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Menschenkenntnis. Wie wir unsere Urteilskraft schärfen und bessere Entscheidungen treffen

Als Buch hier erhältlich:

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Woher weiß ich, wer du bist? Neue Erkenntnisse aus der Persönlichkeitspsychologie

Topmanager oder Toxic Leader. People Pleaser oder Egoist. Wie wir andere einschätzen, hat enormen Einfluss auf unsere Entscheidungen. Doch was macht »gute« Menschenkenntnis eigentlich aus?

Richard Davis hat viele Jahrzehnte damit verbracht, den erfolgreichsten Unternehmen der Welt dabei zu helfen, ihre Führungspositionen zu besetzen. Und irrte dabei so gut wie nie.

Praxisnah und unterhaltsam liefert Davis uns nicht nur das nötige Handwerkszeug, um unsere eigene Wahrnehmungsfähigkeit zu schärfen, sondern zeigt anhand der Geschichten aus seinem Berufsalltag, warum das Erkennen von Persönlichkeitsmerkmalen das Wichtigste ist – und warum es sich (fast) immer lohnt, ein zweites Mal hinzuschauen.

Davis zeigt auf eindringliche Weise, wie wichtig es gerade heute ist, unsere zwischenmenschliche Wahrnehmungsfähigkeit zu bewahren.«

Forbes Magazine

»Ein einzigartiger Leitfaden, um zu lernen, wie man Menschen besser lesen und verstehen kann.«

USA Today

Wenn Sie Ihr Urteilsvermögen verbessern und Ihr Gegenüber besser kennenlernen wollen, machen Sie mit diesen Fragen nichts falsch:


  • Wer hat Sie schon in frühen Jahren beeinflusst? Inwiefern ähneln oder unterscheiden Sie sich von dieser Person?
  • Wie würden Sie Ihren engsten Freundeskreis beschreiben? Was bringt Ihre Freunde auf die Palme
  • Wenn sie als außenstehender Mensch auf Ihr Leben blicken würden, wie würden Sie es beschreiben?
  • Was würde Ihr ehemaliger Chef über Sie sagen?

  • Erscheinungstag: 15.04.2025
  • Seitenanzahl: 256
  • ISBN/Artikelnummer: 9783749908318
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Richard Davis

Menschen
kenntnis

Wie wir unsere Urteilskraft schärfen
und bessere Entscheidungen treffen

Aus dem amerikanischen Englisch
von Johanna Wais

HarperCollins

Für Eva, Brandon, Aaron und Lauren, die mich auf unermessliche Weise inspirieren.

Hinweis

In diesem Buch erzähle ich immer wieder Geschichten meiner Klienten und Klientinnen – Erfolgsgeschichten, aber auch Geschichten ihrer Abgründe und Fehlschläge. Bei einigen Personen habe ich aus Gründen der Vertraulichkeit die Namen und einige Charakteristika verändert, anhand derer sie erkennbar wären. Bei anderen konnte ich etwas offener sein. In jedem Fall hoffe ich, einen Beitrag dazu zu leisten, die hohe Bedeutung guter Urteilskraft zu vermitteln. Wir alle müssen im Laufe unseres Lebens schwierige Entscheidungen treffen, die andere Menschen betreffen. Entscheiden wir uns richtig, macht uns das letztendlich glücklicher und erfolgreicher.

Einleitung

Als kleiner Junge in den späten 1970er- und frühen 1980er-Jahren nahmen mich meine Eltern zu Hockeyspielen, Konzerten und anderen Ausflügen mit. Wir fuhren oft lange mit der U-Bahn durch meine Heimatstadt Toronto. Zum Zeitvertreib spielten meine Mutter und ich »das Spiel«. Sobald sich eine interessant aussehende Person uns gegenübersetzte, stupste mich meine Mutter mit dem Ellbogen an und flüsterte: »Was glaubst du?« Das war mein Stichwort, mir eine detailreiche Geschichte über diese fremde Person auszudenken, eine, die plausibel erschien, aber ganz und gar erfunden war.

Sagen wir, es war Sonntagnachmittag, und ein Geschäftsmann Ende zwanzig mit einem maßgeschneiderten Nadelstreifenanzug und einer schweren Einkaufstüte betrat den Waggon. Dunkelhaarig, schlank, mit Ehering. Frisch rasiert. Zusätzlich zu den Einkäufen hatte er eine relativ neu aussehende lederne Brieftasche dabei und machte einen müden und etwas angespannten Eindruck.

Meine Mutter stieß mich an, und ich beugte mich zu ihr hinüber und murmelte: »Okay, der Typ heißt Mike, mit Nachnamen … Simpson. Mike arbeitet bei einer Bank, und seine Frau Cheryl, die auch bei der Bank arbeitet, ist im achten Monat schwanger. Obwohl es Sonntag ist, hat Mikes strenger Chef ihn dazu gezwungen, zur Arbeit zu kommen, um ihm zu helfen, ein großes Projekt abzuschließen. Sein Chef ist altmodisch, deshalb erwartet er, dass Mike im Anzug erscheint.«

Nach einem weiteren verstohlenen Blick auf »Mike« nickte meine Mutter und forderte mich auf fortzufahren.

»Folgendes ist passiert«, hätte ich dann zum Beispiel sagen können. »Mike und sein Chef hatten sich gerade an die Arbeit gemacht, als Cheryl anrief. Ihr war übel, und sie hatte ein starkes Verlangen nach Essiggurken und Eis. Sie fragte Mike, ob er so lieb sein könne, ihr das und ein paar weitere Dinge zu besorgen. Mike ist ein netter Kerl und liebt seine Frau abgöttisch – er kann einfach nicht Nein sagen, wenn sie etwas von ihm möchte. Obwohl er wusste, dass er deswegen Ärger mit seinem Chef bekommen würde, entschuldigte er sich, um das Gewünschte einzukaufen.«

So gingen diese Geschichten unendlich weiter. War »Mike« ausgestiegen und jemand anderes mit einer interessanten Ausstrahlung hereingekommen, begannen wir eine neue Geschichte und spannen diese so lange weiter, wie wir konnten. Das machte unheimlich Spaß, und die U-Bahn-Fahrten vergingen dadurch wie im Flug.

Jahrelang gab ich nicht viel auf diese Geschichten. Unser Spiel war eben nur ein Spiel. Als ich zwanzig wurde, begriff ich jedoch, dass mich dieses Ablenkungsmanöver gelehrt hatte, die Welt um mich herum genau zu beobachten. Vielleicht noch wichtiger, es hatte mir einen umfangreichen Wortschatz beschert, um Persönlichkeiten zu beschreiben. Wo auch immer ich war, registrierte ich andere Menschen und ihr Verhalten bis hin zu den kleinsten Details – wie sie sprachen, ihre Körperhaltung, wie sie sich kleideten und wie andere auf sie reagierten.

