer Faszination senkte Elin instinktiv den Blick.

Oh, là, là. Was für ein Riesenteil … In keinster Weise war der lederne Lendenschurz des Sklaven in der Lage, das Monstrum zu verhüllen.

Ihr kam die Fähigkeit zu atmen abhanden. Wer hätte ahnen können, dass es Penisse tatsächlich in solchen Übergrößen gab, wie sie in den Liebesromanen immer beschrieben wurden? Und, gütiger Gott, als sich der Fetzen Leder hob … und hob … und schließlich zur Seite fiel, sah sie etwas Silbernes aufblitzen. War seine Eichel etwa … War sie! Sie war wirklich und wahrhaftig gepierct und wurde von einem langen silbernen Barbell geschmückt.

Ihr wurden die Knie weich.

Jetzt schänden wir also schon den Sklaven der Prinzessin mit Blicken, Vale? Ernsthaft? Hör auf damit!

Erstens stand die Todesstrafe darauf, sich lüsternen Gedanken über den Mann einer anderen Frau hinzugeben. Zweitens war es zu einhundert Prozent ekelhaft.

Deshalb würde sie wegsehen … gleich, sofort. Einen Blick auf den Rest von ihm, das war alles, was sie brauchte. Er war mindestens zwei Meter groß, pure männliche Aggression. Seine Muskelmasse schrie förmlich: Wage es, dich mir zu widersetzen, und du wirst meinen Zorn zu spüren bekommen. Ein jahrhundertealter Krieger mit Leib und Seele. Aber was in Wahrheit ihre Aufmerksamkeit fesselte – abgesehen von seinem Riesenteil –, waren die gefiederten Flügel in strahlendem Perlweiß und Gold, die sich über breiten, gebräunten Schultern erhoben. Wirkliche und wahrhaftige Flügel, würdig des Kostbarsten aller Engel.

Aber wenn sie dem Geflüster und Gekicher Glauben schenken konnte, das sie über den Mann vernommen hatte, war er kein echter Engel – und wenn sie ihn so nennen würde, wäre es eine Beleidigung, denn Engel standen in der Rangfolge weiter unten. Er war ein Himmelsgesandter. Ein Adoptivsohn des Höchsten, des Herrschers über das erhabenste der Himmelreiche.

Gesandte waren ausgezeichnete Jäger und gnadenlose Dämonenmörder. Verteidiger der Schwachen und Hilflosen. So unerbittlich ehrlich, dass es an Grausamkeit grenzte. Und okay, das war eine Liste reinster Großartigkeit. Aber die Eigenschaften, die diesem speziellen Exemplar nachgesagt wurden – kalt, berechnend und wahnsinnig – waren gar nicht großartig.

Scheinbar lachte er, wenn er seine Feinde tötete … und lachte, wenn er seine Freunde tötete.

Aber … das konnte nicht stimmen. Oder? Er war zu hübsch, um so grausam zu sein.

Warst du schon immer so oberflächlich?

Was? Sie war ausgehungert. Man wurde eben ein bisschen matschig in der Birne, wenn der Körper darbte.

Na ja, es ist ja nun nicht so, als könntest du dir mit dem Sahneschnittchen da den Bauch vollschlagen.

Wie dem auch sein mochte. Dem Hörensagen nach gehörte er zur Unheilsarmee, einer der sieben himmlischen Verteidigungsstreitmächte des Höchsten. Sechs dieser Streitmächte wurden respektiert und bewundert. Die UHA nicht so sehr. Sie bestand aus einem Haufen wilder, unbezähmbarer Söldner, die kurz davor standen, ihr Zuhause, ihre Flügel und ihre Unsterblichkeit zu verlieren; mit anderen Worten: eine rote Karte für unanständiges Benehmen zu kassieren.

Um die zwanzig Männer und Frauen, die ein Jahr Bewährung hatten und deren Taten über diesen Zeitraum haargenau beobachtet wurden. Wenn sie noch ein einziges Mal Mist bauten, wäre der Zug abgefahren.

Doch damit war die Gerüchteküche noch nicht erschöpft. Der Mann direkt unter dem Höchsten hieß Germanus, und er war der Herr der Himmelsgesandten. Na ja, gewesen. Vor Kurzem war Germanus von Dämonen ermordet worden. Doch vor seinem Tod hatte er die Elite der Sieben befehligt: sieben Männer und Frauen, welche die Härtesten der Harten waren, die Anführer jener sieben Streitmächte. Nach Germanus’ Dahinscheiden hatte der Höchste einen neuen zweiten Befehlshaber ernannt, Clerici, und dieser Clerici hatte einige seit langer Zeit bestehende Regeln überarbeitet.

Vorher: Fügt nichts und niemandem außer Dämonen ein Leid zu.

Nachher: Außer wenn ein Himmelsgesandter gegen seinen Willen festgehalten wird.

Dann, und nur dann, konnte das gesamte Volk die Alle-abschlachten-Karte zücken.

Was Elin daraus schloss: Sobald die Armeekumpels von Sex-auf-zwei-Beinen herausfänden, was mit ihm geschehen war, würde das gesamte Lager in Blut baden. Und – wenn die Sache mit den ausgezeichneten Jägern stimmte – würde der Badetag nicht mehr lang auf sich warten lassen.

Bis dahin muss ich hier verschwunden sein.

„Weib!“, bellte er mit einer Stimme, die ungemein rauchig klang. Und doch troff schon dieses eine Wort vor Befehlskraft, Erwartung und roher, animalischer Fleischeslust.

Elin durchlief ein Schauer lebhafter Vorahnung.

Jetzt reagierst du auch noch auf ihn? Warum hackst du dir nicht gleich selbst den Kopf ab und lässt es gut sein?

Er gehörte Kendra, der Fröhlichen Witwe, Prinzessin des Firebird-Clans. Sie hatte ihn abhängig gemacht von dem Gift, das ihr Körper produzierte – einer nicht tödlichen Substanz, die schlimmer war als jede Droge und dafür sorgte, dass er sich nach ihrer Berührung verzehrte. Dann hatte sie sein Schicksal besiegelt, indem sie ihn dazu verleitet hatte, sie umzubringen.

Bei Kendra war der Tod der Anfang und das Ende aller Dinge.

Kurz nach ihrem letzten Atemzug war sie zu Asche verbrannt, hatte sich erneuert und war wiederauferstanden, und damit war das Band zwischen Herrin und Sklave endgültig geworden.

Offenbar hatte sie mit sechs ihrer Ehemänner dasselbe gemacht – und tat es jetzt dem siebten an, der allerdings im Augenblick nicht im Lager war, der glückliche kleine Scheißer. Denn wenn sie ihrer Männer müde wurde, schnitt sie ihnen das Herz aus der Brust … und aß es, um sicherzustellen, dass sie tot blieben.

Ein Schauer kroch Elin über den Rücken.

Zur Strafe hatte der verstorbene König Krull, Kendras Vater, ihr Sklavenketten angelegt, um ihre Fähigkeiten auszuschalten, und sie dann auf dem Schwarzmarkt verkauft.

Wo und wann der Gesandte ins Spiel gekommen war, konnte Elin nicht sagen. Sie wusste nur, dass er Kendra Jahrzehnte später ins Lager zurückgebracht hatte – indem er sie einfach hatte fallen lassen und danach weggeflogen war. Da Krull geglaubt hatte, die Zeit in der Fremde hätte sie weicher gemacht, hatte er ihr die Ketten abgenommen und sie seinem zweiten Stellvertreter zur Frau gegeben, Ricker dem Kriegsvollender.

Doch wieder im Vollbesitz ihrer Kräfte war sie in der Lage gewesen, Ricker von ihrem Gift abhängig zu machen und sich seine Erlaubnis zu holen, das Lager zu verlassen, um den Gesandten aufzuspüren.

Ja, so ein Schatz war die Prinzessin.

„Weib! Jetzt!“

Elin schluckte ein verträumtes Seufzen hinunter. Selbst mit dem Zorn und Frust, die darin mitschwangen, weckte die Stimme des Himmelsgesandten in ihr Bilder von Erdbeeren, frisch überzogen mit warmer, aromatischer Schokolade. Mmmh. Schokolade.

Vielleicht sollte ich ihm helfen.

Aus heiterem Himmel kam ihr der Gedanke – und überraschte sie vollkommen. Mut war nicht gerade eine ihrer Stärken, und um effektiv zu sein, würde sie ihr Leben aufs Spiel setzen müssen. Aber wenn es ihr gelänge, den Mann von den Fesseln der Prinzessin zu befreien, würde sie ihn benutzen können, um zu fliehen.

Elin grübelte über jedes Fitzelchen Information nach, das sie während ihrer Gefangenschaft hatte aufschnappen können, doch es gab nur einige wenige Möglichkeiten, ihn zu befreien. Und keine davon war besonders hilfreich. Sie konnte ihn töten, aber das würde ihrem Plan irgendwie Sand ins Getriebe streuen, denn er würde nicht wiederauferstehen. Sie konnte Kendra (noch mal) töten, aber die Prinzessin würde wiederauferstehen, und damit hätte Elin eine erbitterte Feindin für den Rest ihres (vermutlich) kurzen, (definitiv) elenden Lebens. Denn genau wie für den Gesandten bedeutete der Tod auch für sie das Ende.

Elin war zur Hälfte Phönix, zur Hälfte ein „schwacher, erbärmlicher Mensch“, und ihre gemischte Herkunft hatte ihr keinerlei Fähigkeiten beschert. Und das war ätzend, denn hier – eigentlich in jeder Gemeinschaft von Unsterblichen – galten Halbblute als Missgeburten, wider die Natur. Ein Schandfleck für ihr Volk. Eine Bedrohung für die Kraft der Blutlinie.

Sie hatte gewusst, dass sie zur Hälfte eine Unsterbliche war, doch sie hatte keine Ahnung gehabt, dass man sie so verabscheuen würde. In seliger Unwissenheit hatte sie vor sich hin gelebt, bis vor etwas mehr als einem Jahr eine Gruppe von Phönixen ihre Mutter Renlay überfallen hatte. Und alles nur, weil ihre Mutter – eine Vollblutsoldatin – sich in Elins Vater – einen Menschen – verliebt und ihren Clan verlassen hatte, um mit ihm zusammen sein zu können. Zur Strafe hatten die Phönixe Elins Vater ermordet, genau wie den lieben, unschuldigen Bay.

So ein überwältigender Verlust … Sie versuchte, den Kloß zu ignorieren, der in ihrer Kehle wuchs.

