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Dein Lächeln macht mich schwach

Sich für eine Kolumne romantische Rendezvous‘ auszudenken ist eine Sache - sie mit ihrem arroganten Kollegen Joe nachzustellen eine ganz andere. Bis er Amy heiß küsst. Ist es für ihn wirklich nur ein Spiel?


  • Erscheinungstag: 02.01.2018
  • Seitenanzahl: 120
  • ISBN/Artikelnummer: 9783955767297
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. Kapitel

Liebe Holly Heartfelt,

vor sechs Monaten habe ich meine beste Freundin meinem Verlobten vorgestellt. Gestern bat sie mich, Brautjungfer bei ihrer Hochzeit zu sein – sie heiratet meinen Exverlobten. Sie will außerdem, dass ich ein Kleid trage, das fünfhundert Dollars kostet. Genau diese fünfhundert Dollars habe ich aber gespart, um diesen Sommer Urlaub am Meer zu machen. Was soll ich bloß tun?

Torn

Amy Patterson las den Brief auf ihrem Computerbildschirm und schlang sich dabei eine kupferrote Locke um den Finger, ohne darauf zu achten, dass sie ihr widerspenstiges Haar eigentlich zu einem glatten Bob geföhnt hatte.

„Du hast dir bereits einmal die Finger verbrannt, also wähl dieses Mal lieber ein Sonnenbad am Meer“, murmelte sie, um diese Antwort als stellvertretende Redakteurin der Ratgeberkolumne klanglich zu testen.

„Redest du mal wieder mit dir selbst?“, fragte Melanie Hayes, die hinter Amy stehen geblieben war und ihr neugierig über die Schulter spähte.

„Hat dir noch niemand gesagt, dass es sich nicht gehört zu lesen, was auf dem Monitor anderer Leute steht?“, gab Amy zurück und blickte die gertenschlanke blonde Lifestyle-Reporterin nicht besonders freundlich an.

„Himmel, bist du empfindlich! Oh, ich vergaß, heute ist ja dein großer Tag. Wirst du nun die nächste Holly Heartfelt oder nicht? Was für ein altmodischer Name. Also, wirklich, Amy, warum bewirbst du dich um diesen Job?“

„Ich muss meine Miete bezahlen“, erwiderte Amy. Sie hatte nicht vor, sich einer Reporterin zu offenbaren, deren Porträts sich darin erschöpften zu berichten, dass ihr Interviewpartner einen Swimmingpool besaß.

Deshalb tat sie, als würde sie sich wieder in den Brief vertiefen, bis Melanie sich endlich trollte, um jemand anderem auf die Nerven zu fallen.

„Liebe Torn“, schrieb sie dann und stellte sich dabei vor, Melanie wäre die unsympathische Braut. „Hier sind drei mögliche Antworten auf Ihre Frage. Wählen Sie einfach die, die am besten zu Ihren Empfindungen passt.

A: Ich mag dieses Paar und möchte, dass sie wieder meine besten Freunde werden.

B: Ich finde es gemein, was sie mir angetan haben, aber ich möchte den Hochzeitsgästen nicht den Eindruck vermitteln, dass ich nachtragend bin.

C: Ich habe doch nicht ein Jahr lang für meinen Urlaub gespart, damit meine ehemals beste Freundin mich noch mehr demütigt. Hallo, Sonne, Sand und Meer, ich komme!“

Amy lehnte sich zurück und las noch einmal durch, was sie geschrieben hatte. Sie war mit sich zufrieden. Es klang schon jetzt gut; später würde sie es noch einmal überarbeiten – falls Bertram Ulysses Garver ihr den Job gab.

Zehn Minuten später war Amy in der Chefredaktion.

„Du siehst gut aus.“ Roberta Higuera, eine Jungredakteurin und Amys liebste Kollegin beim „Phoenix Monitor“, steckte den Kopf aus einer der Türen. „Ich lade dich zum Mittagessen ein – damit wir deinen neuen Job feiern können.“

„Falls ich ihn bekomme!“ Amy strich nervös den kurzen Rock ihres pfirsichfarbenen Leinenkostüms glatt.

„Na, hör mal, du hast immerhin vier Jahre als Hollys Assistentin gearbeitet. Jeder hier weiß, dass du die Kolumne fast ein Jahr lang mehr oder weniger selbst geschrieben hast. Oh, Rose ist am Kopierer und bat mich, dir zu sagen, dass du direkt zu B. U. reingehen sollst. Er erwartet dich. Viel Glück!“

„Sie sind vier Minuten zu spät, Patterson“, sagte Bertram Garver, als Amy zögernd die schwere Eichentür zu seinem Büro öffnete.