Im Grunde habe ich nie aufgehört, »das Spiel« zu spielen. Es ist nicht allzu weit hergeholt, wenn ich sage, dass ich heute meinen Lebensunterhalt damit verdiene, denn ich bin Organisationspsychologe und habe mich auf die Begutachtung von Persönlichkeiten spezialisiert. Unsere Persönlichkeit steuert unser Verhalten. Sie schließt unsere Motivationen, Werte, sozialen Neigungen, Reaktionen auf Krisen oder komplexe Situationen sowie Denkmuster ein. Um vernünftige Entscheidungen im Hinblick auf Menschen zu fällen, müssen Sie in der Lage sein, vorauszusehen, wie sie sich wahrscheinlich verhalten werden. Und die beste Art und Weise, das zu tun, ist, ihre Persönlichkeit zu verstehen.

Wenn ich auf die eine oder andere Weise Menschen beurteile, dann berufe ich mich auf meine langjährige Erfahrung und auf die Hilfe der etablierten Wissenschaft. Einige der größten, bekanntesten Unternehmen engagieren mich, damit ich als Entscheidungsgrundlage für sie innerhalb kurzer Zeit Kandidaten und Kandidatinnen für Führungspositionen und potenzielle Geschäftspartnerschaften einschätze, außerdem helfe ich CEOs und leitenden Angestellten dabei, mit den komplexen Anforderungen ihrer Arbeitswelt noch besser zurechtzukommen. Der Vorteil für diese Führungskräfte liegt darin, dass sie durch meine Beratung erkennen, wie sie ticken und auf andere wirken. Hierbei wende ich meine Menschenkenntnis an – die Fähigkeit, andere Menschen genau zu beobachten, um ihren Charakter einzuschätzen und auf dieser Grundlage zuverlässig ihr Verhalten vorauszusagen.

Solche wissenschaftlich basierten Begutachtungen haben wichtige praktische Konsequenzen. Viele Unternehmen, für die ich arbeite, haben äußerst relevante Entscheidungen über Menschen zu fällen: wen sie als CEO einstellen sollen, beispielsweise, oder ob sie ein anderes Unternehmen samt Führungsetage übernehmen oder wie sie schwierige Personalfragen lösen können. Bei solchen Entscheidungen berücksichtigen meine Klienten und Klientinnen in der Regel traditionelle Kriterien wie die Erfahrung einer Person, ihre Erfolgsbilanz, ihren Bildungshintergrund, ihre zwischenmenschliche Wirkung, ihre Fähigkeit zu strategischem Denken, ihr berufliches Ansehen und so weiter. Zunehmend beziehen Unternehmen auch Faktoren wie die »emotionale Intelligenz« (später mehr zu diesem Konzept und seinen Mängeln) und persönliche Wertvorstellungen mit ein. Bevor sie eine Entscheidung treffen, holen sie jedoch mich dazu, um einzuschätzen, welche Charakterzüge wirklich aussichtsreiche Kandidaten von den übrigen abhebt. Haben die Betreffenden ein bestimmtes Temperament und neigen sie zu besonderen Verhaltensweisen, die sie benötigen, um erfolgreich zu sein? Falls nicht, ist es wichtig, das zu wissen. Und falls ja: Was müssen die Unternehmen frühzeitig tun, um die neu Eingestellten möglichst reibungslos in die Organisation zu integrieren?

Meine Schlussfolgerungen haben häufig weitreichende Folgen, persönlich wie geschäftlich. Jemandes Karriere kann dadurch Fahrt aufnehmen oder enden. Ein Unternehmen oder ein Team kann sich weiterentwickeln oder scheitern, übernommen oder links liegen gelassen werden.

Zunächst sieht mein Verfahren einige formelle psychologische Tests vor, die mir einen groben Eindruck der Persönlichkeit meines Gegenübers verschaffen. Aber die wahre Magie liegt in einem sehr spezifischen, dreistündigen Interview. In dieser Sitzung interessiere ich mich für die persönliche Geschichte der Person und bitte sie, mich chronologisch durch diese zu führen. Unser individueller Charakter ist in vielerlei Hinsicht das Ergebnis unserer Erfahrungen, also bitte ich meine Interviewpartner, zentrale Erlebnisse aus ihrem Leben zu beschreiben. Dieses Interview folgt zwar einer bewussten Methodik, gleichzeitig bleibe ich aber flexibel und achte darauf, dass es sich natürlich anfühlt. Es ist keine formelle Angelegenheit wie ein Vorstellungsgespräch, sondern eher ein informeller, reflektiver Austausch, wie man ihn bei einem Bier oder Glas Wein haben könnte.

Während dieser Begutachtung frage ich mein Gegenüber nach seinen Eltern, seiner Kindheit, wie sein Studium war und so weiter. Ich erkundige mich nach seinen Entscheidungen, nach Kindheitsfreundschaften und Werten, mit denen die Person aufgewachsen ist. Statt eine vorgefertigte Liste von Fragen abzuarbeiten, auf die ich mir bestimmte Antworten erhoffe, stelle ich meine Fragen ganz gezielt. Dabei konzentriere ich mich voll und ganz auf die Persönlichkeit – wie gewissenhaft ist diese Person, wie aufgeschlossen, wie stark ist ihre Neigung zum strategischen Denken und vieles mehr –, um herauszufinden, ob sie spezifische Eigenschaften besitzt, die meine Auftraggeber erwarten, und ob sie diese Eigenschaften auf eine Weise zeigt, die deren Zielen zugutekommt.

Der Vorstand eines Unternehmens könnte zum Beispiel auf der Suche nach einer entschlussfreudigen, fokussierten Person als CEO sein, die zudem eine ausgezeichnete Kommunikatorin ist. Wer Geld in ein Start-up investiert, will vielleicht eine Führung, die nicht nur visionär ist, sondern auch gut mit anderen zusammenarbeiten, konstruktives Feedback annehmen kann und so weiter. Erfüllen die infrage kommenden Personen diese Kriterien? Besitzen sie möglicherweise irgendwelche Eigenschaften, die sich als destruktiv für die Position herausstellen könnten? Meinen Klientinnen und Klienten gebe ich eine klare Antwort: ja oder nein.

Die Unternehmen, für die ich in den vergangenen zwei Jahrzehnten Tausende Menschen beurteilte, zählten zu Branchen wie dem Profisport, der Technologie, der Mode und dem internationalen Bankwesen und waren auf jedem Kontinent außer Antarktika (dort war ich allerdings als Tourist – faszinierend!) tätig. Wenn sie meine Empfehlungen ignorierten und zum Beispiel eine Person einstellten, deren Charakter aus meiner Sicht nicht für die fragliche Funktion geeignet war, wurden sie am Ende fast immer von den Eigenschaften eingeholt, vor denen ich gewarnt hatte.

Eine Private-Equity-Gesellschaft, die ich berate, hatte vor, in eine schnell wachsende Firma zu investieren, die bereits einige kleinere Arztpraxen überall in den USA aufgekauft hatte und nun unter einem gemeinsamen Namen zu einer Organisation verschmolz. Im Allgemeinen sind Arztpraxen im Verbund profitabler als unabhängig geführte. Hätte das fragliche Unternehmen die Übernahmen und die Integration der Praxen forcieren können, so hätte die Kapitalbeteiligungsgesellschaft Dutzende Millionen mit dem Deal verdienen können. Ähnliche Konsolidierungsstrategien im Gesundheitsbereich waren Milliarden von Dollar wert.

