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Das Pony im 12. Stock

hier erhältlich:

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Eigentlich wollte Pippa nur eben noch schnell in den Supermarkt, um Milch und Nudeln zu kaufen.
Da steht auf einmal ein echtes Pony vor dem Regal mit den Backwaren und frisst in aller Ruhe.
Sofort sieht sie ihren Traum von einem eigenen Pferd, mit dem sie eine berühmte Springreiterin werden kann, in greifbare Nähe gerückt.
Mit viel Geschick schafft Pippa es tatsächlich, das Pony in ihre Wohnung im 12. Stock eines Hochhauses in London zu schmuggeln. Doch wie soll sie das Pony vor ihrer Mutter verbergen?
Aber Pippa ist fest entschlossen, ihr neues Pony zu behalten und mit ihm das nächste Turnier zu gewinnen!
Ein wunderbar leichtes und lustiges Buch mit einer spannenden Handlung und sympathischen Charakteren.


  • Erscheinungstag: 28.07.2020
  • Seitenanzahl: 256
  • Altersempfehlung: 8
  • Format: E-Book (ePub)
  • ISBN/Artikelnummer: 9783505143007

Leseprobe

1. Auflage 2021

© Schneiderbuch in der

Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Die englische Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel

»Pony on the twelfth floor« bei Walker Books Ltd,

87 Vauxhall Walk, London SE 11 5 HJ

Text © 2018 Polly Faber

Illustrationen © 2018 Sarah Jennings

Umschlaggestaltung: Achim Münster in Anlehnung an das Original

eBook: PPP, Pre Print Partner GmbH & Co. KG, Köln, www.ppp.eu

ISBN 978-3-505-14300-7

www.schneiderbuch.de

Facebook: facebook.de/schneiderbuch

Instagram: @schneiderbuchverlag

Für alle, die sich schon einmal ein Pony gewünscht haben und noch immer darauf warten.

P. F.

Kapitel eins

Pippa hatte sich schon alles Mögliche ausgemalt, um an ein Pony zu kommen. Niemals hätte sie sich jedoch träumen lassen, eins aus dem Supermarkt mitzunehmen.

Eigentlich war sie nur hineingegangen, um Milch und Makkaroni zu kaufen. Auf dem Nachhauseweg von der Schule führte sie ihrem Freund Pawel im Supermarkt vor, wie man bei einem Springturnier Hindernisse überwindet, was bei ihm allerdings nur genervtes Augenverdrehen auslöste. Mit hochgerutschtem Rock hatte Pippa gerade erfolgreich eine niedrige Mauer aus Cornflakes-Kartons – zwei zum Preis von einem – überwunden und trabte auf einen Stapel Toilettenpapierpackungen zu. Da sah sie es. Das Pony.

Sie wich abrupt zur Seite aus und blieb stehen. Die Toilettenpapierpackungen verteilten sich überall.

»Verweigert oder war das sogar ein Abwurf? Auf jeden Fall kein guter Durchgang. Du bekommst Punkte für …«, sagte Pawel, dann sah er es auch. »Oh!«

»Fehlerpunkte, Pawel«, flüsterte Pippa. »Wie oft denn noch? Fehlerpunkte, nicht einfach nur Punkte! Aber … sag schon, siehst du es auch? Oder ist es nur eine Fata Morgana?«

Sie näherte sich dem Pony und streckte staunend ihre Hand aus. Das Pony wurde von einem Sonnenstrahl in Szene gesetzt. Die blecherne Hintergrundmusik im Supermarkt klang in Pippas Ohren wie ein Engelschor.

Das Pony wirkte in der Backwarenabteilung überraschend natürlich. Seine Schnauze steckte tief in einem Fach mit Haferkeksen, durch die es sich in Windeseile fraß. Es war rundlich, kastanienbraun mit einem hellen, goldgelben Schweif und einer zotteligen Mähne, die über dunkle Augen mit langen Wimpern fiel. Pippa hatte noch nie in ihrem Leben etwas Schöneres gesehen.

Ein Strick baumelte vom Halfter bis auf den Boden. Pippa klappte ihren vor Erstaunen weit geöffneten Mund zu und suchte den Supermarkt nach jemandem ab, der an das andere Ende des Stricks gehörte. Aber niemand war zu sehen.

