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Iceman Brothers - Ty & Phoebe

Prickelnde Action: Die neue Romantic-Suspense-Reihe von Bestseller-Autorin Sarah Glicker. (SPOT-Serie)
Es sollte eine Routineüberwachung für Sicherheitsspezialist Ty werden. Doch als das Flugzeug des Gesuchten landet, entdeckt er etwas Schreckliches: Der Kriminelle hält eine junge Frau gefangen und bedroht sie mit einer Waffe. Ty rettet die hübsche Phoebe unter Einsatz seines eigenen Lebens und bringt sie in Sicherheit. Aber die wahre Gefahr ist längst nicht gebannt. Denn Phoebes Vater ist Zeuge in einem wichtigen Prozess - und sie zu beschützen wird die bisher größte Herausforderung für Ty und sein Team.


  • Erscheinungstag: 15.10.2019
  • Seitenanzahl: 304
  • ISBN/Artikelnummer: 9783745750768
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1

Ty

„Guten Morgen, Ty“, begrüßt mein Bruder Damon mich mit viel zu guter Laune.

Eigentlich wollte ich mir gerade einen Kaffee holen, doch nun halte ich mitten in der Bewegung inne und werfe ihm einen misstrauischen Blick zu.

„Was ist los?“, frage ich, als er auch nach mehreren Sekunden nichts weiter sagt.

Und auch dieses Mal macht er keine Anstalten weiterzusprechen.

„Gut siehst du aus“, verkündet nun Connor als Nächstes und betrachtet mich dabei von oben bis unten.

Seufzend lasse ich den Kopf hängen und versuche mir nicht anmerken zu lassen, wie genervt ich gerade eigentlich bin. Wenn meine Brüder morgens schon so drauf sind, dann bedeutet das nichts Gutes.

„Würdet ihr jetzt bitte mit der Sprache rausrücken?“, fahre ich beiden an. Dabei lasse ich meine Stimme mit Absicht noch ein wenig schärfer klingen. Auf diese Weise will ich ihnen klarmachen, dass ich nicht zum Scherzen aufgelegt bin.

Doch keiner von ihnen scheint sich davon aus der Ruhe bringen zu lassen. Für einen Moment kommt es mir sogar so vor, als würden sie es genießen.

„Dann ist es ja wohl auch nichts Wichtiges“, murmle ich, obwohl ich es eigentlich besser weiß. Dabei mache ich Anstalten an ihnen vorbeizugehen.

Doch sie stellen sich mir mitten in den Weg. Dabei grinsen sie von einem Ohr zum anderen.

„Okay, ihr wollt es mir nicht sagen, wollt mich aber auch nicht durchlassen?“, frage ich.

„Wir haben uns unterhalten“, beginnt Connor. Dabei sieht er noch immer wie ein kleines Kind aus, das irgendeinen Mist verzapft hat.

„Darf ich auch erfahren, über was?“ Herausfordernd schaue ich die beiden an. Dabei verschränke ich die Arme vor der Brust, um sie wissen zu lassen, dass ich nicht ewig hier stehen und auf eine Antwort warten werde.

„Joseph und Paul Nolan landen heute in Miami.“

Mehr sagt Damon nicht. Aber das muss er auch gar nicht. Schließlich weiß ich sehr genau, was das zu bedeuten hat. Ich brauche die Namen dieser Männer nur zu hören und sämtliche Muskeln in meinem Körper spannen sich an. Doch mir ist bewusst, dass es meinen Brüdern da nicht anders ergeht. Und selbst wenn ich Zweifel hegen würde, müsste ich nur einen Blick in ihre Gesichter werfen, um zu wissen, dass es auch so ist.

„Was verschlägt sie denn wieder nach Hause?“, erkundige ich mich.

„Das wissen wir selbst nicht so genau. Detective Martin meinte, dass wir sie überwachen sollen.“

„Wieso nimmt er denn nicht seine eigenen Männer?“

„Anscheinend sind die beiden wohl in der Lage, einen Mitarbeiter der Gesetzesverfolgung sofort zu erkennen.“ Connor zuckt mit den Schultern. Ihm scheint das egal zu sein, doch ich werde hellhörig bei seinen Worten.

„Ach? Und was sind wir dann?“

„Das habe ich ihn auch gefragt, aber nicht wirklich eine Antwort bekommen“, erwidert Damon. „Fakt ist aber nun mal, dass die beiden eine Riesenangelegenheit sind. Wenn wir es schaffen herauszufinden, was die hier wollen und sie eventuell sogar noch verhaften, dann ist das auf jeden Fall eine große Chance für uns.“

Das weiß ich auch, denke ich. Doch das ändert nichts daran, dass ich keine Ahnung habe, was hier eigentlich gespielt wird.

„Wir haben gesagt, wir werden das erst einmal mit dir besprechen. Zunächst geht es nur um eine Observierung. Mehr nicht.“

Abwartend blicken sie mich an.

„Seit wann ist das nur meine Entscheidung?“

„Also, wir wollen es machen. Allerdings hast du ja auch ein Mitspracherecht. Deswegen haben wir gesagt, wir geben ihm Bescheid, sobald du hier bist.“

Leise seufze ich und lasse mich gegen die Kante des Schreibtisches sinken. Ich kann mich nicht dagegen wehren, aber mir gefällt das alles nicht. Diese Männer werden wegen so vielen Straftaten in Europa gesucht, dass ich sie kaum noch zählen kann. Da sie aber aus Miami kommen, arbeitet unsere Polizei mit den Behörden in Europa zusammen.