Als das Unternehmen auf mich zukam, hatte man bereits eine ausführliche Finanzanalyse vorgenommen, die strategische Planung analysiert und eine juristische Überprüfung durchgeführt. Alles sah gut aus, und man war bereit für den Abschluss. Dennoch wollte man im Rahmen der Sorgfaltspflicht eine letzte Sache tun: herausfinden, ob die Führungskräfte des konsolidierenden Unternehmens die notwendigen Eigenschaften besaßen, um die vorgelegte Strategie umzusetzen und das Geschäft den Erwartungen der Private-Equity-Gesellschaft gemäß zu skalieren.

Indem ich die Hauptakteure mehrere Stunden interviewte und dazu das Verfahren anwandte, das Sie in diesem Buch kennenlernen werden, stieß ich auf ein großes Problem. Der CEO der Konsolidierungsgesellschaft – ich nenne ihn Jay – war intelligent und gut organisiert, aber er besaß Charakterzüge, die ihn daran hindern würden, sein Unternehmen zu vergrößern. Er war von Natur aus ein skeptischer Mensch mit starken Überzeugungen, der seine Meinung nicht leicht änderte. Statt den Wandel anzunehmen und Fortschritt anzustreben, orientierte er sich an altbewährten Verfahren, die in der Vergangenheit funktioniert hatten. Jays Persönlichkeit war außerdem schwierig – reserviert, nüchtern, wenig einfühlsam. Andere Menschen waren ihm zwar wichtig, aber das zeigte er nicht. Außerdem wurde ersichtlich, dass Jays Motivation nicht im Gewinnstreben lag (ja, Kapitalbeteiligungsgesellschaften wollen CEOs, die sich durch Geld motivieren lassen) oder auch nur in der Leidenschaft für seine Tätigkeit. Er wollte vor allem unabhängig sein, sein Schicksal selbst in der Hand haben, sein eigenes Ding machen.

Basierend auf meiner Begutachtung, kam ich zu dem Ergebnis, dass Jay nicht in der Lage sein würde, sein Unternehmen viel weiter wachsen zu lassen, als er es schon getan hatte. Sein Erfolg darin, Ärzte und Ärztinnen zu überzeugen, ihre Praxen an sein Unternehmen zu verkaufen, sahen auf dem Papier gut aus, doch dabei hatte er sich auf langjährige persönliche Beziehungen verlassen statt auf eine vernünftige Übernahmestrategie. Er verfügte weder über die zwischenmenschlichen Fähigkeiten noch die Flexibilität, um Ärzte und Ärztinnen landesweit von seiner Idee zu überzeugen, noch würde er mit den Anforderungen zurechtkommen, denen er als Chef eines viel größeren Unternehmens begegnen würde. Auf der persönlichen Ebene wäre er ein ausgesprochen schlechter Partner für meinen Private-Equity-Klienten gewesen. Er brauchte seine Unabhängigkeit und mochte es nicht, Feedback zu erhalten. Das bedeutete, er würde sich – unabhängig von ihren guten Absichten – durch die Unterstützung meines Klienten und der anderen Vorstandsmitglieder der Kapitalbeteiligungsgesellschaft ausgebremst fühlen.

Ich riet der Private-Equity-Firma also, den Deal abzublasen. Das hörten sie dort nicht gern. Sie hatten bereits Hunderttausende Dollar in Due-Diligence-Prüfungen gesteckt, und das Geschäft machte einen vielversprechenden Eindruck. Am Ende hörten sie jedoch auf mich. Zum Glück: Andere investierten in dieses Unternehmen, und wenige Jahre später scheiterte es, weil es Jay und seinem Team nicht gelungen war, es zu skalieren – genau wie ich es in meiner Beurteilung vorausgesagt hatte. »Gott sei Dank haben wir unser Angebot zurückgezogen«, sagte mein Klient später. »Wir hätten unser letztes Hemd verloren.«

Die Fähigkeit, die Persönlichkeit anderer schnell und exakt einzuschätzen und Bias und Vorurteile, die unsere Wahrnehmung verzerren könnten, zu überwinden, ist sowohl in beruflichen als auch in privaten Beziehungen von tragender Bedeutung. Ich würde behaupten, sie gehört zu den wichtigsten Aspekten des Beurteilens von Menschen und vielleicht zu den grundlegendsten menschlichen Kompetenzen allgemein. Auch andere Fähigkeiten wie kritisches oder langfristiges Denken, Risikomanagement und ein ethisches Bewusstsein helfen uns, gute Entscheidungen zu treffen. Aber die schwierigsten und folgenreichsten Entscheidungen, vor denen wir stehen – wen wir heiraten sollen, welchen Job wir annehmen sollen, wer unsere Geschäftspartnerin oder unser Geschäftspartner werden könnte, auf welche Taktik wir in Verhandlungen setzen sollen –, basieren fast immer auf einer Beurteilung beteiligter Personen. Gute Entscheidungen erfordern daher im Grunde eine gute Urteilsfähigkeit im Hinblick auf Menschen. In dieser Hinsicht hat sich das prähistorische menschliche Vermögen, zu bestimmen, wer Freund und wer Feind ist, mit der Zeit zu einem mächtigen Werkzeug entwickelt, das chancenreiche von glücklosen Menschen trennt.

Vielleicht kommt Ihnen an diesem Punkt eine andere, breit diskutierte Fähigkeit in den Sinn, die mit Menschenkenntnis in Verbindung gebracht wird: die emotionale Intelligenz (EQ). In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben ihre Vertreter sie als Heilmittel gepriesen für alles, was sich negativ auf unser Verhalten im Privaten sowie in Führungspositionen auswirkt. Einige von Ihnen sind sicher überzeugt, dass wir alle emotionale Intelligenz brauchen, um klügere Entscheidungen zu fällen und bessere Leistungen zu bringen. Lassen Sie mich hier als staatlich anerkannter Psychologe, dessen Kolleginnen und Kollegen diesem Gedanken teilweise in ähnlicher Weise in die Falle gegangen sind, sagen: Was Sie über emotionale Intelligenz gehört haben, ist größtenteils überzogen und nur minimal zielführend. EQ klingt gut, fühlt sich richtig an, und wir können uns wünschen, er wäre in seiner populären Form ein echtes Konzept, doch das ist nicht der Fall.

Eine Grundannahme des EQ ist die Bedeutung von Emotionen für das menschliche Verhalten. Dem stimme ich von ganzem Herzen zu: Emotionen sind wichtig, und die Fähigkeit, die Emotionen anderer Menschen erkennen und auf sie reagieren zu können, ist die Essenz von Empathie. Doch Emotionen sind flüchtig. Sie sagen uns nicht viel darüber, wie sich eine Person auf lange Sicht verhalten wird. Charaktereigenschaften hingegen sind stabil und beständig. Wollen wir eine gute Menschenkenntnis entwickeln, ist es weniger sinnvoll, Einblicke in den emotionalen Zustand eines Gegenübers zu gewinnen, als seine (und die eigenen) Charakterzüge zu verstehen.

Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen geheimen Röntgenblick für Menschen – die unheimliche Fähigkeit, durch das hindurchzusehen, was andere nach außen hin zeigen möchten, und zu erkennen, wer sie wirklich sind. Die Mitarbeitenden, die Sie einstellen, würden aufblühen, weil sie die geeigneten Fähigkeiten und das passende Temperament für ihre Tätigkeit besäßen. Ihre Beziehungen zu Ihrem Team, Ihren Geschäftspartnern, Lieferanten und Vorgesetzten, Ihrer Kundschaft und zu allen anderen Menschen wären erfüllender, weil Sie besser in der Lage wären, diese Verbindungen aufzubauen und zu vertiefen. Sie würden Ihre Arbeit lieber machen, weil Sie sich mit Menschen umgeben würden, die Ihnen helfen, erfolgreich zu werden, statt sich Ihnen in den Weg zu stellen. Nahezu jede Beziehung bei der Arbeit und im Privatleben würde besser laufen, wenn Sie basierend auf Ihren Erkenntnissen über die Persönlichkeit anderer handeln würden. Sie würden die richtigen Menschen auswählen, und es würde Ihnen leichter fallen, Beziehungen langfristig zu pflegen, anderer Leute Handeln zu interpretieren und auf produktivere Art und Weise auf sie zu reagieren.

Vielleicht glauben Sie, man müsse mit einer solchen Menschenkenntnis geboren werden und könne sie sich nicht im späteren Leben aneignen. Es stimmt, dass einige äußerst erfolgreiche Menschen ein intuitives Gespür dafür zu haben scheinen, andere einzuschätzen, und dass ältere Menschen dank ihrer Lebenserfahrung und Weisheit (Großeltern beispielsweise scheinen einfach zu wissen, wie sie andere Menschen beurteilen können) eine bessere Menschenkenntnis besitzen. Aber es gibt einen weiteren Weg, um Charakteren auf den Grund zu gehen, einen, der in meiner eigenen Laufbahn ganz entscheidend war: die Anwendung relevanter Erkenntnisse und Techniken aus der wissenschaftlichen Persönlichkeitsforschung.

Frühe Gelehrte auf dem Gebiet der Psychologie haben sich tendenziell auf unsere kollektive Erfahrung konzentriert und weniger darauf, was uns als Individuen einzigartig macht – unser Charakter. Sie studierten die Conditio humana, das Menschsein oder die Natur menschlichen Handelns, und warum wir uns als Spezies so verhalten, wie wir es tun. Diese Art der Forschung gipfelte in Sigmund Freuds früher, bahnbrechender Arbeit über die verschiedenen Ebenen des Bewusstseins und die zugrunde liegenden Mechanismen, die menschliches Handeln antreiben. Aus dieser Art der Forschung ist auch die Sozialpsychologie hervorgegangen, die unser Verhalten in sozialen Kontexten, den Einfluss unseres Umfelds und unsere natürlichen Denkfehler untersucht. Mit der Zeit interessierte sich die Psychologie jedoch mehr und mehr für individuelle Eigenarten, die Charakteristika, die Sie und mich einzigartig machen. Diese Erforschung der individuellen Unterschiede ist das, was wir heute als Persönlichkeitspsychologie bezeichnen.

Zwei Schlüsselerkenntnisse entstanden aus dieser Forschung. Erstens: Menschen sind sich selbst und anderen viel besser bekannt, als wir denken. Zweitens: Wir können Persönlichkeit auf eine Handvoll Dimensionen inhärenter Merkmale oder Eigenschaften herunterbrechen. In der Wissenschaft herrschen unterschiedliche Vorstellungen darüber, welche diese Dimensionen genau sind. Das am breitesten akzeptierte Persönlichkeitsmodell, das Fünf-Faktoren-Modell, auch Big Five genannt, entspricht auf Englisch dem Akronym OCEAN: Offenheit (Openness), Gewissenhaftigkeit (Conscientiousness), Extraversion (Extroversion), Verträglichkeit (Agreeableness) und Neurotizismus (Neuroticism). Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass wir unsere Persönlichkeit mithilfe dieser fünf Dimensionen beschreiben können. Wir weisen tendenziell höhere oder niedrigere Werte in bestimmten Dimensionen auf als in anderen. Hinzu kommt, dass wir diese spezifischen Eigenschaften in unserem individuellen Verhalten auf unterschiedliche Weise zum Ausdruck bringen.

Die praktischen Folgen dieser Forschung sind enorm. Denken Sie an all die Worte, mit denen Sie jemanden beschreiben könnten. Angesichts Tausender von Möglichkeiten überfordert uns diese Aufgabe schnell. Ist es nicht beruhigend zu wissen, dass wir dieses gesamte Vokabular auf nur fünf Dimensionen herunterbrechen können? Statt uns verrückt zu machen, indem wir versuchen, Hunderte von Charakterzügen zu analysieren, wenn wir wichtige Entscheidungen im Hinblick auf Menschen treffen, können wir auf ein gut handhabbares Gerüst an Wesensmerkmalen (oder ein davon abgeleitetes Schema) zurückgreifen. Beziehen wir das Verhalten von Menschen auf die fünf Dimensionen, können wir Muster in ihrem individuellen Handeln ausmachen und sie auf dieser Basis qualitativ aufgrund ihrer Eigenschaften beurteilen. Berücksichtigen wir zudem unsere eigenen kognitiven Verzerrungen, können wir zu einer Einschätzung gelangen, die erstaunlich treffend ist und einen anwendbaren Nutzen hat.

Persönlichkeitsmodelle sind eine einzigartig erhellende Art und Weise, die Welt zu betrachten. Ob wir entscheiden wollen, wen wir einstellen, wen wir heiraten, mit wem wir Freundschaft schließen oder Geschäfte machen wollen oder ob wir unsere Beziehungen besser gestalten möchten – mit ihrer Hilfe können wir Menschen rasch einschätzen und zu treffenderen Einsichten kommen. Wir können die ganze Breite der Kategorien von Wesensmerkmalen in ihren diversen Ausdrucksformen beurteilen, einfach indem wir menschliches Verhalten beobachten und deuten. Wie sich zeigen wird, sind die tiefsten, beständigsten Tendenzen anderer Menschen – die Eigenschaften, die sie auszeichnen und bestimmen, ob sie gute Arbeits- und Lebenspartner für uns sind – offen ersichtlich an der Art und Weise, wie sich diese Personen in der Welt bewegen. Sie müssen bloß lernen, auf eine bestimmte Weise hinzuschauen. In diesem Buch lernen Sie genau das. Sie lernen, anhand einer sofort wirksamen, nachgewiesenen Methode den Charakter anderer Menschen effektiver zu beurteilen und ihre Urteilskraft zu stärken.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten habe ich meine als Kind erlernten Beobachterfähigkeiten weiterentwickelt und meine eigene Version des oben beschriebenen Fünf-Faktoren-Modells erarbeitet. Dieser einfache und praxisnahe Ansatz, mit dem Sie in erstaunlich kurzer Zeit bewerten können, wie jemand wirklich ist, basiert auf jahrzehntelanger Forschung und den empirisch am besten abgesicherten Ergebnissen in der Psychologie. Die Beherrschung dieses Ansatzes erfordert Übung, aber die Grundlagen sind so einfach zu erlernen, dass jede und jeder ihn sofort anwenden kann, um sein oder ihr Urteilsvermögen in jedem sozialen Kontext zu verbessern – ganz ohne Psychologiestudium. Wenn Sie diese Methode einsetzen, werden Sie klügere Entscheidungen in Bezug auf Menschen treffen und Beziehungen in die gewünschte Richtung lenken. Vielleicht noch wichtiger: Sie werden auch sich selbst besser verstehen und bei der Arbeit und im Privatleben zielgerichteter vorgehen. Ein weiterer Vorteil ist, dass Sie bei jeder Begegnung mit anderen Menschen mehr auf deren Persönlichkeit achten werden. Wenn Sie Ihre Wahrnehmung schulen, können Sie auch selbst über jene Menschen, denen Sie nur flüchtig über den Weg laufen, ein erstes Urteil fällen, selbst wenn Sie noch gar nicht daran denken, näher mit ihnen in Beziehung zu treten. Es verschafft Ihnen einen Wissensvorsprung, der Ihnen hilft, das Verhalten anderer Personen zu interpretieren und sich auf andere besser einzustellen.

