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Hot Scottish Knights - Für Schottland! Für die Liebe!

hier erhältlich:

Spannende und erotische Trilogie aus dem schottischen Grenzland.

IM BANN DER UNSCHULDIGEN SCHÖNEN
Schottland, 1540. Angeklagt! Der schönen Katrina droht der Scheiterhaufen, man beschuldigt sie der Hexerei. Ihr Schicksal liegt in den Händen von Duncan Rothmore - sein Wort entscheidet darüber, ob sie den Flammentod stirbt. Wie kann sie ihn von ihrer Unschuld überzeugen? Hoffnung schöpft sie, als sie die zärtlich lodernden Blicke bemerkt, die der Baron über ihren Körper gleiten lässt …

DEM RITTER UNTERWORFEN
Ritter Stefan Navarro muss die bezaubernde Lady Morag heiraten. Erst sträubt sie sich, aber in der Hochzeitsnacht zeigt er ihr die reizvollen Seiten ihrer Verbindung …

DER RITTER UNTERM MISTELZWEIG
Schwarze Locken, die Augen blitzend im goldenen Kerzenschein der geschmückten Halle: Ritter Olaf Stenholm begehrt die schöne Schottin Brenna Kilgarren! Dass er durch die Hochzeit ein unabhängiger Mann wäre, macht sie noch verführerischer. Aber wie erobert man eine Schwertmaid?


  • Erscheinungstag: 11.02.2019
  • Aus der Serie: E Bundle
  • Seitenanzahl: 273
  • ISBN/Artikelnummer: 9783955769802
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Tatiana March

Hot Scottish Knights - Für Schottland! Für die Liebe!

1. KAPITEL

Schottland 1540

Sie würden sie so oder so umbringen, also konnte sie ihnen auch ihre Verachtung zeigen.

Katrina McLeod starrte die drei Männer vor ihr zornig an. Wie Apostel eines heidnischen Gottes saßen sie an dem grob bearbeiteten Kieferntisch, die Gesichter in religiösem Eifer erstarrt. Hinter sich hörte sie das Rascheln von Kleidern, als die beiden Frauen, die als Zeugen für Katrinas Befragung geladen waren, unruhig von einem Fuß auf den anderen traten.

„Kannst du den Teufel sehen?“, fragte Jonathan Crawford, der Gerichtsvorsitzende.

„Aye.“ Katrina nickte entschlossen. „Ich kann den Teufel deutlich sehen.“

„Wie sieht er aus?“

„Er ist groß und hager, trägt ein graues Wams und einen dicken schwarzen Mantel mit einem Flicken über dem Ellbogen.“ Während sie Crawfords Aussehen beschrieb, starrte sie ihn ohne zu blinzeln an.

Das schmale Gesicht des Mannes verzerrte sich vor Wut. Es schien, als wolle er die Angeklagte mit bloßen Händen erwürgen. Katrina wich zurück. Einen Moment lang wankte die innere Mauer, die sie um ihre Angst errichtet hatte, und Bilder von dem, was sie erwartete, brachen hervor.

Sie würden sie auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Erst würden die Flammen an ihren Füßen lecken und sich dann in ein brüllendes Inferno verwandeln, das sie verschlang. Wie lange dauerte es, bis jemand verbrannte? Verschmorte das Fleisch oder schmolz es? Würde sie den Schmerz ertragen oder im letzten Moment den Verstand verlieren und die Ewigkeit im Würgegriff des Irrsinns betreten?

Am rückwärtigen Ende des Raums wurde eine Tür geöffnet und zugeknallt. Schritte dröhnten in einem seltsamen Rhythmus von Stampfen und Schleifen über den Boden. Ein kalter Luftzug wirbelte um Katrinas nackte Füße und ließ den Saum des langen weißen Leinengewandes, das sie während der Gerichtsverhandlung tragen musste, flattern.

Vor ihr erhob sich Jonathan Crawford rasch.

„Baron Rothmore.“

„Baron Rothmore gibt es nicht mehr. Rothmore reicht.“

Die tiefe Stimme verursachte ihr eine Gänsehaut. Katrina wirbelte herum. Ein überraschter Laut entfuhr ihr, als sie den Neuankömmling sah. Schlank, breitschultrig und nur mittelgroß, war er wie ein einfacher Mann gekleidet: dunkle Hosen, ein schlichtes weißes Hemd unter einer schwarzen Jacke. Doch die gewöhnliche Kleidung war aus feinstem Tuch gefertigt, und an den Füßen trug er hohe Stiefel aus glänzend schwarzem Leder. Durch ihren erschrockenen Laut aufmerksam geworden, sah der Fremde sie scharf an, bevor er unvermittelt den Blick abwandte. Sein Gesichtsausdruck wurde hart. Einen Moment später kehrte sein Blick zu ihr zurück. Ihr schien, als betrachte er sie mit Abscheu.

„Worum geht es hier?“, fragte er schroff. „Warum ist meine Anwesenheit nötig?“

„Wir haben nach Baron Rothmore gesandt“, informierte ihn Crawford.

„Mein Cousin ist jetzt Baron, und er hat zu tun“, sagte der Mann. „Ihr müsst euch mit mir begnügen oder ohne Autorität auskommen.“

„Wir brauchen die Zustimmung des Barons, um Katrina MacLelland als Hexe verurteilen zu können.“

Katrina zuckte zusammen. Sie hatte den Dorfbewohnern einen falschen Namen genannt und nicht vor, das jetzt richtigzustellen. Wenn sie plötzlich behauptete, sie sei eine Adelige, würde ihr ohnehin niemand glauben. Sie würde als Lügnerin dastehen, und das würde alles noch schlimmer machen.

„Eine Hexe?“ Der Mann wandte sich an Katrina. „Halten sie dich dafür?“

Als sich ihre Blicke trafen, schien sich der Raum in Luft aufzulösen. Seine Augen waren goldbraun wie die eines Adlers, und sie entdeckte darin ein solches Leid, das sie ihre Hand ausstrecken und auf seine stoppelbärtige Wange legen wollte.

Der Fremde hatte die markanten Gesichtszüge eines Highlanders, die ein großer, sinnlicher Mund weicher wirken ließ. Dichte braune Locken fielen ihm glänzend und glatt auf die Schultern. Alles an seiner Erscheinung war eine seltsame Mischung von einfachem Mann und Adligem.