Ihr Chefredakteur wählte seine Kleidung, um die Leute einzuschüchtern. Obwohl er seit fast zwanzig Jahren in Phoenix lebte, versuchte er wie ein Bankpräsident der Ostküste zu wirken: anthrazitfarbener Nadelstreifenanzug, gestärktes weißes Hemd, Manschettenknöpfe aus Silber mit Onyx, Halstuch in Bordeauxrot und Grau. Selbst seine Halbglatze sah aus wie auf Hochglanz poliert. In seiner Gegenwart fühlte Amy sich zerknittert und unordentlich. Sie musste sich zwingen, nicht ständig auf den Boden zu schauen, wenn sie mit ihm sprach.

„Entschuldigung, Mr. Garver. Ich habe noch an der Kolumne gearbeitet und nicht gemerkt, wie die Zeit verflog …“ Während sie sprach, fiel ihr Blick auf zwei blank gewienerte braune Cowboystiefel, die zu einem Paar langer Beine gehörten, die in legeren Hosen steckten.

„Ich möchte Sie mit jemandem bekannt machen, Amy.“

Die Tatsache, dass Garver ihren Vornamen verwendete, ließ Schlimmes ahnen.

„Dies ist …“

„Joe Malone!“, platzte Amy heraus, als der Angesprochene sich umwandte.

„Amy … Amy Patterson?“ Ein hochgewachsener, schlanker, dunkelhaariger Mann musterte sie aus azurblauen Augen. Ungeniert ließ er den Blick von ihrem Scheitel bis zu ihren Schuhen gleiten.

Diesen Mann würde sie selbst mit neunzig noch wiedererkennen. Seine dunkle, schmeichelnde Stimme hatte sich ihr schon als Teenager eingeprägt. Die feinen Lachfältchen in den Augenwinkeln machten ihn nur noch attraktiver. Sie wurde in zwei Jahren dreißig, doch er wirkte, als wäre diese magische Zahl ein äußerst erstrebenswertes Alter.

„Ihr beide kennt euch bereits?“, fragte Garver irritiert, als hätten Amy und Joe ihm die Show gestohlen.

„Ich bin mit einer Amy Patterson zur Schule gegangen“, erwiderte Joe grinsend, „und ich würde diese Haarfarbe überall wiedererkennen.“

Amy hatte jahrelang daran gearbeitet, ihr Highschool-Image hinter sich zu lassen. Damals war sie klein und pummelig gewesen, hatte eine Zahnspange getragen und über eine wilde rote Mähne verfügt. Während Joe sie nun aufmerksam musterte, hatte sie das Gefühl, sich wieder in das hässliche Entlein zurückzuverwandeln.

„Joe und mein Bruder gingen in dieselbe Klasse, Mr. Garver“, klärte Amy ihren Chef auf. „Ich war zwei Klassen unter ihnen.“ Sie fühlte sich überaus unbehaglich. Warum musste Joe auch ein so umwerfend attraktiver Mann sein?

„Freut mich, dass Sie beide sich kennen“, sagte Garver betont sachlich. „Sie werden nämlich zusammenarbeiten.“

„Nicht noch mal!“, rief Amy.

„Was meinen Sie damit?“, wollte Garver leicht entnervt wissen.

„Wir haben zusammen die Schülerzeitung gemacht, Bert“, informierte Joe ihn, ehe Amy etwas sagen konnte.

Aha! dachte sie. Er nennt Bertram Ulysses Garver beim Vornamen! Das wird Gesprächsstoff in der Nachrichtenredaktion geben. Ein neuer Redakteur, der ein Kumpel des Chefredakteurs ist!

„Ich habe die Zeitung geleitet“, fuhr Joe fort, ohne sich um Amys Groll zu kümmern. „Amy war eine von meinen kleinen Reporterinnen.“

Er legte ihr beiläufig den Arm um die Schultern und zog sie an sich.