Man hatte sie und Renlay gefangen genommen. Dann, vor vier Monaten, hatte Renlay der letzte Tod ereilt. Irgendwann erwischte es jeden Phönix – selbst wenn sein Herz nicht verspeist wurde. Und damit war Elin allein gewesen, so allein, hatte aufs Grausamste gelitten, hatte mit Einsamkeit, mit Trauer, mit Kummer gekämpft. Mit herzzerreißender Pein.

Oh, diese Pein. Sie war ihr ständiger Begleiter. Grausam und gnadenlos verdunkelte sie ihre Tage und tränkte ihre Nächte mit Tränen.

Um ehrlich zu sein, reichten die Prügel und Erniedrigungen nicht einmal ansatzweise an die Folter ihrer Emotionen heran. Nicht einmal, als man sie wie einen Hund behandelt und ihr befohlen hatte, ihr Essen auf allen vieren herunterzuschlingen, ohne die Hände zu benutzen. Und auch nicht, als man sie gezwungen hatte, ihre Blase vor den Augen eines gackernden Publikums zu erleichtern.

Elin blinzelte ein paar Tränen fort.

Auf eine kranke, verdrehte Weise waren ihr die Misshandlungen wohl sogar irgendwie … willkommen. Schließlich hatte sie das alles verdient. Ihre Eltern und Bay waren stark und tapfer gewesen. Sie dagegen war nichts als ein schwächlicher Feigling.

Warum hatte sie überlebt und nicht ihre Familie?

Warum lebte sie immer noch?

Als wüsstest du das nicht.

Die letzten Worte ihrer Mutter hallten in ihren Gedanken wider. Was auch immer nötig ist, mein Liebling, tu es. Überlebe. Lass nicht zu, dass mein Opfer vergebens war.

„Weib! Brauche. Jetzt.“ Wieder riss der Gesandte sie aus der Vergangenheit. Er näherte sich dem Wasser … näherte sich ihr …

Bald wäre er an ihr vorbei und dann wäre die Gelegenheit vertan …

Ihre Hand zuckte, als sie hin und her überlegte, ob sie die Glasscherbe zücken sollte, die ihr eine andere Gefangene – die längst fort war – gegeben hatte. Eine Scherbe, die sie in den Falten ihres Lederkleids verborgen hielt, nur für den Fall, dass einer der Männer beschloss, mit dem Glotzen aufzuhören und mit dem Tatschen anzufangen. Wenn sie die Obsession des Gesandten lange genug durchbrechen wollte, um seine Aufmerksamkeit zu gewinnen, würde sie etwas Drastisches tun müssen. Vielleicht würde es klappen, wenn sie ihn schnitt. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht würde es ihn wütend machen, sodass er ihr mit einer einzigen Handbewegung das Genick bräche.

Sollte sie die Strafe riskieren? Den Tod?

Zeit, dich zu entscheiden.

Pro: Einen besseren Zeitpunkt für eine Flucht würde es nicht geben. Viele im Lager waren abgelenkt, denn König Ardeo – der dem verstorbenen Krull auf den Thron gefolgt war – hatte seine loyalsten Männer wer weiß wohin mitgenommen, um Jagd auf Petra zu machen, Kendras Tante. Sie war die Phönix, die Malta ermordet hatte: Krulls Witwe, Kendras Mutter und für kurze Zeit die meistgeliebte Konkubine Ardeos.

Puh! Was für ein Labyrinth von Namen.

Ardeo hatte Jahrhunderte darauf gewartet, Malta für sich beanspruchen zu können. Doch nur zwei Tage später hatte er sie verloren, als die eifersüchtige Petra sie im Schlaf erdolcht – und sich ganz nach Kendras Wie-werde-ich-zum-Psycho-Philosophie ihr Herz einverleibt hatte.

Kontra: Elin hatte kein „Frost“, ein neues „Medikament“ für Unsterbliche, das als einziges Gegenmittel für Kendras Gift galt.

Pro: Möglicherweise könnte sie sich etwas davon besorgen. Kurz nach Kendras Hochzeit mit Ricker hatte Krull eine Handvoll der hilfreichen Würfel gekauft. Dieser Tage trug Kendra sie in einem Medaillon mit sich herum, das sie nie ablegte.

Wenn es Elin gelänge, dieses Medaillon zu stehlen …

Ein weiteres Pro: Sie würde sich nie wieder wegen Orson sorgen müssen.

Im Augenblick war er mit Ardeo unterwegs, aber wenn er zurückkehrte …

Ihr lief ein Schauer über den Rücken, als sie sich an seine Abschiedsworte erinnerte. „Ich werde dich durchnehmen, Halbblut, und zwar auf eine Art, bei der ganz sicher keine Babys entstehen.“

Widerlicher Bastard!

Kontra: Sie könnte eines grausamen Todes sterben.

Der Gesandte war beinahe bei ihr. Jede Sekunde …

Wäre ihre Mutter noch am Leben, sie hätte Elin angefeuert, einfach zu machen und das Risiko zu ignorieren.

Also gut. Die Entscheidung ist gefallen.

So schnell ihre Reflexe es zuließen, umklammerte Elin die Scherbe und zog die gezackte Kante über den Arm des Himmelsgesandten.

Als grellrotes Blut über seine Haut tröpfelte, musste sie würgen. Schwindel packte sie, und in ihrer Brust erblühte eine beißende Enge.

Panik … drohte sie zu verschlingen … Schon waren ihre Atemwege wie zugeschnürt …

Nein! Diesmal nicht. Sie konzentrierte sich auf ihre Lebensziele – Freiheit, Geld, Konditorei –, atmete bewusst ein und aus, und der Sturm zog vorüber.

Der Gesandte kam abrupt zum Stehen.

Er ist ein Sklave, genau wie ich, und ich bin seine einzige Hoffnung. Himmel noch eins, er ist meine einzige Hoffnung. Ich kann das. Für meine Familie.

Als er den Kopf wandte und sie über den Bogen seines Flügels hinweg anschaute, erbebte sie. Lockiges blondes Haar umspielte unschuldig das Gesicht eines geborenen Verführers … exquisit, makellos. Seine Augen mit dem Schlafzimmerblick hingegen waren halb geschlossen und verlockten jede Frau zu den unartigsten Dingen.

Für dich würde ich alles tun …

Schade bloß, dass diese Augen zu giftumnebelt waren, um ihre Farbe erkennen zu können. Lange, spitze Wimpern von tiefstem Schwarz umrahmten seinen Blick, und seine vollen, weichen Lippen bettelten praktisch um verwegene Küsse.

Um seinen Hals zog sich ein Ring aus grausigen Narben, und sie runzelte die Stirn. Normalerweise blieb auf der Haut eines Unsterblichen von keiner Verletzung, egal wie groß oder klein, eine Spur zurück. Hatte jemand versucht, ihn umzubringen, bevor er alt genug gewesen war, um sich zu regenerieren?

Doch selbst mit diesem Makel war er wunderschön. Ein Augenschmaus. Ein kostbarer optischer Leckerbissen. Eine Delikatesse, die es zu genießen galt. Und schon wieder fällt mir das Atmen schwer, ich ertrinke, ertrinke allen Ernstes in seiner überwältigenden Männlichkeit, und jetzt in Schuldgefühlen … Kummer … Seit Bay habe ich keinen Mann mehr begehrt, allerliebster Bay, mit dem ich gerade mal drei Monate verheiratet war, und jetzt ist er tot, und ich sollte mich schämen …

„Frau.“

Seine rauchige Stimme traf sie unvorbereitet. Was zum Geier mache ich hier? Konzentration!

„Wie heißt du?“, fragte sie und spürte, wie die Worte in ihrem Hals kratzten.

Mit finsterer Miene wandte der Krieger sich ihr ganz zu.

Notiz an mich: Seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen ist ein Fehler.

Sein Gesichtsausdruck war auf mehr Arten beängstigend, als sie in Worte fassen konnte. Heiß und dunkel, aufgeladen mit den bösartigsten Absichten. Sie schluckte und wappnete sich dafür, beiseitegeschleudert zu werden wie jeder andere, der töricht genug gewesen war, sich mit ihm anzulegen. Vielleicht würde er ihr aber auch vorher noch die Eingeweide rausreißen.

Stattdessen streckte er die Hand aus, um eine Strähne ihres Haars zwischen die Finger zu nehmen. Auf seiner bronzenen Haut bildete die dunkle Farbe einen faszinierenden Kontrast. Seine bedrohliche Miene wurde sanfter. „Hübsch.“

Ihr rebellisches Herz hüpfte ihr bis in die immer noch raue Kehle. Ein anderes lebendes Wesen, das sie berührte, ohne die Absicht, ihr Leid zuzufügen … Ein herrliches Kribbeln … So verflixt gut.

Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie ausgehungert sie nach jeglicher Form der Zuneigung war.

Aus der Ferne ertönte ein Ruf, und er fuhr zusammen und ließ den Arm wieder sinken. Mühsam schluckte sie ein jämmerliches Wimmern hinunter. Wie eine Abhängige sehnte sie sich schon jetzt nach mehr von ihm. Nichts Sexuelles. Das niemals. Bay würde ihr erster und letzter Liebhaber bleiben. Für sie würde es keine zweite Chance geben. Aber sie konnte nicht anders, als sich nach den großen, starken Händen des Gesandten auf ihrer Haut zu verzehren … Vielleicht, wie er ihr den Nacken kraulte … oder ihre schmerzenden Schultern massierte … Nein, ihre Füße … als Freund! Nur als Freund.

Ein Freund mit einem berauschenden Körper, der aus purem Gold gegossen sein musste.

Themawechsel!

Schon drehte er sich um und wollte seinen Marsch wieder aufnehmen, Elin längst vergessen. Nein! Sie versuchte, die Finger um seinen Bizeps zu legen, schaffte es jedoch nicht. Er war so riesig, seine Muskeln so angespannt vor Entschlossenheit. Aber, oh, war seine Haut köstlich warm und geschmeidig.

„Bitte. Wie heißt du?“, wisperte sie. „Denk nach.“

Wieder hielt er inne. Er neigte den Kopf zur Seite, als dächte er ernsthaft über die Frage nach. „Ich bin Mein Sklave.“

„Falsch. Wie ist dein richtiger Name?“ Je länger er über die Antwort nachdachte, desto schneller würde er sich aus dem Nebel freikämpfen können. Ohne die Hilfe eines Medikaments, das sie möglicherweise würde stehlen können.

„Mein Sklave“, wiederholte er und wirkte langsam zornig.

O-kay. Botschaft angekommen. Ende der Unterhaltung.

Er machte sich wieder auf den Weg, als ein Trupp von Phönix-Soldaten sich anschlich, deren Entschlossenheit, ihn mit allen Mitteln dingfest zu machen, in jeder Bewegung unverkennbar war.