»He, wer hat das Tier hier reingelassen? Nur Blindenhunde sind erlaubt.« Ein argwöhnisch dreinblickender Wachmann tauchte am anderen Ende des Korridors auf. Er wedelte unsicher mit den Armen. »Husch, los, weg mit dir!« Pony-Ladendiebe waren wohl in seiner Ausbildung nicht vorgekommen, dachte Pippa. Das Pony hob seinen Kopf aus den Haferkeksen und schüttelte die Mähne, wodurch sich ein Schwall von in Honig gerösteten Haferflocken aus seinen Tasthaaren löste. Dann machte es einen Schritt auf den Wachmann zu.

Dieser stieß einen kurzen Schrei aus, stolperte rückwärts und fiel mit dem Hinterteil voran in eine geöffnete Gefriertruhe. »Brr! Ruhig! Ein wildes Pony! Es ist hinter mir her!« Er ruderte in der Truhe herum, griff nach dem erstbesten Gegenstand, der ihm in die Hände fiel – eine Packung Kartoffelwaffeln –, und hielt ihn wie ein Schild vor sich. Das Pony stoppte, beäugte die Kartoffelwaffeln, entschied sich dann doch für die Haferkekse und fraß genüsslich weiter.

Pippa fällte eine Entscheidung. Sie nahm den Führstrick. »Alles in Ordnung«, beruhigte sie den Wachmann. »Sie sind in Sicherheit. Ich habe ihn. Er gehört mir.« Dabei wusste sie noch nicht einmal, ob das Pony überhaupt ein Er war. Aber es war ­sicher nicht der richtige Augenblick, um das zu überprüfen.

Pawel starrte Pippa entgeistert an. Er brachte kein Wort heraus, aber sein Blick sagte alles.

»Es tut mir wirklich leid«, fuhr Pippa fort, ohne Pawel zu beachten. »Er ist mir ausgerissen. Das lag sicher an dem Duft – Sie wissen schon, dem Geruch nach frischem Gebäck, der aus dem Supermarkt geweht ist. Ich bekomme auch immer Appetit davon, und leider konnte sich mein Pony nicht beherrschen und ist ihm bis hierher gefolgt … um sich zu bedienen. Wir gehen natürlich sofort wieder und werden für den angerichteten Schaden aufkommen.« Pippa zeigte auf die Haferkekse und ein Blech mit Apfeltaschen, das auch von den Pferdezähnen attackiert worden war.

Pawel hielt dem Wachmann seine Hand hin, damit dieser aus der Gefriertruhe klettern konnte. Er begann, Eiskristalle und gefrorene Erbsen von der Jacke des Mannes zu wischen, aber dieser schob ihn brüsk beiseite. Als sie den Gesichtsausdruck des Wachmanns bemerkte, hielt Pippa es für die beste Idee, den Supermarkt schnellstmöglich zu verlassen.

Sie zog an dem Führstrick. Das Pony schnappte ein letztes Mal nach den Köstlichkeiten, dann folgte es Pippa anstandslos. Pawel war immer noch seltsam still, dafür redete Pippa umso mehr.

»Ich habe ihn noch nicht so lange, und er muss noch einiges lernen. Es tut mir wahnsinnig leid. Es wird nicht wieder vorkommen. Entschuldigen Sie uns. Machen Sie uns doch bitte Platz, danke!« Sie warteten unbeholfen in einer Schlange mit anderen Einkäufern, die sie unverhohlen anstarrten, dann legte Pippa eine Handvoll Kleingeld vor dem Kassierer auf das Band. »Das müsste genug sein. Wir brauchen keine Tüte, danke. Ein wunderschöner Tag heute, nicht wahr? Bis bald!«

»Unerwartetes Pony in der Einpackzone«, murmelte der Kassierer, während sie bereits den Laden verließen.

Als die Türen sich automatisch hinter ihnen geschlossen hatten, fand Pawel seine Stimme wieder. »Pippa! Was hast du bloß VOR? ›Mein Pony‹? Hast du gerade ein Pony GESTOHLEN? Es ist ein Pony! EIN PONY! Du kannst doch kein Pony MITNEHMEN

Pippa, die gerade unter den beachtlichen Bauch des Ponys geschaut hatte, richtete sich auf. »Ja, es ist ein Er.« Langsam fuhr sie dem Pony mit ihrer Hand über die Seite. »Ich weiß sehr genau, dass es ein Pony ist, Pawel. Und ich habe es nicht gestohlen. Ich … ich habe nur erst einmal die Verantwortung für ihn übernommen. Irgendwer musste das schließlich tun. Bis sein tatsächlicher Besitzer gefunden wird. Auch wenn ich nicht glaube, dass jemand, der sein Pony im Supermarkt verliert, ein besonders guter Besitzer ist, oder was meinst du?«

»Okay.« Pawel sah nicht gerade begeistert aus.

