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Die Küsse des griechischen Milliardärs

Wie Cinderella kommt Schwester Ella sich vor, seit Dr. Mariakos in ihr Leben getreten ist. Er ist nicht nur ein toller Arzt, sondern auch steinreich. Und er will sie heiraten! Aber Ella darf nicht Ja sagen, solange sie ihm nicht ihr größtes Geheimnis gestanden hat …


  • Erscheinungstag: 28.07.2023
  • Seitenanzahl: 113
  • ISBN/Artikelnummer: 9783745753349
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Es war ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt, um zu bemerken, dass sie verliebt war.

Die Atmosphäre im Schockraum war angespannt und nervös – die Verletzungen des Kindes so ernst, dass sich kaum jemand große Hoffnungen machte.

Niemand, bis auf Dr. Nikos Mariakos. Der griechische Facharzt war dafür bekannt, Wunder zu vollbringen.

Mit zitternden Händen passte Ella Monroe die Sauerstoffzufuhr an und warf einen kurzen Blick auf den Mann, der ihr gegenüber arbeitete. Ihr Herz klopfte wie wild.

Warum jetzt? Und warum dieser Mann?

Sie hatte ihre beiden Regeln gebrochen. Vertraue niemandem. Verlieb dich nicht.

Bereits mit acht Jahren hatte sie gelernt, dass Männer meist Ärger bedeuteten, daher hatte sie ihre Gefühle verschlossen und den Schlüssel weggeworfen. Doch dieser Mann hatte den Schlüssel gefunden und auch benutzt. Und was als heiße Affäre begonnen hatte – als körperlicher Ausgleich zu dem Stress, den die Arbeit in der Kindernotaufnahme mit sich brachte –, war zu etwas Tieferem geworden.

Panik überfiel Ella, aber der Zustand des Kindes ließ ihr keine Zeit für weitere Überlegungen.

„Absaugen … mehr Licht.“ Er gab seine Anordnungen in einem ruhigen, beinahe unbeteiligten Tonfall. Er schien die Herausforderung zu genießen.

Ich liebe ihn wirklich, dachte Ella, als sie seine geübten Hände beobachtete. Nur Stunden zuvor hatten diese Hände sie sinnlich verzaubert und ihren Panzer aus Misstrauen und Vorsicht geknackt.

Ein Gefühl der Angst kroch in ihr hoch, als ihr klar wurde, wie verletzbar sie nun war. Die Liebe hatte große Löcher in ihren Schutzschild gerissen. Sie angreifbar gemacht für die gleichen Qualen, die sie als Kind erlitten hatte.

„Soll ich ihm noch eine Blutkonserve geben?“, fragte einer der jüngeren Ärzte, der beinahe genauso blass war wie ihr kleiner Patient.

„Nein, wir müssen die Blutung stoppen.“ Die kühle, analytische Herangehensweise des Facharztes stand im direkten Gegensatz zur Aufregung des weniger erfahrenen Kollegen. „Erhöht die Temperatur hier drin.“

Während Ella seine Anweisungen schweigend ausführte, erinnerte sie sich an den Tag, als Nikos Mariakos bei ihnen angefangen hatte. Schon vor seiner Ankunft hatte sein Ruf einen enormen Aufruhr verursacht.

Als er dann schließlich kam, waren die Frauen in der Abteilung nicht mehr nur von seinen medizinischen Fähigkeiten begeistert, sondern auch von seinem Aussehen. Sogar Ella mit ihrem natürlichen Argwohn war wie geblendet gewesen. Nicht nur von seinen ebenmäßigen Gesichtszügen, sondern auch von seinem entschlossenen Herangehen an jeden Fall, der durch die Türen der Notaufnahme hereinkam.

Vorschriften interessierten ihn nicht. Nikos Mariakos strebte gnadenlos nach Höchstleistungen und kreuzte daher regelmäßig die Klingen mit der Krankenhausverwaltung, die seine Gleichgültigkeit gegenüber Regeln und Richtlinien fürchten gelernt hatte.

Dem Kinderarzt war das egal. Wenn es um seine Arbeit ging, interessierte ihn nur eins: seine kleinen Patienten. Es war, als hätte er es sich zur Aufgabe gemacht, höchstpersönlich jedes einzelne verletzte Kind zu retten.