„Das sagen sie jedenfalls“, entgegnete Katrina leise. „Dass ich eine Hexe bin.“

„Ich möchte Euch bitten, die Gefangene nicht anzusprechen“, rief Crawford.

Der Neuankömmling wandte seine Aufmerksamkeit wieder den drei Männern hinter dem Kieferntisch zu.

„Ich spreche jeden an, den ich ansprechen will“, erklärte er freiheraus. „Warum ist diese Frau der Hexerei angeklagt?“

„Sie hat meinen Bruder verhext. Trotz seines gottesfürchtigen Wesens war er wie berauscht von ihr. Vor einer Woche hat er dieser mittellosen Schlampe, die vor einem Monat aus dem Nichts aufgetaucht ist, die Ehe angeboten. Aus reiner Lust, ihn zu quälen, hat sie ihn zurückgewiesen. Doch vergangene Nacht hat sie ihn verhext und ihn Gottes Gebote vergessen lassen. Beinahe hätte sie ihn dazu getrieben, Unzucht zu begehen.“

Katrina ballte die Fäuste, als sie daran dachte, wie Kenneth Crawford sie am vergangenen Abend auf dem Friedhof angesprochen hatte. Ein paar Leute hatten gesehen, wie sie in Richtung Kirche geflohen war. Ihre zerrissenen Kleider und die Tatsache, dass sich das Ganze auf geheiligtem Grund zugetragen hatte, bildeten die Grundlage für die Anschuldigungen, sie sei mit den Mächten der Finsternis im Bunde.

„Ich verstehe.“ Rothmore rieb sich nachdenklich das Kinn. „Ist untersucht worden, ob es Anzeichen von Teufelsmalen auf ihrem Körper gibt? Ist ihr eine Hexennadel durch die Haut gestochen worden, um festzustellen, ob sie blutet?“

„Noch nicht.“ Crawford kniff die Augen zusammen. „So weit sind wir noch nicht gekommen.“

„Dann sollten wir keine Zeit verschwenden.“ Rothmore gab den zwei Zeuginnen ein Zeichen.

Die Frauen traten vor. Schlichte Tuchhauben bedeckten ihre festgesteckten Haare und unförmige Kleidung verbarg die Umrisse ihrer Körper. Ihre Gesichter blieben ausdruckslos. Nur ihre Augen schienen lebendig, und darin entdeckte Katrina ein Aufflackern von Mitleid, was sie ein wenig tröstete.

„Entkleidet sie!“, befahl Crawford.

Die Frauen warteten auf Rothmores Bestätigung.

Er schüttelte den Kopf.

„Schiebt nur ihr Kleid bis zur Taille herunter.“

Katrina versuchte, ihre Scham zu verbergen, und schloss die Augen. Sie stand starr mitten im Raum, während die Frauen ihr weißes Unterkleid aufknöpften, ihr die Ärmel herunterschoben, das Gewand über die Schultern zogen und den Stoff um ihre Taille bündelten.

„Ist dir kalt?“ Die Frage wurde von einer tiefen Stimme gestellt, die Katrinas Haut prickeln ließ.

„Ja“, murmelte Katrina, ohne die Augen zu öffnen.

Wieder hörte sie die stockenden Schritte, dann das Klirren eines eisernen Schürhakens gegen die Feuerstelle, als stochere jemand in der Asche. Mit einem dumpfen Schlag landete ein Stück Feuerholz im Kamin, dann erfüllte beißender Rauch den Raum.

Die Frauen beendeten ihre Aufgabe, Katrina auszuziehen, und traten beiseite. Katrina öffnete die Augen. Den Kopf hochgereckt, konzentrierte sie sich auf das Bild von Jesus am Kreuz, das an der Wand über den Köpfen ihrer Peiniger hing. Ungehalten presste sie die Lippen zusammen. Inzwischen waren ihr alle Illusionen über die Herrlichkeit des Märtyrertums abhandengekommen.

Die Blicke der vier Männer fühlten sich wie Hände auf ihrer Haut an, drei davon gierig und lüstern, einer sanft und andächtig. Gestört durch die Anwesenheit des Fremden, wagte Katrina einen kurzen Blick nach links. Die Flammen waren zum Leben erwacht und knisterten, während sie immer höher züngelten. Rothmore stand mit übereinandergeschlagenen Beinen und über der Brust gekreuzten Armen zwischen ihr und dem Kamin, eine dunkle Silhouette vor der Glut.

Feuer.

Bei der Vorstellung, wie sie auf dem Scheiterhaufen brannte, brandete in Katrina aufs Neue Panik auf. Die Demütigung, einer Gruppe anzüglich grinsender Männer ausgeliefert zu sein, gesellte sich ihrer hilflosen Wut über die Ungerechtigkeit ihrer Lage hinzu, und Tränen, die sie bisher hatte zurückhalten können, rannen ihr nun über die Wangen. Sie fühlte eine leichte Berührung am Arm, und als sie sich umwandte, um zu sehen, wer das war, sah sie, dass die ältere der beiden Frauen ihr aufmunternd zunickte. Dann warf die Frau einen erschrockenen Blick zum Kieferntisch hinüber und setzte wieder ihre ausdruckslose Miene auf.

„Habt ihr sie euch lange genug angesehen?“, fragte Rothmore. Er klang ärgerlich.

Ein Chor gedämpfter Antworten stieg hinter dem Kieferntisch auf.

„Erhebt euch!“, befahl Rothmore.

„Was?“ Crawford warf ihm einen verdutzten Blick zu.

„Auf die Füße!“ Rothmore durchquerte den Raum und stellte sich vor Katrina. Jetzt sah sie das deutliche Hinken, dass für den ungleichmäßigen Takt seiner Stiefel auf dem Boden verantwortlich war.

Stühle schabten über den Holzfußboden, als die Männer aufstanden.