„Mir gefällt das nicht“, sage ich nun laut und schaue dabei an den beiden vorbei.

„Ja, uns ehrlich gesagt auch nicht. Und gerade deswegen ist es ein Job für uns. Wir sind schließlich die Besten.“

In diesem Punkt muss ich Damon definitiv zustimmen.

„Okay“, sage ich also. „Und wer wird die Überwachung übernehmen?“

„Du!“, antworten die beiden sofort im Chor.

Ruckartig drehe ich meinen Kopf in die Richtung der beiden. Mit zusammengekniffenen Augen betrachte ich sie. Kurz kommt es mir so vor, als würden sie mich verarschen wollen. Schließlich wissen sie genau, was ich von Überwachungen halte.

Doch sie zucken nicht einmal mit der Wimper.

„Und wann habt ihr das entschieden?“

„Gleich nachdem wir beschlossen haben, dass wir das auch jeden Fall machen sollten“, erklärt Damon und greift dabei nach dem Telefon. „Aber wir werden uns abwechseln. So vermeiden wir, dass sie uns bemerken.“

Am liebsten würde ich protestieren. Die Worte dafür liegen mir schon auf der Zunge. Allerdings weiß ich genau, wann es keinen Sinn hat. Und das ist einer dieser wenigen Augenblicke. Der einzige Vorteil ist, dass ich das nicht ewig machen muss.

„Der Flieger landet in zwei Stunden“, erklärt Connor, bevor ich überhaupt nachgefragt habe.

Um ihm zu signalisieren, dass die Info bei mir angekommen ist, verziehe ich kurz das Gesicht und nicke.

„Na gut, dann werde ich mich gleich mal direkt wieder auf den Weg machen.“ Während ich spreche stoße ich mich vom Schreibtisch wieder ab und stecke die Hände in den Hosentaschen.

Ich spüre ihre Blicke in meinem Rücken, während ich mich entferne. Dabei würde ich mich gerne aber noch einmal umdrehen und ihnen den Mittelfinger zeigen.

Auch wenn sie meine Brüder sind, würde ich ihnen gerne einen Tritt in den Arsch verpassen. Und dabei hat der Tag gerade erst angefangen.

Als ich eine Stunde später endlich das riesige Flughafengebäude betrete, hat sich meine Laune noch immer nicht gebessert.

Ich hasse Überwachungen. Das habe ich schon immer und werde es auch für immer. In diesem Punkt bin ich mir sicher. Und genauso sicher bin ich mir, dass meine Brüder mich nur deswegen hierhergeschickt haben. Einen anderen Grund dafür können sie ja auch gar nicht haben. Auf jeden Fall wüsste ich nicht einen einzigen.

Mit schlechter Laune bahne ich mir einen Weg durch die Menschenmenge in der Halle. Dabei kann ich nicht verhindern, dass mir ein Seufzer über die Lippen kommt.

Grummelnd bleibe ich hinter einer Gruppe von älteren Frauen stehen. Ein paar von ihnen wenden sich in meine Richtung, doch ich beachte sie nicht. Auch wenn ich ihnen am liebsten sagen würde, dass sie sich um ihren eigenen Scheiß kümmern sollen, mache ich es nicht. Schließlich können sie nichts für meine miese Stimmung.

Ich werde meinen Brüdern in den Hintern treten, denke ich stattdessen erneut. Und zwar bei der nächsten Gelegenheit, die sich mir bietet. Die beiden brauchen gar nicht erst zu denken, dass sie sich auf meine Kosten einen Spaß erlauben können.

„Ich bin mir sicher, dass das Flugzeug Ihrer Freundin noch nicht gelandet ist“, sagt nun eine der Frauen.

Ich bin so sehr auf meine Umgebung konzentriert, dass es ein wenig dauert, bis ich begreife, dass sie mit mir spricht. Doch dann schaue ich sie langsam an.

Ich habe keine Ahnung, wieso sie meint, dass ich wegen meiner Freundin hier bin. Und eigentlich interessiert es mich auch nicht.

„Und ich bin mir sicher, dass ich keine Freundin habe“, gebe ich zurück. Dabei kann ich nicht verbergen, wie genervt ich eigentlich bin.

Für einen Moment sieht die Frau so aus, als würde sie etwas erwidern wollen.

Als sie sich auch nach mehreren Sekunden noch immer nicht wieder abgewendet haben, verziehe ich ein wenig das Gesicht. Das hat zur Folge, dass die Frauen, die mich anstarren, große Augen bekommen. Doch dann drehen sie sich endlich wieder um. Mir ist klar, dass ich gerade wahrscheinlich nicht der Freundlichste bin, aber das geht mir mit Verlaub gesagt vollkommen am Arsch vorbei.

Es kommt mir so vor, als würde es eine Ewigkeit dauern, bis ich endlich an der Gruppe vorbeigehen kann. Dabei schaue ich mich immer wieder zu allen Seiten hin um. Mit meinen schwarzen Klamotten bin ich in einer Stadt wie Miami nicht gerade das, was man unauffällig gekleidet nennen kann.

Dennoch gibt es nicht viele, die mich für einen Kopfgeldjäger halten würden. Meistens ist es eher so, dass sie der festen Meinung sind, ich würde auf der anderen Seite des Gesetzes stehen.

