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Im Rausch von 1001 Nacht

Konstantinopel, 1817: Was für ein Abenteuer, allein in die Ferne zu reisen! Doch als Lady Morvall auf einem Basar von dem Engländer Andrew Fenton gerettet wird, ahnt sie: Das größte Abenteuer beginnt für sie erst jetzt. In den Armen ihres verwegenen Beschützers, der um die sinnlichen Geheimnisse des Orients weiß...


  • Erscheinungstag: 30.11.2023
  • Seitenanzahl: 90
  • ISBN/Artikelnummer: 9783745753783
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Auf dem Land in Herfordshire, Januar 1817

Z u den Türken? Du willst in das Osmanische Reich? Hast du den Verstand verloren? Eine Dame von Stand, die ohne angemessene Begleitung reist? Das ist ungeheuerlich! Ich verbiete es dir ausdrücklich!“ Sir Hubert Morvall warf seiner Stiefmutter einen strengen Blick zu, der seine unerschütterliche Autorität als Familienoberhaupt unterstreichen sollte.

„Ich wüsste nicht, wie du mich daran hindern könntest, Hubert.“ Caroline, Lady Morvall, erwiderte den finsteren Blick mit einem wissenden Lächeln, das seine Wut gewiss noch steigern würde. So sehr sie sich auch bemüht hatte, ihren Stiefsohn lieb zu gewinnen, er war ihr immer nur als ein humorloser, selbstsüchtiger Langweiler vorgekommen, der unangebrachter Weise darauf stolz war, in die viel zu großen Fußstapfen seines Vaters zu treten und der 5. Baron Morvall zu werden.

Neben ihr ließ ihre Schwiegertochter, die guter Hoffnung war, einen übertriebenen Klagelaut vernehmen. „Aber du bist doch noch immer in Trauer, Mutter“, flüsterte Clara, während sie die kleinen Hände über den gerundeten Bauch kreisen ließ und Carolines Unwillen über die Form der Anrede ignorierte.

Weshalb eine Frau, die kaum zwei Jahre jünger war als sie, darauf bestand, sie Mutter zu nennen, war ihr ein Rätsel – möglicherweise war das auf Huberts Einfluss zurückzuführen. Wenn Caroline so genannt wurde, kam sie sich uralt vor.

„Morgen jährt sich der Todestag von Sir William“, sagte Clara ehrfürchtig.

„Und an diesem Tag werde ich die schwarzen Kleider ablegen und meine Sachen packen“, erwiderte Caroline wild entschlossen. Ihr verstorbener Mann hätte diese Art von Rührseligkeiten verabscheut. Sie konnte sich keine bessere Art vorstellen, das Andenken an den geliebten William zu bewahren, als eben jene Reise anzutreten, von der er so lange geträumt und die er jahrelang bis ins kleinste Detail geplant hatte. Beinahe kam es ihr vor, als ob er ihr in diesem stickigen Raum seine Zustimmung zuraunte.

Zunächst hatten der Tod seiner ersten Frau und die beschränkten Reisemöglichkeiten durch den langen Krieg gegen Frankreich die Reise verzögert. Später, nach der zweiten Heirat, hatte der Baron Bedenken gehabt, seine junge Frau den Strapazen eines solchen Abenteuers auszusetzen. Schließlich hatten sie gemeinsam den Entschluss gefasst, die Reise zu wagen – kurz bevor er vollkommen unerwartet einer Herzattacke erlag.

„Ich habe bereits alles vorbereitet“, fügte Caroline hinzu, womit sie weiteres Öl in das Feuer goss und Huberts Zorn noch schürte. Er erinnerte sie an den Truthahn auf dem Hof eines Pächters, dessen Doppelkinn bei jeder Gelegenheit vor Entrüstung bebte. „Ich habe einen erfahrenen Reiseführer gefunden, den ich am Dienstag in London treffen werde. Am Samstag segeln wir los.“

Einen schrecklichen Augenblick lang befürchtete Caroline, dass Hubert eine Herzattacke erleiden würde, von der tödlichen Art, die ihren Gatten im Alter von sechsundfünfzig Jahren ereilt hatte. Doch dann wurde Huberts hochroter Kopf wieder blasser, und sie atmete auf. „Du hast das alles hinter meinem Rücken geplant. In deinem Alter ist ein solches Verhalten empörend!“

