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Spiel um Sex und Risiko

hier erhältlich:

Drei Wochen voller abenteuerlichem, wildem, hemmungslosem Sex - das ist der Deal, den Stripperin Frankie mit dem Staranwalt Teague Hamilton aushandelt. Sie will über ihn hinwegkommen; er will seine erste große Liebe vergessen, der er hinterhertrauert. Doch Teague ist nicht nur fantastisch im Bett, sondern auch fürsorglich, aufmerksam, und alles in allem der Mann ihrer Träume! Frankies Herz ist noch immer in Gefahr. Kann sie es wagen, sich wieder auf Teague einzulassen, obwohl sie sich schon einmal an ihm die Finger verbrannt hat?


  • Erscheinungstag: 30.10.2020
  • Aus der Serie: Club
  • Bandnummer: 47
  • Seitenanzahl: 208
  • ISBN/Artikelnummer: 9783745752496
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Teague streckte die Arme über den Kopf und atmete tief die Sommerluft ein, während er zu Frankies puppenhausgroßem Heim spähte, das sich am Ende einer langen Zufahrt befand, die neben einem gedrungenen Wohnhaus aus roten Ziegeln verlief.

Ihr Haus war so klein, dass er sich wahrscheinlich bücken musste, um durch die Tür zu passen.

Falls sie ihn überhaupt einladen würde.

Und falls sie sein Klopfen hören würde; immerhin war es erst acht Uhr an einem Sonntagmorgen.

In seiner Erinnerung waren Frankies typische Samstagnächte lang und wild. Wenn sie sich also in den letzten zehn Jahren – seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten – nicht dramatisch verändert hatte, dann waren die Chancen recht groß, dass sie in diesem Augenblick entweder im Koma lag oder darüber nachdachte, wie sie ohne größere Peinlichkeiten von dort wegkam, wo auch immer sie in der vorigen Nacht nach der Arbeit versackt war.

Zu dumm, dass er sich erst jetzt daran erinnerte und nicht schon vor dreißig Minuten daran gedacht hatte, als er am Flughafen von Sydney ins Taxi gestiegen war. Da hätte er noch das tun können, was sein bester Freund Matt während jener chaotischen letzten Minuten in Heathrow vorgeschlagen hatte: ins Hotel gehen, eine Runde schlafen, Frankie zu einer anständigen Uhrzeit anrufen und einen Zeitpunkt für die Übergabe mit ihr vereinbaren.

Übergabe! Als würde es sich um irgendeinen unerlaubten Drogenhandel handeln.

Als ob Drogendealer ihre Lieferung im Rollkoffer mit sich herumtragen würden. Na, vielleicht taten sie das ja auch. Was wusste er schon darüber? Er war Firmenanwalt, kein Strafverteidiger.

Egal. Jetzt war es zu spät, seinen Plan noch zu ändern, denn er hatte das Taxi wegfahren lassen und war nun hier gestrandet.

„Ach, scheiß drauf, bringen wir’s hinter uns“, sagte er sich und ging den Weg bis zu ihrer schäbigen Fußmatte. Darauf stand: „Sie haben Ihr Ziel erreicht.“

„Wohl kaum, Frankie Lee“, spottete er und trat vor die Tür.

Er richtete seinen Hemdkragen, fuhr sich mit einer Hand durchs Haar, atmete noch einmal tief durch und klopfte.

Es überraschte ihn nicht, als keine Reaktion zu vernehmen war.

Er klopfte erneut, nur um sagen zu können, er hätte es richtig versucht.

Wartete auf ein Lebenszeichen.

Nichts.

Okay, drei Versuche, und dann bist du raus. Klopf!

Stille.

Er sah die Auffahrt entlang und stellte sich Frankie in einem ihrer Vintage-Kleider vor, mit zerzaustem schwarzen Haar und verschmiertem Make-up, wie sie, zufrieden eine Melodie summend, den Pfad heraufgeschlendert kam, die Schuhe in der Hand, als würde ihr die ganze Welt nebst Inhalt gehören.

Ha! Sich von einem Liebhaber wegschleichen? Das war nicht sehr wahrscheinlich. Eher würde sie wegstolzieren.

Doch natürlich würde es dann hier noch kein Lebenszeichen von ihr geben. Um acht Uhr war sie wohl noch im Bett mit … na ja, mit wem auch immer sie ins Bett gegangen war.

Teague versuchte, sich einen typischen Wen-auch-immer vorzustellen, doch das war gar nicht so einfach. Trotz Frankies unverschämtem Sex-Appeal konnte sich Teague nur an einen Freund erinnern, den sie in ihrem Jahr in Washington, D. C., gehabt hatte: Kyle. Groß, stämmig, voller Tattoos. Doch Kyle war nicht so lange da gewesen, als dass Teague mehr von ihm mitbekommen hätte. Innerhalb eines Monats nach ihrer Ankunft in DC hatte Frankie ihm den Laufpass gegeben, nachdem er sich darüber aufgeregt hatte, dass sie einen zweiten Job angenommen hatte.