Ich halte Ausschau nach einem geeigneten Platz, an dem ich mich mehr oder weniger verstecken kann und von wo ich trotzdem alles im Blick habe. Doch die Halle ist so voll, dass das gar nicht so einfach ist.

Es dauert ein wenig, doch schließlich entdecke ich etwas weiter oberhalb ein paar Bänke. Ein letztes Mal blicke ich mich um, doch einen besseren Platz werde ich nicht finden. Deswegen setze ich mich in Bewegung und steige schnell die wenigen Treppen nach oben.

Langsam lasse ich mich auf eine der Bänke sinken und streiche mir über den Nacken. Es dauert noch knapp eine Stunde, bis der Flieger landen wird. Das heißt, wenn ich Glück habe, und er keine Verspätung hat.

Vielleicht habe ich auch Glück, und die Maschine ist früher da, denke ich und ziehe dabei mein klingelndes Handy aus der Hosentasche.

„Na, wie sieht´s aus bei dir?“, fragt Damon mich.

Ich brauche ihn nicht vor mir stehen zu haben, um zu wissen, dass er gerade dümmlich grinst. Und das Lachen von Connor, das ich im Hintergrund hören kann, macht es auch nicht unbedingt besser.

Wieder würde ich ihm am liebsten die Meinung geigen. Doch ich brauche mich nur einmal zu allen Seiten hin umzusehen, um zu wissen, dass das eine Scheißidee ist. In meiner unmittelbaren Umgebung befinden sich zwei Familien mit kleinen Kindern. Und ich bin mir sicher, dass sie nicht gerade happy wären, wenn ich die Wörter, die mir gerade durch den Kopf gehen, wirklich ausspreche.

„Ich warte“, antworte ich stattdessen. „Aber es ist gut, dass ich das hier erledige.“

Noch bevor ich ausgesprochen habe kann ich die vielen Fragezeichen vor mir sehen, die sich in dem Kopf meines Bruders bilden.

„Und wieso?“

„Ich bin mir darüber bewusst, dass ich der Einzige von uns dreien bin, der dir nötige Ruhe dafür hat.“

Einen Moment ist es ruhig in der Leitung. Nun bin ich derjenige, der grinst. Und das nur, weil ich genau weiß, dass Damon meine Worte sehr persönlich nimmt. Schließlich ist es vor allem mein Bruder, der gelernt hat, wie man sich stundenlang am selben Ort aufhalten kann, ohne dass man jemanden auffällt.

„Ich melde mich bei euch, sobald hier etwas Wichtiges passiert.“ Ich warte nicht darauf, dass er oder Connor aus dem Hintergrund etwas erwidern. Schnell unterbreche ich die Verbindung.

Ich liebe meinen Job, sonst würde ich ihn nicht machen. Bis auf diesen Teil. Ich bin eher derjenige von uns, der gerne austeilt und eine gute alte Schießerei so richtig zu schätzen weiß. Das dürfte wohl auch der Grund dafür sein, dass ich mich vor drei Jahren darauf eingelassen habe, mit meinen Brüdern dieses Sicherheitsunternehmen zu gründen.

Doch wir sind kein normaler Sicherheitsdienst, der in einem Kaufhaus die Bildschirme im Auge behält. Nein, mit Fug und Recht kann man behaupten, dass wir das komplette Gegenteil davon sind. Unsere Aufträge sind nicht gerade das, was man als ungefährlich bezeichnen kann. Wir beschützen Politiker, reiche Menschen. Wir retten Entführte und stecken unsere Nase allgemein mit Vorliebe in Angelegenheiten, die uns wahrscheinlich nichts angehen.

So würden es auf jeden Fall sämtliche Polizisten beschreiben, die uns kennen.

Viele haben uns auch schon als Söldner bezeichnet. Doch wir hassen diesen Ausdruck. Wir tun nichts Illegales, sondern arbeiten mit den Behörden zusammen, so wie auch in diesem Fall. In den letzten Jahren haben wir herausgefunden, dass es nur für Ärger sorgt, wenn man in diesem Bereich seinen eigenen Weg geht. Auch wenn ich zugeben muss, dass es manchmal wahrscheinlich einfacher wäre.

Die nächsten Minuten scheinen sich ewig hinzuziehen. Aufmerksam, aber trotzdem so beiläufig wie möglich, mustere ich die Menschen, die an mir vorbeikommen. Die Eltern sind im Stress, weil die Kinder nicht hören wollen. Und die Geschäftsleute versuchen ihren Flieger zu erwischen. Eigentlich ist es nicht anders als sonst.

Ich will mich gerade nach rechts drehen, um einen prüfenden Blick auf die große Anzeigetafel zu werfen, als jemand in meinem Blickfeld erscheint. Mit großen Schritten hält die Frau auf die lange Schlange zu, die sich mittlerweile vor einem der Schalter gebildet hat. Dabei weicht sie den Menschen aus, die sich ihr in den Weg stellen.

Ein leichtes Lächeln macht sich auf meinem Gesicht breit, als sie einem Mann, der ein ganzes Stückchen größer ist als sie, einen genervten Blick zuwirft. Der Typ sieht aus, als wäre er ein Boxer. Und allein das würde wahrscheinlich reichen, um die meisten davon zu überzeugen, ihm besser aus dem Weg gehen. Doch sie lässt sich davon offenbar nicht beeindrucken.