Selbstverständlich schloss das den kleinen Jungen auf dem Rollbett ein.

„Herzstillstand. Gib mir die Thorakotomie-Instrumente. Ich öffne den Brustkorb.“

Fassungslose Stille folgte seinen Worten, und Phil, der Anästhesist, schüttelte ungläubig den Kopf. „Das meinst du nicht ernst, Nikos. Weißt du, wie hoch die Sterblichkeitsrate ist, wenn dieser Eingriff außerhalb eines OPs durchgeführt wird?“

Nikos begann, das Kind wiederzubeleben. „Ich bin sicher, du erinnerst mich gleich daran.“

Der Anästhesist tat genau das, aber Nikos ließ sich nicht stören.

„Die Instrumente, Ella“, wies er die Krankenschwester an. „Hat jemand den Herz-Thorax-Chirurgen angerufen?“

„Was zum Teufel ist los mit dir, Nikos?“ Sein Kollege schwitzte unter der Wärme der Lampen. „Hältst du dich eigentlich nie an Regeln?“

„Nicht, wenn das bedeutet, ein Kind aufzugeben“, erwiderte Nikos kühl. „Die tiefe Brustverletzung des Jungen scheint auf den Thorax beschränkt zu sein. Wenn ich die Blutung in den nächsten Minuten stoppen kann, hat er eine Chance. Ella, die Thorakotomie-Instrumente.“

„Denk an deinen Ruf.“ Der Anästhesist wurde noch etwas blasser, als Nikos den Brustkorb des Kindes vorbereitete. „Du könntest entlassen werden.“

„Wenn ich entlassen werde, weil ich das Beste für meinen Patienten tue, dann gehe ich gern. Ich dachte immer, wenn man einen Abgang macht, dann während man nach Perfektion strebt“, sagte Nikos ruhig. Nichts in seinem Verhalten deutete darauf hin, dass er eine große Operation durchführen wollte. „Wie beim Sex einen Herzinfarkt zu bekommen.“

„Deine Freundin muss eine glückliche Frau sein“, witzelte eine der Krankenschwestern, und Ella fühlte, wie sie rot wurde.

Sie hielten ihre Beziehung geheim, aber plötzlich wollte sie allen erzählen, dass dieser unglaublich talentierte Mann die Nächte mit ihr verbrachte. Dass er sie gewählt hatte. Sein Blick traf ihren, und ihr Herz schien einen Schlag auszusetzen, weil sie wusste, dass er ihre Gedanken erraten hatte.

Für einen kurzen Augenblick funkelte der Schalk in Nikos’ dunklen Augen, bevor er seine Hand nach den chirurgischen Instrumenten ausstreckte. „Skalpell“, sagte er leise. Ella holte tief Luft und reichte ihm das Messer. Der Augenblick hatte beinahe symbolischen Charakter. Dieser Mann hatte die Fähigkeit zu heilen, aber er konnte auch verletzen.

Würde er sie verletzen?

Sie wusste nur mit Sicherheit, dass er der einzige Arzt war, dem sie blind vertrauen würde, sollte sie einmal ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Leider teilte der Anästhesist ihre Zuversicht nicht. „Wenn du noch Witze reißen kannst, weißt du nicht, wie ernst das ist, was du vorhast, Mariakos“, sagte er barsch.

„Damit dieser Eingriff überhaupt Aussicht auf Erfolg hat, muss er innerhalb von fünf Minuten nach dem Herzstillstand ausgeführt werden. Ich habe noch vier Minuten übrig, Phil. Willst du reden oder ein Leben retten?“

„Ich möchte, dass du überdenkst, was du da tust.“

„Wundspreizer.“

Ella reichte Nikos, was er brauchte, während dem Anästhesisten der Schweiß ausbrach.