Bei diesem Job handelte es sich um eine Anstellung als Tänzerin in einem Nachtclub, weshalb Teague dem Typen sogar etwas Sympathie entgegengebracht hatte. Oder entgegengebracht hätte, wenn Kyle nicht bereits Ärger gemacht hätte, weil Frankie als Kellnerin bei Flick’s arbeitete. Das machte den Kerl eher zu einem besitzergreifenden Arschloch als zu einem besorgten Freund. Also bitte, Flick’s? Ernsthaft?

Das Flick’s war eine schmuddelige Studentenkneipe mit Restaurant. Keiner der Stammgäste hätte bei Frankie jemals eine Chance gehabt. Verdammt, die meisten waren noch minderjährig, und Frankie war vielleicht auch erst neunzehn, doch allein schon ihr selbstbewusster Gang zeigte jedem, dass sie schon alles gesehen – und genossen – hatte, was das Leben zu bieten hatte, und man sie deshalb nicht unnötig belästigen sollte, außer man hatte etwas Interessanteres zu bieten als einen gefälschten Ausweis. Teague hatte sich keinerlei Illusionen gemacht, dass er im Rennen sei, obwohl er zwei Jahre älter war und damit wahrscheinlich der einzige legale Trinker in der Kneipe. Sie konnte ihn allein dadurch verwirren, dass sie nichts anderes tat, als ungefähr in seine Richtung zu atmen. Der einzige Mann, den sie nicht verwirrte, war Matt – doch damals waren die beiden wie Seelenverwandte.

Na gut, vielleicht war es doch nicht so schwierig, sich den Typen vorzustellen, in dessen Bett Frankie gerade lag. Jemand wie Matt.

Teague seufzte. Er liebte Matt wie einen Bruder, doch manchmal nervte es gewaltig, dem Torjäger Matt die Bälle zuzuwerfen. Und nach einem dreiundzwanzigstündigen Flug beschloss Teague, dass er zu müde war, um noch einen Ball abzugeben. Also genug! Ende! Es würde keinen Anruf geben, und er würde sich nicht mit Frankie verabreden. Stattdessen würde er das verdammte Ding einfach unter ihrer Tür durchschieben und anschließend die Nummer löschen, die Matt in sein Handy getippt hatte, um dann seinen Urlaub zu beginnen.

Er bückte sich und betrachtete prüfend die Spalte unter der Tür … hörte dann ein leises Rascheln. Was, zum …?

Scheiße!

Die Tür öffnete sich, bevor er sich rühren konnte. Er hörte seinen Namen – „Teague?“ – und schloss die Augen. Scheiße! Echt beschissen großartig, mit dem Kopf auf Höhe von Frankies Schoß erwischt zu werden.

„Kommst du in nächster Zeit noch mal hoch?“, fragte sie in ihrem gedehnten, verschlafenen, vergnügt klingenden australischen Slang, als wäre es ganz normal, dass sich ein Mann auf ihrer Treppe vor ihr verneigte. Was wahrscheinlich sogar stimmte.

Langsam richtete er sich auf und ließ den Blick an ihrem seidigen cremefarbenen Morgenmantel mit dicken roten Blumen hinaufwandern. Das passende Outfit für ein verräuchertes, sündiges Bordell.

Und dann erreichte sein Blick ihr Gesicht, und sie lächelte ihn auf ihre typische „Wie-wär’s-Art“ an, und es brachte ihn um, dass sie noch immer die Macht besaß, ihn wie einen Schuljungen empfinden zu lassen, der in seine Lehrerin verknallt war, obwohl er mittlerweile zweiunddreißig Jahre alt war, eine wahnsinnig erfolgreiche Karriere gemacht hatte und Eigentum in drei Ländern sowie Milliarden auf der Bank besaß. Und er war nicht einmal in sie verknallt. Das hatte er nie zugelassen, denn sie war für ihn viel zu … viel zu gefährlich. War das nicht der verdammte Grund dafür gewesen, dass er vor Jahren Abstand zu ihr gehalten hatte?

„Hallo, Frankie“, sagte er und sah blinzelnd zu ihren Haaren, die auf halbem Weg zwischen Ohren und Schultern gerade abgeschnitten und an den Spitzen blau gefärbt waren. Alles andere an ihr war noch genau so, wie er es in Erinnerung hatte. Die goldgetönte Haut, die sinnlichen roten Lippen, die blassgrauen Augen, wobei das linke leicht schräg stand – eine Unvollkommenheit, die auf rätselhafte, tief gehende, verletzliche Weise verführerisch war. Die stolzen schwarzen Augenbrauen, dazu dichte schwarze Wimpern, die ihre Augen wie ein Lidstrich zu umrahmen schienen. Sie war nicht im klassischen Sinne schön, doch so unglaublich lebendig, dass es immer schwerfiel, sie nicht unentwegt anzustarren.

„Komm schon rein“, sagte sie und trat zurück.

„Mein Koffer …“

„Ein Koffer?“ Sie lachte kehlig. „Heißt das, du bleibst bei mir?“

„Nein!“ Oh Gott! „Nein, nein. Nein.“

„Dann heißt das wohl nein, oder?“ Sie lächelte erneut, während sie ihren rutschenden Morgenmantel an einer Seite hochzog. „Schade.“ Es verging ein Moment, zwei, während sie die Lippen schürzte und ihn taxierte, als wäre er ein Stück Fleisch beim Metzger. Als sie sich umdrehte, fügte sie hinzu: „Na egal, bring ihn einfach rein.“

Als Teague über die Schwelle trat, verschwand sie gerade durch einen Türbogen am Ende des Raums.