Mit ihr würde ich mich mit Sicherheit gut verstehen, denke ich.

Doch das ist nicht das Einzige, was mir an ihr auffällt. Es sind auch ihre Hüften, die verführerisch von einer Seite zur anderen schwingen. Sie streicht sich die dunkelblonden Haare aus dem Gesicht und zieht dabei ihren Koffer weiter hinter sich her. In ihrem engen Top und der Jeans, kann ich jede einzelne ihrer Rundungen perfekt erkennen. Es wird wirklich nichts der Fantasie überlassen.

Und während ich sie beobachte, kommt es mir so vor, als würde sich jedes männliche Wesen nach ihr umdrehen, an dem sie vorbeigeht.

Ich kann es nachvollziehen, doch aus irgendeinem Grund gefällt mir das überhaupt nicht.

2

Phoebe

Ganz klasse, wirklich! Aber eigentlich hätte ich es mir auch denken müssen, schießt es mir durch den Kopf. Dabei steuere ich entmutigt auf die lange Schlange zu, die sich ein paar Meter vor mir befindet. Vorhin hatte ich schon die Befürchtung, dass es knapp werden könnte. Allerdings habe ich mich bis zur letzten Sekunde an der Hoffnung festgehalten, dass ich mich irre.

Doch die Tatsache, dass ich mich nicht geirrt habe, lässt meine Laune in den Keller sinken. In einer Stunde geht mein Flug. Doch so, wie es gerade aussieht, werde ich die Stunde damit verbringen, in dieser Warteschlange zu stehen.

Bereits in der nächsten Sekunde gehen mir die Dinge durch den Kopf, von denen ich mit großer Gewissheit sagen kann, dass meine Mom sie machen wird, wenn ich nicht aus dieser Maschine steige. Sie wird einen Herzinfarkt bekommen und dafür sorgen, dass die Polizei des gesamten Landes nach mir sucht. Und dabei ist es egal, wie oft ich ihr am Telefon sage, dass es mir gut geht und dass ich einfach nur etwas später komme.

Seufzend trete ich hinter die letzte Person und lasse die Schultern ein wenig kreisen. Ich wünschte, diese Bewegungen würden dafür sorgen, dass ich lockerer werde, doch dieser Effekt tritt leider nicht ein.

Hätte ich nicht so vielen Idioten ausweichen müssen, würde ich mit Sicherheit viel weiter vorne stehen. Ich presse die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen, da ich am liebsten geschrien hätte.

Genervt schaue ich an den Leuten vorbei, die sich vor mir befinden. Doch auch nach mehreren Minuten erscheint es mir so, als würde keiner von ihnen irgendwelche Anstalten machen, einen großen Schritt nach vorne zu treten. Stattdessen kommt man immer nur ein paar Zentimeter voran.

Alle paar Minuten werfe ich einen Blick auf die Uhr. Und je öfter ich das mache, umso nervöser werde ich. Ich bin noch nie ein besonders gelassener Mensch gewesen. Doch gerade jetzt erscheint es mir so, als würde ich wahnsinnig werden.

Ich darf auf keinen Fall zu spät kommen. Sonst wird es Ärger geben. Und auch dieser Gedanke gefällt mir nicht. Und trägt auch nicht dazu bei, dass es mir besser geht.

Morgen ist die Hochzeit meiner Schwester. Und ich bin die Glückliche, die zu ihrer Trauzeugin auserkoren wurde.

Obwohl, wenn ich es mir recht überlege, dann können die Leute vor mir sich ruhig Zeit lassen. Die Tatsache, dass ich dieses schreckliche Kleid tragen muss, sorgt dafür, dass es mir ehrlich gesagt egal ist, ob ich in dem Flugzeug sitze oder nicht. Doch sogar das nehme ich in Kauf, wenn es bedeutet, dass ich meinen Dad wiedersehen kann. Obwohl es aufgrund seiner Geschäftstermine noch nicht einmal sicher ist, dass er auch wirklich kommen wird.

„Scheiße“, entfährt es mir ein wenig zu laut, nachdem ich noch einen prüfenden Blick auf meine Uhr geworfen habe. Einige Leute drehen sich nach mir um und mustern mich neugierig.

Mir liegen ein paar Worte auf der Zunge, die ich ihnen gerne sagen würde. Ganz oben auf meiner Liste steht, dass sie sich um ihren eigenen Kram kümmern sollen. Doch wahrscheinlich ist es besser, wenn ich den Mund halte. Stattdessen lächle ich nur kurz, falls man es überhaupt so nennen kann, und konzentriere mich dann wieder auf mein Telefon.

In den nächsten Minuten geht es nur wieder schleppend voran, falls man es überhaupt so nennen kann.

„Hey, ich stehe hier“, protestiere ich lautstark, als sich irgendein Typ einfach vordrängeln will. Dabei bedenke ich ihn mit einem wütenden Blick, als er sich in meine Richtung wendet.

Doch er rührt sich nicht vom Fleck. Um ihm ein für alle Mal deutlich zu machen, dass ich es ernst meine, trete ich neben ihn, um mich vor ihn zu stellen. Dabei lasse ich nicht den geringsten Zweifel daran, dass ich sauer bin. Schließlich stehe ich schon lange genug in dieser Schlange.