Er warf sie so mühelos beiseite wie alle anderen davor.

Auf der Jagd nach seiner Beute zerfetzte er mehrere Zelte.

Im fünften davon saß die berüchtigte Kendra vor einem Schminktisch und bürstete sich das goldrot gesträhnte Haar. Als der Gesandte sich ihr näherte, verdrehte sie die Augen.

„Du hattest nicht die Erlaubnis, dein Bett zu verlassen.“ Sie erhob sich und funkelte ihn an. „Deshalb muss ich dich disziplinieren.“ Mit den Fingerspitzen trommelte sie gegen ihr Kinn. „Lass mich überlegen, was angebracht wäre … Ich weiß. Du wirst eine ganze Nacht getrennt von mir verbringen.“

Oh nein. Nicht das. Alles, nur nicht das, dachte Elin trocken.

Ein dumpfes Knurren stieg aus seiner Brust empor, als er Kendra bei der Taille packte, herumwirbelte und auf die Matratze warf. Kraftvoll spielten die Muskeln auf seinem Rücken und an seinen Beinen. „Mein Sklave will seine Frau.“

„Thane!“ Hastig zog Kendra die Knie unter den Körper, doch in ihrem Blick glomm Erregung. „Mich anzufassen hatte ich dir genauso wenig erlaubt, wie das Bett zu verlassen. Wenn du das noch einmal machst, werde ich dir den Luxus meines Körpers für eine ganze Woche verweigern müssen.“

Thane. Sein Name war Thane. So verführerisch wie der Mann selbst.

Schwer und hektisch atmend trat er vor seine Herrin, die Hände zu Fäusten geballt. Elin konnte sich denken, in welchem Dilemma er steckte. Er wollte der Prinzessin gehorchen, aber gleichzeitig wollte – brauchte – er, was nur sie ihm geben konnte.

„Dazu hast du nichts mehr zu sagen? Oh, wie tief du gefallen bist von deinem hohen Ross“, gurrte Kendra und fuhr mit der Fingerspitze an seiner Brust hinab. Ihr Publikum hatte sie offenbar vergessen – oder es war ihr schlicht egal. „Ich wünschte, der Mann, der du warst, könnte dem Mann begegnen, der du geworden bist. Dann würdest du begreifen, wie verzweifelt du dich nach der Frau verzehrst, die du einst verschmäht hast.“ Einen Moment lang dachte sie nach, dann erhellte sich ihre Miene. „Du hast Glück. Ich kann ein Treffen arrangieren.“ Flink öffnete sie das Medaillon, das sie um den Hals trug, und kratzte ein paar Krümel Frost auf ihre Fingerspitze.

„Mund auf“, kommandierte sie, und er gehorchte.

Lustvoll stöhnte er auf, als sie die Krümel auf seiner Zunge verrieb.

Durch eine so winzige Dosis würde er seine Lage erkennen, zumindest für eine kurze Zeit, wäre aber unfähig, sich den Bedürfnissen seines Körpers zu widersetzen. Um das Band zwischen Herrin und Sklave zu durchtrennen, bräuchte es weit mehr.

Angespannt beobachtete Elin ihn. Was würde geschehen, wenn ihn die Erkenntnis traf?

Es verstrich eine Minute. Dann noch eine. Dann warf er den Kopf in den Nacken und brüllte voll ungezügelter Rage.

Das Frost hatte gewirkt. Soeben hatte ein Teil von ihm begriffen, was aus ihm geworden war.

Elin schlug sich die Hand vor den Mund, um einen Ausruf des Mitleids zu ersticken.

„Ganz genau. Du betest die Frau an, die du verabscheust.“ Grinsend streckte Kendra sich auf dem Bett aus. „Ich hab’s mir anders überlegt. Du wirst mich nehmen, mein Sklave. Du wirst mich jetzt nehmen, während dein Geist mich verflucht.“

„Nein“, fauchte er, während er schon seine Erektion rieb.

„Oh doch. Tu es.“ Ihr Tonfall wurde härter. „Sofort.“

Mit zusammengebissenen Zähnen, als focht er einen innerlichen Kampf aus, riss er an ihrem Tanktop und ihren Shorts.

Wie ging er mit Frauen um, wenn er nicht unter ihrem Bann stand? Sanft? Würde es ihm etwas ausmachen, dass andere ihm beim Sex zusahen? Oder dass seine Geliebte eigentlich einem anderen gehörte?

„Ist das nicht toll?“, schnurrte Kendra. Noch nie hatte jemand eine derartige Bösartigkeit ausgestrahlt.

Wodurch war sie zu … so etwas geworden?

Aber das spielte jetzt keine Rolle mehr. Sie war, was sie war.

Das waren sie alle.

Das Einmaleins des Überlebens. Kopf einziehen. Nichts sehen. Nichts sagen.

„Hasse dich“, spie Thane seiner Herrin entgegen.

Kendra lachte. „Tatsächlich? Wo du mich doch so allumfassend liebst?“

Krach. Elins Blick ruckte nach oben. Gerade hatte der Krieger ein Loch ins Kopfteil des Betts geschlagen.

„Na, na. So etwas wollen wir hier nicht“, gurrte Kendra. „Du hast einen Befehl bekommen. Führ ihn aus.“

Grob drehte Thane sie um und drückte ihr Gesicht in die Kissen. Er wollte sie nicht ansehen, obwohl er sich nach ihr verzehrte? Mit dem Knie schob er ihre Beine auseinander, und Kendra lachte erneut.

„Genau, wie ich es mag“, stichelte sie und wandte den Kopf, um ihm ein selbstzufriedenes Grinsen zuzuwerfen.

Er drehte das Gesicht zur Seite, und Elin sah die Erniedrigung und den Ekel, die seine Züge verzerrten.

Durch ihr Inneres raste ein widersprüchlicher Sturm der Gefühle. Mitleid, dass er zu so etwas gezwungen wurde. Zorn, dass Kendra ihn so behandelte. Und pure Entschlossenheit. Er war ein Sklave, genau wie sie, und er brauchte einen Retter.

Vergiss den Überlebensinstinkt.

Elin rannte ins Zelt. „Halt. Bitte, Thane. Hör auf.“

Stumm packte er seinen Penis an der Wurzel und positionierte sich, um in Kendra einzudringen.

„Thane!“, schrie sie und versuchte es noch einmal. Kämpf gegen Kendras Anziehungskraft an. Gib ihr nicht, was sie will.

Er hielt inne, kurz bevor es zu spät war, und sein gesamter Körper vibrierte förmlich, als er sich gegen die Zwänge stemmte, die sich in ihm aufbäumten.

„Bitte“, wiederholte sie und legte eine Hand an seine Schulter. „Du musst das nicht tun.“

Scharf atmete er ein, dass sich seine Nasenflügel weiteten. Dann leckte er sich die Lippen, als hätte er gerade ein verlockenderes Gericht erschnuppert.

Mich? hätte sie beinahe gequiekt.

„Wie kannst du es wagen, meinen Sklaven anzusprechen, Mensch?“ Blitzschnell holte Kendra mit einer Klaue aus, um Elins Oberschenkel aufzureißen. Nur dass Thane die Prinzessin beim Handgelenk packte und Elin vor einer zertrennten Oberschenkelarterie bewahrte. „Au! Lass los.“

„Nicht … wehtun“, presste er hervor.

In diesem Moment kamen die Phönix-Wachen zu sich und begriffen, dass sie ihre Prinzessin beschützen mussten. Wie ein Mann griffen sie Thane an und rissen Elin von ihm fort.

Beim Anblick des Angriffs drehte sich ihr der Magen um, und mit einem schwindligen Gefühl im Kopf krabbelte sie hastig vom Kampf fort, um schließlich mit zittrigen Knien zurück in den Teich zu waten. Sie glitt unter die Oberfläche, tauchte vollständig unter und schwor sich, so lange unter Wasser zu bleiben, wie ihre Lungen es zuließen.

Feigling!

Ja. Ja, das war sie. Aber es gab nichts, was sie dagegen tun konnte. Gewalt war ihr Kryptonit, und wenn sie sich nicht versteckte, wenn sie sie geschehen sah, würde sie zusammenbrechen.

Bist du das nicht schon längst?

Wenigstens würden sie Thanes Leben verschonen. Bei seiner Ankunft im Lager war er noch klar genug gewesen, um zu begreifen, dass er mitten in einem Aufruhr gelandet war – und hatte Krull getötet, der nicht mehr wiederauferstehen würde. Nie wieder.

Kendra hatte für das bestraft werden sollen, was sie mit Ricker gemacht hatte, und um ihrer Strafe zu entgehen, hatte sie sich auf ihre alten Gewohnheiten besonnen und das Herz des einstigen Königs verspeist. Daraufhin hatte Ardeo den Thron bestiegen, und zum Dank für Thanes Rolle bei der ganzen Sache hatte er dem Himmelsgesandten ewiges Leben unter den Phönixen gewährt. Als Sklave, ja, aber immerhin Leben.

Brennende … Lungen …

Keuchend schoss Elin nach oben, um nach Luft zu schnappen, und stellte erleichtert fest, dass Thane und die Krieger fort waren. Sie wischte sich die Wassertropfen aus den Wimpern und watete ans Ufer.

„Menschenweib!“, schrie Kendra. „Wir haben was zu besprechen.“

Oh-oh. Zeit für meine nächste Tracht Prügel.

In ihrem Kopf wirbelte bereits ein neuer Plan herum. Halte aus, was auch immer jetzt kommt, erhol dich und stiehl die Würfel aus dem Medaillon. Irgendwann muss Kendra schlafen.

Thane würde wieder zu Sinnen kommen und sich den Weg freikämpfen. Dankbar für ihre Dienste würde er Elin mitnehmen. Und endlich würde sie ihr neues Leben beginnen können.

2. KAPITEL

Neue Fesseln. Selbes Problem.

Selbe Lösung.

Mein Sklave riss sich los, auf in die Freiheit, und ignorierte die Schmerzen, die durch seinen Leib zuckten. Unaufhaltsam stürmte er auf den Ausgang des Zelts zu. Er wollte seine Frau so verzweifelt, dass …

Kurzzeitig abgelenkt stolperte er ein paar Schritte zurück. Er runzelte die Stirn. Gerade war ihm etwas Kleines, Eckiges und Kaltes in den Mund geschoben worden; es war süß. Er mochte es. Außerdem zog da ein seltsames Gewicht an seinen Schultern. Warum?

Er machte eine Bestandsaufnahme. Eine Frau hatte die Arme um ihn geschlungen und presste ihren kleinen Körper an ihn, während ihre Füße in der Luft baumelten.