Er schloss die Tür und blieb erst einmal stehen, da seine Augen schmerzhaft von einer grellen Farbfülle attackiert wurden. Eine rote Couch, die groß genug war, dass zwei Leute darauf sitzen konnten – oder hätten darauf sitzen können, wenn nicht ein Korb die Hälfte davon eingenommen hätte. Er war voller Wollknäuel in den verschiedensten Farbtönen, zu viele, als dass man sie hätte zählen konnte. Aus dem Korb ragten mindestens sechs Paar Stricknadeln, und seine Vorstellungskraft war überfordert, denn … Frankie und stricken? Der Großteil der Wand hinter der Couch wurde von einem exotischen Teppich in Rot, Braun und Indigo bedeckt, auf den Holzdielen lag ein ähnlicher Läufer in bunt gemischten Cremetönen, Ocker und Oliv. Ein niedriger dunkelgrüner Couchtisch stand vor dem Sofa auf dem Teppich, und ein weiterer Tisch neben der Couch diente als Sockel für eine kleine Skulptur – eine abstrakte Glasschraube.

Am Ende des Raums befand sich rechts von dem Bogen, durch den Frankie verschwunden war, eine Tür. Sie stand offen, sodass er in den Raum dahinter blicken konnte. Er sah rosarote Wände und ein Stück vom Bett – zerwühlte weiße Laken, keine Tagesdecke. Unwillkürlich stellte er sich Frankie zwischen diesen Laken vor – goldfarben, purpurn, grau, schwarz, stahlblau –, und sein Herz begann unangenehm zu pochen.

„Teague?“, rief sie. „Du magst bestimmt einen Whiskey, wenn du direkt vom Flughafen kommst, oder? Also hier bin ich und biete dir einen Whiskey an, wenn du rüberkommst!“

Sofort tat er einen Schritt in Richtung des Bogens, ihrer Stimme, als sie hinzufügte: „… oder was du sonst so willst …“ Er hielt inne, denn er merkte, dass sie nur eine Pause machte und noch nicht fertig war. „Du musst es nur aussprechen, und es gehört dir!“

Aussprechen. Es aussprechen?

Und da war sie – seine Antwort: Dich, ich will dich.

Sein Puls schoss so schnell in die Höhe, dass er das Gefühl hatte, ihm würde die Schädeldecke wegfliegen. Er wollte sie nicht. Und selbst wenn – okay, okay, er wollte sie, das hatte er schon immer getan, doch das galt wahrscheinlich für jeden Mann –, so spielte es überhaupt keine Rolle. Sie meinte ja gar nicht, dass er sie haben könnte, das war nur … die Art, wie sie zu sprechen pflegte. Schließlich hatte sie nie irgendwas davon gemeint, was sie gesagt hatte, diese Dinge, die er nicht einfach wegzulachen wusste, denn er flirtete nicht. Nie.

Wie ein Blitz traf ihn eine Erinnerung – das erste Mal, als er sie im Flick’s gesehen hatte. Quer durch den Raum hatte sie Matt angelächelt, den sie offenbar schon kannte, dann den Blick auf ihn gerichtet – wahrscheinlich hatte sie sein ehrfürchtiges Starren bemerkt. Sie war zu ihnen gekommen, wobei sie ein übervolles Tablett leerer Biergläser trug und auf dem Weg mühelos mit mindestens drei verschiedenen Männergruppen flirtete. Sie hatte ihn gefragt, ob ihm gefalle, was er sehe. Er hatte Nein gesagt, worauf sie ihn angesehen hatte, als ob er ein außerirdisches Wesen sei, und er hatte etwas darüber gestammelt, dass sie viel zu jung sei … Was, zum Teufel …? Damit hatte er eigentlich gemeint, dass sie zu jung war, um im Flick’s zu arbeiten, denn ansonsten war sie es natürlich nicht. Er wollte sie einfach mit seiner Intelligenz beeindrucken, und Juristenjargon schien ihm dafür der geeignete Weg – eine Ausgangsbasis, sich mit ihr zu unterhalten, da ihr Akzent sie als Australierin auswies und er wusste, dass der Jugendschutz in Australien etwas anders aussah. Doch sie hatte eine andere Interpretation von „zu jung“ gewählt und ihm gesagt, dass sie schon seit drei Jahren mündig sei. Falls er interessiert sei, könnte er Matt ja um ihre Nummer bitten.

Und damit war das Schema ihrer Begegnungen festgelegt. Immer, wenn sie ihn sah, servierte Frankie ihm ein „Ach, komm schon“, und er vergeigte es jedes Mal, etwas Passendes darauf zu erwidern.

Wie gut muss ein Mädchen sein, Mr. Perfect, um eine Verabredung mit dir zu gewinnen? – Hm … äh, was?

Ich würde dich ja darum bitten, mir die Wimper aus dem Auge zu holen, Mr. Perfect, wenn du keinen Herzinfarkt davon bekommen würdest, mich anzufassen. Wobei ich es durchaus genießen würde, eine Mund-zu-Mund-Beatmung bei dir zu machen. – Ich … ähm, was?