„Hubert, ich bin sechsundzwanzig. Du bist siebenundzwanzig. Ich sehe nicht ein, was mein Alter damit zu tun hat. Oder was du mir in dieser Angelegenheit vorzuschreiben hättest, wenn wir schon davon sprechen! Wie du sehr wohl weißt, bin ich finanziell von dir unabhängig und kann tun und lassen, was ich will. Und ganz gewiss möchte ich dich nicht über meine Pläne oder Korrespondenzen auf dem Laufenden halten. Ich will die Gründe für meine Vorgehensweise hier noch einmal ganz deutlich machen, damit Clara sich nicht hintergangen fühlt.“ Sie wandte sich an die jüngere Frau. „Es tut mir leid, dass ich mein Vorhaben nicht früher angekündigt habe, aber ich wusste, dass es genau zu diesen Streitgesprächen führen würde, und ich wollte mir nicht wochenlang Huberts Vorhaltungen anhören.“

Clara ergriff Carolines rechte Hand und flüsterte: „Sir Hubert ist doch jetzt das Familienoberhaupt. Wir müssen ihm gehorchen.“

Wie so oft wunderte sich Caroline über Claras einfältige Fügsamkeit. Huberts aufgeblasene Art schien sie zu beeindrucken. Es war kaum anzunehmen, dass sie ihn liebte – oder wenigstens konnte von körperlicher Leidenschaft keine Rede sein. Noch vor ein paar Tagen, als Caroline sich mitfühlend nach Claras morgendlicher Übelkeit erkundigt hatte, hatte die junge Frau ihr anvertraut, dass die Unannehmlichkeiten bei Weitem geringer wären, als das, was sie schüchtern als „die ehelichen Pflichten“ bezeichnete.

Caroline hatte eine kurze, aber ungewöhnlich glückliche Ehe mit Huberts Vater erlebt. Sir William erwies sich als ein lebenslustiger Mann von außergewöhnlicher körperlicher Kraft und einem erheblichen Talent, seine junge Frau im Bett glücklich zu machen. Caroline war bewusst, dass er seine diesbezüglichen Fähigkeiten in außerehelichen Abenteuern erworben hatte, bevor er ihr Mann geworden war. Sie war dafür dankbar. Wenn sie von Hubert zu Clara blickte, war nicht zu übersehen, dass die Kompetenz in Liebesdingen nicht in der Familie lag.

Sie vermisste Williams Gesellschaft und seine lebenslustige Art schrecklich, aber ebenso sehnte sie sich nach dem gemeinsamen Liebesspiel. Mit sechsundzwanzig ist ein Mensch viel zu jung, um ein enthaltsames Leben zu führen, sagte sie sich innerlich aufseufzend. Wie sie dieses Problem jedoch lösen sollte, ohne sich an einen neuen Ehemann zu binden – den sie gewiss nicht so wie den ersten lieben würde –, war ihr ein Rätsel.

„Worüber lächelst du, Caroline?“, herrschte Hubert sie an. „Das Ganze ist wahrhaftig nicht zum Lachen!“

„Ebenso wenig wie dein Verhalten“, erwiderte sie gelassen. „Ich dachte gerade daran, wie wenig du deinem lieben Vater ähnelst, Hubert. Muss ich dir wieder in Erinnerung rufen, dass ich dich nicht um Erlaubnis bitten muss, egal was ich tue.“

„Papa muss betrunken gewesen sein, als er dir so viel Geld vermachte, ohne die geringsten Reglementierungen und Kontrollvorkehrungen festzulegen. Du wirst noch wie diese entsetzliche Hester Stanhope enden!“, zeterte er, während er aufgebracht vor dem qualmenden Kaminfeuer auf und ab lief.