Neues Problem.

Neue Lösung. Er packte sie bei der Taille, fest entschlossen, sie über seine Schulter zu werfen. Doch dann registrierte er ihre süßen Kurven, und abrupt überlegte er es sich anders. Sie war zierlich, wie eine exquisite Porzellanfigur, die dringend Schutz brauchte.

Er glaubte nicht, dass er je zuvor etwas so Zartes in Händen gehalten hatte.

Vorsichtig, ganz vorsichtig, legte er die Arme um sie und hielt sie an sich gedrückt, benutzte seinen Leib als Schutzschild gegen den Rest der Welt. Er würde sie beschützen.

Überrascht holte sie Luft, als hätte sie nicht mit der Umarmung gerechnet. „Dein Name ist Thane. Erinnere dich. Bitte.“

Ihre Stimme – er erkannte sie wieder. Sie war ungewöhnlich heiser, als hätte sie gerade den intensivsten Orgasmus ihres Lebens gehabt und würde sterben, wenn sie nicht gleich noch einen bekäme. Und dieser Tonfall hatte sich über die vergangenen sechs Nächte in jeden seiner Träume geschlichen, hatte etwas in ihm zum Leben erweckt … etwas beinahe Zärtliches … hatte ihn angetrieben, ihn erregt.

Eine Erregung, die er nicht verstand. Sie war nicht seine Frau.

„Thane“, hauchte sie zittrig. „Dein Name ist Thane. Kendra hat deine Dosis mindestens verdreifacht, also bitte konzentrier dich auf die Kälte, die sich gerade in dir ausbreitet. Spürst du sie? Spürst du die Kälte?“

Die Kälte – ja. Sein Inneres war von einer dünnen Eisschicht überzogen. „Ja.“

„Gut. Jetzt konzentrier dich auf mich“, bat sie, und er konnte nichts anderes tun, als ihr zu gehorchen. „Hör zu, was ich dir sage. Du bist ein Himmelsgesandter. Du bist nicht aus freiem Willen hier. Du wurdest unter Drogen gesetzt. Du stehst immer noch unter Drogen. Die Frau, die du begehrst, hat dich zu einem Gefangenen der Phönixe gemacht. Des Firebird-Clans.“

In einem vergessenen Winkel seiner Gedanken weckten einzelne Wörter sein Interesse. Himmelsgesandter. Drogen. Gefangener. Phönixe.

Zu den Wörtern gesellten sich Emotionen.

Himmelsgesandter – Sehnsucht.

Drogen – Verwirrung.

Gefangener – Zorn.

„… mir noch zu? Du kannst dich befreien, Thane. Es gibt einen Weg.“

Die Kälte wurde durchdringender, bis ein Schneesturm durch jeden Zentimeter seines Körpers tobte. Und die ganze Zeit sprach die Frau weiter – diese Stimme, so sinnlich perfekt –, während er sich fühlte, als schwebte er höher und höher, bis sein Kopf schließlich durch eine dichte, dunkle Wolkendecke stieß.

Sein Name war Thane. Er war ein Gesandter.

Er war für eine Frau hergekommen. Nein, dachte er in der nächsten Sekunde, ich bin wegen einer Frau hier.

Kendra. Ja. So hieß sie.

Er verabscheute Kendra. Oder nicht?

Nein. Er wollte sie. Nur sie.

Aber … wenn dem so war, warum klammerte er sich dann an die Frau in seinen Armen?

Die unwiderstehlich verlockende Frau in meinen Armen. Er fuhr mit der Nase an ihrem Hals entlang und atmete tief ein.

„W…was machst du da?“, fragte sie atemlos. „Schnupperst du an mir? Ich hab gebadet. Ich schwör’s!“

Kein Hauch von Rauch oder Blumen, nur Seife und Kirschen. Sie roch nicht wie Kendra, und darüber war er froh.

Prüfend rieb er seine stoppelige Wange an ihrer Haut. Weich und leicht warm statt glutheiß. Sie fühlte sich nicht an wie Kendra. Sondern … besser?

Ja, oh ja.

Flink glitt er mit der Zunge über ihren flatternden Puls. Warmer Honig, sommerliches Obst. Sie schmeckte nicht wie Kendra. So viel besser.

„Hör auf.“ Sie stöhnte, und auch das gefiel ihm. Er wollte es noch einmal hören … wieder und wieder. „Das wird nicht zwischen uns passieren, Krieger. Wir retten einander, sonst nichts.“

Was er hörte: zwischen uns passieren.

Das sah er genauso.

Er trug sie zum Bett und legte sie auf die Matratze. „Muss dich haben“, brachte er heraus.

„Nein, Thane“, widersprach sie unbehaglich – und noch atemloser.

Höher und höher in den Himmel …

Als er auf sie hinabblickte, war es, als sähe er sie zum ersten Mal. Vielleicht war es so. Oder aber sein Fokus wurde mit jeder Sekunde klarer, während neue Bereiche seiner Gedanken frei wurden, als würden Spinnweben davon abfallen.

Meine Freunde würden sie als „reizlos“ bezeichnen, dachte Thane – doch für ihn war sie einfach atemberaubend. Sie war menschlich. Winzig. Feingeschliffen wie eine Kamee. Ihre helle Haut war verbrannt von den unbarmherzigen Strahlen der Wüstensonne und voller Sommersprossen. Diese Sommersprossen könnte er mit der Zunge nachfahren. Sie war jung, vielleicht zwanzig, und hatte große graue Augen, die für ihn wie Rauchglas-Spiegel wirkten. In jenen Augen konnte er sich selbst sehen … bis hinab in seine zerschlagene Seele.

Etwas in ihr rief nach etwas in ihm – Gleiches zu Gleichem –, und ein Teil von ihm, den er nie gekannt hatte, ein Teil, der einst in einem vergessenen Winkel seines Bewusstseins versteckt gewesen war, reagierte auf ihren Ruf. Es war stark, dieses Etwas. Es war lebendig. Fordernd. Und es befahl: Die hier. Nimm sie.

Er sah, wie sich ihr Blick zu seiner Erektion senkte … und schnell wieder nach oben schoss. Eine warme Röte überzog ihre Wangen. Der Anblick erregte ihn, entzündete ein neues Feuer in seinen Adern.

„Äh, wenn du dich von Kendra befreien willst, darfst du nicht mit ihr Liebe machen. Nicht, dass man das, was du mit ihr gemacht hast, so nennen könnte. Würg! Ich will bloß sagen, du musst sie umbringen.“

Er würde vorsichtig sein müssen. Eine so zerbrechliche Frau könnte er nur zu leicht verletzen.

Als ihre Worte zu ihm durchdrangen, hielt er inne. Kendra … umbringen?

„Jetzt ist der perfekte Moment. Sie schläft. So konnte ich ihr auch das Frost klauen.“

Höher …

Kendra … Sein Freund Björn hatte sie auf dem Sklavenmarkt gefunden. Gefesselt mit feinen Ketten – die auf unerklärliche Weise unzerstörbar gewesen waren – war sie Thane von dem Krieger als Geschenk überreicht worden.

Noch höher … Björn. Ein scharfer Stich fuhr Thane in die Brust. Björn und Xerxes. Seine Jungs. Seine einzigen Freunde. Gemeinsam hatten sie gegen Dämonen gekämpft, gemeinsam geblutet. Sie hatten Liebhaberinnen miteinander geteilt und einander den Rücken freigehalten. Diese Jungs waren für ihn wie Brüder. Ihnen hätte er sein Leben anvertraut. Er liebte sie von ganzem Herzen. Brauchte sie mehr als sein Herz oder seine Lungen.

Genauso empfanden sie für ihn. Björn gab vermutlich sich die Schuld für das, was mit der Prinzessin vorgefallen war.

Das sollte er nicht. Thane hatte Kendra in seinem Bett willkommen geheißen, weil ihr seine speziellen sexuellen Vorlieben nichts ausgemacht hatten … sein Genuss an Dingen, die so viele andere in Grauen versetzt hatten. Sie hatte sogar gebettelt um die schrecklichen Dinge, die er mit ihr gemacht hatte. Hatte um mehr gebettelt. Gleichzeitig war sie jedoch auch besitzergreifend und anhänglich geworden, deshalb hatte er sich entschieden, sich von ihr zu trennen.

Um ihn für seine Abtrünnigkeit zu bestrafen, hatte Kendra versucht, seinen Club abzufackeln, das Sündenfall. Er hatte sie aufhalten können, bevor bleibende Schäden entstanden waren, und sie daraufhin zurück zu ihrem Volk verfrachtet, heilfroh, dass er sie los war.

Nur dass ihr Vater ihr die Ketten abgenommen hatte und sie zurückgekommen war, um sich Thane zu holen. Im Vollbesitz ihrer Kräfte.

Manche Phönixe konnten ihre Erscheinung mit bloßer Gedankenkraft verändern, und Kendra war eine davon. Wieder und wieder war sie zu Thane gekommen, jedes Mal in Gestalt einer anderen Frau, und jedes Mal hatte er mit ihr geschlafen. Nur zu bald war er abhängig geworden von dem feurigen Gift, das ihr Körper produzierte.

Zu jenem Zeitpunkt hatte sie ihre List aufgedeckt. Wutentbrannt hatte er sie umgebracht und damit eine Art Band zwischen ihnen zementiert – er hatte ihr genau das gegeben, wonach sie gegiert hatte. Seine sklavische Ergebenheit.

Beißend fraßen sich Funken seiner damaligen Wut aufs Neue in ihn hinein.

Sie. Hatte. Ihn. Versklavt. Hatte seinen Geist ebenso in Ketten gelegt wie seinen Körper. Bloß, dass die Fesseln um seine Gedanken unsichtbar gewesen waren.

Sie war der Feind.

Sie musste sterben.

Es funktioniert. Langsam begreift er es.

Elins Freude schmeckte süßer als die Bananencremetorte, die Bay ihr immer gemacht hatte.

„Wenn ich die Prinzessin umbringe“, presste Thane hervor, „wird sie nur noch stärker.“

Elin überlegte, ob sie es riskieren sollte, sich aufzusetzen. Im Bett zu liegen, während ein superstarker Krieger mit einem beeindruckenden Harten über einem aufragte, zeugte von einer gewissen Dämlichkeit. Sie war verwundbar. Und zittrig. Und verschmachtete gerade. Aber eine falsche Bewegung könnte diesen speziellen Krieger so aus der Bahn werfen, dass er gleich wieder zum grunzenden, psychotischen Höhlenmenschen mutierte.

Dämlich oder nicht, sie blieb, wo sie war.