Wenn du mal unanständig sein willst und in den DeeCee Club kommst, um mich tanzen zu sehen, Mr. Perfect, dann bekommst du auch einen Lapdance umsonst. – Ähm … öhm, nein, nein! Dabei war er ein Stück zurückgewichen und hatte sein Bier verschüttet. Eilig hatte er hinzugefügt, dass er ihre Arbeit gewiss nicht missbilligen würde. In dem Moment hatte sich Matt eingemischt und vorgeschlagen, dass Teague die Dinge auf sich beruhen lassen sollte, denn Frankie brauchte von niemandem eine Genehmigung, vielmehr brauchte sie Geld, sonst musste sie zurück nach Hause fliegen. Da hatte Teague, das Schlitzohr, nach dem Portemonnaie gegriffen – echt jetzt? –, und sie war erstarrt, während sie auf das Portemonnaie blickte, und er stellte fest, dass er den Atem anhielt. Sie hatte gesagt, wenn sie als Nutte arbeiten wollte, dann wäre sie in Sydney geblieben, und war in der nächsten Sekunde verschwunden.

Die Einladung zum DeeCee Club wurde nicht mehr wiederholt.

„Hey!“, rief sie hinter dem Bogen und brachte ihn damit zurück in die Gegenwart. „Komm schon rein, Mr. Perfect! Ich verspreche auch, nicht zu beißen – außer, du bittest mich höflich darum.“

Und da spürte er, wie etwas in ihm klick machte. Mr. Perfect. Er hatte verdammt noch mal genug davon, der beschissene Mr. Perfect zu sein.

Mr. Perfekter Freund für Romy – klar, Romy, wir machen so langsam, wie du es magst. Mr. Perfekter Freund für Matt – klar, Matt, nimm das Mädchen, das ich liebe. Mr. Perfekter Sohn für seine Eltern – klar, Mom und Dad, ich bin vorsichtig, ich werde das nicht machen, gehe nicht dorthin, gehe kein Risiko ein.

Er wollte nicht langsam machen. Wollte das Mädchen für sich gewinnen. Wollte wieder ein Risiko eingehen.

Wollte Frankie sagen: Klar, nur zu! Es war schade, dass er nicht bei ihr blieb? Na gut, okay, dann würde er bleiben, in ihrem Bett. Er wollte sie auf jene weißen Laken werfen und jeden Zentimeter von ihr ablecken, bis sie laut seinen Namen schrie. Wollte ihr sagen, dass sie ihn nur beißen sollte, wo immer sie wollte, mit ihrem Mund all das tun, was sie wollte. Er würde die verdammte Herausforderung annehmen und einmal nicht an die Konsequenzen denken und … und es wissen, gottverdammt. Wie es sich anfühlte, der Mann zu sein, den sie wollte, und nicht irgendein beschissen zurückhaltender, hochnäsiger, viktorianischer Musterknabe, der alles richtig machte und allen gab, was sie wollten, nur sich selbst nicht.

Er machte einen Schritt vorwärts – er war so bereit dafür! –, als ein „Ich habe nur einen Scherz gemacht!“ zu ihm herüberwehte. „Hier wartet nur Whiskey auf dich. Ich werde dich schon nicht belästigen!“

Und er blieb wieder stehen.

Nur ein Scherz. Nur Whiskey.

Er war nicht wegen Frankie Lee hier, sondern wegen Matt. Um das zu überreichen, was auch immer sich in dem Samtbeutel befand, den Matt ihm beinah schuldbewusst zugeschoben hatte. Und dann hatte er getan, was er jeden Dezember während seines alljährlichen dreiwöchigen Urlaubs tat: seine Fassade im Voraus zusammenflicken, um sich für ein weiteres Jahr zu rüsten, in dem er jedermanns Mr. Perfect sein würde.

Langsam holte er tief Luft und zwang sich, durch den Bogen in den Raum zu treten, der vorn eine Küchen-Esszimmer-Kombination und weiter hinten in der Ecke eine Waschküche zu sein schien. So eine minimalistische Küche hatte er noch nie gesehen: ein Ofen mit Herdplatte an der Wand, eine Reihe Hängeschränke über der Arbeitsplatte und eine Nische, in der sich ein Minikühlschrank und ein paar Vorratsregale befanden. Es gab keine Trennung zwischen dem Kochbereich und dem kleinen Tisch, unter den ein niedriger Stuhl geschoben war. Keine andere Sitzgelegenheit – abgesehen von dem schmiedeeisernen Tisch mit den zwei verschiedenen Stühlen, die draußen standen. Die Tür dorthin stand auf, deshalb wusste er nicht, ob Frankie wollte, dass er nach draußen ging, drinnen blieb, sich hinsetzte oder stehen blieb – deshalb wartete er einfach ab.

Sie hatte ihm den Rücken zugekehrt und machte irgendetwas auf der Arbeitsfläche, doch in dem Moment, in dem sie sich umdrehen würde, wären sie sich beide nah genug, um einen Atemzug zu teilen. Und gottverdammt, dieser Morgenmantel hatte schließlich beschlossen, doch von ihrer nackten Schulter zu rutschen, und das musste Teague wirklich nicht sehen!