„Schaut an euch herunter.“ Rothmore ging an ihnen vorbei und zeigte auf ihre gewölbten Hosenbeutel. „Hart wie eine Eisenstange bei jedem von euch.“ Mit einem reuevollen Lächeln auf den Lippen sah er an sich selbst herab. „Und mir geht es nicht anders. So hat Gott die Männer erschaffen. Wir gieren nach Frauen, und wenn eine Frau so schön ist wie diese hier, kann ein Mann den Verstand verlieren. Hier ist keine Hexerei im Spiel, nur simple Naturlehre und menschliches Verhalten.“

Willoughby, ein kleiner Mann in den Dreißigern, der von Anfang an am wenigsten darauf aus gewesen war, Katrina zum Tod zu verurteilen, räusperte sich.

„Wollt Ihr uns damit sagen, dass Kenneth Crawfords Reaktion auf diese Frau ganz natürlich und nicht das Ergebnis von Hexerei gewesen ist?“

„Vollkommen natürlich.“ Rothmore hob die Hände. „Wenn ich jede Frau, die mich in diesen Zustand bringt, der Hexerei bezichtigen würde, müsste ich schlussfolgern, dass jede einen Pakt mit dem Teufel eingegangen ist.“ Er nickte den drei Männern zu. „Die Potenz des Mannes führt zur Erregung. Wenn ein Mann nicht auf Schönheit reagiert, ist etwas nicht in Ordnung mit ihm. Es freut mich zu sehen, dass ihr euch alle bei bester Gesundheit befindet.“

Katrinas Augen wurden größer und größer, während sie Rothmores Auftritt verfolgte. Dieser Mann hatte den Mut, an den männlichen Stolz ihrer Peiniger zu appellieren. Wäre da nicht der kleine, in ihr aufsteigende Hoffnungsschimmer gewesen, dass ihre Zeit auf Erden doch noch nicht abgelaufen war, wäre sie dazwischengegangen und hätte den Unsinn widerlegt, den der Mann von sich gab. Doch stattdessen stand sie ganz still und beobachtete seine Darbietung von Zungenfertigkeit. Dabei vergaß sie beinahe, dass sie halbnackt war.

„Wohin wird sie gehen, wenn wir sie freilassen?“, fragte Willoughby. „Bisher hat sie im Cottage ihres Großvaters gewohnt. Doch die neuen Pächter kommen nächste Woche.“

„Ich will, dass sie das Dorf verlässt“, sagte Crawford. „Mein Bruder ist ein guter Kerl. Er soll nicht durch weibliche Tricks verdorben werden, selbst, wenn keine Hexerei im Spiel ist.“

„Ich könnte sie mitnehmen“, schlug Rothmore vor. „Ich wohne nicht mehr auf Rothmore Castle. Ich habe einen Haushalt auf einem Bauernhof am nördlichen Ende des Besitzes gegründet und brauche Diener.“

Katrina lauschte benommen, während sie für unschuldig erklärt und das Hexengericht formell beendet wurde. Ihr wurde gestattet, sich wieder zu bedecken. Die beiden weiblichen Zeugen gingen und lächelten dabei erleichtert in ihre Richtung.

„Wo sind deine Kleider und Schuhe?“, fragte Rothmore.

„Ich weiß es nicht“, erwiderte sie. „Sie haben sie genommen und mir dafür dieses Gewand gegeben.“

„Wir haben gedacht, die Kleider seien vom Teufel befleckt“, erklärte Willoughby. „Sie wurden entfernt und verbrannt.“

„Gebt mir eine Decke“, befahl Rothmore.

Als die drei Männer zögerten, fuhr er sie an: „Verschwindet! Jetzt! Alle! Holt mir eine Decke und legt sie in den Vorraum!“

Sobald sie gegangen waren, wandte er sich an Katrina.

„Ich habe bereits eine Haushälterin und zwei Mädchen. Aber ich brauche jemanden, der sich um meine persönlichen Bedürfnisse kümmert. Wenn du die Stellung willst, kann ich dich mitnehmen. Wenn nicht, lasse ich dich im nächsten Dorf zurück, und du kannst deiner eigenen Wege gehen.“

Als Katrin begriff, was er da sagte, überkam sie panische Angst. Ihr Blick glitt über den Mann, der vor ihr stand. Sie nahm sein attraktives Aussehen und die Behinderung wahr, die er nicht verbergen konnte. Sie dachte an die dunklen Schatten der Qual, die sie in seinen Augen gesehen hatte, und eine Welle des Mitgefühls ergriff sie.

Er war freundlich zu ihr gewesen, hatte ihr das Leben gerettet.

Der Drang, ihm das zu vergelten, indem sie seine Pein linderte, schwoll in ihrem Herzen.

Unter ihrem prüfenden Blick verzog sich der Mund des Fremden zu einem bitteren Lächeln.

„Und wenn du mich noch so lange anstarrst, ich werde mich nicht verändern. Ich bin nur ein halber Mann und werde es immer bleiben.“ Er verlagerte das Gewicht auf sein gesundes Bein. „Nun, was soll werden? Nimmst du mein Angebot an oder nicht?“

Katrina zuckte zurück. Sein ärgerlicher Tonfall sagte weit mehr als kluge Worte, dass Rothmore Zuneigung brauchte und den Trost einer Frau. Sie stieß einen lauten Seufzer aus, als die Entscheidung in ihrem Geist Gestalt annahm. Sie war aus den Ländereien ihres Vaters geflohen, um der ungewollten Ehe mit einem Mann zu entgehen, den sie hasste. Auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden, wäre ein allzu hoher Preis für ihre Freiheit gewesen. Die Geliebte eines anderen Mannes zu werden, war es nicht.

„Ja“, sagte Katrina. „Ich komme mit Ihnen.“

2. KAPITEL

Eingewickelt in eine kratzige Wolldecke, die nach Dung roch, schaukelte Katrina auf Rothmores Schoß sitzend auf seinem schwarzen Hengst dahin. Mit der rechten Hand hielt Rothmore die Zügel, den linken Arm hatte er um Katrinas Schultern geschlungen, um sie auf ihrem Platz festzuhalten. Sie war sich seiner Gegenwart äußerst bewusst gewesen, als er sie aufs Pferd gehoben und hinter ihr aufgestiegen war. Das Gefühl hatte sich während ihres Ritts aus dem Dorf, wo sich die Leute am Straßenrand versammelt hatten, um sie anzustarren, noch gesteigert.