„Kendra wird stärker, ja, aber ihre Macht über dich nicht. Dieses Band wird bei ihrem nächsten Tod zerschnitten, ohne sich bei der Wiederauferstehung zu regenerieren. Dann bist du frei – und falls du dann, keine Ahnung … mich, deine neue beste Freundin, zurück in die Zivilisation eskortieren willst, wäre ich dir auf ewig dankbar.“

Einen Moment dachte er nach, während mehr und mehr Zorn von ihm ausströmte. „Du bist dir sicher, dass ihre Macht über mich damit gebrochen wird?“

„Ja. Und falls du doch das Gefühl hast, wieder ihrem Bann zu erliegen, nimm einen hiervon.“ Sie öffnete die Hand und enthüllte die verbliebenen zwei Würfel Frost.

Das Medikament aus Kendras Medaillon zu holen war einfacher gewesen, als sie erwartet hatte. Die Phönix hatte sich ins Koma gesoffen und nichts bemerkt, als Elin an ihr Bett geschlichen war und an dem Schmuckstück herumgefummelt hatte.

Thane schnappte sich die Würfel, warf sie sich in den Mund und schluckte.

Oder nimm sie einfach jetzt. Wie du meinst.

Da öffnete sich der Zelteingang, und ein Wachmann auf Patrouille kam herein.

Toll. Zu früh gefreut. Thane war noch nicht bereit für eine ausgewachsene Rebellion.

Von den Stiefeln des Phönix rieselte Sand, als er auf sie zustapfte. „Hey“, blaffte er. „Du gehörst hier nicht rein.“

Angstvoll wich sie ans andere Ende des Betts zurück. Kopf einziehen. Nichts sehen. Nichts sagen. Der Wachmann kam ihr hinterher, ohne Thane Beachtung zu schenken. Wahrscheinlich ging er davon aus, Thane wäre wieder einmal auf einem seiner lustumnebelten Raubzüge nach Kendra.

„Sieht aus, als bräuchte hier jemand mal wieder eine Erinnerung daran, wo sie hingehört.“ Kräftige Hände schlossen sich so hart um Elins Oberarm, dass sie mit Sicherheit Blutergüsse davontragen würde. Ihr entwich ein Wimmern. Grob wurde sie auf die Beine gezogen. „Da helfe ich nur zu – ah!“

Thane hatte den Wachmann bei der Kehle gepackt und brach ihm das Genick.

Sofort löste sich der Griff um Elins Arm, und der Mann fiel zu Boden.

Keine tiefrote Lache, die Panik in ihr wecken konnte – erleichtert atmete sie auf.

Möglicherweise war Thane doch bereit für eine ausgewachsene Rebellion.

„Danke“, japste sie.

Sein Atem ging zu schwer, als dass er hätte antworten können, und seine Aufmerksamkeit war vollkommen gefesselt von dem Bett. Elin wich zurück. Gerade rechtzeitig. Vielleicht erinnerte er sich an all die abscheulichen Dinge, zu denen Kendra ihn dort gezwungen hatte, vielleicht auch nicht, aber der letzte Rest seiner Beherrschung ging in Rauch auf. Mit einem ohrenbetäubenden Brüllen prügelte er auf das eiserne Gestell ein und zerfetzte es, bis nur noch einzelne Metallsplitter übrig waren. Die Matratze riss er in acht Stücke, bevor er sich den Wänden zuwandte, das zähe Leder packte und das gesamte Zelt zerlegte.

Ohne den Schutz der Behausung flutete grelles Sonnenlicht auf ihn herab wie ein Scheinwerfer. Staubkörnchen tanzten ein wildes Ballett um ihn herum, als wollten sie das Erwachen der Vergeltung feiern.

Ich hab mich mit einem Monster zusammengetan.

Oh-oh. Das musste sie laut gesagt haben. Er wandte sich ihr zu. Der Nebel war aus seinen Augen verschwunden … Augen in einem leuchtenden Stahlblau, unvergleichlich schön und so geladen und aufgewühlt, dass sie es bis in die Knochen knistern spürte.

„Bleib hier, dann bist du in Sicherheit“, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Lauf nicht weg. Ich würde dich fangen, und ich glaube, das Resultat würde dir nicht gefallen.“

Oh nein. Wo hatte sie sich da nur hineinmanövriert? „B… bedroh mich nicht.“

„Nicht weglaufen“, befahl er noch einmal.

Es erhob sich Geschrei und weckte seine Aufmerksamkeit. Entschlossen marschierte er mitten ins Lager. Mit großen Augen und hämmerndem Herzen sah Elin zu, wie er durch die Menge pflügte und jedem das Genick brach, der dumm genug war, sich ihm in den Weg zu stellen.

Geschah das gerade wirklich?

Als er Kendras Zelt erreichte, riss er die Absperrung vor dem Eingang mit einem einzigen brutalen Ruck nieder.

Ja. Es geschah wirklich.

Die Prinzessin war erwacht. Sie stand vor einem Ganzkörperspiegel und bewunderte ihr Abbild, ohne zu ahnen, dass ihr Medaillon leer war. Als sie Thane erblickte, grinste sie selbstgefällig. „Da steht wohl jemand ein bisschen zu sehr auf Strafe, was?“

Mit einer Hand packte er sie bei der Kehle und hob sie hoch, sodass ihre Füße in der Luft baumelten. Er drückte so fest zu, dass ihre Augen hervortraten, und schon bald verfärbte ihre Haut sich blau.

Sie zerrte an seinem Handgelenk – er hielt stand.

Sie zerkratzte ihm das Gesicht – er hielt stand.

„Du wirst sterben und wiederauferstehen, und dann werden wir ein bisschen Spaß miteinander haben.“ In seiner Stimme lag ein absoluter, gnadenloser Befehlston. „Hast du verstanden? Wage es nicht, mir meine Vergeltung zu verwehren, indem du tot bleibst. Wenn du das tust, spüre ich deinen Geist noch in der Hölle auf und zerre dich zurück.“

Blut tröpfelte aus ihren Augenwinkeln und ihrer Nase, und dann … dann fiel ihr Kopf zur Seite. Ihre Bewegungen endeten und Thane ließ sie fallen.

Elin musste eine heiße Woge der Panik niederkämpfen. Blut … Blut … Nicht viel, aber genug. Bleib ruhig. Such dir einen Ort des Friedens. Irgendwo, nur nicht hier.

Thane warf den Kopf in den Nacken und stieß ein kampfbegieriges Brüllen hervor.

Mit einem Mal verstand auch der Letzte, der möglicherweise noch nicht gewusst hatte, was vor sich ging, die Lage. Krieger bemerkten ihre gefallenen Kameraden am Boden und stürmten auf Thane zu. Da er mit dem Rücken zu ihnen stand, hatte er keine Ahnung, dass er gleich niedergerannt werden würde.

Entsetzt schrie Elin auf. Dann straffte Thane die Schultern, breitete die Flügel aus – so lang, so glorreich, ein lebendes Kunstwerk – und wirbelte herum. In seiner einen Hand erschien ein Schwert aus Feuer, in der anderen ein Kurzschwert.

Die Phönixe hatten zu viel Fahrt, um noch abzubremsen und einem Zusammenstoß auszuweichen.

Berechnend, methodisch und tödlich arbeitete er sich durch ihre Reihen. Gliedmaßen flogen. Leichen folgten. Blut spritzte und strömte.

Schwindel. Übelkeit. Noch mehr Hitze.

Nicht schreien. Bitte, nicht schreien.

Schon einmal hatte sie eine solche Verwüstung miterlebt – an jenem Tag, an dem dieselben Männer, die jetzt in Stücke gehackt wurden, ihren Vater und ihren Ehemann getötet hatten. Ihre Mutter war der einzige Grund gewesen, aus dem Elin verschont worden war. Die wunderschöne Renlay hatte sich bereit erklärt, als Gebärmaschine mit ins Lager zu kommen und mit jedem Mann zu schlafen, den der König ihr vorsetzte, sodass sie für den Rest ihres elenden Lebens Vollblutkrieger zur Welt bringen würde.

Elin war das Pfand für ihre Kooperation gewesen.

Gleich zu Beginn war Renlay schwanger geworden. Doch dann, vor vier Monaten, waren sie und das Kind gestorben. Keiner von beiden war wiederauferstanden.

Der Schmerz ihres Verlusts war noch immer grauenhaft frisch für Elin. Eine Wunde, die noch lange nicht verheilt war.

Eine Wunde, die womöglich niemals verheilen würde. Endlich war die Stunde der Vergeltung gekommen. Sie hätte sie genießen sollen.

Tränen rannen ihr über die Wangen, eine beißende Flut.

Ein Arm flog durch die Luft – ohne den dazugehörigen Körper. Als Nächstes kam ein Fuß. Da ging auch der letzte Rest Ruhe, den sie sich bewahrt hatte, in Rauch auf, und sie krümmte sich zusammen und übergab sich.

In einem verzweifelten Versuch, Thane zu erledigen, warf ihm der letzte Soldat einen Feuerball entgegen. Ein ziemlich dämlicher Schachzug. Mit diesem Feuerball hatte der Mann seine letzten Kräfte aufgebraucht.

Mühelos wich Thane aus und zog blitzschnell die Flügel an. Dann trat er vor – nur um zu verschwinden. Er musste in die Anderswelt übergetreten sein, wo ihn ohne die entsprechende Gabe niemand sehen konnte. Ein paar Sekunden später, als hätte er die Distanz im Flug überbrückt, tauchte er direkt vor seinem Gegner wieder auf.

Kopf – ab. Blut spritzte aus den offenen Arterien.

Wieder erbrach sich Elin und verabschiedete sich vom Rest ihres mickrigen Frühstücks … und möglicherweise auch Teilen ihres Magens. Wenigstens war die Schlacht vorbei. Gewaltsam. Brutal. Aber aus und vorbei.

Gegenüber ging ein Zelt in Flammen auf. Mist. Der Feuerball war nicht erloschen. Rauch erhob sich kräuselnd in die Luft, dick und schwarz, und als er auf sie zutrieb, stach er ihr in Augen und Nase. Trotzdem befolgte sie den Befehl und blieb, wo sie war. Bald würde Thanes Blutdurst versiegen – bitte, bitte – und er würde sich an sie erinnern. Er …

Er fuhr auf dem Absatz herum und sah zu ihr, und auf seinen Zügen lag eine düstere, manische Befriedigung. Eisige Finger des Entsetzens krochen ihr übers Rückgrat. Das ist der Mann, dem ich meine Rückkehr in die Zivilisation anvertrauen will?

Sie trat zurück, doch die kläglichen Überreste des Betts versperrten ihr den Weg.