„Erzähl mir nicht, dass du Probleme hattest, den Weg zu finden!“, neckte sie ihn, ohne sich umzudrehen.

„Nein“, erwiderte er.

Er wünschte, er könnte irgendetwas Originelles hinzufügen, doch er war zu sehr abgelenkt von ihrer nackten Schulter.

Andererseits war er in Frankies Nähe noch nie besonders gesprächig gewesen. Heute allerdings war es offensichtlicher, denn es war das erste Mal überhaupt, dass sie beide allein waren. Kein Matt, keine Romy, Veronica, Rafael oder Artie – niemand von der alten DC-Clique, der als Puffer hätte fungieren und seine Schweigsamkeit überdecken können.

Schließlich drehte sie sich um und reichte ihm eine ungeöffnete Flasche Whiskey. Sofort betrachtete er konzentriert das Etikett und betete, dass sie den verdammten Morgenmantel wieder nach oben zog, während sein Blick sicher abgewandt war.

Barron. Davon hatte er noch nie gehört. Was ihn auch nicht besonders interessierte. Im Augenblick war nur wichtig, wie er sich selbst davon abhalten konnte, darüber nachzudenken, wie sich ihre Haut wohl anfühlte, ob er sich an den blauen Spitzen ihrer Haare verbrennen würde, wenn sie seine Brust streiften, seinen Bauch, seine Beine, wie sie wohl schmeckte, wenn er sie das erste Mal zwischen den Beinen lecken würde …

Das erste Mal? Nein. Nein, nein, nein. Kein Mal.

Nur ein Scherz. Nur Whiskey.

„Matt meinte, du würdest dir den Start der Sydney-Hobart-Regatta ansehen, dann für das Ende runter nach Hobart fliegen, deshalb dachte ich, dass du vielleicht gern mal tasmanischen Whiskey probieren möchtest“, erklärte sie, da sie sich zweifellos darüber wunderte, warum, zum Teufel, er so lange auf die Flasche starrte. „Die Barron-Destillerie ist in der Nähe, wo die Boote ankommen. Ich habe gehört, nach dem Rennen gehen alle zum Zollhaus-Hotel, doch falls … falls es dich nervt und du lieber einen Moment abseits von der Menge verbringen möchtest, könntest du dich auf ein Schlückchen davonschleichen.“

Teague hob den Blick von der Flasche. „Warum sollte mich das nerven?“

„Tut es das nicht?“

„Nein.“

„Dann habe ich das wohl falsch verstanden. Ich habe nur … Ich habe gehört … Ich meine, hast du nicht in deinem letzten Jahr an der Jurafakultät bei der Regatta mitgemacht?“

„Ja. Und?“

„Und bist du nicht fast …?“

„Ertrunken? Ja, und?“

„Und … hast du Ozeanregatten danach nicht aufgegeben?“

„Ja, aber das war nicht der Grund“, erklärte er.

Es vergingen ein paar Sekunden, während sie den Blick fest auf ihn gerichtet hielt, als wollte sie ihm jedes Geheimnis aus der Nase ziehen.

„Du wirst es mir nicht erzählen, was?“, sagte sie schließlich, und irgendetwas an der Art, wie sie ihn ansah, brachte ihn dazu, es ihr erzählen zu wollen, nur damit sie wusste, dass er genauso wild sein konnte wie sie, so wild wie jeder, dass er es einmal gewesen war, damit sie aufhören konnte, ihn so anzusehen – als würde sie verstehen, dass er etwas verloren hatte und damit nicht klarkam. Wie konnte sie verstehen? Da war nichts, was sie davon abhielt, alles zu tun, was sie wollte.

„Ist schon okay“, fügte sie sanft hinzu, und er erkannte, dass sie gefährlicher war als je zuvor. Wie jene Sirenen aus der griechischen Mythologie auf den Felsen im Meer, nur dass Frankie Männern nichts vorsingen musste, um sie ins Verderben zu stürzen – sie konnte sie dazu bringen, dass sie ihr etwas vorsangen, während die Boote an ihrer Küste zerschellten. Denn wie konnte es sonst sein, dass er ihr Dinge sagen wollte, die er niemals irgendwem erzählt hatte?

„Zufälligerweise mag ich starke, schweigsame Typen“, fuhr sie fort, und der Augenblick war vorbei. Sie deutete Richtung Waschküche. „Das Badezimmer ist dort hinten, falls du kurz duschen willst. Leg vielleicht vorher die Unterwäsche beiseite, die ich über der Duschwand aufgehängt habe.“

„Ich habe an Bord geduscht“, sagte er viel zu schnell, weil … oh Gott! Es war keine gute Idee, ihre Unterwäsche zu sehen, und er wollte sie auch ganz sicher nicht anfassen.

„Die Vorzüge der ersten Klasse!“, sagte sie fröhlich.

„Ja.“ Mehr bekam er nicht heraus als diese eine Silbe? Echt jetzt?

„Und auch rasiert, wie ich sehe.“

„Ja.“ Wieder eine einzige Silbe. Scheiße!