Die Hexe ist Rothmores Hure, hatte sie jemanden rufen gehört.

Hure. Geliebte. Die Worte hämmerten in ihrem Kopf. Gab es einen Unterschied?

Bei Einbruch der Nacht würde sie in den Augen Gottes und der Menschen eine Sünderin sein. Wenigstens würde ihr Vater nie davon erfahren. Zum ersten Mal fand Katrina Trost bei dem Gedanken, dass ihn seine Krankheit noch vor Monatsende dahinraffen würde. Und dann würde sie allein sein. Sie würde Countess of Glenstrachan werden, verantwortlich für die Ländereien und Ritter und Pächter und Diener.

Katrina warf Rothmore wieder einen verstohlenen Blick zu.

Sein Gesicht schien wie aus Granit gemeißelt. Nur auf seinen hohen Wangenknochen lag ein schwacher Schimmer Farbe. Dachte er an die kommende Nacht und an das, was er mit ihr anstellen würde? Würde es wehtun? Wie lange würde er sie begehren? Würde er ihrer rasch müde werden und sie ihrem Schicksal überlassen?

Oder würde er der Beschützer werden, den sie brauchte?

„Warum hast du dir keine Frau genommen?“, fragte sie ohne Einleitung.

„Woher willst du wissen, dass ich keine habe?“

Ihr Herz pochte laut. Katrina drückte den Rücken durch und richtete sich in seinem Schoß auf. Sie hatte nicht bemerkt, dass sie sich gegen ihn gelehnt hatte. Ihr Körper hatte ihn unbewusst wie einen Schutzschild benutzt. Tränen der Demütigung schossen ihr in die Augen, als ihr auffiel, dass sie wie eine schwache Frau die Gelegenheit ergriffen und davon geträumt hatte, ein Mann könne das sein, was sie brauchte.

„Ich habe es nur angenommen“, murmelte sie.

„Du hast gedacht, dass ein verheirateter Mann keine Verwendung für eine Geliebte hat?“

Sie senkte den Kopf und nickte zustimmend.

„Ich bin nicht verheiratet“, teilte Rothmore ihr mit. „Und werde es auch nie sein.“

Er drehte sie zu sich herum, um ihr Gesicht betrachten zu können. Katrina schauderte, als sie seine grimmige Miene sah. Sie ging davon aus, dass das Feuer, das in seinen bernsteinfarbenen Augen loderte, daher rührte, dass er sich vorstellte, wie sie ihre Aufgaben als Geliebte erfüllen würde.

„Es gibt keinen Grund, so erschrocken dreinzublicken“, bemerkte er unverblümt. „Ich bringe dich in mein Haus und in mein Bett und nicht zum Galgen.“

Katrina schnappte nach Luft. Sie dachte darüber nach, was sie sagen könnte, einen Versuch zu unternehmen, sich zu wehren, ihren Mut unter Beweis zu stellen. Doch ihr fiel nichts ein. Unter sich fühlte sie, wie sich Rothmore im Sattel bewegte, um es sich bequemer zu machen. Wohl wissend, dass sich ihre Pobacken bei jedem Schritt des großen Hengstes gegen Rothmores Schenkel drückten, versuchte Katrina von ihm wegzurücken.

„Mein Bein schmerzt nicht durch dein Gewicht“, sagte er knapp. „Aber dein Gewackel stellt meine Geduld auf die Probe.“

„Es tut mir leid“, gab sie zurück. „Aber ich fühle mich in dieser Decke nicht besonders wohl.“

„Ich werde dich nicht herunterfallen lassen. Ich habe das Pferd auch mit einer Hand im Griff.“

„Mir ist klar, dass du ein guter Reiter bist.“

„Du kannst reiten?“ Seine Stimme verriet seine Überraschung.

„Ja“, antwortete sie, sah geradeaus und schwieg, um weiteren Fragen aus dem Weg zu gehen. Nachdem sie aus Glenstrachan Castle geflohen war, hatte sie zuerst versucht, nicht zu lügen. Nicht die Wahrheit zu sagen, war eine wesentlich geringere Sünde, als geradeheraus zu lügen. Bisher war es ihr gelungen, ihre unsterbliche Seele vor Schaden zu bewahren.

Sie hatte den Mann, in dessen Cottage sie gewohnt hatte, ihren Großvater genannt. Die Dorfbewohner hatten geglaubt, Katrina und der alte Mann seien blutsverwandt. Zu erklären, dass der Greis in Wirklichkeit mit ihrem Mädchen verwandt war, hatte Katrina ebenso wenig nötig gefunden wie jemanden zu korrigieren, der ihren Familiennamen, McLeod, falsch verstanden hatte. Sie hatte den Namen allerdings absichtlich fehlerhaft ausgesprochen.

Beim Gedanken an ihr Erbe verdüsterte sich ihr Gemüt.

Sie brauchte einen Mann, nur einen einzigen. Doch dieser Mann musste einer sein, der außerordentlichen Mut besaß. Jemand, dem sie ihr Leben und das derjenigen, die unter ihrem Schutz standen, anvertrauen konnte. Dieser Mann musste bereit sein, sich dem Befehl des Königs zu widersetzen, indem er sie heiratete – auch wenn sie einem anderen versprochen war.

Für einen flüchtigen Moment hatte sie gehofft, der Fremde könnte dieser Mann sein.

Er war den Amtsträgern vor Gericht mutig entgegengetreten, und etwas an ihm ließ in ihr die Überzeugung wachsen, dass er niemals wanken würde, wenn er erst einmal jemandem die Treue geschworen hatte. Er zog sie an, wie sie noch nie ein Mann angezogen hatte. Immer wieder betrachtete sie seine breiten Schultern, seine strengen Gesichtszüge und die goldenen Adleraugen unter seinen geraden dunklen Brauen. Die Röte schoss ihr ins Gesicht, als sie sich gestand, dass sie eine Nacht in seinem Bett keineswegs als Zumutung empfand.

Aber seine Frau zu sein, wäre weit besser als seine Geliebte.