Amy hätte ihn am liebsten geboxt. „Ich verstehe Sie nicht, Mr. Garver.“ Sie befreite sich aus Joes Griff. „Ich betreue und schreibe die Kolumne nun schon, seit Holly krank ist. Sind Sie mit meiner Arbeit nicht zufrieden?“

„Ganz im Gegenteil. Sonst wären Sie heute nicht hier, Amy. Sie haben sehr gute Arbeit geleistet, aber wir brauchen ein neues Konzept für die Ratgeberkolumne. Zukünftig wird es Antworten vom Standpunkt eines Mannes und von dem einer Frau aus geben. Er und Sie. Damit wollen wir jüngere Leser ansprechen – die gleiche Zielgruppe, der auch unsere neuen Anzeigen gelten. Natürlich dürfen wir dabei nicht unsere treuen Stammleser verlieren.“

Amy schüttelte ungläubig den Kopf. Sie war jetzt seit vier Jahren Holly Gordons Assistentin. Begonnen hatte sie als Briefesortiererin, und vom Briefeöffnen über erste Recherchen hatte sie sich zur stellvertretenden Redakteurin entwickelt, die die Briefe jetzt selbstständig beantwortete. Sie verdiente es nicht, dass man ihr den Job nun wieder wegnahm!

„Wenn das neue Konzept ein Erfolg wird, wollen wir es über unser Syndikat weitervermarkten“, erläuterte Garver. „Joe haben wir angeheuert, damit er der Sache den richtigen Biss gibt.“

Amy bemühte sich, ruhig zu bleiben. „Ich bin immer noch etwas verwirrt, Mr. Garver. Rat zu erteilen ist ein Spezialgebiet. Die Arbeit funktioniert ganz anders als in der Nachrichtenredaktion, wo man einfach berichtet, was sich ereignet hat. Für die Ratgeberseite benötigt man Erfahrung, Sensibilität …“

„Ich habe zeitweise für eine Ratgeberseite in Minneapolis gearbeitet – neben meiner Tätigkeit als Polizeireporter“, unterbrach Joe sie. „In beiden Fällen hatte ich es oft mit kaputten Beziehungen zu tun, daher bin ich nicht ganz so unerfahren, wie du denkst.“ Nonchalant strich er Amy eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

Sie unterdrückte den Impuls, ihm auf die Finger zu schlagen oder Bertram Garver zu erdrosseln. Noch schlimmer war das sichere Gefühl, dass ihr die Röte in die Wangen stieg. Sie erinnerte sich noch zu gut an ihr ständiges peinliches Erröten in Schülertagen.

„Das neue Konzept ist beschlossen, und wir können Joes Erfahrung gut gebrauchen“, sagte Garver und erhob sich, um anzudeuten, dass er zu beschäftigt sei, um sich mit Widerspruch auseinanderzusetzen. „Ich glaube, Sie werden mit Ihrem neuen Vertrag sehr zufrieden sein, Amy. Wir sprechen die einzelnen Paragrafen durch, sobald Sie Gelegenheit hatten, ihn zu lesen. Die Rechtsabteilung wird Ihnen den Vertrag in Kürze übermitteln. Währenddessen kann Joe Ihnen die Details erklären, die die neue Kolumnenstruktur betreffen.“

„Er ist verantwortlich für die Kolumne?“, fragte sie mit schriller Stimme.

„Nein, fürs Erste sind die Aufgaben fünfzig zu fünfzig verteilt. Ich habe großes Vertrauen zu Ihnen beiden. Wenn es gut läuft, werden wir Sie an der Vermarktung des Konzepts beteiligen – sagen wir in etwa einem Jahr. Es steht alles in Ihrem Vertrag, Patterson.“

Garver schichtete einen Papierstapel auf seinem Schreibtisch um. Amy warf Joe einen raschen Blick zu. Er grinste sie unverschämt zufrieden an.

„Joe, Sie sollten heute Nachmittag in der Personalabteilung vorbeischauen. Dort warten ein paar Unterschriften auf Sie. Danach wird man Sie durchs Haus führen. Ich freue mich, Sie beim ‚Monitor‘ begrüßen zu dürfen.“

„Danke, Bert. Ich freue mich auch sehr auf meine neue Aufgabe.“

„Patterson, ich habe eine Idee bezüglich der neuen Kolumne, die ich später gern mit Ihnen besprechen würde. Ich erwarte Großes von der Umgestaltung, und ich bin sicher, dass Sie Ihren Teil dazu beitragen werden, damit das neue Konzept ein Erfolg wird.“

„Ja, Sir.“

Nun sind wir also wieder Patterson, dachte Amy. Dagegen nannte ihr Chef Joe unverändert beim Vornamen, als seien sie alte Kumpel, die regelmäßig zusammen fischen gingen.