„Weißt du, ich glaube, ich habe dich noch nie unrasiert gesehen.“

Nicht einmal die eine Silbe. Er wusste nicht, wie er das verstehen sollte. Plötzlich fühlte er sich, als wäre frisch rasiert gleichbedeutend mit kastriert.

„Ich habe mich schon oft gefragt, wie du wohl aussiehst“, fuhr sie fort. „Spät am Abend. Oder ganz früh am Morgen …“

Nein. Er konnte nicht sprechen.

„Was mich direkt zu meinem nächsten Angebot bringt. Wahrscheinlich hast du ja auf dem Flug geschlafen – ich habe gehört, dass diese Erste-Klasse-Sitze etwas ganz Besonderes sind –, doch falls nicht, kannst du gern für ein Nickerchen mein Bett benutzen, da ich weiß, dass man normalerweise erst am Nachmittag im Hotel einchecken kann. Du kannst durch das Badezimmer zum Schlafzimmer gehen oder durchs Wohnzimmer. Ich kann dir den Weg zeigen, wenn du willst …?“

Was, zum Teufel, erwartete sie darauf als Antwort? „Ich … Nein.“

„Nein wie …?“

„Wie in: Ich habe mein Hotelzimmer schon letzte Nacht gebucht, deshalb ist alles … gut bei mir.“

„Alles ist ‚gut‘? Ist das alles, nach all den Jahren? Das ist eine Schande.“

„Ich meine …“

„Denn wenn es nicht nur gut wäre, wenn du plötzlich auch mal schlecht wärst, würde ich vorschlagen, dass du mein Bett ja für etwas anderes nutzen kannst.“

Oh Gott, er kam mit diesen ganzen Anspielungen nicht klar. Es klang so sehr danach, als wollte sie … Doch sie konnte ja nicht meinen … Oder etwa doch …? Nein. Nö. Nur ein Scherz. Sie bot ihm nur ein Glas Whiskey an.

„Heute nicht, was?“, sagte sie, und diesmal war ihr Lachen eher ein Seufzen, während sie sich wieder zurück zur Arbeitsplatte drehte. „Okay, wie wär’s damit, dass ich dir ein Glas gebe, und du kannst den Whiskey mit nach draußen nehmen und etwas Vitamin D tanken. Soll ja gegen Jetlag helfen. Irgendwas mit Melatonin.“

„Ich habe keinen Jetlag.“ Gott, warum konnte er nicht aufhören, wie ein Roboter zu klingen?

„Dann scheiß auf die Theorie, und mach es einfach, weil es um diese Uhrzeit am Morgen friedlich da draußen ist, und da sind zwei Stühle, weshalb ich nicht auf deinem Schoß sitzen muss“, sagte sie, öffnete einen der Wandschränke und reckte sich – wobei sie sich auf die Zehenspitzen stellen und mit der freien Hand auf der Arbeitsfläche abstützen musste.

Sie seufzte vor Anstrengung, was Teagues ritterliche Instinkte weckte, sodass er den Arm ausstreckte und sich das Glas selbst aus dem Schrank nahm.

Vorsichtig tastete er nach dem Glas, dann waren seine Finger an ihren … Frankie verharrte völlig reglos.

Die Erkenntnis, dass sie sich zum ersten Mal berührten, traf ihn irgendwo in der Gegend seiner Eier. Er hatte den Duft von Gardenien in der Nase. Wärme – ihre Wärme – drang ihm bis in die Knochen. Das leichte Beben ihrer Finger vibrierte durch seinen ganzen Körper. Deutlich spürte er seinen Puls, das Ziehen in seinem immer härter werdenden Schwanz. Oh Gott, bitte mach, dass sie das nicht merkt!

Wahnsinn, dass sie eine solch verheerende körperliche Wirkung auf ihn hatte. Wenn sie wüsste, was er gerade fühlte, dieses Brennen und Verlangen und schreckliche Sehnen, dann würde sie sich totlachen. Und zugleich war es so schwer, dem Verlangen zu widerstehen, den Mund auf ihre nackte Schulter zu drücken und ihre Haut zu kosten. Wenn sie nur all die Dinge meinen würde, die sie gesagt hatte, dann würde er …

Ein Aufschrei und das Pfeifen des Teekessels auf der Herdplatte rissen ihn aus seinen Gedanken.

Er zog die Hand zurück.

Gott sei Dank.

Die Realität hatte ihn eingeholt.

Er trat von ihr zurück, überließ ihr das Glas.

Sie stellte die heiße Platte ab und drehte sich zu ihm, hielt ihm das Whiskeyglas entgegen. Es war teuer aussehendes geschliffenes Kristall, doch es war am Rand angeschlagen, und dieser winzige Makel ließ etwas in seiner Brust verkrampfen.

Er nahm das Glas entgegen, und ihre Finger berührten sich erneut, ihr Lächeln verschwand.

Sie hatte dunkle Mascaraspuren unter den Augen, und er wollte sacht mit den Fingerspitzen darüberstreichen. Prompt errötete sie, und er hätte ihr am liebsten die Hitze von den Wangen geleckt. Und da war etwas Flirrendes in der Stille des Augenblicks, das ihm sagte, dass sie ihm erlauben würde, beides zu tun. Doch wie konnte ein Mann von einer zufälligen Berührung zu einer solchen Intimität übergehen?

