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Die Herren der Unterwelt: Schwarzes Feuer

hier erhältlich:

Düster und höllisch heiß: Die Vorgeschichte der "Herren der Unterwelt" verrät, was lange vor Teil 1 geschah …

Geryon, der Wächter des Höllentors, mehr Tier als Mensch, und Kadence, die Göttin der Unterdrückung, eine engelsgleiche Schönheit - beide bewachen die Grenze zwischen der Menschenwelt und dem Höllenreich. Doch die Barriere bröckelt: Eine Horde von Dämonenherrschern versucht mit aller Macht, der Hölle zu entfliehen. Tod, Chaos und Zerstörung drohen der Menschheit. Um den Plan zu vereiteln und die Dämonen zu bekämpfen, machen sich Kadence und Geryon gemeinsam auf den Weg ins Innere der Hölle - doch nicht nur dort lauert brennende Gefahr …


  • Erscheinungstag: 01.10.2012
  • Aus der Serie: Die Herren Der Unterwelt
  • Bandnummer: 1
  • Seitenanzahl: 84
  • ISBN/Artikelnummer: 9783862786893
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Gena Showalter

Die Herren der Unterwelt:

Schwarzes Feuer

Übersetzung aus dem Amerikanischen

von Michaela Grünberg

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright © 2012 by MIRA Taschenbuch

in der Harlequin Enterprises GmbH

Deutsche Erstveröffentlichung

Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:

The Darkest Fire

Copyright © 2008 by Gena Showalter

erschienen bei: HQN Books, Toronto

Published by arrangement with

HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Covergestaltung: pecher und soiron, Köln

Redaktion: Daniela Peter

Titelabbildung: iStock; Harlequin Enterprises, S.A., Schweiz

Autorenfoto: © by Harlequin Enterprises S.A., Schweiz

ISBN epub 978-3-86278-689-3

www.mira-taschenbuch.de

eBook-Herstellung und Auslieferung:

readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

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1. KAPITEL

Jeden Tag seit vielen Jahrhunderten war die Göttin auf ihrem Weg an ihm vorbeigekommen, wenn sie der Hölle ihren allabendlichen Besuch abstattete. Und jeden Tag hatte Geryon sie von seinem Posten aus beobachtet, während die heimliche Sehnsucht sein Blut tausendmal mehr erhitzt hatte, als die ewigen Flammen der Verdammnis in seinem Rücken es jemals getan hatten. Nie hätte er sie auf diese Weise ansehen dürfen, spätestens aber nach jenem ersten Mal hätte er fortan seinen Blick stets gesenkt halten sollen. Er war ein nichtswürdiger Sklave des Fürsten der Dunkelheit, eine Ausgeburt des Bösen; sie eine Göttin, ein Geschöpf des Lichts.

Er konnte sie nicht haben. Beim Gedanken daran ballte er unwillkürlich die Fäuste. Ganz egal, wie sehr er sich wünschen mochte, es wäre anders. Sie würde ihn ohnehin nicht wollen. Diese … Besessenheit führte zu nichts als Verzweiflung. Und davon hatte er bereits reichlich.

Und dennoch schaute er auch an diesem Tag zu, wie sie durch das triste Gewölbe schwebte, auf die zerklüftete Mauer zu, die den irdischen Untergrund vom Reich der Schatten trennte, und sie mit ihren zarten Fingerspitzen betastete. Goldene Locken fielen über ihren zierlichen Rücken und rahmten ein Gesicht ein, so makellos, so wunderschön, dass selbst Aphrodite daneben verblasst wäre. Ihre Augen, funkelnd wie Sterne, verengten sich skeptisch, auf den samtigen Alabasterwangen erschien ein rosiger Schimmer.

„Da ist ein Riss“, sagte sie, ihre sanfte Stimme wie eine elysische Melodie inmitten des Zischens der nahen Flammen – und der unmenschlichen Schreie, die das lodernde Feuer begleiteten.

Geryon schüttelte den Kopf, überzeugt, sich das gerade Geschehene nur eingebildet zu haben. In all der Zeit, die sie beide hier unten nun schon ihre Aufgabe erfüllten, jeder für sich, hatten sie niemals ein Wort gewechselt, waren kein einziges Mal von ihrer Routine abgewichen. Als Hüter des Tors zur Hölle sorgte Geryon dafür, dass es verschlossen blieb und sich nur öffnete, um neue verfluchte Seelen einzulassen. So war sichergestellt, dass nichts und niemand von dort wieder entkommen konnte – und wenn sie es dennoch versuchten, bekamen sie es mit ihm zu tun. Sie, die Göttin der Unterdrückung, verstärkte das Bollwerk allein mit ihrer Berührung. Nie zuvor war das Schweigen zwischen ihnen gebrochen worden.