„Frau. Komm her.“

Bevor sie einen Schritt nach vorn machen konnte – wollte sie wirklich näher zu ihm gehen? –, erschienen zwei weitere Himmelsgesandte im Lager und forderten Thanes Aufmerksamkeit.

Ausgezeichnete Jäger … gnadenlose Mörder. Die Männer waren genauso groß wie Thane, genauso muskelbepackt … genauso beängstigend. Vielleicht sogar noch mehr. Sie sahen aus, als würden sie vor Zorn kochen.

Um genau zu sein, erinnerten sie Elin an tollwütige Wölfe.

Sie musste eine Entscheidung treffen: Kampf oder Flucht?

Musste sie darüber wirklich nachdenken? Flucht! Es würde schwierig werden, die Wüste und umgebende Steppe allein zu überleben, aber schwierig war immer noch besser als wahnsinnig.

So leise wie möglich wich sie zur Seite, fort von den Männern. Wenn sie ihre Aufmerksamkeit weckte …

Vorsichtig …

Noch ein Zentimeter …

Sie erstarrte, als Thane die Schulter des Kerls links von ihm drückte. Des Kerls, dessen gebräunte Haut goldgeädert war und in dessen vielfarbigen Augen eine brutale Entschlossenheit funkelte.

Der Typ zur Rechten nickte, als antwortete er auf eine unausgesprochene Frage. Das weiße Haar trug er glatt aus dem Gesicht gestrichen, sodass die blasseste Haut zum Vorschein kam, die sie je gesehen hatte, über und über mit winzigen Narben bedeckt. Nicht gerade ein Männermodel … außer für eine Fotostrecke in der Zeitschrift Hölle auf Erden. Seine gruseligen neonroten Augen mussten direkt aus einem Albtraum kommen.

Sie raffte das letzte bisschen Mut zusammen, das sie noch besaß … und schaffte einen weiteren Zentimeter.

Die drei Krieger waren einander zugewandt, bildeten einen abgeschotteten Kreis, der nur so glühte vor Emotionen – einer liebevollen Emotion, die sie erstaunte. Freude. Erleichterung. Kummer. Liebe. So viel Liebe. Trotz allem, was geschehen war, legten sich ihre schlimmsten Ängste.

Ohne ein Wort lösten sich die drei Männer voneinander und verschwanden.

Elin wirbelte herum und suchte nach einer Spur des Trios, ohne eine zu entdecken. Perfekt. Sie durchwühlte die nähere Umgebung und sammelte zusammen, was sie brauchte: eine Feldflasche mit Wasser, eine Decke und eine Tasche für ihr Essen.

Neon tauchte wieder auf, schien einfach aus der Luft hervorzutreten, und sie zuckte zusammen, während sich in ihrer Kehle ein Schrei sammelte. Er hob zwei reglose Leiber vom Boden, ahnungslos oder unbeeindruckt von Elins Gegenwart, und warf sie in ihre Richtung. Als die Leichen zu ihren Füßen landeten, sickerte Blut aus ihren Wunden, bildete eine Lache, floss um sie herum. Sie begann zu beben.

Regenbogen kam als Nächster zurück, dann Thane, und zu dritt häuften sie immer mehr Tote auf. So viel Tod … so viel Zerstörung.

Nicht kotzen. Hast du verstanden? Nicht. Kotzen.

Ihr musste ein Geräusch entwichen sein. Wie ein Laserstrahl traf sie Neons intensiver Blick. Sie schnappte nach Luft, ließ ihr Bündel fallen und wich zurück. Er marschierte auf sie zu, schlug einen Bogen um den Leichenberg. Jetzt brach der Schrei doch aus ihr hervor … und hörte … einfach nicht … auf. Ein schmerzhaftes Reißen durchfuhr ihre Kehle, als ihr ohnehin schon gebeutelter Kehlkopf sich gegen diese neue Misshandlung aufbäumte.

Starke Hände legten sich an ihre Wangen. „Frau.“

Durch den Nebel ihrer Panik drang Thanes Mitternachtsfantasien-Stimme.

Blinzelnd kam sie zu sich. Durchdringende blaue Augen beobachteten sie, diamanthart und entschlossen. Er war alles, was sie sah. Alles, was sie sehen wollte.

„Du bist vor meinem Zorn sicher. Das habe ich dir doch gesagt.“

Sicher.

Ja. Tief einatmen … und aus … Ja, sie war sicher. Er hatte es gesagt, und Himmelsgesandte konnten nicht lügen.

„D…danke“, brachte sie hervor.

Sacht strich er mit den Daumen über ihre Wangenknochen – noch mehr Körperkontakt, und sogar noch besser als vorhin –, und jede Zelle ihres Körpers erwachte zu unerwartetem, gefürchtetem Leben, im Bann seiner magnetischen Anziehungskraft … sehnte sich nach ihm, verzweifelt, hungrig …

Verwundbar, wie sie war, hatte sie seinem düsteren, verruchten Reiz nichts entgegenzusetzen … Er war ungreifbar wie ein Flüstern, so betörend wie eine Liebkosung. Unausweichlich. Unerbittlich. So machtvoll, dass sie beinahe in die Knie gegangen wäre.

Es tut mir so leid, Bay. Ich habe dir die Ewigkeit versprochen, und jetzt reagiere ich auf einen anderen Mann. Ich bin Abschaum. Nein, ich bin schlimmer als Abschaum. Obwohl sie sich am liebsten einfach nur an ihn geschmiegt hätte, zwang sie sich, sich aus Thanes Griff zu lösen.

„Du hast zwei Möglichkeiten, Weib“, erklärte er stirnrunzelnd. „Geh zurück zu den Menschen und riskiere, dass die Phönixe dich jagen und foltern. Oder komm mit mir auf die dritte Ebene der Himmelreiche und arbeite in meinem Club, wo du geschützt sein wirst.“

Für ihn arbeiten? Bei ihm bleiben?

Entschlossenheit drängte ihren Schock beiseite.

„Bezahlst du mich?“ Lebensziel eins: Fliehen. Lebensziel zwei: Geld verdienen. Womöglich bot er ihr beides an.

„Ja.“

„Wie viel?“ Auch wenn sie vielleicht das Schicksal herausforderte, in den letzten paar Sekunden hatte in ihrem Hirn ein Mini-Krieg getobt, und die Geschäftstüchtigkeit hatte die Oberhand gewonnen.

Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. „Da kommen wir schon zu einer Einigung.“

Nicht gerade eine verbindliche Antwort. „Ich … Ich …“ Sie wusste nicht, was sie tun sollte.

Sein Blick wurde schneidend. „Vergiss es. Ich hab die Entscheidung für dich getroffen. Du kommst mit mir, Ende der Diskussion.“

Was?! „Moment mal, Engelchen.“

„Ich bin kein Engel.“ Er packte sie bei der Taille und gab sie weiter an Neon. „Sorg dafür, dass sie heil ankommt.“ Dann verschwand er und beendete damit die Diskussion.

So, so. Nächster Halt: das Himmelreich.

3. KAPITEL

Endlose Gefühlsströme rauschten auf unzähligen Wegen durch Thane hindurch, doch sie alle flossen durch sein Herz, wo sie sich miteinander vermischten, bis er sie nicht mehr auseinanderhalten konnte.

Letzte Nacht waren achtunddreißig Phönix-Krieger wiederauferstanden, die ältesten und stärksten zuerst. Zwei hatten sich noch nicht regeneriert und hatten möglicherweise den letzten Tod erlitten.

Kendra war als Vierte zurückgekommen.

Einen nach dem anderen hatte Thane die Krieger auf die Rasenfläche vor seinem Club geschleift – und sie mit Pflöcken auf die Erde genagelt. Durch die Hände, die Schultern, die Hüften, die Knie und die Fußgelenke. Er hatte dafür gesorgt, dass ihre Köpfe alle mithilfe von Steinen hochgelagert waren … damit jeder Krieger die Pein seiner Freunde mit ansehen konnte.

Kendra war die Erste in der Reihe.

Die Phönixe würden keinen schnellen Tod sterben. Als Abkömmlinge der Griechen waren sie unsterblich. Über Wochen, vielleicht sogar Monate, würden sie verhungern, während die Sonne ihr nacktes Fleisch verbrannte und die Krähen ununterbrochen nach ihren Augen pickten und später nach ihren Organen. Und wenn die Krieger dann schließlich ins süße Nichts des Todes sanken, würden sie wiederauferstehen, und Thane wäre sofort zur Stelle, um den gesamten Vorgang zu wiederholen.

Gnadenlos, ja. Es war ihm egal. Von jetzt an würde es sich jeder Feind zweimal überlegen, bevor er sich mit ihm anlegte.

Das Problem war nur, dass es Zacharel verstimmen würde, den Anführer der Unheilsarmee. Thanes Anführer. Es würde Clerici wütend machen, den neuen König der Gesandten und Zacharels Boss, denn Thane pervertierte den ursprünglichen Zweck des neu erlassenen Gesetzes – nur töten, wenn man gefangen gehalten wird. Er tötete nicht, um andere vor dem gleichen Schicksal zu bewahren, sondern um Rache zu üben. Das würde auch den Höchsten, ihrer aller Oberhaupt, enttäuschen.

Damit setzte Thane seine Zukunft aufs Spiel.

Schon jetzt stand er auf der Grenze zwischen seiner letzten Chance und der Verdammnis, und mit einem einzigen falschen Schachzug konnte er das Einzige verlieren, das er liebte.

Seine Jungs.

Ich darf nicht von ihnen getrennt werden.

Doch die Phönixe konnte er ebenso wenig gehen lassen. Nicht bevor ihr Leiden die verhassten Erinnerungen auslöschte, die sie ihm geschenkt hatten.

Thane saß am Fußende seiner Wanne, während sich kochendes Wasser aus dem Hahn über ihm ergoss und über seinen nackten Körper strömte. Seine Hände klammerten sich so fest um die Keramik, dass sie bereits riss. Die Beine hatte er an die Brust gezogen, die Stirn auf die Knie gelegt. Es war eine Haltung der Scham. Eine, mit der er sehr vertraut war.

Normalerweise hätte er sich schon längst wieder erholt haben sollen. Sex und Fesselspielchen waren ihm nicht fremd. Fast ein Jahrhundert lang hatte er einen köstlichen Trost darin gefunden, zu sehen, wie sich blasses weibliches Fleisch unter seiner Behandlung rötete. Er hatte es geliebt, Hand- und Fußgelenke an Fesseln zerren zu sehen. War berauscht gewesen vom ersten Schimmer der Furcht in den Augen seiner Liebhaberinnen … von dem Wissen, dass bald Tränen folgen würden.