„Das Kind wird nicht überleben, wenn du das tust, Nikos.“

„Wenn ich es unterlasse, stirbt es in jedem Fall.“ Nikos arbeitete schnell und präzise. Kein Zögern, obwohl es sich um eine Operation handelte, für die den meisten Ärzten die Fertigkeit oder die Nerven fehlten. „Jetzt sehe ich das Problem.“ Bei ihm klang das, als wäre alles reine Routine. „Ein Riss im Vorhof des Herzens. Gib mir einen Faden.“

Ella reichte ihm die sterilen Instrumente, konzentrierte sich auf das, was er tat, und versuchte zu ahnen, was er brauchen würde, obwohl sie noch nie bei einem solchen Eingriff assistiert hatte.

Der Anästhesist wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Wenn dieses Kind stirbt, werden dich die Eltern verklagen. Macht dir das keine Angst?“

„Ich denke, du hast genug Angst für uns beide“, murmelte Nikos, während er schnell und kompetent die Blutung stoppte und den Riss vernähte. Ruhig schaute er auf den Monitor. „Komm schon, agori mou . Kämpf für mich. Streng dich an. Bis jetzt habe ich die ganze Arbeit gemacht, jetzt bist du dran.“

Während sie fortfuhren, das Kind wiederzubeleben, bemerkte Ella, dass sie den Atem anhielt. Wenn auch nur die kleinste Hoffnung bestand, gab Nikos nie auf. Jedes Kind war ihm wichtig.

Und seine Anstrengungen wurden belohnt. Das Herz des Kindes begann wieder zu schlagen, gerade als der Herz-Thorax-Chirurg den Raum betrat.

„Du hast das Beste verpasst.“ Nikos ließ sich nicht ablenken. „Wie sieht es von deiner Warte aus, Phil?“

„Erstaunlich gut.“ Der Anästhesist klang überrascht. „Du hast verteufelt viel Glück, Mariakos.“

„Siehst du mich deshalb an, als wären mir Hörner gewachsen? Ich bin fertig.“ Nikos sah kurz zu dem Herz-Thorax-Chirurgen, der ihn mit einem matten, bewundernden Lächeln ansah. „Möchtest du zumachen? Du machst das sicher besser als ich. Nähen war nie meine Spezialität. Ist auf der Intensivstation ein Bett für den Jungen frei?“

Der Chirurg wusch sich die Hände. „Ich kümmere mich darum. Bist du sicher, dass ich das fertigmachen soll?“, fragte er nach. „Du scheinst das auch ganz gut allein zu schaffen.“

„Ich möchte mit der Familie sprechen.“ Nikos trat von seinem Patienten zurück und ließ seinen Kollegen übernehmen. Sein Blick verweilte für einen Moment auf dem Monitor, dann nickte er zufrieden. „Wenn sich etwas ändert, piept mich an.“ Damit verließ er den Raum.

Nachdem er gegangen war, herrschte Stille, bis sich ein junger Arzt räusperte. „Ehrlich … später mal möchte ich sein wie er“, murmelte er. „Was ist bloß sein Geheimnis? Liegt es nur an der Erfahrung?“

„Nein, am Temperament.“ Der Chirurg übernahm, wo Nikos aufgehört hatte. „Du brauchst zwei Dinge, um ein guter Herz-Thorax-Chirurg zu sein: fachliche Brillanz und Nerven aus Stahl. Sagt Mariakos, wenn er jemals genug hat von der Notaufnahme, kann er gern bei mir arbeiten.“

„Ja, der Mann ist kühl wie ein Eisblock“, blaffte der Anästhesist. „Und er ist arrogant. Zu überzeugt von sich. Wenn ihr mich fragt, kostet ihn das irgendwann seinen Job. Heute hatte er nur Glück.“

„Das war kein Glück.“ Der Chirurg begann, die Brust zu schließen. „Das war Können. Und ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal jemanden außer mir selbst gelobt habe, also genießt den Augenblick.“

„Der Junge lebt.“ Ella reichte dem Chirurgen die Instrumente, die er benötigte. „Weil Nikos ein Risiko eingegangen ist.“

„Vielleicht, aber diese Gefühlskälte macht mir Sorgen.“ Phil passte die Menge der Narkosegase an. „Fachlich ist er brillant. Und ja, er hat …“, er räusperte sich, „… Nerven aus Stahl. Aber er ist so kalt. Macht euch das nicht nervös?“

Ella hielt den Blick gesenkt, um ja nichts zu verraten.