Ihre ungewöhnlich angespannten Züge zeugten von Unsicherheit. „Hast du dazu gar nichts zu sagen?“

Im nächsten Augenblick stand sie direkt vor ihm, obwohl er auch nicht die kleinste Bewegung an ihr wahrgenommen hatte. Der allgegenwärtige Gestank, eine Mischung aus Schwefel, Qualm und versengtem Fleisch, wurde plötzlich vom süßen Duft von Geißblatt vertrieben. Tief atmete Geryon ein, die Augen verzückt geschlossen. Oh, hätte dieser Moment doch für immer andauern mögen.

„Torwächter“, drängte sie auf eine Antwort.

„Göttin.“ Er musste sich zwingen, die Lider zu öffnen, die Millimeter um Millimeter den Blick auf jene Schönheit enthüllten, die alles Dunkle und Hässliche hier unten überstrahlte. Aus unmittelbarer Nähe war sie nicht so perfekt, wie er erwartet hatte. Sie war sogar noch vollkommener. Vereinzelte Sommersprossen sprenkelten die dezent geschwungene Nase, und bei ihrem bezaubernden Lächeln zeigten sich kleine Grübchen auf den Wangen. Exquisit.

Was sie wohl über ihn dachte? Wahrscheinlich, dass er ein Ungeheuer war, unförmig und widerwärtig. Was der Wahrheit entsprach. Falls sie ihn tatsächlich so sah, ließ sie es sich allerdings nicht anmerken. In ihren glänzenden Augen lag nichts weiter als nachdenkliches Interesse. Welches, wie er vermutete, weniger ihm galt als der beschädigten Barriere. Selbst als er noch ein Mensch gewesen war, hatten Frauen einen großen Bogen um ihn gemacht und sofort die Flucht ergriffen, wenn er auch nur in ihre Richtung schaute. Er war zu groß, zu massig, zu ungeschickt. Und das schon bevor er in dieses oger-ähnliche Ding verwandelt worden war.

Manchmal fragte er sich, ob ihn bei seiner Geburt irgendjemand mit einem Fluch belegt hatte.

„Dieser Riss war gestern noch nicht da“, stellte sie fest. „Wodurch kann ein solcher Schaden entstanden sein? Und in so kurzer Zeit?“

„Eine Gruppe von Dämonen erhebt sich nunmehr täglich und versucht mit aller Macht, in die Freiheit zu entkommen. Die Hohen Herren sind ihrer Gefangenschaft überdrüssig geworden – und es verlangt sie nach lebendigen, menschlichen Opfern.“

Sie nahm die beunruhigenden Neuigkeiten ohne eine sichtbare Gefühlsregung auf. „Sind dir ihre Namen bekannt?“

Geryon nickte. Er musste nicht hinter die Barriere sehen, um zu wissen, wer auf der anderen Seite sein Unwesen trieb und ihr zu nahe kam. Er spürte es. Immer.

„Gewalt, Tod, Lüge, Zweifel, Elend … soll ich noch weitere nennen?“

„Nein“, antwortete sie leise. „Ich verstehe. Die Bösesten der Bösen.“

„Ja. Mit aller Kraft werfen sie sich gegen die Mauer und schlagen ihre Klauen hinein. Sie wollen unbedingt in die Welt der Menschen durchbrechen.“

„Dann zwing sie, damit aufzuhören.“ Ein Befehl, mit einem flehenden Unterton. Wenn es doch nur so einfach wäre. Er hätte alles getan, um ihren Wunsch zu erfüllen, selbst die letzten spärlichen Überreste seiner Menschlichkeit aufgegeben, hätte das etwas geändert. Alles, wodurch er ihr für das Geschenk ihrer täglichen Besuche, die Lichtblicke seines freudlosen Daseins, wenigstens ein kleines bisschen zurückgeben könnte. Egal, wie hoch der Preis wäre, er war gewillt, ihn zu bezahlen, solange sie dadurch hier bei ihm bliebe. Und sei es auch nur für ein paar Minuten länger, die er ihren betörenden Duft einatmen dürfte.