„Ich habe es eilig“, sagt er unbeeindruckt und schiebt mich dabei ein Stück zur Seite, um seinen Platz zu behaupten.

„Ach?“ Ich starre ihn entgeistert an. „Und ich stehe hier, weil ich Langeweile habe?“

Bei meinen Worten dreht er sich endgültig in meine Richtung. Einen Moment betrachtet er mich so, als würde er über meine Worte nachdenken. Doch auch nach mehreren Sekunden macht er keinen Platz. Es kommt mir eher so vor, als würde er noch größer werden. Doch davon lasse ich mich nicht beeindrucken. Ich kneife meine Augen ein wenig zusammen und nehme ihm so ein wenig den Wind aus den Segeln. Zumindest hoffe ich das. So ganz sicher bin ich mir gerade nämlich nicht.

Eigentlich kann ich Menschen gut einschätzen. Doch der Typ bringt mich aus dem Konzept, sodass ich mich nicht richtig konzentrieren kann.

Dieser Mann ist irgendwie unheimlich. Es ist nicht nur die Art und Weise, wie er mich ansieht, die mir nicht gefällt. Es ist auch die Tatsache, wie mein Körper auf ihn reagiert. Und der sagt mir deutlich, dass ich mich von ihm fernhalten sollte.

Doch er steht mir so nah, als würde er mich umarmen wollen. Unwillkürlich mache ich einen Schritt nach hinten. Auf diese Weise will ich ihm ausweichen. Doch eine leise Stimme in meinem Kopf sagt mir, dass dieser Versuch nichts bringen wird. Wahrscheinlich wäre er mir auch noch zu nah, wenn er sich am anderen Ende der Halle aufhalten würde, denke ich.

Allerdings habe ich auch keine Ahnung, was ich sonst machen kann.

Noch nie zuvor habe ich mich in so einer Situation befunden. Und bis jetzt habe ich auch nicht gedacht, dass es mal so sein wird. Schließlich ist das nichts, womit mit man rechnet, wenn man morgens aufwacht.

„Du kommst mir bekannt vor“, murmelt er in der nächsten Sekunde. Dabei lehnt er sich wieder zu mir.

„Ich wüsste es, wenn wir uns schon einmal über den Weg gelaufen wären. Das hätte ich bestimmt nicht vergessen.“ Während ich spreche, überschlagen sich meine Gedanken. Ich habe keine Ahnung, was er von mir will. Doch ich spüre, dass es hierbei um mehr geht, als nur darum, einen besseren Platz in der Schlange zu ergattern.

Deswegen mache ich noch einen Schritt nach hinten. Doch da überall um uns herum Menschen sind, schaffe ich es nicht einen größeren Abstand zwischen uns zu bringen. Auf jeden Fall nicht so, dass er in meinen Augen groß genug wäre.

Ich lasse den Typen keine Sekunde aus den Augen. Genauso wenig löst er den Blick von mir.

Fieberhaft überlege ich, ob ich ihn nicht doch von irgendwoher kenne. Doch es ist egal, wie sehr ich mich anstrenge, ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich dieses Gesicht schon einmal gesehen habe.

Normalerweise halte ich mich von solchen Männern fern. Schon allein aus diesem Grund ist es sehr unwahrscheinlich, dass ich ihm schon einmal begegnet bin.

Ich bin so sehr mit diesem Mann beschäftigt, dass ich gar nicht merke, wie eine zweite Person zu uns tritt. Erschrocken zucke ich zusammen, als ich gegen etwas Hartes pralle. Noch in der gleichen Sekunde drehe ich mich ruckartig herum. Dicht vor mir steht ein Mann, der mindestens genauso schmierig aussieht, wie der erste. Er hat eine ähnliche Körperstatur, schaut allerdings noch grimmiger drein, falls das überhaupt geht.

Mit großen Augen sehe ich ihn an, bevor ich meinen Blick langsam zu dem anderen Mann wandern lasse. Ich habe keine Ahnung, was hier los ist. Allerdings bin ich mir auch nicht sicher, ob ich es wissen will. In diesem Moment kommt es mir so vor, als wäre es besser, wenn ich mir meine Neugier verkneifen würde.

Doch das ändert nichts daran, dass sich ein ungutes Gefühl in mir ausbreitet. Und es wird von Sekunde zu Sekunde schlimmer. Normalerweise kann ich mich auf meinen Instinkt verlassen, allerdings wünschte ich gerade, dass es nicht so wäre.

„Ich hätte nicht gedacht, dass wir sie so schnell finden. Schließlich ist Miami keine kleine Stadt“, murmelte der zweite Mann. Seine Stimme klingt unheilvoll.

„Ja, sie ist eindeutig die Tochter von Jonathan Matthews. Ich erkenne sie von den Bildern“, raunt der andere nun so leise, dass man ihm kaum verstehen kann. Allerdings bin ich mir sicher, dass er genau das gesagt hat, was bei mir angekommen ist.

Ich halte die Luft an und versuche sofort, es zu überspielen, doch ich bin eine schlechte Schauspielerin. Daher bin ich davon überzeugt, dass er meine Reaktion genau bemerkt hat. Doch den Namen meines Vaters aus seinem Mund zu hören, wirft mich aus dem Gleichgewicht.

Es scheint ewig zu dauern, bis ich wieder in der Lage bin, auch nur einen einzigen vernünftigen Gedanken zu formen. Doch selbst dann gelingt es mir nicht irgendwie zu reagieren.