Der Mann hatte geschworen, er werde nie heiraten. Aber soweit Katrina wusste, hatte jeder Bräutigam, dem sie bei seinem Hochzeitsfest gratuliert hatte, diese Worte irgendwann einmal ausgesprochen. Sie würde einfach abwarten und ihre Geheimnisse für sich behalten, während sie ihren Retter besser kennenlernte, und erst dann würde sie beschließen, ob sie ihm vertrauen konnte und um Hilfe bitten.

Rothmore.

Sie erinnerte sich an den Namen. Ihr Vater hatte ihn im Unterricht genannt, bevor er zu krank wurde, um sie zu unterrichten. Als einer der mächtigsten Vasallen von König James hatte Baron Rothmore den Oberbefehl über mehr als zweihundert Ritter. Und der frühere Baron Rothmore, der vor zwei Jahren gestorben war, hatte einen einzigen Sohn gehabt. Er war mit einem Klumpfuß zur Welt gekommen.

Ich bin nicht mehr Baron Rothmore. Was auch immer dem attraktiven Mann mit den traurigen Augen zugestoßen war, er hatte seinen Titel und sein Land verloren.

„Kämpfst du nicht mehr für den König?“, fragte Katrina.

„Sei still!“

„Warum?“ Sie richtete sich in ihrer Decke auf. „Folgt uns jemand?“

„Setz dich hin!“ Sein Arm schlang sich enger um sie und presste sie fest an seinen Oberkörper. „Ich schätze an einer Frau Schweigsamkeit mehr als Schönheit.“

Katrina versuchte sich zu entspannen und ihre Angst vor Verfolgung zu verbergen.

„In diesem Fall ist es gut, dass ich etwas vom Zweiten besitze, denn das Erste kenne ich kaum.“ Auch wenn sie es nicht schaffte, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen, so bekam sie wenigstens diesen säuerlichen Kommentar hin.

„Du wirst bald damit Bekanntschaft schließen. Dort, wo wir hingehen, gibt es niemanden zum Reden.“ Mit dieser ominösen Erklärung beendete ihr Retter die Unterhaltung und sagte während der zwei Stunden, die sie brauchten, um ihr Ziel durch die Hügel, die mit purpurroter Heide und immergrünen Bäumen bedeckt waren, zu erreichen.

Duncan Rothmore wiegte die Frau an seiner Brust. Zum tausendsten Mal fragte er sich, was in ihn gefahren war, als er angeboten hatte, sie mitzunehmen. Was sollte er mit ihr in dieser alten weitläufigen Burg anfangen, die sein Heim war, seitdem er seine Position zugunsten seines Cousins aufgegeben hatte.

Ihr zeigen, wie man mit Spieß und Langbogen umging?

Mit ihr die Politik des Hofs von König James erörtern?

Mit hängenden Schultern stieß er einen frustrierten Seufzer aus. Er hatte nicht vor, sich mit einer Frau einzulassen. Vor acht Jahren, an seinem zwanzigsten Geburtstag, hatte er zu seinem Vater gesagt, er werde niemals heiraten. Sein Vater war inzwischen tot, doch das Versprechen hatte Duncan gehalten. Sollte sich jemand anders darum kümmern, die nächste Generation von Rothmores aufzuziehen.

Jemand, der besser für diese Rolle geeignet war.

Mit einem bittern Zug um den Mund dachte Duncan an den Moment zurück, in dem er das Gemeindehaus, in dem der Hexenprozess stattfand, betreten und die Frau in ihrem weißen Leinenkleid gesehen hatte. Ihr Anblick hatte ihn wie ein Blitz getroffen. Das Haar floss ihr wie ein Strom geschmolzenen Goldes über die Schultern, und kein Künstler konnte darauf hoffen, ihre Schönheit auch nur annähernd festzuhalten.

Als er noch jung gewesen war, hatte es Duncan zwei schmerzvolle Jahre gekostet, sich von seinem Traum, jemals geliebt zu werden, zu verabschieden. Alles was er wollte, war einfache fleischliche Befriedigung. Deshalb hatte er ihr angeboten, sie als seine Geliebte mitzunehmen.

Er brauchte eine Frau fürs Bett.

Energisch schob er den Gedanken beiseite, dass er jede Nacht eine aus dem Tross, der den Rittern der Rothmores folgte, haben konnte. Er würde eher den ganzen Weg nach Edinburgh barfuß zurücklegen als einzugestehen, dass er eine spezielle Frau wollte und nicht irgendeine.

Das letzte Stück des Weges war schlammig vom Herbstregen. Duncan zügelte sein Pferd.

„Wir sind in Darklands“, teilte er Katrina mit und betrachtete das alte Steingebäude vor sich. „Es wird niemals eine bedeutende Burg werden. Aber immerhin hast du ein Dach über dem Kopf, und es regnet nicht in jeden Raum herein. Der Hölle sollte es vorzuziehen sein.“

Als sie die Zugbrücke überquerten, die immer über dem zugewucherten Graben herabgelassen war, lauschte Duncan dem Geräusch der Hufe auf dem Holz. Der hohle Klang schien seine bitteren Gedanken widerzuspiegeln.

Manchmal lässt sich der Unterschied zwischen diesem Ort und der Hölle schwer ausmachen.

Katrina reckte den Hals und begutachtete die geschwärzten Mauern zu beiden Seiten der Öffnung, durch die das Pferd klapperte.

„Warum ist alles so dunkel?“, fragte sie.

„Überreste alter Kämpfe. Brennendes Pech wurde von den Wällen herabgegossen, um Eindringlinge davon abzuhalten, von den Belagerungstürmen aus hinaufzuklettern.“

Der trostlose Verfall um sie herum schien besser zu einer verlassenen Ruine als zu einem bewohnten Haus zu passen. Unkraut bedeckten den leeren Burghof und wuchs im leeren Graben. Nur wenige kleine Fenster brachen die Front des grauen Gemäuers auf.

„Wer hat während dieser Kämpfe hier gelebt?“, fragte Katrina.

„Meine Vorfahren, bevor der König den benachbarten Baron hat hängen lassen und das dazugehörende Land zu einer einzigen Baronie zusammengefasst hat. Die Familie hat eine neuere Burg zwei Meilen südlich von hier erworben. Darklands wurde zum Witwensitz. Seit dem Tod meiner Großmutter war die Burg unbewohnt.“

Katrina sank das Herz, während sie ihre Umgebung weiter aufmerksam musterte.