„Es ist mir verboten, meinen Posten zu verlassen, ebenso wie es mir verboten ist, das Tor aus irgendeinem anderen Anlass zu öffnen, als eine verdammte Seele einzulassen. Ich kann deshalb Eurer Anweisung leider nicht Folge leisten.“

Davon abgesehen war der einzige Weg, einen wild entschlossenen Dämon aufzuhalten, ihn zu töten. Und einen der Hohen Herren zu töten zählte ebenfalls zu den verbotenen Dingen.

Ihr entwich ein Seufzen. „Hältst du dich immer an das, was dir vorgeschrieben wird?“

„Immer.“ Anfangs hatte er versucht, gegen die unsichtbaren Fesseln anzukämpfen, die ihn gefangen hielten. Früher einmal. Doch diese Zeiten des Aufbegehrens gehörten lange der Vergangenheit an. Gegenwehr zog Schmerz und Leid nach sich. Nicht für ihn selbst, sondern für andere. Unschuldige Menschen, deren einziges Vergehen darin bestand, seiner Mutter, seinem Vater oder seinen Brüdern zu ähneln – seine wirklichen Angehörigen waren schon vor Ewigkeiten abgeschlachtet worden. Solche armen Seelen wurden hierher verschleppt und vor seinen Augen grausam zu Tode gefoltert. Diese Schreie … diese furchtbaren Schreie. So viel schrecklicher als jene, die aus den Tiefen der Hölle drangen. Und der Anblick … Er erschauderte. Wären solche Grausamkeiten ihm angetan worden, es hätte ihn nicht gekümmert. Ihm nicht mehr als ein Lachen entlockt und ihn nur umso härter kämpfen lassen. Aber Luzifer, Bruder des Hades und Herrscher der Dämonen, brauchte ihn gesund, funktionstüchtig, und so hatte er andere Mittel und Wege gefunden, ihn gefügig zu machen.

Die Erinnerungen würden ihn auf ewig verfolgen. Vielleicht wären sie zumindest in den Nächten einige Stunden lang verblasst, während er schlief. Doch selbst das blieb ihm verwehrt. Er war hellwach, rund um die Uhr; unfähig, jemals zu vergessen.

„Gehorsam. Von dir hätte ich etwas anderes erwartet“, sagte sie. „Du bist ein Krieger, ein Kämpfer, stark und unbeugsam.“

Ja, er war ein Krieger. Aber gleichzeitig auch ein Sklave. Das eine schloss nicht zwangsläufig das andere aus.

„Es tut mir leid, Göttin. Meine Stärke ändert nichts an den Gegebenheiten.“

„Ich bin bereit, dich für deine Hilfe zu entlohnen“, beharrte sie. „Nenn mir einen Preis. Was auch immer du begehrst, es soll dir gehören.“

Wenn es doch nur so einfach wäre, dachte er abermals. Dann hätte er sie um einen kurzen Moment des Glücks gebeten, nur den Bruchteil einer Sekunde, in dem er den süßen Geschmack ihrer Lippen kosten könnte.

Aber warum so bescheiden? Was auch immer er begehrte. Eine Nacht in ihren Armen. Nackt. Ihre samtweiche Haut berühren, sie fühlen, sie schmecken. Ja. Ja. Jeder Muskel in seinem Körper verkrampfte sich. Vor Erregung. Vor Sehnsucht.

Vor Verzweiflung.

Nein. Er durfte nicht riskieren, dass ein weiteres Mal Unschuldige leiden müssten – was scherst du dich um die? –, nur damit sein Verlangen nach dieser schönsten, herrlichsten aller Göttinnen Befriedigung fand. Also dann ein Kuss? Oder doch eine ganze Nacht? Nein und nochmals nein.

Jetzt wusste er, was wahre Folter war. Er biss die Zähne zusammen. Warum ihn das Schicksal Fremder kümmerte? Weil es ohne Gutes nichts als Böses gäbe. Und er hatte über die Jahrhunderte so viel Böses gesehen. Zu viel. Er würde nicht zulassen, dass durch seine Schuld noch mehr dazukäme.

„Torwächter?“, riss ihn die ungeduldige Stimme der Göttin aus seinen Gedanken. „Was immer du willst.“

2. KAPITEL

Sag nichts. Tu es nicht. Geryon schluckte trocken. „Es tut mir leid.“ Nein. Hör auf damit. Bitte sie um diesen einen Kuss; wenigstens das, wenn du schon zu allem anderen zu feige bist. „Wie ich bereits sagte, ich kann Euch nicht helfen.“ Nein, nein, nein.

Wie sehr er sich in diesem Augenblick hasste.

Enttäuscht ließ sie die zarten Schultern sinken, und sein Selbsthass wurde umso größer.