Die drei standen zusammen auf dem Bürgersteig. Autos, Lastwagen, Doppeldeckerbusse, der normale Londoner Verkehr, glitt an ihnen vorbei. Das Pony wirkte dort auf dem Asphalt, inmitten von Straßenschildern, Fahrbahnen und Auspuffgasen, genauso fehl am Platz wie im Supermarkt.

Gestank und Lärm schienen ihm zumindest nichts auszumachen. Stoisch stand es da und kaute auf den letzten Über­resten der entwendeten Kekse herum, schließlich fressen Pferde von Natur aus den ganzen Tag.

»Was hat ein Pony überhaupt in einem Stadtteil wie Hope Green verloren?«, fragte Pawel. »Und was sollen wir jetzt bloß mit ihm machen? Es zur Polizei bringen und gucken, ob sie sich seiner annehmen? Ich kann heute nicht zu spät nach Hause kommen, ich habe versprochen, Mum und Dad mit den Zwillingen zu helfen, und jede Menge Hausaufgaben haben wir auch noch auf.«

Pippa hörte ihm jedoch gar nicht zu. Sie hatte sich in den riesigen braunen Augen ihres neuen Freundes verloren. Sie schlang die Arme um den weichen, starken Hals des Ponys, presste ihr Gesicht in sein Fell und atmete seinen Geruch tief ein. Es duftete nach wahr gewordenen Träumen. Sie fragte sich bereits, bis wann man sich noch für das Springturnier der Olympischen Sommerspiele anmelden konnte, und begann in Gedanken schon ihr Zimmer umzuräumen, um Platz für die Trophäen zu schaffen, die sie gemeinsam gewinnen würden.

»Hm? Ja, das könnten wir machen. Ich kann das machen. Wenn du noch so viel vorhast, warum gehst du dann nicht besser nach Hause, und ich erzähle dir später, wie es gelaufen ist?«

»Du bringst es doch zur Polizei, oder, Pippa?« Pawel sah sie durchdringend an, während er das Pony zum Abschied zögernd streichelte. »Ich rufe dich um sechs an, in Ordnung? Vielleicht gibt es ja sogar eine Belohnung, und dein Bild wird in den Nachrichten gezeigt oder so!«

»Ja, vielleicht …«, erwiderte Pippa, die immer noch an Pokale und Schleifen dachte. »Mach dir keine Sorgen, ich kümmere mich darum.«

Kapitel zwei

Pippa und Haferkeks trotteten langsam die Straße entlang. Immer wieder mussten sie anhalten, wenn das Pony den Kopf hinunterbeugte, um ein paar Grashalme vom Straßenrand zu zupfen oder an einem Gebüsch zu knabbern. Pippa kugelte sich fast die Schulter aus, als Haferkeks plötzlich nach ein paar Ringelblumen schnappte, die in den Hängeampeln vor dem Fuchs-und-Huhn-Pub wuchsen.

»Jetzt reicht es aber, Haferkeks. In allen Sachbüchern über Pferde steht, dass es nicht gut ist, euch ständig unterwegs fressen zu lassen. Die Pflanzen könnten schließlich giftig sein!« Pippa bemühte sich, gebieterisch zu klingen. Das Pony riss weiter an den Blumen und kaute. Es schien zu wissen, was es tat.

Pippa hatte den längeren Weg gewählt, um nicht am Café Sonnenschein entlanglaufen zu müssen – da ihre Mutter dort arbeitete. Als sie an der Tierhandlung vorbeikamen, griff sie nach den letzten Münzen in ihrer Tasche. Sie wollte schließlich eine verantwortungsvolle Halterin sein. Während sie Haferkeks’ Strick festhielt, der das Gras um einen der Bäume am Straßenrand herum kürzte, steckte Pippa den Kopf zur Tür herein.

»Könnten Sie mir bitte sagen, wie teuer Heu ist?«, fragte sie den Mann hinter dem Verkaufstresen.

»Für ein Kaninchen? 3,50 pro Ballen«, erwiderte er und sah gar nicht von seinem Telefon auf.