„Wann ist deine Großmutter gestorben?“

„Vor zwölf Jahren“, sagte Rothmore knapp. Er stieg ab und zuckte sichtlich zusammen, als er sein Gewicht auf den linken Fuß verlagerte. „Ich bin erst vergangene Woche hierhergezogen. Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht. Die Öfen in der Küche funktionieren und das Dach hat nicht allzu viele Löcher. Die Kamine sind gekehrt und die Toilettenschächte gesäubert worden.“

Er griff nach oben, um sie von seinem schwarzen Hengst zu heben. Mit Katrina auf dem Arm stieg er die steinernen Stufen hinauf, die jahrhundertelanger Gebrauch ausgetreten zurückgelassen hatte. Katrina starrte in sein Gesicht. In ihr stieg ein seltsamer Mutwille auf, als sie seine hageren Gesichtszüge und die wachsamen Augen betrachtete. Sie sah, dass er die Zähne fest zusammenpresste, und wusste sofort, Demut gehörte nicht zu seinen Eigenschaften.

„Es wird schon gehen“, wagte sie einen Versuch, ihn zu beruhigen. „Ein paar Reparaturen, und Darklands wird ein angenehmes Heim.“

Zu ihrer Überraschung warf Rothmore den Kopf zurück und lachte. Seine Fröhlichkeit sorgte dafür, dass Katrina gegen seine Brust gedrückt wurde. Er hielt sie noch fester, hob sie ein Stück weiter hoch und brachte so ihr Gesicht ganz nah an seins. Damit sich ihre Lippen trafen, brauchte er sich kaum vorzubeugen. Der Gedanke fuhr Katrina mit einer Heftigkeit durch den Kopf, die ihr Herz pochen ließ. Während des Ritts hatte seine Nähe sie kribbelig und ruhelos gemacht. Die raue Oberfläche der Decke hatte sich immer wieder durch das dünne Leinenhemd hindurch an ihren Brüsten gerieben und ein seltsam vergnügliches Gefühl verursacht, bei dem sie ein schlechtes Gewissen hatte.

Sie hatte versucht, nicht an die kommende Nacht zu denken, doch jetzt ließ sich das nicht länger verdrängen. Hitze floss durch ihre Adern. Ihr stockte der Atem, und ihr Körper spannte sich an. Fast gegen ihren Willen reckte sie den Hals und schürzte die Lippen zu einem Kuss, der ausblieb.

Stattdessen verklang das raue Lachen eines Mannes, der wenig Vergnügen am Leben fand, und Rothmore hob den Fuß um der massiven, eisenbeschlagenen Eingangstür eine Reihe heftiger Tritte zu versetzen, deren Echo über den Burghof klang.

„Nach ein paar Reparaturen?“, sagte er, als er wieder mit beiden Füßen auf dem Boden stand. „Ich werde tun, was ich kann. Aber zwölf Jahre der Vernachlässigung ungeschehen zu machen, dafür braucht es schon ein Wunder.“

„Ich bin sicher, du schaffst das“, erwiderte Katrina und kämpfte darum, angesichts der ungewohnten körperlichen Anziehung, die sie nach wie vor im Griff hatte, einen klaren Kopf zu behalten. „Ich werde dir dabei helfen“, beeilte sie sich hinzuzufügen. „Ich kann Kissen besticken und Silber polieren und die Möbel umstellen.“

„Es gibt keine Kissen zum Besticken, kein Silber zum Polieren und sehr wenige Möbel, die man umstellen könnte“, gab er zurück. „Und solche Annehmlichkeiten werden warten müssen, bis der Schmutz, das undichte Dach, die kaputte Hängebrücke und der zugewachsene Burggraben in Ordnung gebracht sind.“

Bevor Katrina antworten konnte, flog die Tür auf. Eine kräftige Frau, deren graues Haar zu einem festen Dutt aufgewickelt war, stand vor ihnen.

„Ich habe eine Geliebte beschafft“, sagte Rothmore, ohne einen Versuch zu unternehmen, Katrinas Stellung zu beschönigen. Er trug sie über die Türschwelle und stellte sie dann auf die Füße. „Ich erwarte von dir, dass du dich um sie kümmerst“, sagte er zu der älteren Frau.

„Und wie soll ich mich um sie kümmern, wenn die Speisekammern leer sind und das Haus über mir zusammenstürzt?“

„Du lässt dir etwas einfallen.“ Rothmore nickte und wandte sich an Katrina. „Das ist Agnes, die meinen Haushalt führt. Wenn du wirklich helfen willst, wird sie dir zeigen, wo sie besonders dringend Unterstützung braucht.“

„Ich nehme an, die Geliebte wird heißes Wasser für ein Bad wollen“, murmelte die Frau. „Und ich muss die Eimer nach oben tragen.“

Rothmore hatte gerade einen seiner Stiefel betrachtet. Nun sah er hoch.

„Wo stecken die anderen Diener?“

„Sie haben den Wagen und ein Pferd genommen und sind in der Hoffnung, dort genug Lebensmittel kaufen zu können, damit wir im Winter nicht verhungern, ins Dorf gegangen.“ Agnes warf Katrina einen abschätzenden Blick zu. „Sollst du ein eigenes Zimmer bekommen oder beim Herrn schlafen?“

Hätten Hunger und Erschöpfung sie nicht ausgelaugt, hätte es Katrina die Schamröte ins Gesicht getrieben. Sie wurde behandelt, als sei sie ein Ding ohne eigenen Willen. So aber zuckte sie als Antwort nur mit den Schultern. Die Anspannung, die sich beim Hinweis darauf, wo sie die Nächte verbringen würde, unten in ihrem Körper sammelte, konnte sie dabei allerdings nicht ignorieren.

„Steck sie in das Zimmer am Ende des Gangs“, sagte Rothmore. „Das mit dem funktionierenden Kamin.“ Dann wandte er sich an Katrina: „Ich muss mich um das Pferd kümmern und ein paar andere dringende Dinge tun. Ich werde erst spät zurück sein. Du kannst mit Agnes und den anderen Dienern zu Abend essen. Ich werde nach dir schicken lassen, wenn ich so weit bin.“

Katrina hatte großen Hunger. Also schob sie ihren Stolz und ihre Verlegenheit ebenso beiseite wie das unbekannte Gefühl, dass sie jedes Mal hatte, wenn Rothmore in ihre Richtung sah.