Um ehrlich zu sein, habe ich mich noch nie so hilflos gefühlt, wie in diesem Moment.

Und dieses Gefühl wird noch extremer, als ich einen spitzen Gegenstand in meinem Rücken spüre. Er sorgt dafür, dass mir beinahe das Herz stehen bleibt. Auch, wenn ich noch nie in dieser Situation gewesen bin, ist mir sofort klar, um was es sich bei dem spitzen Gegenstand handelt.

Eine Waffe.

Da bin ich mir sicher.

Mein Herz schlägt vor Aufregung so schnell, als würde es sich aus meiner Brust befreien wollen. Mir wird schwindelig, und ich verliere die Orientierung. Um einen klaren Verstand zu behalten, versuche ich mich auf meine Umgebung zu konzentrieren. Das ist besser, als mich damit auseinanderzusetzen.

Vor allem halte ich aber Ausschau nach einem Polizisten oder jemanden vom Sicherheitsdienst. Meine Blicke huschen hin und her. Doch ich kann weit und breit niemanden entdecken, der mir gerade helfen könnte.

Allerdings würde ich vermutlich gerade noch nicht einmal meine eigene Mutter erkennen, selbst wenn sie direkt vor mir stünde.

„Hören Sie“, versuche ich so selbstsicher wie nur irgendwie möglich zu sagen. „Ich habe keine Ahnung, wovon sie sprechen. Deswegen gehe ich davon aus, dass sie mich verwechseln.“

Sogar mir ist klar, dass dieser Versuch total jämmerlich ist. Aber vor allem, und das stört mich viel mehr, ist mein Manöver total leicht zu durchschauen. Dennoch ist es die einzige Chance, die ich habe, um aus dieser Sache wieder herauszukommen. So versuche ich nämlich gerade, wenigstens noch ein paar Sekunden herauszuschinden.

„Ich kenne keinen Jonathan Matthews“, sage ich im Brustton der Überzeugung.

Dabei überlege ich jedoch, was mein Vater mit denen zu tun hat. Er lebt und arbeitet zusammen mit meiner Mom als Immobilienmakler in Europa. Ja, die beiden verdienen viel Geld damit. Aber sicherlich nicht genug, was diesen ganzen Mist hier erklären würde.

„Guter Versuch, Süße. Allerdings wird er dir nichts bringen.“ Mehr sagt der Mann, den ich als Erstes gesehen habe, nicht. Bereits in der nächsten Sekunde schubst er mich vor sich her. Das passiert so schnell, dass ich Mühe habe, mich auf den Beinen zu halten. Aber der Gedanke daran, wie demütigend es wäre, wenn ich ihnen zu Füßen liege, hilft mir dabei, mich aufrecht zu halten. Es würde meine Situation nur noch schlimmer machen.

„Was wollen Sie überhaupt von mir?“, frage ich nun denjenigen, der sich mir am nächsten befindet. Doch er antwortet nicht. Stattdessen wirft er seinem Freund nur einen Blick zu. Doch auch der ist offenbar nicht bereit, mir eine Antwort zu geben.

„Ich kann dir versprechen, dass du das noch früh genug erfahren wirst.“ Mit diesen Worten greift er nach meinem Arm und zieht mich mit. Vor Schmerzen schneide ich eine Grimasse, aber er lässt nicht locker. Ich bin mir sicher, dass seine Finger eine Druckstelle hinterlassen werden. Doch ehrlich gesagt, ist das gerade mein kleinstes Problem.

So langsam wie möglich gehe ich zwischen den beiden Männern her. Am Anfang habe ich noch die Hoffnung, dass irgendjemand auf uns aufmerksam wird. Schließlich verhalten wir uns nicht gerade unauffällig. Doch die Leute, an denen wir vorbeikommen, scheinen alle in ihre Unterhaltungen vertieft zu sein. Oder starren auf ihre Handys.

In diesem Moment verfluche ich diese Scheißgeräte. Denn sonst würde mit Sicherheit jemand merken, dass etwas nicht stimmt.

„Schneller“, drängt mich der Mann mit der Waffe. Um mir zu verdeutlichen, dass er es ernst meint, legt er mir eine Hand auf die Schulter und packt ebenfalls kräftig zu.

„Au“, entfährt es mir, bevor ich es mir verkneifen kann.

Sein leises Lachen dringt an meine Ohren und zeigt mir, dass es ihm egal ist.

Ich beschleunige meine Schritte. Auf diese Weise hoffe ich, dass ich mich ihm entziehen kann, allerdings ist mir klar, dass ich so viel Glück nicht haben werde.

Mir liegen ein paar Worte auf der Zunge, die ich den beiden gerne um die Ohren hauen würde. Doch dieses eine Mal entscheide ich mich dafür, meinen vorlauten Mund geschlossen zu halten.

Ich bin so mit meiner misslichen Lage beschäftigt, dass ich erst in letzter Sekunde den Mann registriere, der sich uns von der Seite nähert. Ich will meinen Kopf gerade in seine Richtung drehen, da hat er sich schon den Mann geschnappt, der mir die Waffe in den Rücken drückt. Das alles geht so schnell, dass ich keine Zeit habe zu reagieren.