Ich habe dieses Buch so aufgebaut, dass Sie eine knappe, nützliche Einführung in die Kunst und Wissenschaft guter Menschenkenntnis bekommen. Im ersten Kapitel erkläre ich ausführlicher, warum wir den Charakter anderer Menschen verstehen müssen, um erfolgreich mit ihnen zu interagieren. Außerdem zeige ich, warum dies sogar weitaus wichtiger ist als emotionale Intelligenz. Das zweite Kapitel liefert Ihnen ein sehr effizientes, nutzbares Persönlichkeitskonzept und führt Sie in dessen wissenschaftliche Grundlagen ein.

Im dritten Kapitel möchte ich zeigen, wie Sie diese Basismethode praktisch anwenden können. Hier möchte ich erklären, wie Sie Gespräche so führen, dass Sie den maximalen Einblick in Ihr Gegenüber gewinnen. Das vierte Kapitel behandelt die Auswahl von zukünftigen Partnern, während das fünfte Kapitel erklärt, wie wir unsere Beziehungen durch das Verständnis von Charakteren verbessern können. Wie Sie meine Methode nutzen können, um Ihre eigene Performance und die anderer zu verbessern und schneller voranzukommen, das erfahren Sie im sechsten Kapitel. Das siebte Kapitel rundet das Buch ab, indem es zeigt, wie Sie durch meine Methode in diversen Alltagssituationen mehr Einfluss auf andere Menschen nehmen können.

Ich habe dieses Buch nicht nur geschrieben, um Ihnen zu vermitteln, wie Sie Ihre Menschenkenntnis verbessern können, sondern weil ich besorgt bin, dass wir Gefahr laufen, diese elementare menschliche Fähigkeit zu verlieren. Seit der Einführung der GPS-Technologie ist jüngeren Menschen, aber auch vielen älteren, die Fähigkeit abhandengekommen, uns in unbekannten Umgebungen zurechtzufinden. Etwas Ähnliches geschieht mit unserer Menschenkenntnis – wir überlassen diese kognitive Fähigkeit unseren Bildschirmen und verlieren auf diese Weise unser Verständnis für das Wesen anderer Menschen. Falls Sie dies hier an einem öffentlichen Ort lesen, sehen Sie sich einmal um. Wahrscheinlich konzentrieren sich die meisten Menschen nicht auf Sie oder eine andere Person in der Nähe, sondern auf ihre Handys. Das ist ziemlich verstörend, wenn man einmal darüber nachdenkt. Vor vielen Jahren forschte ich für meine Doktorarbeit zum Thema Onlinesucht. Leider hat sich meine Untersuchung als allzu vorausschauend herausgestellt. Wir sind der digitalen Welt auf eine Weise verfallen, die ich befürchtet hatte, doch der Preis für die Menschheit ist viel höher, als ich damals ahnte. Unsere Urteilskraft ist ein kognitiver Muskel, der uns als Menschen einzigartig macht, doch indem wir uns auf unsere Bildschirme fixieren, lassen wir zu, dass unsere Beobachtungs- und Interpretationsgaben verkümmern.

Menschenkenntnis kann helfen. Egal, wie gut Sie darin sind, Menschen einzuschätzen, das Konzept und die Taktiken in diesem Buch werden Ihnen ermöglichen, Ihre Fähigkeiten noch zu verbessern. Das Buch ist aber auch eine Aufforderung: Es soll Sie ermuntern, andere Menschen wieder in ihrer Einzigartigkeit wahrzunehmen. Legen Sie Ihre Geräte weg und vertiefen Sie sich stattdessen in eine Version des Spiels, das ich vor so vielen Jahren mit meiner Mutter in der U-Bahn gespielt habe. Entdecken Sie Ihre kindliche Neugier in Bezug auf andere Menschen und deren naturgegebene, unverwechselbare Eigenschaften. Lassen Sie uns auch gegenseitig unsere einzigartigen Wesensmerkmale wertschätzen und im sozialen Austausch berücksichtigen. Wenn wir das tun, werden wir nicht nur beruflich und privat erfolgreicher sein, sondern auch eine zufriedenere, menschlichere Art zu leben entdecken.

KAPITEL 1

PERSÖNLICHKEIT > EQ

Frank, ein ausgezeichneter Softwareunternehmer, stand vor einer wichtigen Entscheidung. Sie hing von seiner Fähigkeit ab, andere Menschen einzuschätzen. In den vergangenen Jahren hatte seine Firma ihr Kerngeschäft ausgeweitet und machte mittlerweile Millionen-Dollar-Umsätze. Dank bevorstehender Produkteinführungen in neuen Märkten war sie darüber hinaus gut aufgestellt, den beeindruckenden Wachstumskurs fortzusetzen. Diese rasante Expansion brachte Frank jedoch in eine Zwickmühle: Er hatte seinen Fokus hauptsächlich auf die Entwicklung und den Vertrieb des zentralen Produkts seiner Firma gerichtet, doch nun musste er ihr erweitertes geschäftliches Portfolio managen. Eine andere Führungskraft würde das Kerngeschäft übernehmen, dieser Abteilung vorstehen, ein Team von Hunderten Angestellten leiten und an Frank berichten müssen.

Nach intensiver Suche hatte Frank drei vielversprechende Kandidaten aufgetan. Einer war ein genialer Stratege eines Big-Tech-Unternehmens im Silicon Valley. Ein weiterer war ein begabter junger Manager, der seit einem Jahr in Franks Firma arbeitete und sich bereits als sehr ehrgeizig, loyal und visionär erwiesen hatte. Der Dritte war ein weiterer Branchenveteran, der sich in vorherigen Positionen als äußerst fleißig und als außergewöhnlich guter Entscheider hervorgetan hatte.

Frank war durch den Aufbau seines Unternehmens geübt darin, Menschen einzuschätzen – es gehörte zu seinen regelmäßigen Aufgaben. Doch nie zuvor hatte so viel auf dem Spiel gestanden. Strauchelte sein Kerngeschäft, würde er alles stehen und liegen lassen und wieder das Ruder übernehmen müssen. Darunter würden die anderen Wachstumschancen leiden, was Dutzende Millionen Dollar an entgangenem Umsatz bedeuten würde.