„Kann ich etwas zu essen haben?“, fragte sie. „Sie haben mich vor dem Frühstück geholt. Seit gestern Abend habe ich nichts mehr gegessen.“

„Ich kann dir Brot, Schinken und einen Becher Bier geben“, sagte Agnes in etwas freundlicherem Ton.

„Das wäre höchst willkommen“, erwiderte Katrina.

„Sobald ich das Pferd in den Stall gebracht habe, komme ich nach.“ Rothmore zeigte auf den langen Eichentisch in der gewölbten Halle. Dann wandte er sich an Agnes. „Wenn du das Badewasser zum Kochen aufsetzt, trage ich es hoch, sobald ich etwas gegessen habe.“

Die alte Frau machte ein schnaubendes Geräusch, das alles Mögliche bedeuten konnte, von Überraschung bis zur Missbilligung, dass sich ihr Herr in Haushaltsdinge einmischte. Sie gab keinen weiteren Kommentar ab, drehte sich auf dem Absatz um und verschwand in den Küchenräumen.

Katrina – immer noch in die Decke gewickelt – trippelte zum Tisch und ließ sich auf die Bank fallen, wo sie still auf das Essen und Rothmores Rückkehr wartete.

In ihrem Kopf klangen Stimmen.

Die Hexe ist Rothmores Hure.

Ich werde nach dir schicken lassen, wenn ich so weit bin.

Sie presste die Lippen zusammen. Sie war weder zum Jammern und Klagen noch dazu erzogen worden, sich andere Umstände zu wünschen. Sie war zum Kämpfen erzogen worden. Wäre sie ein Mann, würde sie Rothmore auf einem Turnierfeld gegenüberstehen und den Platz als Gewinner verlassen. Nun würde sie sich ihm im Schlafzimmer stellen und konnte nur hoffen, dass sie beide mit dem Gefühl, den anderen erobert zu haben, wieder herauskommen würden.

„Warum haben sie dich der Hexerei angeklagt?“, fragte Rothmore und sah zu, wie Katrina ihr Essen mit unverhohlener Gier verschlang. Sie war offenbar wirklich sehr hungrig. „Der Hexenwahn, der sich auf dem Kontinent breitmacht, ist noch nicht in Schottland angekommen. Und normalerweise ermordet die blutdürstige Menge ältere Frauen, die der Gemeinschaft zur Last fallen.“

Katrina sah zu ihm hoch, hob den Zinnbecher aber dennoch erst einmal an die Lippen und trank einen großen Schluck Bier.

„Glaubst du nicht an Hexerei?“, fragte sie nach einer Pause.

„Nein“, antwortete Duncan.

„Es hatte mit Hexerei nichts zu tun.“ Katrina nahm das Messer und schnitt sich noch ein Stück Käse ab. Ihre Bewegung war so heftig, dass die Klinge ins Holzbrett fuhr.

„Crawfords verwitweter Bruder ist ein wohlhabender Freibauer, der eigenes Land besitzt und keine Kinder hat. Wenn er heiratet und Kinder zeugt, verliert Crawford das Erbe, auf das er spekuliert.“ Sie zuckte resigniert die Achseln, um zu zeigen, dass sie den Lauf der Dinge hinnahm. „Es ging nur darum, die Bedrohung auszuschalten, die ich darstellte.“

„Sie haben gesagt, Kenneth Crawford habe angeboten, dich zu heiraten.“ Duncan sprach aus, was ihm während des langen Ritts nach Hause durch den Kopf gegangen war.

Katrina antwortete nicht, sondern hob nur abweisend die Schulter.

„Hat er?“, wollte Duncan wissen.

„Spielt das eine Rolle?“ Sie legte das Messer auf den Tisch und sah ihn mit ihren blauen Augen direkt an.

„Warum hast du abgelehnt?“

„Ich wollte ihn nicht heiraten.“

„Sie sagen, du seist mittellos und vor einem Monat aus dem Nichts aufgetaucht.“

„Jeder kommt von irgendwoher.“ Sie wandte sich wieder den einfachen Lebensmitteln auf dem Tisch zu und riss noch ein Stück Brot ab. „Ich bin gekommen, um das Grab eines alten Mannes zu besuchen, der im Dorf gelebt hat und vor ein paar Wochen gestorben ist. Sein Name war John Smithson.“

„War er ein Verwandter?“

Sie zögerte, dann nickte sie.

Aye. Er gehörte zur Familie.“

„Wenn du mittellos bist, warum hast du Crawford dann nicht geheiratet? Er hätte dir ein angenehmes Leben geboten und einen Platz, an den du gehörst.“

„Ich habe bereits einen Platz, an den ich gehöre, und dieser Platz hat nichts mit ihm zu tun.“

Duncan öffnete den Mund, um weitere Fragen zu stellen, doch Katrina unterbrach ihn, bevor er etwas sagen konnte.

„Mir tut der Kopf weh und ich bin müde. Kannst du bitte aufhören, mir Fragen zu stellen? Ich möchte mich nicht mit meiner Vergangenheit beschäftigen.“

Die stählerne Kraft, die in der freundlich vorgetragenen Bitte mitklang, ließ Rothmore die Stirn runzeln. Sein Gespür sagte ihm, dass sie gelogen hatte, und die Tatsache, dass sie seine Befragung mit der Fähigkeit eines Menschen, der zu betrügen gewohnt war, unterbrochen hatte, nagte an ihm.

„Ich gehe und trage das Wasser für dein Bad hoch“, sagte er schroff und stand auf, wobei er darauf achtete, den Schmerz in seinem Bein, das der lange Tag arg strapaziert hatte, nicht zu zeigen. „Wenn du etwas brauchst, wird sich Agnes darum kümmern, bis das Mädchen zurück ist. Ich muss noch vor Einbruch der Dunkelheit ins Dorf reiten, um mit dem Steinmetz über die Reparatur des Daches zu reden.“

Während er durch den Raum humpelte, unterdrückte Duncan den Drang, zu ihr zurückzublicken. Der Gedanke an die kommende Nacht ließ seine Leisten schmerzen. Einen Moment lang erreichte die Bitterkeit, die ihn sein ganzes Leben lang begleitet hatte, neue Höhen. Wie wäre es, wenn die Dinge anders lägen? Wenn er einen makellosen Körper hätte und mit einer Frau wie Katrina als Braut nach Rothmore Castle zurückgekehrt wäre statt in diese marode Ruine?