Er dreht den Arm meines Angreifers nach hinten, sodass der Mann einen lauten Schrei von sich gibt. Ich bin mir sicher, dass sich alle, die sich in unserer Nähe befinden, nun doch umwenden werden. Doch darum kann ich mich jetzt nicht kümmern. Alles was ich machen kann, ist wie erstarrt an Ort und Stelle stehen zu bleiben und die Szene zu beobachten, die sich nur wenige Zentimeter von mir entfernt abspielt.

Es kommt mir so vor, als wäre ich in einer anderen Welt gelandet. Es ist schon eine Weile her, dass sich zwei Männer direkt vor mir geprügelt haben. Und wahrscheinlich ist es noch länger her, dass es dabei um mich ging.

Obwohl, so genau kann ich gerade gar nicht sagen, ob es hierbei wirklich um mich geht. Schließlich kenne ich die beiden Männer nicht.

Auch um den zweiten Typen kümmert mein Retter sich mit einer Leichtigkeit, als würde er das jeden Tag machen. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich froh darüber sein soll oder nicht.

Mein Verstand sagt mir, dass ich verschwinden soll, solange ich noch die Chance dazu habe. Stattdessen bleibe ich mit leicht geöffnetem Mund stehen. Beinahe erscheint es mir so, als wären meine Füße am Boden festgeklebt worden. Ich bin in einem tranceartigen Zustand gefangen, der mich daran hindert, etwas zu unternehmen.

Erst, als jemand meinen Arm ergreift, komme ich wieder zur mir. Kurz schaue ich auf die entsprechende Stelle und erkenne, dass es der Mann ist, der mir die beiden Kerle vom Hals geschafft hat. Ich habe keine Zeit mehr, etwas zu sagen, da er mich bereits in der nächsten Sekunde hinter sich herzieht.

Ich stolpere und falle beinahe hin, als ich versuche ihm zu folgen. Doch in der letzten Sekunde gelingt es mir, mein Gleichgewicht wiederzufinden.

Während er sich einen Weg durch die Menge bahnt, hält er meine Hand fest in seiner. Und er macht auch nicht den Anschein auf mich, als würde er mich so schnell wieder loslassen wollen.

3

Ty

Fest umgreife ich ihre Hand, da ich die Befürchtung habe, dass sie sonst jeden Augenblick wie ein bockiges Kind stehen bleiben könnte. In den letzten Minuten habe ich genug gesehen, um mir sicher zu sein, dass das durchaus im Bereich des Möglichen liegt. Und dieser Eindruck wird noch verstärkt, als ich sie prüfend mustere.

Sie scheint genauso wenig eine Ahnung davon zu haben, was hier gerade geschieht, wie ich. Doch bei ihr könnte das eher bedeuten, dass sie stehen bleibt und eine Erklärung verlangt. Und die kann ich ihr nicht geben.

Zumindest jetzt noch nicht. Dafür muss ich nämlich selbst erst einmal herausfinden, was hier gespielt wird.

Schnell schaue ich an ihr vorbei und werfe einen Blick auf die Männer, die sich uns an die Fersen geheftet haben. Sie sind nicht so sportlich, wie sie es sich gerade wahrscheinlich wünschen. Schon allein aus diesem Grund haben wir gute Chancen, von hier zu verschwinden, bevor sie uns doch noch eingeholt haben.

Allerdings bin ich auch nicht so schnell, wie ich es normalerweise bin. Schließlich habe ich eine Frau im Schlepptau, die verdammt hohe Schuhe trägt. Und der verbissene Gesichtsausdruck unserer Verfolger zeigt mir, dass es auch ihnen bewusst ist.

Um ihr zu verdeutlichen, dass sie sich beeilen soll, ziehe ich ein wenig an ihrem Arm. Doch das scheint nichts zu bringen.

„Wir sind gleich bei meinem Wagen!“, rufe ich ihr zu, während ich einem Mann und einer Frau mit unzähligen Koffern ausweiche. Auf diese Weise versuche ich sie zu motivieren, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das auch wirklich klappt.

„Was?“, fragt sie schwer atmend. Sie klingt irritiert.

Ich will etwas erwidern, um es ihr zu erklären. Doch ich habe keine Zeit mehr dazu, da wir in diesem Moment von einer größeren Gruppe aufgehalten werden. Es sind immer noch dieselben Frauen wie vorhin, wie ich auf einen Blick feststelle.

Was machen die denn noch hier? denke ich zerknirscht. Scheinbar gelassen will ich die Truppe mit meiner Begleitung umrunden.

„Das finde ich aber schön. Sie haben Ihr Date abgeholt!“, ruft nun eine weibliche Stimme. Ich brauche die Person nicht zu sehen, um zu wissen, wer sich so über die Entwicklungen in meinem Privatleben freut. Im Vorbeigehen schaue ich mich um, bis ich die Besitzerin der Stimme entdeckt habe. Ehrlich gesagt, überrascht es mich nicht wirklich, dass es sich im dieselbe Frau handelt, die mich vorhin schon angesprochen hat.

Dennoch kann ich nicht verhindern, dass mir ein Seufzer über die Lippen dringt, und ich sogar ein wenig die Augen verdrehe. Gerne würde ich etwas erwidern, die passenden Worte liegen mir bereits auf der Zunge. Doch ich verkneife es mir, sie auch auszusprechen. Von hier so schnell wie möglich abzuhauen ist mir in diesem Moment wichtiger.