Pippa zählte die Münzen. Das bedeutete, dass nichts von dem Geld übrig bleiben würde, das ihre Mutter ihr für den Lebensmitteleinkauf mitgegeben hatte. Aber darüber konnte sie sich später noch Gedanken machen. Ihr Pony (IHR PONY!) war wichtiger.

»Wären Sie so nett, mir eine Packung zu geben?«, fragte sie und machte ein paar Schritte vorwärts, um das Geld auf den Tresen zu legen.

»Was hast du denn am anderen Ende des Seils?«, fragte der Mann. »Sieht nach einem ganz schön großen Kaninchen aus.«

Er holte eine Tüte mit Heu vom Regal und reichte sie ihr. Pippa betrachtete sie. Das kam ihr nicht gerade viel vor. Sie kannte Haferkeks noch nicht so lange, aber sie hatte den Verdacht, dass er das schnell auffressen würde. Und wovon sollte sie dann Nachschub kaufen? Noch eine Sache, über die sie sich später Gedanken machen konnte.

Sie lief mit Haferkeks los. Der Mann hatte sich bereits wieder seinem Telefon zugewandt – als er wegen des großen Schattens vor seiner Tür verdutzt aufblickte, waren die beiden schon verschwunden.

Vor ihrem Zuhause sah sich Pippa mit einem weiteren Problem konfrontiert: Eine Gruppe von Jeremys Freunden spielte draußen Fußball. Zumindest war ihr Bruder nirgendwo zu entdecken.

»Wir müssen uns verstecken, Haferkeks. Sie bleiben sicher nicht mehr lange, und dann gehen wir weiter.«

Haferkeks und Pippa warteten hinter einer Ecke, im Schatten des großen Wohnblocks, in dem sie wohnte. Das Pony ließ sich auf dem mit Gras bedeckten Hügel noch mehr Grünzeug schmecken. Pippa saß daneben und beobachtete es. Ihr Herz ging ihr fast über. Sie, Philippa Arnott, durfte endlich neben ihrem eigenen Pony (zumindest vorerst gehörte es ihr, okay?) Platz nehmen. Sie fragte sich, woher Haferkeks wohl kam. Vor ihrem inneren Auge sah sie das Bild eines verzweifelten Besitzers, der durch die Straßen irrte. Pippa drängte es beiseite. Sie würde die beste Pferdehalterin sein, die Haferkeks sich nur wünschen konnte. Sie würde ihm alles beibringen, ihn pflegen und gernhaben, gemeinsam würden sie die wunderbarsten Abenteuer erleben, über Felder galoppieren und Wettbewerbe gewinnen und …

Ihre Gedanken wurden von Haferkeks’ unglaublich laut zischendem Pipistrahl unterbrochen. Die Flüssigkeit rann den Hang hinunter auf sie zu. Pippa konnte gerade noch rechtzeitig aufspringen.

Darüber hatte sie sich noch gar keine Gedanken gemacht. Für so ein kleines Pferd war das eine ganz schön große Menge. Sie fragte sich, wie häufig es wohl müsste und wie sie sich am besten darauf vorbereiten könnte. Möglicherweise wäre es gut, es vor dem Schlafengehen noch einmal um den Block zu führen und dann wieder früh am Morgen, wie es Hundebesitzer taten.

»WAS MACHT IHR DENN DA? WOLLT IHR MIR ETWA DEN RASEN RUINIEREN? WEG MIT EUCH

Pippa drehte sich um. Es war Mr. Newman, der Hausmeister – aber er meckerte nicht mit ihr, sondern mit Jeremys Freunden. Sie nahmen ihren Ball und verzogen sich schimpfend, während Mr. Newman ihnen von der Eingangstür aus nachschaute, die Ärmel hochgekrempelt und die Hände in die Hüften gestemmt. Dann waren sie weg, und auch Mr. Newman verschwand im Haus.

Pippa zählte langsam bis fünfzig und nahm an, dass er es sich nun wieder in seiner Wohnung bequem gemacht hatte. Sie wusste, dass er um diese Zeit gerne Quizsendungen im Fernsehen guckte. Jetzt oder nie. Sie zog an Haferkeks’ Kopf.

»Komm schon, Zeit, nach Hause zu gehen. Beeil dich.«

Während sie ihn vom Gras wegzerrte, bewegte sich Pippa auf den Haupteingang zu. Sie hielt die Schwingtür auf und schnalzte mit der Zunge, damit sich das Pony hindurchbewegte.