Er tat es nicht, konnte es einfach nicht.

Sie legte sich die Hand an die Wange und lachte, was überhaupt nicht gewöhnlich klang – ungläubig, ein wenig verlegen –, und erneut spürte er das Ziehen in der Brust.

„Geh schon mal raus in den Hof“, sagte sie und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Arbeitsfläche, nahm einen Lappen, als wollte sie sie abwischen, nur um dann einen Löffel auf den Boden zu werfen.

Er bückte sich, um ihn für sie aufzuheben, doch sie erstarrte und sagte: „Lass liegen. Bitte … geh einfach. Ich mache mir eine Tasse Kaffee, also geh schon mal raus. Zwei Minuten. Gib mir zwei Minuten.“

Er nickte, auch wenn er wusste, dass sie es nicht sehen konnte, und trug sein Glas und die Whiskeyflasche nach draußen. Dort blickte er sich um und fand, dass „Hof“ eine recht euphemistische Bezeichnung war. Es war ein kleines, von Topfpflanzen gesäumtes, gepflastertes Rechteck mit einem Grill, dem wackligen Tisch mit den nicht zueinander passenden Stühlen in der Mitte und einem grell angemalten Gartenzwerg, dem eine Hand fehlte und der offensichtlich einfach irgendwo abgestellt worden war.

Er nahm sich einen der Stühle und stellte ihn so, dass er auf das Wohnhaus blickte und nicht in die Richtung, wo er Frankie in der Küche sehen konnte. Dann goss er sich einen großzügigen Fingerbreit Whiskey ein.

Seufzend nippte er an dem Getränk. Der Whiskey war harzig, cremig … wunderbar. Er fragte sich, warum sich Frankie daran erinnerte, dass er unmittelbar nach einem Flug Whiskey mochte. Er konnte sich nicht daran erinnern, es jemals erwähnt zu haben. Verdammt, er fragte sich, woher sie überhaupt wusste, dass er Whiskey mochte, wenn man bedachte, dass er kein Stammgast bei Flick’s war. Veronica hätte wohl gesagt, dass sie eben ein wahres „Tresentalent“ war. Ha! Sie hatte ihn bei Matt und Romys Hochzeit daran erinnert, wo er Trauzeuge und dafür entschuldigt war, dass er sich scheiße fühlte. Veronica hatte dazu gemeint, dass er sich – hallo! – perfekt benahm.

„Hinter dieser Fassade aus Kultiviertheit brodeln die Widersprüche und wollen hinaus an die Oberfläche, um sich auszutoben“, hatte Teague ihr geantwortet.

„In dem Fall ist es eine Schande, dass du nie mit Frankie zusammengekommen bist.“

„Frankie?“

„Frankie … die sexy Australierin, tagsüber Tresentalent bei Flick’s, nachts exotische Tänzerin.“

„Na klar!“

„Warum nicht?“, hatte Veronica nachgefragt.

„Ach … darum eben.“

Eine Prophezeiung oder etwas Ähnliches – meine Güte, danke, Veronica! –, denn hier war er jetzt, fünf Monate später, und trank Frankies Whiskey. Allerdings war er sich ziemlich sicher, dass er keinen Amoklauf veranstalten würde.

Er kniff die Augen zu, stützte sich mit den Ellbogen auf den Tisch, legte den Kopf in die Hände und drückte mit den Fingern gegen den Schädel. Versuchte, seine Unruhe wegzuatmen.

„Brauchst du eine Schmerztablette?“, vernahm er da plötzlich Frankies Stimme.

Er öffnete die Augen, gönnte sich einen Moment, um sich zu sammeln, dann blickte er über die Schulter zu ihr, die im offenen Türrahmen stand.

„Du siehst aus, als hättest du Kopfschmerzen“, sagte sie.

„Nein. Habe ich nicht.“

„Willst du lieber eine Tasse Kaffee als den Whiskey?“

„Nein.“

„Tee?“

„Der Whiskey ist gut.“

Mit einem Schulterzucken – bei dem fast wieder der verdammte Morgenmantel heruntergerutscht wäre – kam sie und setzte sich ihm gegenüber, mit dem Rücken zum Wohnhaus.

Er goss sich noch einen Schluck auf seinen kaum getrunkenen Whiskey, um etwas zu tun zu haben, während Frankie ihre Tasse hob und den Dampf einatmete, der von dem Kaffee aufstieg.

„Ich bin spießig, ich weiß“, sagte sie, „doch das Jahr in den Staaten hat mich süchtig nach beschissenem Kaffee gemacht. Erzähl das bloß keinem meiner australischen Freunde – sie würden mich verstoßen, wenn sie herausfänden, dass ich Instantkaffee trinke, anstatt jeden Morgen für einen Cappuccino-Piccolo oder Latte-Macchiato-was-auch-immer in ein Café gehe.“

„Ich kenne keinen deiner australischen Freunde.“ Er sprach das verdammt Offensichtliche aus, wobei er hoffte, kein weiteres aufreizendes Verrutschen ihres Morgenmantels zu provozieren.