„Oh nein, ich bin nicht sein Date“, sagt die Frau nun, die ich noch immer hinter mir herziehe. Dabei bleibt sie stehen. Irritiert drehe ich mich zu ihr um. Sie schüttelt kräftig den Kopf, als würde sie wirklich jeden Zweifel aus der Welt schaffen wollen. „Ich bin mir sicher, dass er nicht einmal meinen Namen kennt“, fügt sie noch hinzu.

Ich mache einen großen Schritt auf sie zu und bleibe dicht vor ihr stehen. Dabei senke ich den Kopf, da sie ein Stück kleiner ist als ich. Rasch schaue ich nach unseren Verfolgern. Und was ich dort sehe, gefällt mir überhaupt nicht. Unser Vorsprung wird nämlich immer kleiner.

„Und ich bin mir sicher, dass wir gleich ein riesiges Problem haben werden, wenn wir nicht endlich von hier verschwinden.“ Meine Stimme klingt fest und lässt keinen Widerspruch zu. Einen Moment sieht sie mich trotzdem an, als würde sie widersprechen wollen. Doch dann dreht sie sich um und wirft einen Blick in die Richtung, aus der wir gekommen sind.

Es scheint mir eine Ewigkeit zu dauern, bis sie mich wieder ansieht. Doch dann nickt sie setzt sich in Bewegung. Erleichterung darüber macht sich in mir breit. Auch wenn die Typen keinen besonders fitten Eindruck machen, so habe ich doch keine Ahnung, wozu sie in der Lage sind.

Obwohl es genau die Männer sind, die ich observieren sollte. Doch diesen Gedanken schiebe ich zur Seite. Diese Sache gefällt mir nämlich immer weniger. Und die Tatsache, dass eine unschuldige Frau mit hineingezogen wurde, macht es auch nicht besser.

Deswegen versuche ich mich wieder auf sie zu konzentrieren. Ich spüre ihre Angst nicht nur, sondern sehe sie auch in ihren Augen, erkenne darin einen Ausdruck, den ich schon oft gesehen habe. Normalerweise schaffe ich es, mich davon nicht beeinflussen zu lassen. Doch dieses Mal löst das Wissen etwas in mir aus, was ich so vorher noch nicht empfunden habe.

Ich verspüre den Drang, sie an mich zu ziehen und ihr zu zeigen, dass ich da bin und sie nicht allein lassen werde. Doch ich kann mich gerade noch so zurückhalten.

Schließlich kenne ich nicht einmal ihren Namen und sie nicht meinen. Und wahrscheinlich will sie auch gar nicht bemuttert werden. Während mir dieser Gedanke durch den Kopf geht, ziehe ich sie weiter hinter mir her.

Draußen ist es etwas leerer, aber trotzdem kommen wir nur langsam voran. Als mein Ford Explorer endlich in Sichtweite kommt, bin ich erleichtert darüber. Ich kann nicht sagen, wann es mir das letzte Mal so ging, doch ich bin froh, dass ich in der Nähe der Tür geparkt habe.

Allerdings liegt das auch nur daran, dass ich diese Frau bei mir habe. Wäre ich allein, hätte ich es sofort mit ihnen aufgenommen. Und die Wahrscheinlichkeit, dass ich gewonnen hätte, liegt auch bei einhundert Prozent. Doch aus irgendeinem Grund will ich das kleine Risiko, das trotzdem jedes Mal besteht, nicht eingehen, solange sie sich in meiner Nähe befindet.

Dabei habe ich mich noch nicht einmal vernünftig mit ihr unterhalten.

Schnell rennen wir die letzten Meter auf den Wagen zu. Dabei ziehe ich den Schlüssel aus meiner Hosentasche und drücke den Knopf der Fernbedienung zum Öffnen der Wagentüren.

„Steig ein!“, befehle ich ihr knapp.

Ich höre, wie sie Luft holt, um etwas zu sagen. Doch ich warte nicht darauf, dass sie einen Ton von sich gibt. Stattdessen öffne ich die Tür auf der Fahrerseite und springe hinein. In der nächsten Sekunde habe ich bereits den Schlüssel in das Zündschloss gesteckt.

Genau so hätte die Observierung nicht ablaufen sollen. Ich presse meine Lippen zu einer dünnen Linie aufeinander.

Sie folgt meinem Beispiel und schließt die Tür hinter sich mit einem lauten Knall. Während sie nach dem Gurt greift, lege ich den Gang ein und fahre mit durchdrehenden Reifen los.

Im Rückspiegel kann ich die beiden erkennen. Ein Stück rennen sie wie Idioten hinter uns her, doch schließlich bleiben sie auf dem Parkplatz stehen. Sie werden immer kleiner, bis sie schließlich gar nicht mehr zu sehen sind. Eine gewisse Genugtuung macht sich in mir breit.

Doch die löst sich schnell wieder in Luft auf, als ich mir vor Augen halte, dass ich uns mit dieser Aktion habe auffliegen lassen. Und sicherlich ist das nicht von Vorteil.

Doch jede einzelne Faser meines Körpers wehrt sich dagegen, wenn ich daran denke, dass ich diese Frau allein dort hätte stehen lassen sollen. Damit hätte ich ihr Schicksal besiegelt. Unweigerlich wäre es darauf hinausgelaufen, dass man sie umgebracht hätte. So ist es bei denen bis jetzt nämlich immer gelaufen.

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