„Aber weshalb? Dir muss doch ebenso viel daran gelegen sein wie mir, die Dämonen dort zu halten, wo sie hingehören. Oder nicht?“

„Sicher.“ Geryon wollte ihr die Gründe für seinen Widerstand nicht nennen. Er schämte sich zutiefst, auch nach all dieser langen Zeit. Und doch würde er es tun. Vielleicht würde sie sich dann endlich abwenden und zu ihrer alten Gewohnheit zurückkehren, so zu tun, als existierte er überhaupt nicht. So wie jetzt konnte es jedenfalls nicht weitergehen, er musste diesem Irrsinn ein Ende setzen. Seine Sehnsucht nach ihr wurde von Minute zu Minute stärker, übermächtiger, und sein Körper reagierte, machte sich bereit.

Sie ist nichts für dich.

Wie oft würde er sich das noch in Erinnerung rufen müssen?

„Ich habe meine Seele verkauft“, gestand er leise. Geryon war einer der ersten Menschen gewesen, die dereinst die Erde bevölkert hatten. Trotz seines hünenhaften Körpers und der damit verbundenen Unbeholfenheit war er mit seinem Los zufrieden gewesen. Er hatte das Glück gehabt, eine hinreißende Frau an seiner Seite zu wissen, auch wenn seine Familie sie für ihn ausgesucht hatte und er umgekehrt für sie – wie auch für alle anderen weiblichen Wesen, die er kannte – nicht sonderlich anziehend gewesen war.

Ein Jahr nach ihrer Heirat war sie von einer schlimmen Krankheit heimgesucht worden. Tiefe Verzweiflung hatte ihn gepackt, denn nichts schien ihr zu helfen. Obwohl er sie nicht hatte glücklich machen können, so gehörte sie doch zu ihm, und er hatte es als seine Pflicht angesehen, für ihre Sicherheit und ihr Wohlbefinden Sorge zu tragen. So hatte er in seiner Not die Götter um Hilfe angerufen.

Sie aber hatten seinem Flehen keine Beachtung geschenkt, und die Angst und Ohnmacht waren ins schier Unerträgliche gewachsen.

In jenem Moment war Luzifer auf der Bildfläche erschienen. Was für ein gerissener Bursche.

Um seine Angetraute zu retten – und vielleicht sogar endlich ihr Herz zu gewinnen –, hatte Geryon sich dem Fürsten der Finsternis ausgeliefert. Und kurz darauf hatte die Verwandlung ihren Lauf genommen. Hörner waren aus seinem Schädel gewachsen, die Hände zu riesigen Pranken geworden und die Fingernägel zu scharfen, tödlichen Krallen. Dunkles, rötliches Fell hatte plötzlich seine Beine bedeckt, an deren Enden sich zu seinem Entsetzen keine Füße mehr befanden, sondern Hufe.

Binnen Sekunden war er vom Mann zum Ungeheuer geworden, mehr Tier als Mensch.

Seine Frau indes war tatsächlich gesundet, so wie Luzifer es ihm versprochen hatte. Doch an ihrer fehlenden Zuneigung zu Geryon hatte auch das nichts geändert. Ganz im Gegenteil. Nicht genug damit, dass seine selbstlose Tat ihr nicht das Geringste bedeutet hatte, nein: Obendrein hatte sie ihn für einen anderen Mann verlassen. Einen Mann, mit dem sie sich offenbar von Anfang an heimlich getroffen hatte.

Welch ein Trottel er gewesen war. Ein Rindvieh. Alles umsonst, für nichts und wieder nichts.

„Was beschäftigt dich, Torwächter? Nie habe ich dich so … gebrochen gesehen.“

Er ballte die Fäuste, so fest, dass sich die Krallen tief in seine Haut drückten, und zwang sich, seine Aufmerksamkeit wieder auf die Gegenwart zu richten. Und auf die zauberhafte Göttin, die ihn besorgt ansah. Mitgefühl. In ihrem Gesicht ebenso wie in ihrer Stimme. Mitgefühl, von dem er sich nicht erweichen lassen durfte. Kalt und hart, das war es, was er sein musste. Immer. Denn anders würde er seine Zeit hier nicht überleben.

„Mein Handeln unterliegt nicht mehr meinem Willen. Sosehr ich auch wünschte, es wäre anders, ich kann nichts für Euch tun. Nun … bitte. Ihr habt doch sicher Pflichten, denen Ihr nachgehen solltet?“

„Ich tue genau jetzt meine Pflicht. Wie steht es mit dir?“

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