Doch, es machte sie nervös. Es war leicht, seine gefühlsmäßige Distanz zu vergessen, wenn sie im Bett waren. Aber außerhalb …

Sie schüttelte leicht den Kopf, entschlossen, keine Probleme zu sehen, die es nicht gab. Die Tatsache, dass ihr Vater sie als Kind schwer enttäuscht hatte, hieß noch lange nicht, dass jeder Mann wie ihr Vater war.

Phil stand auf. „Es wäre schön zu sehen, dass er ein Mensch ist. Wenn er seine eisige Kontrolle mal für fünf Minuten verlieren würde. Ich bilde mir gern ein, dass es eine Maske ist, die er aufsetzt, wenn er arbeitet. Das tun schließlich viele von uns, um mit dem emotionalen Stress zurechtzukommen. Aber Nikos Mariakos …“, er schüttelte den Kopf, „… ich glaube nicht, dass der Mann seine Gefühle ausblendet. Wahrscheinlich hat er gar keine.“

Nikos blieb vor dem Aufenthaltsraum für die Angehörigen stehen und sah auf seine zitternden Hände. Er konnte sich denken, was sie gerade über ihn sagten.

Eiskalt.

Gefühllos.

Gott sei Dank konnten sie ihn jetzt nicht sehen, oder sein Ruf wäre komplett dahin. Und zum Glück für seine Patienten hatte ihn sein Körper im Schockraum noch nie im Stich gelassen. Erst danach, wenn ihn die Erinnerungen einholten.

Nikos holte tief Luft und schob die Bilder beiseite, die ihn quälten. Bilder von einem anderen Kind. Einem Kind, das er nicht hatte retten können.

Aber diesmal hatte er den Kampf gewonnen.

Entschlossen drückte er die Tür auf und begrüßte die Angehörigen. Anders als viele seiner Kollegen drückte sich Nikos nicht vor der schwierigen Aufgabe, vor Sorge aufgelösten Angehörigen entgegenzutreten. Der Gedanke, ihnen schlechte Nachrichten zu überbringen und sie dann einer Krankenschwester zu überlassen, war ihm fremd.

Er hatte den kleinen Patienten operiert und konnte ihre Fragen beantworten. Nur leider nicht die drängendste von allen: warum?

Glücklicherweise waren die Nachrichten an diesem Tag besser, als irgendjemand zu hoffen gewagt hatte, und zehn Minuten später flüchtete er in sein Büro.

Nikos rollte seine Schultern, um die Anspannung zu lockern, und starrte aus dem Fenster auf die belebten Straßen der Stadt. Er war nachdenklich. In Erinnerungen versunken.

„Nikos?“

Ellas Stimme erklang von der Tür, und lächelnd drehte er sich um. Sie war die einzige Person, bei der er sich zurzeit entspannen konnte.

„Ist deine Schicht vorbei?“

„Ja. Der Junge ist auf der Intensivstation und hält sich gut.“ Mit glänzenden Augen schlenderte sie auf ihn zu.

„Gut“, erwiderte er. Aber er dachte dabei nicht mehr an das Kind.

Sie blieb vor ihm stehen und fuhr mit den Fingern über seine Brust. „Du warst erstaunlich.“

„Ich dachte schon, Phil bleibt das Herz stehen.“ Nikos war von Ellas süßem Lächeln gefangen und von ihrer offenen Bewunderung. Sie war so herrlich unkompliziert!

Und sie hatte einen fantastischen Körper.

„Phil ist eben sehr vorsichtig.“

Nikos zog Ella in seine Arme und spürte, wie sein Körper sofort reagierte, als sie sich weich an ihn schmiegte. „In diesem Geschäft braucht man vorsichtige Leute.“

„Als Ausgleich für Leute wie dich?“, neckte sie ihn liebevoll. „Du bist ja nicht gerade übervorsichtig zu nennen, was?“

„Nun ja, ich weiß einfach ziemlich genau, was ich will.“ Er senkte seine Lippen für einen kurzen Augenblick auf ihre. Sie schmeckte nach Honig und Versuchung. „Und im Moment möchte ich dich. In meinem Bett. Nackt.“