„Du meinst in einem libanesischen Palast, umgeben von einer ganzen Reihe attraktiver junger Liebhaber?“, zog sie ihn auf. „Ich glaube, genau davon ist in diesen Klatschgeschichten immer die Rede. Ehrlich gesagt klingt das nach keinem schlechten Leben. Und gewiss ist es amüsanter als eine weitere eintönige Saison bei Almack’s.“

Könnte ich mir vielleicht auch einen Liebhaber zulegen? Würde ich das wagen? Dann würde ich zumindest das Risiko umgehen, mich dauerhaft an einen Mann zu binden. Das war ein skandalöser Gedanke, obgleich sie annahm, dass William sie dazu ermutigt hätte, wenn er ihr jetzt einen Rat hätte erteilen können. Ihr Vergnügen und ihr Glück hatten für ihn stets im Vordergrund gestanden, und dabei hatte er wenig auf sittliche Gepflogenheiten geachtet. Doch wie stellte eine angesehene Witwe es an, einen Liebhaber zu finden, ohne zugleich einen Skandal heraufzubeschwören?

Diese interessanten Überlegungen wurden jäh durch Huberts laute Stimme unterbrochen. „Wie kannst du es wagen, in Claras Gegenwart über solche Dinge zu sprechen?“

„Clara ist eine verheiratete Frau. Ich kann mir schwer vorstellen, dass sie durch die Erwähnung allgemein bekannter Tatsachen verdorben wird.“ Wie alle verheirateten Frauen in Carolines Umfeld betrachtete Clara alles Sinnliche und Lustvolle als abstoßend. Sie würde die Aussicht auf einen Liebhaber ganz und gar nicht verlockend finden.

Caroline stand auf und ergriff das Buch, in dem sie zurzeit las – Reisen durch das antike Anatolien von Andrew Fenton –, ihre Notizen und das Retikül. „Mein Entschluss steht fest, Hubert. Ich breche morgen auf.“

Der Regen prasselte gegen das Fenster, als sie sich abwandte, um ihrem wütenden Stiefsohn für lange Zeit den Rücken zuzukehren. Zum Schutz wickelte sie sich den schwarzen Trauerschal um die Schultern. Es schien ihr, als ob ein Jahr vergangen wäre, in dem sie kaum einen Sonnenstrahl erblickt oder echte menschliche Wärme verspürt hatte. Sie war fest entschlossen, sich nie wieder einer solchen Kälte auszusetzen.

Auf dem Marmarameer: fünf Monate später

Caroline lehnte sich gegen die Reling des Schiffs und kniff wegen des blendenden Sonnenlichts auf den Wellen die Augen zu Schlitzen zusammen. Dort lag Asien. Asien! Sie konnte kaum glauben, dass sie endlich hier war. Die lange Seereise, die Aufregung, Neapel und Malta zu sehen, die vielen Unbequemlichkeiten – all das verblasste zu unwirklichen Erinnerungen, als sie sich dem Ufer und damit dem Ziel der Reise näherte.

Sie drehte sich zu dem Wirrwarr von Minaretten, Turmspitzen und Kuppeln, aus dem die imposante Silhouette der Stadt geformt war, und versuchte, eines der berühmten Gebäude auszumachen. Welche Moschee war die Blaue Moschee? Wo befand sich der Harem des Sultans? Wo lag das Goldene Horn? Die anderen Passagiere, denen der unglaubliche Anblick offenbar vertraut war, hatten sich alle nach unten begeben, um ihre Sachen zusammenzupacken. Auch ihr Reiseführer befand sich irgendwo dort unten, und es gab niemanden, den sie nach den Gebäuden hätte fragen können.

Zentimeter für Zentimeter tauchte aus dem Dunst vor ihr Konstantinopel auf – eine exotische Stadt, die von Muslimen, Christen und Juden bewohnt wurde. Alle verehrten ihren einen Gott, betrieben Handel und lebten zusammen in einer Stadt, die groß genug erschien, um die gesamte Einwohnerschaft der Grafschaft Essex zu verschlucken. Der Anblick raubte ihr den Atem. Es war wie ein Traum, ein Wunder!

Der warme Wind nahm zu und wehte ihr Gewürzdüfte, Rauch- und Fischgeruch sowie eine Spur von Abwassergestank entgegen. Der Traum löste sich auf und wurde durch eine exotische Wirklichkeit ersetzt. Caroline seufzte, als ob ihr eine Zentnerlast von den Schultern genommen würde – eine, deren sie sich kaum bewusst gewesen war.