„Gibt es noch Fragen?“, wollte Garver in einem Ton wissen, der es von selbst verbat, welche zu stellen.

„Nein, Sir“, behauptete sie.

Amy kochte innerlich, und sie fühlte sich beobachtet, als sie mit Joe durch die hektisch arbeitende Nachrichtenredaktion ging. Doch sie war entschlossen, ihm erst dann ihre Meinung zu sagen, wenn ihnen niemand mehr zuhören konnte. Mehrere Redakteurinnen wandten den Kopf nach ihnen um und warfen Joe einen anerkennenden Blick zu.

„Hier ist mein … unser Büro“, brachte sie mühsam heraus.

„Sehr intim“, bemerkte Joe und betrat das von Glaswänden umgebene Zimmer.

Sofort wirkte der Raum überfüllt. „Es ist klein, Joe“, korrigierte sie ihn. „Eigentlich bin ich fast sicher, dass es zu klein für uns beide ist.“

„Wieso? Ich finde es nett – außer du verteidigst deine territorialen Ansprüche.“

„Wollen Sie mir damit einen Rat erteilen, Sir?“, fragte sie mit gespielt naiver Stimme.

„Komm, lass uns unsere Zelte aufschlagen …“

„Du meinst, das Revier verteilen …“

„Ich lege meine Karten normalerweise auf den Tisch und stelle die Stiefel brav unters Bett, aber wenn du unbedingt mit Kreide eine Trennlinie zwischen unseren Bereichen ziehen willst …“

„Dies hier ist mein Schreibtisch“, erklärte sie und überging seine ironische Bemerkung. Wenn er es nötig fand, alles, was sie sagte, ins Lächerliche zu ziehen, würde er sich bald wundern. Sie schob ein paar Stapel Papier zur Seite, setzte sich auf den Schreibtisch und schlug die Beine übereinander.

Nun konnte sie seiner vollen Aufmerksamkeit sicher sein. Tatsächlich, trat da nicht ein anerkennendes Glimmen in seine Augen, als er nun ihre wohlgeformten Beine betrachtete? Sie war keine Femme fatale, aber sie war bereit, jede Waffe zu nutzen, die ihr zur Verfügung stand, um Joe Malone wissen zu lassen, dass sie nicht mehr die kleine Reporterin der Schülerzeitung war. Die Kontrolle der Ratgeberkolumne würde sie nicht aus der Hand geben!

„Damals in der Highschool warst du kein solcher Blickfang“, meinte Joe.

„Das ist auch ziemlich lange her. Ich bin kein kleines Schulmädchen mehr.“

„Du warst widerborstig. Ich erinnere mich an den Beschluss der Schulverwaltung, die Waschräume der Mädchen umzubauen. Du hast einen regelrechten Krieg dagegen geführt. Ich habe mich oft gefragt, warum du dich dermaßen ereifert hast – du warst ja kaum noch zu bremsen.“

Die Richtung, die ihre Unterhaltung nahm, gefiel ihr nicht. Nur ungern erinnerte sie sich an ihren zum Scheitern verurteilten Waschraum-Kreuzzug.

„Ich war nicht zu bremsen? Da würde mich mal interessieren, ein paar deiner Artikel zu lesen, die du in Minneapolis geschrieben hast. Ich nehme an, die ergrauten Bewohner der Stadt fanden deine Beiträge echt hip. Total abgefahren.“

„Ach, Amy, lass uns doch einfach noch mal von vorn anfangen.“ Er griff nach ihrer Hand und schüttelte sie fest, doch nicht so, dass es weh tat. „Hallo, ich bin Joe Malone, dein neuer Partner. Du hast mich nicht danach gefragt, aber ich freue mich, dass ich hier im sonnigen Südwesten sein darf. In Minnesota kann es nämlich verflixt kalt werden.“

„Bestimmt hat dich in den eisigen Nächten im Mittleren Westen jemand warm gehalten, richtig? Oh, natürlich geht mich das nichts an.“ Verflixt! Sie wurde schon wieder rot.

„Nun, so wie die Dinge jetzt stehen, scheint meine Zukunft bei dieser Zeitung ebenso deine zu sein, auch wenn dir das Angst macht“, antwortete er unerwartet scharf.

Hatte sie mit ihrer Frage nach einer Lebenspartnerin einen empfindlichen Nerv getroffen?