Unser Vermögen, Menschen einzuschätzen – unter anderem uns selbst –, spielt unser Leben lang eine große Rolle. Es bestimmt, wie gut es uns gelingt, geeignete Partnerschaften einzugehen – mit Vorgesetzten und Angestellten, aber auch in Ehen und Freundschaften. Es bestimmt auch, wie wir die Beziehungen in unserem Leben führen und wie wir mit etwaigen Konflikten umgehen. Es bestimmt sogar, wie zielsicher wir unser Leben führen, also wie schwer oder leicht es uns fällt, einen Weg für uns zu finden und sinnvolle Schritte in diese Richtung zu gehen.

Doch was macht gute Menschenkenntnis aus? Bis vor einigen Jahrzehnten setzten die meisten Menschen Urteilsfähigkeit mit Intelligenz gleich. Man ging davon aus, dass Menschen, die die richtigen Entscheidungen treffen und andere klug einschätzen können, vor allem schlau sind. Sie sind in der Lage, Daten zu analysieren, mit Komplexität umzugehen und sich nahezu zwangsläufig für die richtige Vorgehensweise zu entscheiden. Außerdem verfügen sie über einen Blick, der aus vergangenen Erfahrungen gespeist ist (darüber habe ich in meinem vorherigen Buch, The Intangibles of Leadership, geschrieben). Heute neigen die Menschen dazu, auf etwas anderes zu verweisen: auf die Fähigkeit, Emotionen zu lesen, zu verstehen und auf sie zu reagieren. Die sogenannte emotionale Intelligenz (auch als EQ bezeichnet) sei es, die erfolgreiche Menschen ausmache. Einige scheinen die Gefühle ihrer Mitmenschen einfach zu »kapieren« und kennen ihre eigenen. Sie sind mitfühlender, sensibler für andere und umgänglicher. Im Ergebnis, so die Schlussfolgerung, fällen sie bessere Entscheidungen als andere, die in diesen Bereichen schwächer sind, und sie kommunizieren ihre Entscheidungen tendenziell auf eine Weise, die andere inspiriert und ins Boot holt. 1

Beratungsfirmen, Medien und viele Führungskräfte stellen emotionale Intelligenz als etwas dar, das irgendwie wichtiger für den geschäftlichen und privaten Erfolg sei als traditionelle Intelligenz. 2 2022 verkündete der frisch gewählte New Yorker Bürgermeister Eric Adams, emotionale Intelligenz sei das »Kriterium Nr. 1«, das er bei der Besetzung von Verwaltungsposten anlegen werde, da sie aus seiner Sicht mehr zähle als intellektuelle Begabung oder der akademische Hintergrund. »Erzählt mir nichts von euren Eliteuniabschlüssen«, sagte er. »Ich will nichts von eurem IQ wissen. Ich will wissen, wie es um eure emotionale Intelligenz bestellt ist.« 3

Doch ist emotionale Intelligenz wirklich die Superkraft, die wir alle brauchen, um bessere Entscheidungen zu treffen, besser zu verhandeln und unsere beruflichen und privaten Ziele zu erreichen? Die Antwort lautet Nein. Emotionale Intelligenz, wie sie allgemein verstanden wird, ist Blödsinn, um es ganz deutlich zu sagen. Die gängige Definition der emotionalen Intelligenz ist ein Mischmasch aus wissenschaftlich basiertem EQ, charakterlichen Aspekten und gängigen Merkmalen positiven Sozialverhaltens (beispielsweise, ein freundlicher Mensch zu sein, Mitgefühl zu zeigen und so weiter). Der EQ ist ein verlockendes Konzept, weil er sensiblere Menschen als die besseren Führungskräfte bewertet. Intuitiv gefällt uns der Gedanke, dass unflexible Managementstile nicht funktionieren und wir deswegen eine neue, emotionalere Form der Führung brauchen. Wir sollen nun freundlicher, sanftmütiger und sensibler sein. Anscheinend ist nett doch nicht die kleine Schwester von scheiße, wer hätte das gedacht? Im Gegenteil, nett ist die neue Superkraft.

Aber stimmt das wirklich? Leider gibt es wenig bis gar keine Hinweise dafür, dass der EQ ohne Berücksichtigung des Charakters und der geistigen Begabung tatsächlich ausschlaggebend für den Erfolg von Führungspersonen ist. In Wahrheit hat der EQ wenig Auswirkungen auf den langfristigen Erfolg. Die Stadt New York ist dafür ein Paradebeispiel. Obwohl Eric Adams Menschen auf der Grundlage ihres EQs eingestellt hat, hat sich die Verwaltung nicht verbessert. Im Gegenteil, die Stadt sah sich mit einem Anstieg der Kriminalitätsrate, wachsenden Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt, einer Einwanderungskrise und zahlreichen anderen sozioökonomischen Problemen konfrontiert. 4 Natürlich sind das alles hochkomplexe Angelegenheiten, in die sowohl nationale Politik als auch die Politik der einzelnen Bundesstaaten hineinspielen, und Adams selbst hat sich bisweilen als starke Führungspersönlichkeit gezeigt. Der Punkt ist, dass der EQ kein irgendwie geartetes Wundermittel für gute Führung ist und nicht die Grundlage für eine Personalstrategie bilden sollte.

Ein anderer, fundierterer Ansatz, um Menschen zu beurteilen, basiert tatsächlich auf wissenschaftlichen Erkenntnissen: die Fähigkeit, Persönlichkeiten zu verstehen und einzuschätzen, kurz, echte Menschenkenntnis. Beim EQ geht es darum, Gefühlszustände zu erfassen, die größtenteils flüchtig sind. Wie die Forschung gezeigt hat, besteht die chemische Signatur von Emotionen, die durch äußere Stimuli angeregt werden, nur ungefähr neunzig Sekunden, wobei die eigenen Denkvorgänge diese Reaktion verlängern können. 5 Im Gegensatz dazu bleiben unsere Kerntemperamente – wie kreativ wir sind, wie vertrauenswürdig, fleißig oder gesellig – konstant, entwickeln sich langsam, und Veränderungen werden erst nach Jahrzehnten sichtbar. Ich habe einmal einen Artikel gelesen, in dem Charaktereigenschaften als »sich verschiebende tektonische Platten im Gegensatz zu einem Erdbeben« bezeichnet wurden. 6 Es stimmt: Die Persönlichkeit eines Menschen ist stabil. Sie verändert sich nicht allzu sehr und legt auf vielen Ebenen fest, wer wir sind und inwiefern wir uns von anderen unterscheiden. Persönlichkeit ist ein ausführlich erforschtes Konstrukt, eines der wichtigsten der wissenschaftlichen Psychologie. Wir wissen eine Menge über die Persönlichkeit, und sie ist so real, wie etwas nur sein kann. Bei der Entwicklung von Menschenkenntnis geht es darum, diese stabilen Wesensmerkmale wahrzunehmen und daraus zu schlussfolgern, wie sie die Fähigkeit einer Person beeinflussen, eine Aufgabe zu meistern.