Endlich war sie wirklich hier. Sie verspürte ein seltsames Schaudern: teils aus Furcht, teils aus Aufregung. Ein neues und ganz und gar aufregendes Gefühl erfasste sie. Dies war kein Ort, an dem man allein sein sollte, keine Stadt für zugeknöpfte englische Zurückhaltung und langweilige Wohlanständigkeit. Dies war eine Stadt, die alle Sinne ansprach. Schwach waren die hohen Töne einer fremdartigen Flöte zu vernehmen, die über das Wasser trieben.

Die Brise wehte ihr die Röcke um die Beine und liebkoste ihr unverschleiertes Gesicht wie die zärtliche Berührung weicher Hände. Es war, als ob warme Finger ihre Glieder streichelten – verführerisch und herausfordernd. Von den langen Monaten der Enthaltsamkeit geschürt, erfasste sie ein sehnsüchtiges Verlangen. Sie erinnerte sich daran, wie es war, sich ganz einem Kuss hinzugeben, und schloss die Finger noch fester um die Reling.

Inmitten ihres betörenden Tagtraums war sich Caroline kaum bewusst, dass sie die Zungenspitze über die prallen Lippen gleiten ließ und sich eine leichte Röte auf ihren Wangen ausbreitete. Ich wünschte, ich hätte einen Liebhaber – einen großen, attraktiven und charismatischen Mann.

Es ist unglaublich, wie mächtig die Einbildungskraft ist, dachte sie wie benommen. Sie zauberte den Mann regelrecht herbei, während sie vor sich hinträumte. Eine Weile hatte sie den Kopf gesenkt, doch nun sah sie langsam hoch und ließ die Blicke über ein Paar lange Beine wandern, über schlanke Hüften und einen flachen Bauch.

Caroline schluckte, als sie auf das weiße Hemd und den lässig geöffneten Gehrock sah, hoch zu den breiten Schultern, dem entschiedenen Kinn und einem herausfordernden Schmunzeln, das genau das versprach, wonach sie sich verzehrte. Oh ja!

Leise seufzend blickte Caroline in die grauen Augen eines ganz und gar realen Mannes, der keine drei Meter entfernt von ihr gegen die Reling lehnte.

Oh mein Gott … Caroline spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss, und blickte sich hilfesuchend um. Eine Flutwelle, ein Piratenüberfall, ein Angriff tscherkessischer Sklavenhändler … nichts. Und der Mann stellte sich gerade hin und kam direkt auf sie zu.

Sie war die schönste, begehrenswerteste und erotischste Frau, die er seit Langem gesehen hatte. In Anbetracht der Tatsache, dass er seit Jahren in der aufregendsten und weltoffensten Stadt der Welt lebte, hatte das schon etwas zu bedeuten. Drew verhielt sich ganz ruhig, um die blonde Europäerin nicht aus dem Trancezustand zu reißen, in dem sie sich befand. Keinen Moment lang bildete er sich ein, das Objekt ihrer erhitzten – sehr erhitzten – Gedanken zu sein. Wenn sie ihn überhaupt wahrnahm, hatte ihre Einbildungskraft die Kontrolle übernommen, sodass sie in seinen Zügen einen ganz anderen Mann erblickte.

Nichtsdestotrotz war es eine ausgesprochen erregende Erfahrung, mit derartigem Verlangen betrachtet zu werden. Drew verspürte erheblichen Neid, wenn er an den glücklichen Mann dachte, nach dem diese Frau sich sehnte.

Dass er sich maßlos zu ihr hingezogen fühlte, ließ sich kaum verbergen, und vergeblich versuchte er, sich ganz auf ihre großen und verträumten blau-grauen Augen zu konzentrieren. Sie liebkoste seinen Körper mit Blicken, während ihre sinnlichen Lippen leicht geöffnet waren. Gerade fuhr sie mit der Zungenspitze über die rosige Unterlippe. Er versuchte, nicht auf ihre verführerischen Brüste und die schlanken langen Beine zu achten, deren Konturen gut zu erkennen waren, weil der Wind den Musselinstoff ihres Kleides eng an den Körper presste.

Hoffnungslos. Früher oder später musste er den Zauber brechen, oder sie würden beide die Besinnung verlieren. Sein Humor half ihm aus der peinlichen Situation. Lächelnd ging er auf sie zu.

In diesem Moment schien sie aus ihrem Tagtraum zu erwachen und sich bewusst zu werden, wie lüstern sie einen Mann aus Fleisch und Blut anstarrte – und noch dazu einen gänzlich Fremden.