Er beugte sich vor und stützte die Arme zu beiden Seiten ihrer Oberschenkel lässig auf den Tisch. Ihr Rock war ziemlich weit hochgerutscht. Sich auf den Tisch zu setzen war offensichtlich der falsche Schachzug gewesen. Es machte sie verrückt – nach Joe.

„Damit diese Kolumne ein Erfolg wird“, sagte er, „bin ich bereit zu vergessen, dass du den Namen unter einem meiner Artikel in Joe Baloney geändert hast …“

„Du konntest nie beweisen, ob ich es tatsächlich war! Außerdem ist diese Kolumne bereits ein Erfolg“, erwiderte sie und bemühte sich, den Blick von seinem dichten dunkelbraunen Haar zu lösen, das er relativ lang trug. Es kringelte sich im Nacken auf dem Kragen seines olivfarbenen Sportblazers aus Rohleinen. Wenn er ihr in Highschooltagen jemals so nah gekommen wäre, hätte sie noch wochenlang davon geträumt. Im Moment jedoch war sie nur entnervt von dem, was er in ihr wachrief. Vergiss die Vergangenheit! sagte sie sich. Vergiss einfach, dass deine Jungmädchenträume um diesen Mann gekreist sind, wogegen er noch nicht einmal wahrgenommen hatte, dass du überhaupt ein Mädchen bist. Nun besaß sie zwar seine volle Aufmerksamkeit, aber sie hasste den Grund dafür.

„Holly Heartfelt war über zwanzig Jahre der Renner im ‚Phoenix Monitor‘“, erklärte sie.

„Weiß ich. Holly Gordon hat ihre Sache wirklich gut gemacht, aber jetzt sind wir dran. Also sollten wir die Leser vergessen lassen, dass der Ratgeber jemals von einer goldigen alten Dame geschrieben wurde.“

„Mag sein, dass wir eine Zeit lang zusammenarbeiten müssen. Aber das heißt noch lange nicht, dass Joe Malone das Kommando übernimmt.“

„Du weißt ja immer noch nicht, wie man einen herausfordernden Mann behandelt, Amy.“ Zu ihrer Überraschung lachte er und richtete sich auf. „Es gibt keinen Grund, mir feindlich gesonnen zu sein.“

„Ich bin dir nicht feindlich gesonnen. Ich bin nur vorsichtig. Schließlich weiß ich, was ich von dir zu erwarten habe.“

„Ich vermute, du bist immer noch sauer, dass man dich damals nicht zur Chefredakteurin unserer Schülerzeitung gemacht hat.“

„Das habe ich alles längst vergessen.“ Von wegen! Fast hatte sie den Vorstand der Studentenvertretung davon überzeugt gehabt, dass sie als junge, energiegeladene Schülerin – sie war damals in ihrem zweiten Highschool-Jahr – eine bessere Zeitung machen würde als ein Typ aus der Abgangsklasse, besonders wenn der Typ Joe Malone hieß. Sie war erschüttert gewesen, als er den Job dann doch bekam.

„Es ist ganz normal, dass du mich deshalb auch heute noch misstrauisch beäugst“, sagte er.

„Spar dir deine Schmalspurpsychologie. Wenn das die Art ist, wie du den Ratgeber schreiben willst …“

„Wenn du nicht mit mir gemeinsam an der Kolumne arbeiten willst, kannst du dich ja für einen anderen Posten bewerben.“

„Ich habe vier Jahre in diese Kolumne investiert! Und ich lasse mich nicht einfach verdrängen.“ Sie würde durchhalten! Auch damals in der Highschool hatte sie ihren Kampf nicht aufgegeben, obwohl das bedeutete, dass sie einen Kleinkrieg gegen den beliebtesten Jungen der vierten Klasse führen musste. Jetzt war sie weniger denn je bereit, sang- und klanglos das Feld zu räumen.

„Ich habe ein paar deiner Kolumnen gelesen. Sie sind nicht schlecht, Amy. Da du meine noch nicht gelesen hast, solltest du mit deinem Urteil vorsichtiger sein. Könnte doch sein, dass ich ein großartiger Ratgeber bin.“

„Könnte aber auch sein, dass du ein egoistischer Macho bist.“ Sie war leider zu wütend, um darauf zu achten, was sie sagte.

„Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden“, forderte er sie prompt heraus. „Lies meine Artikel. Wenn du danach immer noch meinst, du könntest nicht mit mir arbeiten, hast du wenigstens einen Grund dazu.“

„Es hat gar nichts damit zu tun, ob ich mit dir zusammenarbeiten will oder nicht. Ich finde die Idee einfach nicht gut, ein völlig neues Ratgeberkonzept zu installieren. Holly Heartfelt ist dazu viel zu beliebt. Seit ich die Kolumne mache, hat sich die Zahl der Zuschriften um zwanzig Prozent erhöht. Da ich so viel Engagement in diesen Job hineingepackt habe, denke ich nicht daran, mich geschlagen zu geben.“

„Gut. Ich fände es auch nicht besonders angenehm, die Umstellung auf das neue Konzept zu verschieben, weil wir erst eine Redakteurin für den ‚Sie‘-Part suchen müssen.“

„Ich treffe mich mit einer Freundin zum Mittagessen“, sagte Amy abrupt und erhob sich.

Draußen in der Nachrichtenredaktion schienen alle eifrig bei der Arbeit zu sein. Selbst Louie, der Redaktionsbote, hatte die Ellbogen auf den Tisch gestützt und den Kopf in die Hände gelegt und tat so, als würde er einem der Lokalreporter fasziniert beim Tippen zuschauen. Doch Amy ließ sich nichts vormachen. Vor wenigen Sekunden hatten sie alle noch ihre Fertigkeit im Lippenlesen geübt. Denn sie besaß zwar ein eigenes Büro und konnte daher mehr in Ruhe arbeiten als ihre Kollegen im Großraumbüro, doch ihre vier Wände bestanden nun mal aus Glas. Sie hatte also ebenso viel Privatsphäre wie ein Fisch im Aquarium.

Roberta kam ihr durch die lange Reihe der Schreibtische entgegen. Sie trug eine schimmernde Lederhandtasche über der Schulter, und ihr Kleid war so farbenfroh wie ein Gemälde von Gauguin. Ihr mitternachtsschwarzes Haar fiel in Locken bis auf die Schultern. Dazu bevorzugte Roberta schweren indianischen Silberschmuck. Im Gegensatz zu den meisten ihrer Kollegen wusste sie, dass Roberta glücklich mit einem Kieferchirurgen verheiratet war und zwei Söhne hatte.

Sie trat nun aus ihrem Glaskasten, um Roberta zu begrüßen, und bemühte sich, dabei zu ignorieren, dass Joe ihr folgte.

„Was gibt’s Neues?“, fragte Roberta leise.

„Ich bin noch im Rennen – jedenfalls mehr oder weniger. Erzähl ich dir beim Mittagessen.“

„Es tut mir ja so leid, Honey, aber ich muss absagen. Todds Lehrer hat angerufen. Todd hat hohes Fieber und befindet sich im Krankenzimmer der Schule. Ich muss ihn abholen. Melanie wartet in der Lobby auf uns. Sie hat mich gefragt, ob sie mit uns essen gehen kann, und ich fand keinen Grund, Nein zu sagen. Hoffentlich nimmst du es mir nicht übel.“

Amy stöhnte insgeheim. Klar, dass Melanie begierig war, heute mit ihr zu Mittag zu essen. Wahrscheinlich hoffte sie auf eine Klatschgeschichte, die sie dann weiterverbreiten konnte.

„Hallo, ich bin Joe Malone“, stellte Joe sich Roberta nun unumwunden selbst vor. „Ich werde gemeinsam mit Amy die Ratgeberkolumne schreiben.“

„Oh.“ Roberta wirkte völlig verblüfft.

„Es gibt ein neues Konzept. Ein Mann und eine Frau erteilen Rat“, fuhr Joe fort.

„Nett, Sie kennenzulernen, Mr. Malone. Ich bin Roberta Higuera und arbeite hier als Juniorredakteurin. Willkommen beim ‚Monitor‘.“

„Danke. Ich freue mich sehr auf die Arbeit. Sagen Sie, könnten Sie mir ein brauchbares Restaurant empfehlen? Mit schnellem Service, aber kein Fast-Food.“

Als ob er Mühe hätte, in seiner Heimatstadt ein Restaurant nach seinem Geschmack zu finden, dachte Amy.