Die Hufe von Haferkeks klapperten über den Betonboden in der Eingangshalle. Pippa konnte das Gelächter des Quizsendungspublikums durch die angelehnte Tür von Mr. Newmans Wohnung hören. Ein strenger Geruch nach Frittierfett waberte aus dem Inneren nach draußen. Haferkeks hielt kurz inne und drehte sich in Richtung der Versuchung um.

»NEIN, Haferkeks!«, zischte Pippa. »Hier entlang.« Sie drückte auf den Knopf und betete innerlich, dass der Aufzug leer sein würde. Es machte ping, und die Metalltüren öffneten sich; Pippa seufzte erleichtert auf. Sie führte Haferkeks hinein und drückte den Knopf für den zwölften Stock.

Nachdem sie Haferkeks aus dem Aufzug und in ihre Wohnung geführt hatte, musste Pippa ein wenig umräumen, um aus ihrem Zimmer einen Notfallstall zu machen. Zunächst schob sie Haferkeks ins Badezimmer und füllte ihm die Wanne, falls er etwas trinken wollte. Er passte so gerade durch die Tür. Zu groß war er nicht, aber beinahe zu breit. Sie beeilte sich, ihre kostbare Sammlung von Porzellanpferden beiseitezustellen, den Teppich aufzurollen, den Boden aufzuräumen und den Papierkorb zu einem Eimer umzufunktionieren. Dann fiel ihr die enorme Pipimenge wieder ein, und sie suchte in dem großen Schrank im Zimmer ihrer Mutter nach dem Unterboden des alten Familienzeltes und legte damit – und mit allen verfügbaren Gästehandtüchern – vorsorglich den Boden aus. Sie hoffte, damit zumindest einen Teil des Pipis auffangen zu können; auf keinen Fall konnte sie es riskieren, dass ein feuchter Fleck an der Decke der Wohnung unter ihnen auftauchte. Als Letztes verwandelte Pippa ihren Sportbeutel in ein Heunetz und hängte es an den Haken für ihren Bademantel. Nachdem Pippa Haferkeks in ihr Zimmer, sein neues Zuhause, gelotst hatte, zeigte er sich mit dieser Ausstattung zufrieden und begann sofort, sich durch den Heuballen zu fressen.

Die Eingangstür wurde zugeschlagen. Pippa erstarrte. »Sei jetzt bitte ganz leise, Haferkeks.« Sie legte sich den Finger auf die Lippen.

»Pippa! Bist du da?«, rief ihr Bruder Jeremy aus dem Flur. Die Klinke ihrer Tür wurde hinuntergedrückt.

»Bleib draußen! Ich ziehe mich gerade um!«, rief Pippa, warf sich auf ihr Bett und drückte sich an Haferkeks vorbei, um zur Tür zu kommen. Das Pony machte einen Schritt zurück und landete am Schreibtisch, wodurch die Lampe ins Wanken geriet und krachend zu Boden fiel.

Die Türklinke wurde losgelassen. »Keine Panik, ist doch alles in Ordnung. Ich wollte nur Hallo sagen. Willst du was trinken? Ich habe noch Cola. Müssen wir irgendetwas fürs Abendessen vorbereiten?«

Pippa schlüpfte aus ihrem Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Jeremy grinste und fuhr ihr durch die verstrubbelten Haare. »Hallo, Zwerg. Hattest du nicht gesagt, du wolltest dich umziehen? Du hast ja immer noch deine Uniform an.«

»Ich habe es mir anders überlegt«, sagte Pippa. »Ich nehme gern eine Cola.« Sie folgte ihm in die Küche und versuchte, sich so normal wie möglich zu verhalten – sicher nicht wie jemand, der ein Pony in seinem Zimmer versteckt.

Hinter sich hörte sie ein lautes Krachen, als Haferkeks mit dem Huf gegen die Wand stieß. Pippa sah nervös zu ihrem schlaksigen Bruder hinüber. Zum Glück hatte er sich wieder die Kopfhörer aufgesetzt. Er wippte mit dem Kopf im Takt zur Musik und hielt die Daumen hoch, nachdem er ihnen beiden ein Glas Cola eingeschenkt hatte.