„Du meinst in meinem Bett.“ Ella streichelte über sein stoppeliges Kinn, leicht außer Atem nach dem Kuss. „Wir lieben uns immer nur in meinem Bett und nie bei dir. Ist dir das klar?“

Ja, das war ihm bewusst. „Du wohnst näher.“ Behutsam lenkte er die Unterhaltung von diesem speziellen Thema weg. „Ich verhungere. Was muss ich tun, um deinen köstlichen Käsetoast zu bekommen?“

Sie legte ihm die Arme um den Hals. Spürte Zuneigung und Wärme. „Ich hätte gedacht, du hast es langsam über, in meinem Zimmer Käsetoast zu essen. Bist du sicher, dass wir nicht lieber essen gehen wollen?“

„Ich will Sex, dann etwas essen, dann wieder Sex“, schnurrte Nikos und drängte sie erregt gegen die Wand. „Und dann wieder. Im Restaurant holen sie in einem solchen Fall bestimmt die Polizei.“

Ella kicherte atemlos. „Nikos, das ist lächerlich. Wir sind seit sechs Monaten zusammen, wir sollten langsam aufhören, uns wie hormongesteuerte Teenager zu benehmen.“

Nikos küsste sie, doch mit den Gedanken war er noch bei dem, was sie soeben gesagt hatte. Sechs Monate? Das konnte doch unmöglich sein.

„Nikos?“ Liebevoll lächelte sie ihn an.

Liebevoll? Nikos erstarrte. Wann war das passiert? Und warum war es ihm nicht aufgefallen?

Innerlich zog er sich zurück. „Ich schlafe gern in deinem schmalen Bett.“ Doch eigentlich war ihm klar, dass er sich so schnell wie möglich aus dieser Situation zurückziehen musste. Und im Grunde wusste er auch, was zu tun war. Er musste ihr sagen, dass es vorbei war. Doch das fiel ihm überraschend schwer. Sonst war es so einfach, eine Beziehung zu beenden. Er räusperte sich. „Nun, du hast die Wahl. Entweder laufe ich jetzt zehn Meilen, oder ich gehe mit dir ins Bett. Was denkst du?“

Die sexuelle Spannung erreichte beinahe unerträgliche Ausmaße.

„Schwierige Entscheidung.“ Sie atmete flach. „Es ist gefährlich, so spät noch durch London zu laufen.“

„Gute Entscheidung.“ Nikos küsste sie erneut und griff nach seiner Jacke. Als er sie aus der Tür schob, grübelte er, wie er ihr danach am besten sagen würde, dass es vorbei war.

1. KAPITEL

„Ich kann immer noch nicht glauben, dass er einfach Schluss gemacht hat, Ella. Warum sollte er das tun?“

Ella starrte auf das lange, schmale Boot, das ruhig am Flussufer lag, entsetzt darüber, dass ihre Selbstbeherrschung nicht so gut war, wie sie es gern gehabt hätte. „Offensichtlich mochte er mich nicht genug.“ Sogar jetzt noch, nach vier langen Monaten ohne Kontakt, fiel es ihr schwer zu glauben, dass sie ihn nicht wiedersehen würde. Dass die Verbindung zwischen ihnen für ihn vielleicht nie existiert hatte.

Helen schnaubte abfällig. „Ella, du hast mir gesagt, dass er dich in den sechs Monaten, die ihr zusammen wart, kaum aus dem Bett gelassen hat. Natürlich mochte er dich.“

„Er mochte den Sex.“ Ella beobachtete einen Eisvogel, der wie ein schillernder blaugrüner Blitz ins Wasser tauchte, um sein Frühstück zu fangen. „Für Männer ist nicht jedes sexuelle Abenteuer automatisch eine feste Beziehung, das weißt du doch. Frauen sind treu, Männer nutzen jede sich bietende Gelegenheit.“

Leider hatte sie diese Tatsache zwischendurch vergessen. Sie hatte eine Beziehung verklärt, die rein auf körperlicher Anziehung beruhte. Und was noch schlimmer war: Sie hatte diesem Mann vertraut.

„Ich muss ihn einfach vergessen und mein Leben weiterleben“, sagte sie tonlos. Genau wie er.