Krank? Ja. Allerdings hatte er es ebenso genossen, selbst so behandelt zu werden.

Vermutlich war er mehr als krank, und es brauchte keine Tiefenpsychologie, um herauszufinden, warum. Die Monate, die er in einem Dämonengefängnis verbracht hatte … Halt. Nein. Jeder Muskel in seinem Leib verspannte sich, als sein Geist sich gegen die grauenvolle Richtung sträubte, in die er trieb, doch er zwang sich, weiterzudenken. Die Erinnerung hielt seine düstereren Emotionen rasiermesserscharf, jederzeit bereit, ihn zu schneiden, ihn bluten zu lassen.

Er blutete gern.

Er erinnerte sich, wie klauenbewehrte Hände ihn umklammert hatten, als sie ihn in eine feuchtkalte Zelle geschleppt, ihn ausgezogen und an einen Altar gefesselt hatten. Er erinnerte sich an Björn, damals ein Fremder, wie sie ihn an die Decke über ihm gehängt hatten – und häuteten. Er erinnerte sich an den kupfrigen Geruch frischen Blutes, an seine Wärme, als es auf Thanes Gesicht, seine Brust und seine Beine getropft war. Er erinnerte sich an Xerxes, ebenfalls ein Fremder, wie er an die gegenüberliegende Wand gekettet und immer wieder vergewaltigt worden war.

Ein aufgewühlter Schrei verstopfte ihm die Kehle. Thane rammte die Faust in die Seitenwand der Wanne und hinterließ ein gähnendes Loch in der Keramik. Wer hätte das gedacht. Es gab eine Grenze dessen, was er ertragen konnte.

Das Leid seiner Freunde.

Tage waren verstrichen in jenem Kerker, doch nie hatte jemand Thane angerührt. Wenn er den Dämonen Beleidigungen und Drohungen entgegengeschleudert hatte, waren die nur in Gelächter ausgebrochen, statt ängstlich zurückzuweichen. Er hatte gebettelt, hatte verzweifelt versucht, ihre Aufmerksamkeit von den anderen Männern abzulenken, doch die Dämonen hatten ihn ignoriert.

Seine Frustration …

Sein Hass …

Sein Zorn …

Sie alle hatten sich in den hintersten Winkeln seines Kopfes verkrochen und ihn nie wieder verlassen. Letztendlich, nach seiner Rettung, hatte sich seine sexuelle Befriedigung unlösbar mit all den Dingen verbunden, die ihm verweigert worden waren, und damit eine ganze Wagenladung von Irrsinn ausgelöst.

„Ich hab deine Menschenfrau zu den Kellnerinnen gesteckt.“ Xerxes’ sanfte Stimme erklang im Badezimmer, ein leiser Trost für Thane.

„Danke.“ Thane hatte Fragen an diese liebreizende, ungewöhnliche Retterin. Wie war sie, ein Mensch, bei den Phönixen gelandet? Wie hieß sie? Wie alt war sie? Roch sie so rein und süß, wie er es in Erinnerung hatte? Gehörte sie einem der Krieger, die draußen gepfählt waren, oder vielleicht einem der Krieger, die mit dem neuen König auf der Jagd waren?

Wie hatte sie Thane geholfen? Seine Erinnerungen waren verschwommen. Warum hatte sie ihm geholfen?

Sobald der Drang nachließ, sie anzufassen, würde Thane zu ihr gehen und sie fragen.

Im Augenblick war er sich ihrer zu bewusst. Zu … fasziniert von ihr. Sie löste in ihm sanfte, beschützerische und liebevolle Gefühle aus – etwas, das er nicht nur nicht mochte, sondern verabscheute. Und doch war seine sexuelle Begierde nie intensiver gewesen. Der Drang, sie zu Boden zu werfen und zu vögeln, war beinahe überwältigend.

Woher kam diese unlogische Anziehungskraft?

Sie war nicht die Art Frau, die er sich sonst aussuchte. Wenn man seine letzten hundert Eroberungen nebeneinander aufreihte, wäre jede Einzelne groß, athletisch und robust. Dieses Mädchen war in jeder Hinsicht zart.

Es ergab keinen Sinn.

Tief aus seiner Brust stieg ein Grollen empor. Instinktiv drängte es ihn, zu vernichten, was er nicht verstand. Was er nicht verstand, konnte er nicht kontrollieren.

Kontrolle war für ihn wichtiger als Wasser.

Doch er würde das Mädchen nicht vernichten – er wollte sie nicht vernichten. Nicht nach allem, was sie für ihn getan hatte.

Er könnte sie wegschicken. Aber dann wäre sie völlig schutzlos. Er könnte ihr Angst machen und …

Nein. Keine Chance. Dann würde sie schreien.

Früher hätte das Schreien einer Frau ihn erregt. Jetzt? Wenn das Sklavenmädchen es tat? Bei dem Gedanken erfüllte ihn nichts als Zorn.

Wenigstens wusste er jetzt, warum ihre Stimme so heiser war. Irgendwann in ihrem Leben hatte sie so sehr geschrien, dass sie ihre Stimmbänder dauerhaft beschädigt hatte.

„Ich habe Wachen um den Vorgarten herum aufgestellt.“ Björns Information riss ihn aus seinen Gedanken. Der Krieger war hinter Xerxes ins Bad getreten. „Sie geben uns Bescheid, wenn jemand stirbt.“

Jederzeit unterstützten ihn diese Männer, liebten ihn. Niemals verurteilten sie ihn oder bohrten nach Details, die preiszugeben er noch nicht bereit war. Kein Mann hatte je bessere Freunde gehabt.

„Danke, dass ihr mich holen gekommen seid“, sagte er leise.

„Wir werden immer kommen.“ Xerxes trat an die Wanne und drehte das Wasser ab. „Schon vor Wochen hatten wir von einem Gesandten gehört, der ein Phönix-Lager verwüstet hatte, deshalb waren wir bereits in der Gegend und haben nach dir gesucht. Aber sie haben dich gut versteckt. Hättest du uns nicht gesagt, wo du bist …“

Alle Himmelsgesandten konnten ihre Gedanken in die Köpfe ihrer Brüder senden. Also hatte Thane, sobald er zu sich gekommen und ihm seine Situation bewusst geworden war, die telepathische Verbindung genutzt und um Hilfe geschrien.

„Wird Zeit, dass du dich abtrocknest“, bemerkte Björn. „Du bist schon ganz aufgequollen.“

Als Thane sich erhob, hielt Xerxes ihm ein Handtuch hin.

Er wickelte sich das Tuch um die Hüfte, und ein Stich des Zorns fuhr ihm durch die Brust. Kendra hatte ihn in einen Lendenschurz gesteckt und gezwungen, unter ihren Leuten auf und ab zu marschieren, ein leichtes Opfer für unsittliche Berührungen.

Und ihre Leute hatten ihn berührt.

„Zieht Kendra das Gewand aus“, befahl er. „Steckt sie in BH und Höschen.“ Wie du mir, so ich dir. Keine Gnade.

Xerxes nickte. „Ich kümmere mich drum, sobald ich gehe.“

Um sich von seiner finsteren Stimmung abzulenken, musterte Thane das opulente Bad, das zu seinem Schlafzimmer gehörte. Dampf hing in der Luft und waberte bis zur gewölbten Decke hinauf, unter der ein üppiger Kronleuchter aus den versteinerten Tränen eines Einhorns schimmerte. Wände und Fußböden waren mit dem gleichen goldgeäderten Marmor ausgekleidet. Riesige Löwen aus Alabaster säumten hohe Torbögen, die in einen begehbaren Kleiderschrank führten – den, in dem er sein … Spielzeug aufbewahrte. Über einem handgeschliffenen Waschbecken, das aus erlesenen Rubinen, Saphiren und Smaragden zusammengefügt war, hing ein vergoldeter Spiegel.

Diesen Raum hatte er für die Frauen gestaltet, die er sich ins Bett holte. Und doch hatte er keine Einzige von ihnen je hineingelassen. Nicht einmal Kendra.

Was würde wohl die Menschenfrau von der Einrichtung halten …

Diesen Gedanken schnitt er ab, bevor er ihn in Versuchung führen konnte. Ihre Meinung spielte keine Rolle.

Im Wohnzimmer ließ er sich auf das Sofa sinken, und nachdem sich Björn ein Tablett mit einer Auswahl von Gebäck und Brot geschnappt hatte, setzte er sich zu seiner Linken. Xerxes goss ihm ein Glas Whiskey ein, versetzt mit Ambrosia, bevor er den Platz zu seiner Rechten einnahm.

Mit einem dankenden Nicken nahm Thane von beiden das Angebotene an. Er verschlang das Shortbread und kippte den Inhalt des Glases in einem einzigen Schluck hinunter.

„Du hast bestimmt Fragen“, leitete Xerxes das Gespräch ein und lehnte sich mit einem Cookie in der Hand zurück.

Erwachsene Männer mit einem Süßigkeiten-Fetisch, dachte Thane, und in ihm stieg ein Anflug von Belustigung auf. Domestizierte Männchen in ihrer natürlichen Umgebung. Nicht schlecht.

„So einige“, bestätigte er, doch beginnen würde er mit der, die ihn am meisten quälte. „Wie kommt es, dass du hier bist, Björn?“ Thane war nicht der Einzige, der in letzter Zeit Schlimmes durchlitten hatte. „Bevor ich in diesem Phönix-Lager gelandet bin, hab ich dich in einer schmutzigen Seitenstraße verschwinden sehen.“

Eine schicksalhafte Nacht. Kurz bevor Kendra gestorben war und sich aus ihrer Asche erhoben hatte, womit sie Thane endgültig versklavt hatte, waren er und seine Freunde einer neuen Dämonenrasse im Kampf entgegengetreten. Schatten, die über fleckigen, rissigen Beton geglitten waren, gierig nach mehr als menschlichem Leid … gierig nach Fleisch.

Björn war verletzt worden, und aus der Wunde war eine Art schwarzer Schleim gesickert. Dann war er verschwunden.

Thane und Xerxes waren außer sich gewesen, doch bevor sie nach dem Krieger hatten suchen können – dem fehlenden Stück ihres Herzens –, hatte Kendra die Augen geöffnet und Thane befohlen, in das Lager der Phönixe zu fliegen.

Widerspruchslos hatte er sofort gehorcht.

Oh Kendra. Die Dinge, die ich dir antun werde …

Mit einer neuen Sklavenkette um die Taille, die ihre Kräfte neutralisierte, war sie genauso hilflos, wie er es gewesen war.