Wie würde sie reagieren? Ohne Zweifel war sie eine erfahrene Frau. Was auch immer ihr durch den Kopf gegangen war, es schienen nicht die romantischen Tagträume einer unschuldigen jungen Dame zu sein. Doch das Erschrecken in ihren weit geöffneten Augen und ihr heftiges Erröten zeigten ihm, dass dieses bezaubernde Mädchen keine abgebrühte Verführerin war.

Sie wirkte vollkommen durcheinander und schien sich unruhig nach einem Fluchtweg umzusehen. Mit drei Schritten überwand Drew die kurze Distanz, die noch zwischen ihnen lag.

Er sprach mit ihr. Caroline verschränkte die Hände so fest ineinander, bis es schmerzhaft wurde – als ob der Schmerz sie für ihre lustvollen Gedanken strafen und dafür sorgen würde, dass dieser Mann sich in Luft auflöste. Es funktionierte nicht. Er stand jetzt genau vor ihr und zog den breitkrempigen Strohhut, sodass sein schwarzes Haar und das gebräunte Gesicht zu sehen waren. Nach wie vor lächelte er, und außer freundlichem Spott las sie in seiner amüsierten Miene die unverhohlene Feststellung, dass sie eine Frau und er ein Mann war und dass diese Tatsache Konsequenzen haben konnte.

„Sir …“ Ihre Stimme bebte, und sie schloss die Lippen fest, um vor Beschämung nicht wie eine Verrückte zu schreien.

„Madam“, erwiderte er ernst und setzte den Hut wieder auf. Selbst im Schatten funkelten seine grauen Augen aus Gründen, die sie sich gar nicht vorzustellen wagte. „Darf ich Ihnen einen Vorschlag unterbreiten?“ Seine Stimme klang tief und warm. Seine Aussprache verriet ihr sofort, dass er Engländer war, obgleich sie zunächst ganz und gar nicht davon ausgegangen war. Sie riss sich zusammen. Was um Himmels willen spielte es für eine Rolle, woher er stammte?

„Ja“, murmelte sie schließlich. Oh du meine Güte! Was wird er jetzt sagen? Wird er einen Versuch unternehmen, mich zu verführen? Das muss er kaum mehr tun, oder? Schließlich habe ich ihn angesehen, als wollte ich ihm die Kleider vom Leib reißen. Und ich möchte ihm tatsächlich die Kleider vom Leib reißen, hier und jetzt. Vollkommen schamlos … Genau das hatte sie sich gewünscht, und nun wusste sie nicht, was sie tun sollte.

„Wenn Sie sich auf die andere Seite der Reling begeben, haben sie den besten Blick auf die Stadt. Wir nähern uns dem Topkapi Palast mit seinem Serail. Man kann ihn jetzt schon gut erkennen. Sind Sie zum ersten Mal in Konstantinopel?“

„J…ja, danke für den Hinweis.“

„Genießen Sie es“, sagte der große Mann mit einem Lächeln, das ihren Mund zu berühren schien. Erneut zog er den Hut und spazierte dann über das Deck zu einem Mann mit langem Gewand, der einen Schrankkoffer und eine Reihe von Handkoffern bewachte.

In der Tat werde ich es genießen! Auf zitternden Beinen begab sich Caroline zu dem Platz, den er ihr empfohlen hatte. Sie war dankbar, dass sie dort durch einen Stapel Fässer vom Rest des Oberdecks abgeschirmt war. Er hatte nicht gemeint, dass sie die Sehenswürdigkeiten oder das Essen genießen sollte. Er hatte gemeint, dass sie das genießen sollte, wovon sie geträumt hatte. Ich wünschte, ich könnte es! Er denkt sicher, ich hätte einen Liebhaber an Bord oder einen Ehemann oder dass ich reise, um den einen oder den anderen zu treffen. Noch peinlicher hätte es kaum kommen können, oder?

Doch, das hätte es, gestand sie sich reumütig ein, als die Röte aus ihrem Gesicht wich und sie allmählich wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Er hätte ihr einen ganz vulgären – oder in taktvolle Worte verkleideten – Vorschlag unterbreiten können. Sie hätte keinerlei Rechtfertigung gehabt, ihn abzuweisen.

Autor