Pippa musste schlagartig an Milch und Makkaroni denken, die sie eigentlich anstelle von Heu und bereits verputzten Haferkeksen hätte kaufen sollen. Sie warf einen Blick in den Kühlschrank. Darin herrschte ziemliche Leere. Ihre Mutter ging immer samstags einkaufen, sodass freitags meist nur klägliche Reste übrig waren. Im Kühlschrank lagen nur noch ein Stück Käse, der für die Makkaroni gedacht gewesen war, ein paar Möhren und Erdbeerjoghurt-Quetschies. Pippa stopfte sich die Möhren für Haferkeks in die Tasche. Für das Abendessen sah es nicht gerade gut aus. Allerdings war Pippa nicht besonders hungrig. Sie hätte für immer nur von Käse und Erdbeerjoghurt leben können, wenn das bedeutete, dass sie das Pony behalten durfte.

Ein Schlüssel drehte sich im Schloss. »Ich bin da!«, rief ihre Mutter. Pippa warf einen Blick auf ihre Zimmertür, als ihre Mutter durch den Flur lief, aber Haferkeks blieb ruhig. »Hallo, ihr beiden. Wie war der Tag? Was riecht hier denn so? Jeremy, wie oft muss ich dir noch sagen, dass du deine Turnschuhe auf den Balkon stellen sollst, nachdem du sie ausgezogen hast?«

Pippa sah auf die Füße ihres Bruders und stellte fest, dass sie noch immer in den Turnschuhen steckten. Sie sog die Luft ein. Sie wusste, woher der Geruch stammte.

»Ich hole nur schnell etwas aus meinem Zimmer, Mum«, rief sie und verschwand.

»Habt ihr schon die Nudeln aufgesetzt? Ich habe ein paar Teigtaschen von der Arbeit mitgebracht, die könnten wir sonst heute Abend gut essen.« Ihre Mutter schaute in den Kühlschrank. »Seltsam. Ich war mir sicher, wir hätten noch Möhren übrig. Hat einer von euch etwa spontan entschieden, Gemüse zu essen? Ein Wunder. Macht ja nichts, dann gibt es stattdessen eben eine Dose Mais.«

In ihrem Zimmer sah Pippa, dass Haferkeks einen Haufen dampfender Pferdeäpfel mitten auf die Bodenfolie gesetzt hatte. Sie kletterte auf ihren Stuhl und öffnete das Fenster einen kleinen Spaltbreit – mehr war im zwölften Stock nicht erlaubt –, dann nahm sie ihren Schulrucksack und leerte das größte Fach aus. Mit ein paar Socken als behelfsmäßigen Handschuhen sammelte sie die warmen Pferdeäpfel auf, warf einen nach dem anderen in ihren Rucksack und verschloss diesen sorg­fältig. Sie hoffte, so den Großteil des Geruchs einfangen zu können.

Während Pippa aufräumte, begann Haferkeks, an ihr zu schnüffeln. Pippa verstand das als Zeichen, dass er ihr immer mehr vertraute. Selbst wenn sie seinen tatsächlichen Besitzer ausfindig machen würde, weigerte sich Haferkeks ja vielleicht sogar, zu diesem zurückzugehen? Möglicherweise würde er sich dafür entscheiden, für immer an ihrer Seite zu bleiben. Sie nahm ihre Haarbürste und fing an, das Fell von Haferkeks glatt zu streichen, sodass es seidig weich wurde und glänzte. Nach dem Abendessen könnte sie vielleicht seine Mähne flechten. Da war eine ganze Menge Arbeit zu leisten, da seine Mähne noch verknoteter war als ihre eigenen Haare.

»Wir brauchen beide eine Pflegespülung, Haferkeks. Wenn das mal nicht ein weiteres Zeichen dafür ist, dass wir zusammengehören«, sagte Pippa. »Ich liebe dich«, fügte sie dann noch leise hinzu.

Das Pony drehte den Kopf und stupste sie mit seiner Schnauze sanft an. Alles war perfekt.

Dann machte Haferkeks plötzlich einen Satz nach vorn.

Seine sanfte Berührung verwandelte sich in ein schmerzhaftes Schnappen nach Pippas Rocktasche. Gekonnt riss Haferkeks den Stoff mitsamt den Möhren ab und verzehrte beides geräuschvoll.

»Um Himmels willen, Haferkeks! Was machst du denn?« Pippa sprang zur Seite und betrachtete das ausgefranste Loch, das er in ihrer Uniform hinterlassen hatte. Um ein Haar hätte er auch noch ein Stück ihres Oberschenkels erwischt.

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