Anmutig nahm sie einen Schluck Kaffee, bevor sie antwortete: „Das können wir ändern, wenn du magst. Sydney brummt vor Sommerpartys, es sind noch zweieinhalb Wochen bis Weihnachten, und wenn du an Weihnachten nichts vorhast, gibt es da eine Sache am Bondi Beach für alle Waisen, also …“

„Ich bin keine Waise“, gab er scharf zurück.

„,Waisen‘ beschreibt eher einen Geisteszustand. Eigentlich bedeutet es … Einzelgänger, glaube ich“, sagte sie.

„Ein Einzelgänger bin ich auch nicht.“ Nein, ich bin ein gottverdammter Holzklotz.

„Ich meinte Leute, die in Sydney sind und niemanden haben, mit dem sie Weihnachten feiern können.“

Einen Moment herrschte Stille.

Und dann neigte sie den Kopf zur Seite und betrachtete ihn prüfend. „Kein Einzelgänger?“

„Nein.“ Granit. Nicht Holz, Granit.

„Weil du immer gern allein zu sein schienst. Selbst wenn du zusammen mit den anderen warst, warst du … na ja, allein.“

Wie konnte er ihr erklären, dass es nicht deshalb war, weil er es mochte, allein zu sein? Er war einfach allein.

Unmöglich.

Denn dann hätte er über seine Trauer reden müssen, hätte zugeben müssen, dass er mehr als eine Schwester verloren hatte, als Cassandra vor zwölf Jahren gestorben war – er hatte einen Teil von sich verloren. Und er wollte nicht, dass irgendwer das wusste, denn dann würden sie wollen, dass er es wiederfand, und es war zu spät, danach zu suchen, denn das war nicht mehr er.

Ja, unmöglich.

Und so hob er das Glas, um einen Schluck Whiskey zu trinken, und sagte gar nichts.

„Oder vielleicht hast du einfach nur dein Ding gemacht“, sprach sie laut ihre Gedanken aus. „Du hast dich nie von Matt für seine verrückten Pläne einspannen lassen, zumindest nicht bis j…“ Sie hielt abrupt inne, doch Teague beendete den Satz in seinem Kopf: nicht bis jetzt.

Langsam und bedächtig stellte er das Glas auf den Tisch. „Ist das der Grund, weshalb ich hier bin?“

Sie stellte die Tasse ab und leckte sich über die Unterlippe. „Du weißt, warum du hier bist, Teague. Zumindest teilweise.“

Er griff in seine Brusttasche und tastete nach dem kleinen Samtbeutel, den er dort hineingesteckt hatte, bevor er aus dem Flugzeug gestiegen war. Den Beutel, in den er während des ganzen verdammten Flugs penibel nicht hineingeblickt hatte. Er zog ihn heraus und streckte ihn ihr entgegen.

Sie sah ihn an und nicht auf ihre Hände, als sie den Beutel entgegennahm und öffnete. Erst als sie den Blick senkte, gestattete er sich, ebenfalls dorthin zu sehen, um herauszufinden, was so wichtig war, dass er es persönlich übergeben musste, anstatt es mit einem Kurier zu schicken.

Ein Ring.

Er fokussierte den Blick auf das Funkeln des Platinreifs im Sonnenlicht, das kühle Glühen des Smaragds in der Mitte, das intensive Glitzern der kreisförmig angeordneten Diamanten. Doch besonders aufschlussreich war, dass sie ihn auf den dritten Finger ihrer linken Hand schob.

„Er ist viel schöner als in meiner Erinnerung“, sagte sie.

Bei diesen Worten durchflutete ihn weiß glühender Zorn. Schöner als in ihrer Erinnerung? Warum, zum Teufel, konnte sie sich nicht genau daran erinnern? Gott, was hatte ihm Matt angetan? Warum lag die Last dieser Geschichte jetzt auf ihm, wo es doch verdammt noch mal zu spät war? Er wollte es nicht. Wollte es nicht wissen. Doch es war da. Es gab kein Zurück.

Matt hatte Frankie einmal einen Antrag gemacht.

Matt war einmal in Frankie verliebt gewesen.

Matt hatte abgewartet, bis er und Teague allein waren und hatte ihn dann dazu überredet, den Ring an Frankie zurückzugeben – was bedeutete, dass Romy nichts davon wusste.

Teague führte das Glas an die Lippen und kippte einen Schluck Whiskey hinunter, als ihm die ganze Tragweite der Geschichte bewusst wurde. Die Ungeheuerlichkeit dessen, was er verloren hatte.

Romy, er hatte Romy verloren. Nein, schlimmer als das – er hatte sie weggegeben. Er hatte Matt sogar unterstützt, als Romy ihn verlassen wollte, hatte behauptet, dass Matt niemals jemand anderen geliebt hatte als sie und jetzt sehr leiden würde. So eine einmalige Liebe sollte nicht verleugnet werden – damit hatte Teague sich getröstet. Und jetzt …

Oh Gott! Gott! Und jetzt entdeckte er, dass Romy nicht Matts einzige Liebe war? Begriff, dass Matt eine andere Frau stark genug geliebt hat, um ihr einen Antrag zu machen?

Er sprang auf und merkte, dass er kurz davor war, die Fassung zu verlieren.

„Wohin gehst du?“, fragte Frankie erschrocken.

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