Der EQ kann uns beispielsweise helfen, zu erkennen, ob die Managerin oder der Kundenberater wütend ist, und unsere Reaktion in diesem Moment dieser Emotion anzupassen. Dabei handelt es sich jedoch vermutlich nur um einen vorübergehenden Moment, ein einzelnes Ereignis, das wir einordnen und auf das wir reagieren. Viel sinnvoller wäre es, herauszufinden, ob jemand ein wütender Mensch ist, ob die Wut hier also ein Wesenszug ist, und auf dieser Grundlage mit dieser Person umzugehen? Anders ausgedrückt: Der EQ lässt uns zwar in Teilen nachvollziehen, wie jemand eine bestimmte Situation erlebt, Menschenkenntnis hingegen hilft uns, zuverlässig zu verstehen, wie jemand ist. Wenn wir begreifen, welchen Charakter Menschen haben, wie sie ticken, und wenn wir lernen können, tiefer liegende Eigenschaften zu erkennen, indem wir ihr Verhalten analysieren, beschert uns das in der Arbeit und im Privatleben einen gewaltigen Vorteil. Wir können voraussehen, wie Menschen sich wahrscheinlich verhalten werden, und entsprechend unsere Entscheidungen treffen. Menschenkenntnis, nicht emotionale Intelligenz, ist die wahre Grundlage für gute Urteile.

EMOTIONALE INTELLIGENZ: WIE INTELLIGENT IST SIE WIRKLICH?

Um zu verstehen, wie unwissenschaftlich, nutzlos und letztendlich bedeutungslos populäre Auffassungen von EQ sind, lohnt sich ein Blick in die Begriffsgeschichte. Hier und da erschienen Verweise auf emotionale Intelligenz in der Forschungsliteratur der 1970er- und 1980er-Jahre, doch erst 1990 erhielt das Konzept durch einen Artikel der Psychologen Peter Salovey und John D. Mayer ernsthafte wissenschaftliche Aufmerksamkeit. 7 Die Kognitionsforschung war bereits seit Jahrzehnten im Gange und hatte verschiedene Arten von Intelligenz herausgearbeitet. Vor allem der amerikanische Psychologe Howard Gardner hatte in seiner berühmten Theorie der multiplen Intelligenzen in den frühen 1980ern argumentiert, es existierten unterschiedliche Modalitäten der Intelligenz und Menschen könnten in jeder Kategorie eine Bandbreite von Fähigkeiten aufweisen. 8 Ursprünglich ging Gardner von sieben Intelligenztypen aus: musikalisch, räumlich, linguistisch, logisch-mathematisch, körperlich-kinästhetisch, interpersonal und intrapersonal. Später ergänzte er sie um naturalistisch (Naturverständnis und Vertrautheit mit der Natur) und existenziell (spirituelle Intelligenz). 

Natürlich sprach Gardners Theorie die breitere Öffentlichkeit an. Musikalische Kinder erzielen vielleicht keine hohe Punktzahl bei traditionellen IQ-Tests, dennoch konnte man sie als geniale Talente in ihrem Bereich betrachten. Ein Mensch mit sprachlicher Intelligenz, der Mathe einfach nicht verstand, sollte dennoch als intelligent gelten. Als Gardners Theorie der multiplen Intelligenzen aufkam, erhielt sie viel Zuspruch und zog die Aufmerksamkeit und Forschung anderer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf sich. Bildungssysteme machten sich die Theorie zu eigen und passten ihre Lehrpläne an, um ihr gerecht zu werden (wahrscheinlich haben Sie schon einmal von »Lernstilen« gehört – dies ist die konzeptuelle Grundlage dafür).

In den darauffolgenden Jahrzehnten wurde die Theorie jedoch genau unter die Lupe genommen, und die vielfachen Intelligenzen, von denen Gardner ausging, hielten der Überprüfung nicht stand. 9 Da sie unserer traditionellen Definition geistiger Intelligenz entsprach, distanzierte sich trotz ihrer Attraktivität nahezu die gesamte Psychologie inzwischen von der Idee der Lernstile und betrachtet sie als Pseudowissenschaft. 10 Damals galt sie jedoch als hochmoderne Theorie.

Saloveys und Mayers Konzept der emotionalen Intelligenz ging direkt aus Gardners Arbeit hervor. Es gehörte zu einer Unterkategorie, der sogenannten »personalen Intelligenz«, die als »die Fähigkeit, Menschen zu verstehen und mit ihnen umzugehen«, definiert wurde. 11 Emotionale Intelligenz, bemerkten sie, bestand in einer spezifischen Kombination von Fähigkeiten, welche »die treffende Einschätzung und den Ausdruck von Emotionen bei der Person selbst und bei anderen, die effektive Regulation von Emotionen bei der Person selbst und bei anderen und den Rückgriff auf Gefühle, um sich zu motivieren, zu planen und Ziele zu erreichen«, beinhaltete. 12 Emotional intelligente Menschen wären insofern besonders, als sie in der Lage wären, ihre Gefühle und die anderer Menschen wahrzunehmen und Gefühle – positive, negative oder andere – für ihr eigenes Vorankommen zu nutzen.

Saloveys und Mayers EQ-Begriff als ein Bündel an Fähigkeiten erzeugte nicht dasselbe öffentliche Interesse wie Gardners Arbeit. Die psychologische Forschung akzeptierte die Betonung von Emotionen in der Diskussion um Intelligenz, aber darüber hinaus schlug das Konzept keine Wellen. Außerhalb der Wissenschaft, insbesondere in der Geschäftswelt, konzentrierte man sich auf »harte« Skills wie analytische Fähigkeiten, die sogenannten Soft Skills spielten eine eher untergeordnete Rolle. 13 Doch dann betrat der Psychologe und Journalist Daniel Goleman die Bühne.

Als Wissenschaftsreporter für die New York Times stieß Goleman auf Saloveys und Mayers Aufsatz von 1990 und schrieb später, er sei »elektrisiert« gewesen von der Idee einer emotionalen Intelligenz, die »eine neue Sichtweise auf unsere Emotionen bot«. 14 In seinem erstmals 1995 erschienenen Buch Emotionale Intelligenz griff er auf ihre Ansätze zurück und skizzierte fünf Bereiche emotionaler Intelligenz: Kenntnis der eigenen emotionalen Zustände; Umgang mit unseren Emotionen; Emotionen als Grundlage der eigenen Motivation; Empathie oder das Vermögen, die Emotionen anderer nachzuempfinden, sowie Emotionen in Beziehungen. 15 Etwas sensationslüstern argumentierte Goleman, der Einfluss emotionaler Intelligenz sei »mindestens so groß oder größer als der des IQ«. 16

Golemans Buch traf beim breiten Publikum einen Nerv, wurde ein Bestseller und entfesselte ein allgemeines Interesse, das bis heute anhält. Auf einmal wollten alle »emotional intelligent« sein, weil sie gehört hatten, dies sei der richtige Weg, um es beruflich und privat zu etwas zu bringen. EQ wurde ein Etikett für etwas, das wir schon eine Weile gespürt hatten, worauf wir aber nicht den Finger legen konnten: dass Empathie und Emotionen wichtig sind. Im Berufsleben traf dies mit einer lang angestauten Frustration über die Ungleichheit der Geschlechter zusammen. Frauen seien gefühlsmäßig besser aufgestellt als Männer, so dachte man, und Letztere müssten anfangen, soziale und emotionale Fähigkeiten auszubilden, um sich weiterzuentwickeln. Golemans Buch erschien wenige Jahre nach John Grays Verkaufsschlager von 1992, Männer sind anders, Frauen auch, und man argumentierte, dass emotionale Intelligenz für die unterschiedlichen Perspektiven der Geschlechter verantwortlich sei.