„Ich muss Amy leider versetzen, aber sie trifft sich mit einer unserer Lifestyle-Reporterinnen in der Lobby“, sagte Roberta, die ihm damit – zu Amys Ärger – in die Falle ging. „Ich bin sicher, sie werden sich freuen, wenn Sie sich ihnen anschließen. Allerdings sind es dann zwei Frauen gegen einen Mann.“

„Das stört mich gar nicht – falls du nichts dagegen hast, dass ich euch begleite, Amy.“

Diesen Moment wählte Melanie, um zu erscheinen. „Ich habe mich schon gefragt, wo ihr bleibt. Mein Lunch fällt leider aus. Ich muss irgend so einen Typ interviewen, der über achtzig ist und immer noch jedes Jahr die Wände des Grand Canyon hochklettert. Wahrscheinlich brauche ich erst mal eine Stunde, um sein Haus in Sun City zu finden.“

„Hoffentlich ist es diesmal ein Haus ohne Katzen“, meinte Amy. Sie war nicht besonders stolz auf diesen kleinen Seitenhieb, verteilte ihn aber trotzdem. Melanie hatte eine Katzenallergie, doch eine Lifestyle-Reporterin musste nun einmal zu den Leuten hingehen, die sie interviewen wollte, gleichgültig ob es Erfinder von Mausefallen oder Sammler von Karussellpferden waren. Mehrmals war sie mit verschwollenem Gesicht und triefender Nase in die Redaktion zurückgekommen, aber sie behauptete, eine Todesangst vor Spritzen zu haben und deshalb keine Desensibilisierungstherapie durchführen zu können.

„Darf ich dir Joe Malone vorstellen, Melanie?“, sagte Roberta. „Er hat gerade erst beim ‚Monitor‘ angefangen. Joe, dies ist Melanie Hayes. Ich sehe euch dann später.“

„Ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen.“ Melanie streckte beide Hände aus, umschloss Joes Hand und strich mit ihren langen, spitzen Fingernägel leicht über sein Handgelenk. Das war ihre Version eines erotischen Händedrucks.

Joe grinste.

Amy erschauerte bei dem raubtierhaften Ausdruck in den Augen ihrer Kollegin. Doch Joe war schließlich alt genug, um auf sich selbst aufzupassen. Gleichzeitig unterdrückte sie eine unliebsame Stimme in ihrem Kopf, die sie fragte: eifersüchtig, Amy?

„Nun, Amy“, verlangte Melanie zu wissen, während sie weiterhin Joe mit den Blicken verschlang, „was hat Garver gesagt?“

„Er nannte mich beim Vornamen, wedelte mit einem Vertrag vor mir herum und …“ – sie lächelte maliziös – „gab mir Joe.“

„Gab dir …“

„Joe.“

„Aber …“

„Oh, ich weiß, unser Büro ist klein, aber wir besitzen immerhin zwei Stühle und zwei Bildschirme. Was brauchen Partner mehr?“

„Partner?“

„Ich werde weiterhin meinen guten, fundierten Rat erteilen, und Joe wird aus männlicher Sicht argumentieren.“

„Oh, jetzt verstehe ich“, sagte Melanie. „Endlich ein bisschen Spaß statt endloser Moralpredigten. Sie sind genau der richtige Mann dazu.“

„Los, lasst uns gehen, Joe“, kommandierte Amy und fand Melanies Kommentar alles andere als komisch.

Joe sah der Blondine nach, dann folgte er Amy die breiten Marmortreppen hinunter in die große verglaste Lobby. Er bereute bereits, diese Einladung zum Lunch selbst herbeigeführt zu haben. Amy benötigte offensichtlich Zeit, sich mit der neuen Situation abzufinden und sich an die Vorstellung zu gewöhnen, mit ihm gemeinsam an der Ratgeberkolumne zu arbeiten.

Draußen atmete er tief durch und ließ die warme Sonne auf sein Gesicht scheinen. Es war erst März, und die wirklichen heißen Monate kamen erst noch. Doch man brauchte bereits jetzt kein Jackett mehr zu tragen. Er liebte die flirrende Hitze des Südwestens, nicht zuletzt deshalb, weil man sich in der Wärme legerer geben konnte. Wieder in Phoenix zu sein erfüllte ihn mit tiefer Zufriedenheit. Vielleicht konnte er Amy ja überreden, mit ihm zum Frühjahrstraining seiner bevorzugten Baseballmannschaft zu gehen.