„Ich kann euch weder sagen, was vorgefallen ist, noch, was in den kommenden Monaten mit mir passieren wird“, erklärte Björn schließlich, und Thane hörte die Pein in seiner Stimme. „Ich habe Geheimhaltung geschworen.“

Thane schluckte einen Fluch hinunter. Himmelsgesandte brachen ihre Schwüre nie. Dazu waren sie körperlich nicht in der Lage. Nicht einmal solcher Abschaum wie sie. Thane kannte Björn, und er wusste, dass sein Freund einen solchen Schwur niemals geleistet hätte, wenn nicht jemand die bedroht hätte, die er liebte.

Ein weiteres Verbrechen, das er Kendra zulasten legen durfte. Wäre Thane da gewesen, hätte er vielleicht eine Möglichkeit gefunden, seinen Freund vor seinem momentanen Schicksal zu bewahren. „Wenn ich dir je helfen kann …“

„Ich weiß“, erwiderte Björn, und jetzt klang er traurig. „Dessen bin ich mir immer bewusst.“

Irgendetwas muss ich tun. Was auch immer das Glück seines Freundes beeinflusste, beeinflusste auch das seine.

„Habt ihr die Dämonen aufspüren können, die für Germanus’ Tod verantwortlich sind?“, wandte er sich dem zweitwichtigsten Thema zu. Vor Kendra war es seine einzige Pflicht und sein größtes Privileg gewesen, die sechs Ungeheuer zu jagen, die den einstigen König der Gesandten überfallen und enthauptet hatten.

„Leider nicht“, antwortete Xerxes.

So viel zu erledigen. Für Björn nach Antworten suchen. Die Dämonen aufspüren. Die Phönixe bestrafen. Mit dem Sklavenmädchen reden.

Auf Letzteres freute er sich am meisten, und das ärgerte ihn. Sich auf eine Begegnung mit einer bestimmten Frau zu freuen war das Gleiche, als würde er sich auf eine bestimmte Mahlzeit freuen. Er würde essen, und es würde schmecken, aber dann wäre er fertig.

Einen Klammeraffen konnte er nicht gebrauchen.

Vielleicht wäre es das Beste, wenn er sie von jetzt an konsequent ignorierte und seine Fragen für immer unbeantwortet blieben.

Ein scharfer Stich … einer namenlosen Empfindung schoss durch ihn hindurch – Reue war das nicht, es konnte keine Reue sein –, doch er zwang sich zu einem Nicken. Er würde ihr aus dem Weg gehen. Und es wäre ein Kinderspiel. In nicht einmal einer Stunde hätte er garantiert vergessen, dass sie überhaupt hier war.

Mit abgehackten Bewegungen lehnte er sich vor und schnappte sich noch ein Stück Shortbread. Um die Stimmung etwas aufzuheitern, sagte er: „Wo du in meiner Abwesenheit warst, Xerxes, brauche ich gar nicht erst zu fragen. Natürlich warst du ohne mich völlig verloren.“

„Natürlich“, murmelte Xerxes, und seine Mundwinkel zuckten. „Oh, aber bevor du dich in deine Gemächer zurückziehst, brauche ich ein paar Minuten, um meine Sachen umzuräumen. Ich hab die Gelegenheit – ich meine die Tragödie – deiner Abwesenheit zu meinem Vorteil genutzt.“

Ha! „Hast du mein Zimmer in die Strickstube deiner Träume verwandelt?“

Björn wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. „Wenn du neuerdings auf Stricken stehst, will ich einen Pullover zu Weihnachten.“

„Tja, Pech gehabt“, entgegnete Xerxes. „Du kriegst einen Maulkorb.“

„Einen Strick-Maulkorb? Sehr effektiv“, gab Thane zurück. „Ich will Socken.“

„Um deine Hufe zu verstecken?“, fragte Björn beiläufig. Witzbold. „Nur dass du’s weißt, ich habe sehr schöne Füße.“ „Wenn du jetzt eine Ode an deine Füße verfasst, kommt’s mir hoch.“ In gespieltem Widerwillen hielt Xerxes sich den Bauch.

„Oh ihr Mauken, zart und fein“, trug Thane in einem samtigen und doch dramatischen Tonfall vor, „müsst gar zaubermächtig sein. Wohlgestalt macht ihr so häufig … Frauen läufig.“

Björn brach in Gelächter aus.

Xerxes schüttelte den Kopf, wobei er sichtlich mit einem Grinsen kämpfte. „Wie sind wir überhaupt auf das Thema gekommen? An dem Tag, an dem ich stricken lerne, will ich, dass ihr mir beide einen Dolch ins Herz jagt.“

Das hier. Das war es, warum Thane diese Jungs liebte. Die entspannte Kameradschaft. Das Aufziehen. Die Akzeptanz. „Ist gebongt“, versprach er breit lächelnd. „Aber was sollen wir machen, wenn du anfängst, Körbe zu flechten?“

„Ist das zu glauben … Es ist einfach so … Wow … Ich hab noch nie etwas so Wunderschönes gesehen. Hab ich Tränen in den Augen? Ich glaube, das sind Tränen.“

Elin musterte die vier Frauen, die sich an das einzige Fenster des geräumigen und äußerst seltsam dekorierten Schlafzimmers drängten, das sie miteinander teilen sollten. Die Vampirin Octavia, die Fae Chanel, die Harpyie Bellorie und die Sirene Savanna Rose – Savy.

In ihrer Kindheit hatte Elins Mutter ihr das Who’s who der verschiedenen Rassen Unsterblicher beigebracht.

Phönixe und Fae waren natürliche Feinde, denn die Fae waren Nachkommen der Titanen – aktuelle Herrscher über die unterste Ebene der Himmelreiche, während die Phönixe von den Griechen abstammten – den ehemaligen Herrschern über diesen Teil des Himmels.

Harpyien waren wie unzivilisierte Vampire, hatten einen Schuss dämonischer Herkunft und lebten mehr fürs Blutvergießen als fürs Bluttrinken. Allerdings mussten sie es trinken, wenn sie sich von tödlichen Wunden erholen wollten.

Vampire trugen eine Mischung aus griechischer und titanischer DNA in sich, und entgegen landläufiger Meinung unter den Menschen gingen sie nicht in Flammen auf, wenn sie ins Sonnenlicht gerieten – noch glitzerten sie. Und anders als andere Völker hatten sie sich entschieden, nicht im Verborgenen zu leben. Sie waren die Rampensäue in Mythopia.

Mythopia: Elins zweitliebster Name für die Welt der Unsterblichen. Ihr liebster? Misthausen.

Sirenen gaben sich ziemlich geheimnisvoll und tauchten normalerweise nur einmal im Jahr aus ihren Höhlen am Meeresufer auf, um ahnungslose Menschen zu verführen und umzubringen.

Neon – alias Xerxes – hatte Elin ins Zimmer geschoben und verkündet: „Sie ist ein Mensch und wird euch in der Bar aushelfen, tut ihr nichts.“ Vom selben Moment an waren alle vier Schönheiten nett zu ihr gewesen und hatten ihr alles über ihr Leben erzählt.

Der unkomplizierte Empfang hatte sie völlig schockiert, und sie hatte sich noch immer nicht ganz erholt.

„Elin, komm schon, guck doch mal“, rief Chanel und winkte sie zu sich. „Mach dich drauf gefasst, verflixt noch mal vom Hocker gehauen zu werden.“ Verlegen lächelte sie. „Und bitte verzeih mein nicht schmutziges Mundwerk. Savy hat mir eine Anti-Schimpfwort-Kur verordnet – auch wenn Entzug nur was für Versager ist.“

Die Mädchen kicherten.

Björn alias Regenbogen hatte die hellhaarige, blauäugige Fae als Kind gefunden, nachdem ihre Eltern sie aus ihrem Reich Séduire rausgeschmissen hatten – aus Gründen, zu denen Chanel sich nicht äußern wollte.

Mit zögernden Schritten – war das ein Trick? – näherte Elin sich den Frauen. Sie machten Platz für sie, und im nächsten Moment blickte Elin auf einen herrlichen Sonnenuntergang hinaus. Rosa und Lila breiteten sich über eine endlose blau-goldene Weite. Wolken wurden dünner und trieben auseinander, bis zarte weiße Fetzen ein raffiniertes Malen-nach-Zahlen-Muster ergaben.

„Mehr als entzückend.“ Noch nie hatte sie den Himmel von so nah gesehen.

„Ich glaube nicht, dass wir dasselbe angucken“, schaltete sich Octavia ein. Thane hatte die brünette Sexbombe vor einem menschlichen Lynchmob gerettet, der vorgehabt hatte, ihr einen riesigen Nagel durch das noch schlagende Herz zu treiben. „Als Plasmatarierin finde ich es in der Tat entzückend. Und bezaubernd köstlich. Aber ich bezweifle, dass wir da denselben Geschmack haben. Wirf mal einen Blick nach unten, Hase.“

Hase? Besser als „Dienstmagd“. Sie sah nach unten – und schrie. Ein Meer von Phönixen bedeckte den Vorgarten des Clubs, und jeder Körper war mit mehreren Pflöcken auf dem Boden fixiert. Blut troff von den Opfern und schuf endlose Lachen in tiefstem Rot.

Elin presste sich eine Faust auf die Lippen, um einen weiteren Schrei am Entweichen zu hindern. Ihr drehte sich der Magen um, während sie vom Fenster zurückwich.

Die meisten Völker von Unsterblichen sind brutal, hatte ihre Mutter ihr einst erzählt. Es sind Raubtiere, deren Instinkte an einer einzigen Klinge geschliffen wurden – dem Überleben des Stärkeren. Denk immer daran. Und sollte ich je einmal nicht da sein, um dich zu beschützen, vertraue niemandem und benutze jeden. Hast du verstanden? Nur so wirst du überleben.

Elins Kinn begann zu zittern. Wenn sie an ihre Mutter im Leben dachte, kamen immer auch Gedanken an ihren Tod. Und da waren sie schon. Vor ihrem inneren Auge blitzte Renlays Bild auf. Schweiß- und blutüberströmt lag sie auf dem Boden ihres Zelts und umklammerte weinend das tote Baby in ihren Armen, während das Leben aus ihr wich.

Mein Herz … Es bricht … von Neuem …

„Eins ist klar, Mädels“, erklärte Bellorie und zerrte Elin fort von dem dunklen Ort, auf den sie eben noch zugerast war. „Wir müssen Gummistiefel tragen, wenn wir das nächste Mal den Club verlassen.“

Das war also klar?

„Backpulver und Essig mögen ja vielleicht bei Blutflecken helfen“, fuhr das Mädchen unbekümmert fort, „aber bei Blutbädern wohl kaum.“

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