Das Magazin Time druckte eine Titelgeschichte über emotionale Intelligenz und lockte die Leserschaft mit der Idee, »emotionale Intelligenz könnte der beste Indikator für Erfolg im Leben sein«. 17 Goleman sorgte für weitere Aufregung, als er ein paar Jahre später schrieb, »Forschung« (auch hier wieder weder fundiert noch validiert) zeige, dass »nahezu 90 Prozent« dessen, was »Star-Performer« vom »Management-Durchschnitt« unterscheide, emotionaler Intelligenz geschuldet sei. 18 Andere haben ähnlich spektakuläre Behauptungen aufgestellt – allesamt unwissenschaftlich. Ein Unternehmen versicherte beispielsweise, dass Personen, die im EQ-Test einen hohen Wert erreichten, 29 000 Dollar mehr im Jahr verdienten als solche mit einem niedrigen. 19 Sonderbarerweise wurden keinerlei Links zu wissenschaftlichen Belegen dazu bereitgestellt – und es scheinen auch keine zu existieren.

Befeuert durch solche Aussagen entstand in den späten 1990ern und frühen 2000ern eine rege Industrie rund um die emotionale Intelligenz, die bis heute gedeiht. Eine Reihe von Büchern und Artikeln erschien zu diesem Thema. Psychologische Tests wurden entwickelt, um den EQ zu messen, und Beratungsfirmen brachten Modelle und Coaching-Übungen unter die Leute, die Geschäftsleuten helfen sollten, emotional versierter zu werden. Bekannte Unternehmer und Unternehmerinnen führten ihre geschäftlichen Erfolge auf emotionale Intelligenz zurück. Der CEO von General Electric, Jack Welch, stand in dem Ruf, ein harter, ja rücksichtsloser Chef zu sein, der kein Blatt vor den Mund nahm – auf den ersten Blick kein Aushängeschild für emotionale Intelligenz, wie sie sich die meisten Menschen vorstellen. 20 Doch anscheinend schätzte er das Konzept. Wie er 2004 in einem Kommentar für das Wall Street Journal schrieb: »Emotionale Intelligenz ist zweifellos seltener anzutreffen als Belesenheit, aber meiner Erfahrung nach ist sie wichtiger, um Führungskraft zu werden. Sie zu ignorieren, wäre falsch.« 21

Emotionale Intelligenz ist in der heutigen Arbeitswelt allgegenwärtig: von Unternehmen, die ihre Belegschaft zu EQ-Trainings auffordern, bis hin zu Management-Coaches, die predigen, wie zentral EQ für Menschen in leitenden Positionen ist. Viele Angestellte nehmen an Kursen in emotionaler Intelligenz teil – in einer Umfrage von 2019 wurde festgestellt, dass 42 Prozent der befragten Unternehmen ihren Führungskräften diese anboten. 22 In anderen Studien fand man heraus, dass eine große Mehrheit von Arbeitnehmenden emotionale Intelligenz höher bewertet als intellektuelle Begabung. 23 Ausgerechnet im Harvard Business Review wurde 2018 ein Auszug aus einem Buch veröffentlicht, das sich auf Abraham Lincolns emotionale Intelligenz als Führungspersönlichkeit bezieht. 24 Ich erinnere mich, dass ich einen Tweet dazu sah und fast vom Glauben abfiel: Wie um Himmels willen kann jemand emotionale Intelligenz, wie sie in der Forschungsliteratur dargelegt wird, Abraham Lincoln zuschreiben?

Emotionale Intelligenz verfolgt mich überall in meiner Arbeit. In Stellenanzeigen für Führungskräfte findet sich fast immer emotionale Intelligenz als gewünschtes Charakteristikum. Häufig versuchen die Recruiter nur abzubilden, was ihre Auftraggeber verlangen. Erklären mir meine eigenen Klientinnen und Klienten, wen sie suchen, ist fast immer die Rede von einer Person mit hohem EQ.

Doch emotionale Intelligenz beeinflusst längst nicht mehr nur die Geschäftswelt. Einige sind der Meinung, dass sie praktisch für alles, was der Mensch tut, unerlässlich ist. Eltern und Lehrkräfte haben sie anscheinend dringend nötig. 25 Ebenso Sportler 26 , Ärztinnen 27 und Polizisten. 28 Ganz zu schweigen von Investorinnen, Buchhaltern und Versicherungsmathematikerinnen. 29 Ohne es umfassend zu belegen oder zu analysieren, werden Höchstleistungen aller Arten dem EQ zugeschrieben. Neben Lincoln verfügten offenbar auch George Washington und Martin Luther King Jr. über emotionale Intelligenz. 30

Der Hype um die emotionale Intelligenz ist verständlich. Das Konzept klingt nach gesundem Menschenverstand. Alle von uns kennen und mögen Menschen, die emotional sensibel und mitfühlend wirken. Sie sind im Allgemeinen die angenehmeren Zeitgenossen. (Vergessen Sie jedoch nicht, dass Mitgefühl und »Nettigkeit« nicht mit dem EQ nach der Definition von Salovey und Mayer gleichzusetzen sind!) Wir alle hatten außerdem scheinbar emotionslose Vorgesetzte, Kollegen und Kolleginnen – wir wissen auch, wie das ist. Die meisten von uns spricht das Konzept der emotionalen Intelligenz oberflächlich betrachtet an. Es ist beruhigend, zu glauben, dass nicht nur die Superhirne unter uns erfolgreich sind – nette Jungs und Mädels können es auch sein, und zwar gerade weil sie nett sind. In meiner Praxis haben schon unzählige Eltern ihre Kinder folgendermaßen beschrieben: »Mein Ältester ist sehr begabt, Klassenbester. Meine Tochter? Ihre Fähigkeiten liegen nicht unbedingt im traditionellen Bücherwissen, aber sie ist emotional intelligent. Bei ihr überwiegt der EQ

Falls solche Vorstellungen in Ihren Ohren eher nach Wunschdenken klingen, seien Sie versichert: Das sind sie auch. Die populäre Idee der emotionalen Intelligenz klingt super, aber unter der Oberfläche ist sie, wie Sie sehen werden, größtenteils Unsinn. Das sage nicht nur ich. Zahlreiche andere Psychologinnen und Psychologen haben ihre Zweifel an der populären Idee des EQ angemeldet, darunter auch Salovey und Mayer selbst, die das Konzept ursprünglich einführten. In einem Fachartikel von 2008 nehmen die beiden gemeinsam mit einem Co-Autor sowohl die wissenschaftliche als auch die gesamtgesellschaftliche Resonanz darauf in den Blick und schreiben: »Die scheinbare Größe des Feldes geht weit über das hinaus, was wir als relevante wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet betrachten.« 31

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