Duncan unterdrückte den aufsteigenden Drang, spöttisch zu lachen. Woher kam diese hübsche kleine Geschichte? In seiner Welt hatten romantische Ideen keinen Platz. Nicht einmal solche über eine blauäugige Göttin mit sonnengelben Haaren und Mitgefühl in der Stimme.

Ihre Freundlichkeit war sicher ebenso vorgespielt, wie ihre Worte gelogen waren.

Gründliche fleischliche Befriedigung.

Darum ging es hier. Um mehr würde er nicht bitten – aber auch nicht um weniger.

3. KAPITEL

Katrina ging den Korridor hinunter, in dem eine einzelne Kerze in einem Wandhalter flackerte und zuckende Schatten an die Mauern warf. Um ihre Füße wirbelte ein kalter Luftzug, doch die dicken Wollsocken hielten ihre Füße in der herbstlichen Kälte warm. Keines der beiden Mädchen, die an ihre Tür geklopft hatten, um sich kurz vorzustellen, besaß ein zweites Paar Schuhe, und obwohl eines ihr einen Kittel angeboten hatte, hatte Katrina beschlossen, weiterhin ihr weißes Leinengewand zu tragen. Das Haar fiel ihr wie ein feuchter Vorhang über den Rücken, doch ihr war noch immer warm vom Bad, und die Kälte machte ihr nichts aus.

Als sie die schwere, mit Eisennägeln verzierte Eichentür erreichte, zögerte Katrina.

Den ganzen Nachmittag hatten ihre Gedanken um Rothmore gekreist. Eine unbekannte Rastlosigkeit plagte ihren Körper. Rothmore war eine Verlockung geworden, ein Mann, der sie anzog, ein Mann, der ihren Puls beschleunigte und in ihrem Unterleib eine ständige Erregung in Gang setzte. Über den körperlichen Akt der Liebe wusste sie wenig und weil sie so wenig wusste, fürchtete sie sich vor dem, was er von ihr wollte. Sie hatte ihre Angst zu besiegen versucht, indem sie sich vorstellte, was aus ihnen beiden werden konnte. Sie würde ihm den Trost ihres Körpers und den Balsam ihres tapferen, mitfühlenden Wesens anbieten. Als Gegenleistung wollte sie, dass er ihr Ritter wurde, der Beschützer ihres Erbes.

Katrina hob die Hand und klopfte. Einmal. Zweimal.

„Komm rein!“ Obwohl Rothmores Stimme durch das dicke Holz hindurch nur undeutlich zu hören war, sandte sie doch Schauder über Katrinas Haut. Das geschah jedes Mal, wenn er etwas sagte. Sie hatte nicht gewusst, dass sich die Stimme eines Mannes wie eine Liebkosung anfühlen konnte.

Katrina atmete tief ein. So war es also. Ihre Tugend, ihre Zukunft, die Lehren der Kirche. Sie würde all das in der Hoffnung, dass Gott ihr ein Wunder gesandt hatte, um ihre Zukunft zu sichern, wegwerfen. Ein Wunder in Gestalt eines Mannes mit einem Klumpfuß, einem gequälten Blick und den Eigenschaften eines erfahrenen Ritters.

Sie legte die Hand gegen die Eichenbohlen und drückte die Tür auf.

Rothmore saß ohne Hemd auf einem niedrigen Hocker vor dem prasselnden Feuer und drehte ihr den Rücken zu. Der Widerschein der orangefarbenen Flammen spielte sich auf seinen muskulösen Schultern. Sie sah zu, wie er einen eisernen Schürhaken nahm und ihn in den Holzstoß in dem niedrigen Kamin stieß – sofort schossen sprühende Funken den Kamin hinauf.

„Du hast nach mir schicken lassen“, sagte Katrina, entnervt von seinem Schweigen.

„Aye. Er starrte ins Feuer. „Hast du gedacht, ich würde darauf verzichten?“

Katrina schluckte.

„Ich habe gedacht, du könntest dich entschließen zu warten. Dass du wichtigere Dinge bei deiner Ankunft zu tun hättest oder dich nach der Reise ausruhen wolltest.“

„Ich bin erst heute Morgen aufgebrochen.“ Rothmore warf den Schürhaken beiseite. Er landete krachend auf dem Boden. Dann stand Rothmore auf und drehte sich um, um sie anzusehen.

Abrupt trat Katrina einen kleinen Schritt zurück.

„Gibt es nichts, was heute Abend deine Aufmerksamkeit verlangt?“

Rothmore ging auf ihre Bemerkung nicht ein. Er kreuzte die Arme vor der Brust. Unter seiner Haut traten die Muskelstränge hervor. Als sie ihn bekleidet gesehen hatte, war ihr nicht aufgefallen, wie kräftig sein Oberkörper war. Eine lange sichelförmige Narbe, die teilweise von seinem dunklen Brusthaar verdeckt wurde, zog sich vom Schlüsselbein bis hinunter zu seinem Oberkörper.

„Du kannst ins Bett steigen, während ich mich ausziehe“, sagte er zu ihr.

„Ins Bett?“, flüsterte Katrina. Sie hielt den Blick noch immer auf den Mann geheftet, der im Feuerschein wie eine mythologische Kreatur vor ihr stand. Dann sah sie sich um und fand kaum andere Möbel als ein großes, kunstvoll gefertigtes Bett aus dunkler Eiche. Die dicken Vorhänge, die vom Baldachin herabfielen, waren zurückgezogen. Dahinter kam schneeweißes Bettzeug zum Vorschein. Ein kleiner Tisch mit einer erloschenen Kerze, einem Bierbecher und einem einzelnen Glas stand auf der gegenüberliegenden Seite.

„Ja“, sagte Rothmore langsam und bedächtig. „Das Bett.“

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