„Wie willst du das machen? Ella, du bist schwanger! Was wirst du jetzt tun?“

Ella umklammerte ihren kleinen Koffer. Sie hatte vor langer Zeit gelernt, dass sie die Tränen zurückhalten konnte, wenn sie sich nur stark genug auf etwas anderes konzentrierte. Allmählich verblasste das heiße Stechen in ihrem Hals und wurde zu einem dumpfen Schmerz. Der Druck hinter ihren Augenlidern ließ nach. Es würde ihr gut gehen. Und dem Baby auch. Dafür würde sie sorgen.

„Ich höre auf, um einen Mann zu weinen, der es nicht wert ist. Und bis ich weiß, was ich mit meinem Leben anfangen will, bleibe ich hier. Ich wusste gar nicht, dass man in diesen Kanalbooten wohnen kann. Es ist ein fantastisches Lebensgefühl.“

Der dunkelgrüne Lack glänzte in der Sonne, und auf dem flachen Dach wuchsen in Kästen farbenfrohe Blumen. Ella sprang vom Ufer auf das Holzdeck des Bootes.

„Warum muss es unbedingt dieses hier sein? Du kannst doch nicht ernsthaft hier so abgeschieden wohnen.“ Helen sah nervös auf den verlassenen Pfad, der an dem verschlafenen, überwucherten Kanal entlangführte. „Du bist ein Stadtmädchen. Du magst helle Lichter und Leute um dich.“

„Ich habe genug von diesem Leben und möchte etwas anderes.“

„Na gut, aber das ist doch ziemlich extrem. Als du von einem Hausboot gesprochen hast, dachte ich, es liegt in einem Jachthafen oder so, nicht mitten im Nirgendwo. Hier kommen nachts nur Verrückte vorbei.“

„Mir gefällt es.“ Eine Ente schwamm vorbei, gefolgt von sechs flauschigen Küken. Tränen stiegen Ella in die Augen. Es war nicht alles schlecht. Sie würde ein Baby bekommen. „Sind sie nicht süß?“

„Sicher, sie werden dich mit Zähnen und Klauen verteidigen, wenn ein Verrückter des Wegs kommt“, scherzte Helen.

„Sehr witzig. Kommst du an Bord?“

„Ich verstehe einfach nicht, warum du nicht weiter in meinem Gästezimmer wohnen kannst.“ Helen folgte ihr vorsichtig auf das Boot. „Ich habe dich gern bei mir.“

„Aber ich kann nicht ewig bei dir wohnen. Bis ich entschieden habe, was ich machen will, ist das hier mein Hauptquartier.“ Ella schloss die Türen im Bug des Bootes auf. „Es ist so friedlich hier.“

„Ella, du hast dich die letzten vier Monate in den Schlaf geweint. Du brauchst nicht einfach nur einen friedlichen Ort!“

Ohne zu antworten betrat Ella den langen schmalen Wohnbereich. Auf den dunkelgrünen Sofas lagen unzählige Kissen, und der polierte Holzboden glänzte in der Sonne. Sie konnte sich direkt vorstellen, wie sie sich auf den Kissen im Bug des Bootes zusammenrollte, mit einem kühlen Getränk in der Hand.

Allein.

Der schmerzhafte Stich in ihrem Herzen überraschte sie. Allein zu sein war doch in Ordnung. Vor Nikos hatte sie nichts anderes gewollt. Außerdem würde sie nicht lang allein sein. Bald hatte sie ein Baby. Sie wären eine kleine Familie.

Helen sah sie zweifelnd an. „Ist dir bewusst, dass wir nur eine Person gesehen haben, seit wir hier angekommen sind? Und das war ein Mann, der mit seinem Hund spazieren gegangen ist. Das hier ist kein geeigneter Ort für eine alleinstehende Frau.“

Ella ignorierte sie und erkundete weiter das Boot. „Das Schlafzimmer ist gemütlich.“ Sie stellte ihren Koffer ab. „Ich packe später aus.“

„Wem sagtest du gehört dieses Boot?“

„Einem der Fachärzte aus dem Krankenhaus. Er ist für sechs Monate mit seiner Familie nach Australien gegangen.“

„Ella, bitte …“ Helen ließ sich auf das Bett fallen. „Überleg dir doch, was du da tust.“

