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Engel im zweiten Lehrjahr

Bevor Engel ihre Ausbildung abschließen und in die himmlischen Heerscharen aufgenommen werden, dürfen sie nochmals einen Abstecher auf die Erde machen. Der übermütige Jungengel Eleusius reist nach New York, kapert einen Lift im Rockefeller Center, rettet Rosy vor einem missionarischen Verehrer und macht eine spektakuläre Flugeinlage. Dabei schlägt er mit seinen Engelskräften gehörig über die Stränge. Wird Petrus ein Auge zudrücken? Für die Dauer einer Geschichte voller Heiterkeit und Wunder lässt Eveline Hasler, eine der profiliertesten Autorinnen der Schweiz, ihre Leser auf Wolken schweben.
  • Erscheinungstag: 17.03.2017
  • Seitenanzahl: 96
  • ISBN/Artikelnummer: 9783312010462
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Neuerdings war es zur himmlischen Gepflogenheit geworden, am 24.Dezember den Engeln vom ersten und zweiten Lehrjahr auf Wunsch einen kleinen Erdenurlaub zu gewähren. Besonders die noch nicht sehr geläuterten Engel nutzten liebend gern die Gelegenheit, eine Exkursion auf die weihnachtlich eingestimmte Erde zu machen.

Am Morgen des Heiligabends überblickte Petrus die kleine Gruppe der Reiselustigen, die erwartungsvoll vor ihm stand. Seinem väterlichen Kontrollblick entging nicht, dass sich unter ihnen der wilde Lockenkopf des Eleusius befand. Eleusius war ein eifriger Lehrling, aber immer wieder wurde er beim Wolkenschieben und bei anderen Streichen ertappt. Neulich hatte er einen jungen Engel durch heftiges Flügelschlagen so lange erschreckt, bis Petrus ihn mit Donnerstimme zur Ordnung rufen musste: «Eleusi, lass das! Willst du nun ein Engel werden oder lieber eine wildgewordene Fledermaus?!»

Eine Fahrt nach Erden wird seinen Übermut kühlen, dachte Petrus.

Nun gab der himmlische Torwächter der Reisegruppe letzte Ermahnungen mit auf den Weg: «Engel im ersten und zweiten Lehrjahr! Ich weiß, es macht euch Spaß, zur Erde zu fahren. Aber ein Engel frönt nie nur seinem Vergnügen, ihr habt eine Mission zu erfüllen! Unser himmlisches Management ist nämlich zu der Erkenntnis gelangt, dass im dritten Jahrtausend die Menschen mehr denn je Engel nötig haben! Habt ihr vielleicht eine Ahnung, warum dem so ist?»

Dagobert, ein magerer, schüchterner Engel, wagte eine Erklärung: «Die Menschen sind zu sehr abgelenkt … Sie lenken Autos, Flugzeuge, Fahrräder … Sie wirken so fahrig …»

«Gut beobachtet, Dagobertus», lobte Petrus. «Das könnte eine von vielen möglichen Erklärungen sein. Doch unser himmlisches Management gibt uns eine andere: Noch nie zuvor haben sich die Menschen den Kopf vollgestopft mit Millionen von Einzelheiten, die sie erfahren, wenn sie vor ihren Bildschirmen sitzen. Es ist ein zusammenhangsloser, unnützer, irdischer Plunder! Oder glaubt ihr, es nütze der Menschheit etwas, zu wissen, wie oft Elizabeth Taylor sich scheiden ließ? Oder wer 1972 die Fußballweltmeisterschaft gewann? Wie viele Blütenblätter das Scharbockskraut hat? Wie viele Pizzas der italienische Staatspräsident im Verlauf eines Jahres isst? Ach, es ist ein Sammelsurium, ein Steinbruch von unwichtigen Informationen, kullernde Kiesel und Brocken, die ihre Hirnkästen ausfüllen. Dagegen können sie aber die großen Menschheitsfragen nicht mehr beantworten! Im Klartext: Sie haben keine Ahnung mehr, woher sie kommen, wohin sie gehen, wozu sie auf Erden sind! Neben dem Wissenswust ist kein Platz mehr da, um auf die innere Stimme zu hören!»

«Wie schlimm», seufzte Hyazinth, der ein besonders sanfter und mitfühlender Engel war.

Petrus nickte. «Wie ihr wisst, erschrecken die Erdenbürger über den Glanz unserer großen Himmelsgeister. Ihr, die noch nicht sehr geläuterten Engel, seid also die geeigneten Boten, um diese Fehlentwicklung etwas abzumildern, und das himmlische Management rechnet mit eurem Einsatz! Ihr sollt die Menschen wieder auf ihre großen Fragen aufmerksam machen! Eleusius, kennst du die Weihnachtsbotschaft?»

«Ja, Chef», sagte Eleusius und fügte feierlich hinzu: «Friede auf Erden.»

Petrus erkundigte sich nun bei jedem der Reiselustigen nach den gewünschten Flugzielen. «Du, Dagobertus?»

Dagobert schlug verlegen mit seinen kurzen Flügeln, zeigte die knochigen Beine und sagte: «Ich möchte nach Paris.»

«Nach Paris? Aha. Und warum?»

«Ich möchte hoch oben auf der Spitze des Eiffelturms sitzen.»

«Du heilige Einfalt», seufzte Petrus.

Die trivialen kleinen Vergnügungen der Lernengel überraschten ihn jedes Mal erneut.

«Und du, Segafredo?»

Segafredo war ein pummeliger Engel, der nach der Gepflogenheit der wenig Geläuterten beim Singen himmlischer Lieder gern auf den weichen Wolkenpfuhlen einschlief.

Segafredo äußerte mit leuchtenden Augen den Wunsch, nach Rom zu fliegen.

«Wozu das?»

«Im Viertel von Trastevere langsam an den Pizzaständen vorbeischweben … nein, Petrus, nichts davon kosten!!, nur», er verdrehte seine südländisch geschnittenen Augen, «nur ein wenig … schnuppern … Ach, die Pizza Margherita war mir immer die liebste …» Als er sah, wie Petrus die Stirn runzelte, fügte er schnell hinzu: «Und dann möchte ich die herrenlosen Katzen füttern im Kapitol …»

«Ist das alles?»

Segafredo nickte eifrig.

«Du heilige Einfalt», murmelte Petrus noch einmal. «Und du, Eleusi?»

Eleusius richtete seinen engelischen, schon leicht vergoldeten Zeigefinger hinunter Richtung Erdkugel. «Ich möchte in eine der großen, modernen Städte, in denen Wolkenkratzer stehen.»

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