Gleich darauf fragte er sich verblüfft, wie er denn auf diese Idee kam. Schlimm genug, dass er mit einer Frau zusammenarbeiten musste, die außer ihrer Karriere nichts sah. Er hatte nicht vor, eine solche Frau noch einmal in seinem Privatleben zu dulden – genauer gesagt, in seinem Bett. Hätte er keine Lehre aus seiner Erfahrung mit Carla gezogen, dass karrierebewusste Frauen lausige Geliebte waren, dann wäre er schlichtweg zu dumm, um irgendjemanden einen Rat zu erteilen.

Seine neue Kollegin ging neben ihm die Straße entlang, und er versuchte, nicht an ihre wohlgeformten Beine zu denken. Besser, er erinnerte sich daran, dass sie ziemlich bissig sein konnte.

Allerdings war das Bild der rothaarigen, etwas pummeligen Nervensäge, die zwei Klassen unter ihm gewesen war, ziemlich verblasst. Immerhin musste sie genug Eindruck auf ihn gemacht haben, dass er sie nach zwölf Jahren sofort wiedererkannt hatte, obwohl sie nun keine Locken mehr trug und eine Traumfigur hatte.

„Und die frittierten Shrimps sind einfach fabelhaft.“

„Wie bitte?“

„Die Shrimps, die man in Petes Kneipe bekommt. Dorthin begeben wir uns gerade. Ich habe deinen letzten Grunzer als Zustimmung aufgefasst“, sagte Amy.

„Ja, bin total einverstanden“, erwiderte er.

Sie betraten eine Kneipe, deren Eingang durch einen verblichenen grünen Baldachin überschattet wurde. Auch drinnen war sie durch schwache nackte Glühbirnen, die in einer blechverkleideten Decke steckten, kaum beleuchtet. Kleine Bistrotische aus hartem Kunststoff mit verchromten Beinen standen dicht an dicht. Die Grundfarbe war ein schäbiges Beige, und der Boden war mit einem abgenutzten, rostfarbenen Teppich bedeckt.

„Wunderbare Atmosphäre“, meinte er, um die Unterhaltung einzuleiten, während sie darauf warteten, von einem der Kellner in Bluejeans einen Tisch zugewiesen zu bekommen.

„Genau wie das Raucherzimmer, in das sich unsere Aufsichtspersonen in der Highschool immer zurückzogen“, erwiderte Amy trocken.

„Merkwürdig, dass du gerade unsere alte Penne erwähnst. Ich habe in der letzten Zeit oft an sie gedacht.“

„Ich nicht.“

„Hier geht’s lang, Leute“, unterbrach einer der Kellner im Cowboylook ihre Konversation.

Joe folgte Amy zum Tisch. Sie setzte sich rasch, nahm eine Speisekarte und studierte sie regelrecht.

Gleich darauf erschien eine junge Kellnerin in Jeansshorts und schulterfreier Rüschenbluse, um die Bestellung aufzunehmen. Joe wählte einen Super-Hamburger, medium gebraten, mit einer doppelten Portion Zwiebeln. Falls Amy jemals angenommen hatte, ihr Büro sei klein, dann würde sie es nach dem Lunch …

„Ein Vollkornsandwich mit Thunfischsalat, bitte“, sagte Amy. „Gibt es das immer noch mit gehackten Zwiebeln und grüner Paprika?“ Als die Kellnerin nickte, fügte sie hinzu: „Dann bitte ein paar Zwiebelringe extra.“

Auf zum Gefecht, dachte Joe und lachte in sich hinein. Schließlich hat sie keine Ahnung, über welche weiteren Waffen ich im Geschlechterkampf verfüge.

„Sag mal, Joe, wie kamst du eigentlich dazu, dich für diesen Job zu bewerben?“, fragte Amy, die nun angelegentlich die Desserts studierte.

„Ich las die Anzeige im ‚Editor & Publisher‘.“

„Natürlich, wo sonst.“ Amy klappte die Speisekarte zu und lehnte sie gegen den alten, verchromten Serviettenspender.

„Dachtest du, ich hätte einen einflussreichen Freund bei der Zeitung?“

„Nein – kam mir nie in den Sinn.“

„Einen Freund wie Bert Garver?“

„Der Vorname kommt dir ja locker über die Lippen.“

„Du denkst, weil ich ihn Bert nenne …“

„Oh, nein! Ich verstehe eure Rituale: sich auf die Schulter klopfen, sich gegenseitig den Bauch tätscheln …“

„Lass das, Patterson.“

„Ach, habe ich eine wunde Stelle getroffen?“

„Nein. Nur weil Garver dich einschüchtert und mich nicht …“

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