„Ich lebe mein Leben weiter.“ Ella kniete sich zu ihr auf das Bett und schaute aus dem Fenster auf die Bäume, deren hängende Äste die stille Wasseroberfläche berührten. „Es ist so beruhigend hier. Ich kann jeden Morgen mit diesem Ausblick aufwachen.“

„Weinend. Ella, wir müssen reden. Wie geht es dir denn mittlerweile?“

Als hätte Nikos ihr Herz mit einem Skalpell verletzt. „Es geht mir gut“, erwiderte Ella betont fröhlich. „Keine morgendliche Übelkeit, keine geschwollenen Knöchel, keine …“

„Ich meine nicht deine Schwangerschaft. Du bist wirklich verschlossen, was deine Gefühle betrifft. So warst du schon immer.“ Helen hob frustriert die Hände. „Warst du ihm gegenüber auch so distanziert? Oder hast du ihm gesagt, was du fühlst?“

„Er wusste es.“ Und darum hatte er es auch beendet. Für sie war die Beziehung mehr gewesen als nur heißer Sex. „Du willst wissen, wie ich mich fühle? Ich sage es dir. Als wäre ich in tausend winzigkleine Stücke zerbrochen. Ich habe die Teile wieder zusammengesetzt, und bis jetzt hält alles, aber ich fühle mich nicht mehr wie ich selbst.“

„Willst du deshalb hier draußen wohnen?“

„Ich brauche Abstand, um herauszufinden, was ich möchte. Und es ist gemütlich hier.“ Ella sah zu den Bäumen, die den Pfad einsäumten, und lauschte den Enten. „Es wird mir gut gehen. Ich bin Kinderkrankenschwester – zumindest weiß ich, wie man ein Baby hält und Windeln wechselt.“

„Darüber mache ich mir keine Sorgen.“ Helen verscheuchte eine Fliege. „Ich möchte nur nicht, dass du allein bist.“

„Was ist daran so schlimm? Weißt du, wir Singlefrauen verdienen unser eigenes Geld, kaufen uns eigene Häuser, wir …“

„Was? Haben Sex mit uns selbst? Nehmen uns selbst in den Arm, wenn wir unglücklich sind? Klingt großartig.“ Helen zuckte zurück, als sie in der Ecke eine Spinne entdeckte. „Entschuldige bitte, aber du bist schwanger von dem Mann! Du musst ihm von dem Baby erzählen.“

„Nein.“ Entschlossen hob Ella das Kinn. „Er wollte mich nicht, Helen.“ Und sie würde alles tun, um ihr Baby vor dem zu beschützen, was sie als Kind erlitten hatte.

„Er wusste doch gar nicht, dass du schwanger bist. Und du weißt nicht, warum er dich verlassen hat.“

Oh doch, das wusste sie. Ella schloss die Augen. „Er hat ein anderes Leben, von dem er mir nicht erzählt hat.“

„Ja, diese Geschichte ist verrückt, da stimme ich dir zu.“ Helen runzelte die Stirn. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass er allen Ernstes ein Milliardär ist.“

„Und ich habe ihm Käsetoast serviert.“ Ella rutschte vom Bett und ging in den Wohnbereich zurück. „Muss eine ziemliche Enttäuschung gewesen sein, nach all den Sternerestaurants. Kein Wunder, dass er gegangen ist. Wahrscheinlich hatte er jeden Abend eine Magenverstimmung.“

Helen folgte ihr. „Vielleicht war es eine Art Liebestest, dass er dir von dem Geld nichts erzählt hat.“

„Hör auf, ihn als aufmerksam und sensibel hinzustellen.“ Ella öffnete einen Schrank und fand Teller und Tassen. „Nikos ist ein egoistischer, arbeitsbesessener Mann, der nur eins wollte.“

„Zumindest konnte er das verdammt gut.“ Als sie Ellas Blick sah, ließ Helen sich schulterzuckend aufs Sofa fallen. „Entschuldige, aber ich sehe einfach nicht, warum er dich wegen des Geldes verlassen sollte. Das ergibt keinen Sinn. Himmel, diese ganzen Vermutungen sind doch zu nichts gut! Willst du nicht einfach mit ihm sprechen?“

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