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Stürmisch erobert

Verkatert wacht Gabe Foster in einem Hotelbett in Las Vegas auf - und trägt einen Ehering am Finger! Langsam kehren die Erinnerungen an die vergangene stürmische Nacht zurück … und an seine Eroberung Ellie, mit der er den besten Champagner und den besten Sex seines Lebens genossen hat. Er muss seine Frau wiederfinden! Schließlich ist Gabe tagsüber ein verantwortungsbewusster Anwalt, der diese unerhörte Episode nicht einfach so stehenlassen kann. Doch als er Ellie zum zweiten Mal begegnet, fällt Gabe aus allen Wolken: Sie ist die Tochter seines Chefs!


  • Erscheinungstag: 27.11.2020
  • Aus der Serie: Club
  • Bandnummer: 49
  • Seitenanzahl: 208
  • ISBN/Artikelnummer: 9783745752427
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Falls Gabe Foster jemals zu einem Zeitpunkt vollkommen zufrieden war, dann jetzt. Er hatte alles, was ein junger Mann sich nur wünschen konnte: Reichtum, Ansehen, eine erfolgreiche Karriere und eine vielversprechende Zukunft, jede Frau, auf die er scharf war, und gute Freunde. Gerade erst war er nach einem Monat in Hongkong nach Las Vegas zurückgekehrt. In Hongkong hatte er einem seiner größten Klienten bei einer Firmenfusion geholfen und durch diese Geschäftsreise Burnham & Associates, der Kanzlei, für die er arbeitete, eine erhebliche Summe Geld eingebracht. Deswegen war er auf der Anwärterliste für den freien Posten als Teilhaber ganz an die Spitze gerückt. Auf diese Stellung bereitete er sich vor, seit er volljährig war.

„Noch eine Runde, Sir?“, riss ihn eine Stimme von der Seite aus seinen Gedanken.

„Klar doch, danke.“ Um zu überspielen, dass er nicht bei der Sache gewesen war, griff er nach seinem Glas.

„Nein, Sir, Sie sind immer noch dran.“ Der Spielleiter deutete auf die Würfel, die vor Gabe auf dem Würfeltisch lagen.

„Ach, verdammt. Entschuldigung.“ Gabe griff nach den Würfeln und betrachtete den Tisch. Typisch für ihn, dass er mitten im spannenden Spiel abschaltete, wenn der Einsatz bei mittlerweile neunhundert Dollar lag.

Für Gabe lief alles blendend. Er sollte sich als König der Welt fühlen, aber irgendetwas schien zu fehlen. Nur war hier am Würfeltisch, umringt von zahllosen Spielern, nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber nachzugrübeln, was das sein könnte. In sich gehen und in aller Ruhe nachdenken sollte man lieber morgens beim Kaffee und nicht am Würfeltisch während einer Gewinnsträhne.

Er schüttelte die Würfel in der hohlen Hand und warf sie geschickt quer über den Tisch zum Rand, wo sie abprallten und mit einer Fünf und einer Drei liegen blieben.

Mit geschickten Bewegungen drückte der Spielleiter auf dem mit Filz bespannten Tisch den Knopf der Acht, während bereits hektisch weitere Wetten platziert wurden. Zwei Studenten applaudierten und schickten ein Stoßgebet los, um sich vor der „Big Red“ zu schützen, der gewürfelten Sieben, mit der diese Gewinnsträhne beendet würde. Rechts von Gabe genossen ein Zahnarzt im Ruhestand und seine Frau diesen für sie einmalig spannenden Abend in Vegas.

Gabe war heute Abend allein unterwegs. Er hatte sich mit seinen Freunden der Bruderschaft im Di Terrestres getroffen, aber sie waren alle schon am frühen Abend wieder gegangen, entweder nach Hause oder ins Büro. Und allein hatte Gabe nicht bleiben wollen.

Der Erotikclub Di Terrestres gehörte ihnen gemeinsam. Der Club war ein Treffpunkt für Leute, die sich keine Gedanken darüber machen wollten, dass über ihre außergewöhnlichen Vorlieben und körperlichen Neigungen in den Medien und Klatschspalten berichtet wurde. Von allen Unternehmen, die der Bruderschaft gehörten, war das Di Terrestres das Kronjuwel. In diesem sehr exklusiven Club gab es Bereiche, wo die Bekleidungspflicht nur optional war. Separate Playrooms waren besonderen erotischen Vorlieben vorbehalten. Dieser Club hatte sie alle zu mehrfachen Millionären gemacht. Unter den Reichen, Berühmten und Einflussreichen waren sie das Angesagteste, was es zurzeit gab.

Gabe hatte keine Probleme damit, dass seine Freunde an dem ersten Abend, an dem er wieder in der Stadt war, allesamt zu Frau oder Verlobter nach Hause oder zurück zur Arbeit gegangen waren. Als gut aussehender, junger und reicher Single sollte er in der heißesten Partyhöhle der Welt keine Schwierigkeiten haben, auch allein seinen Spaß zu haben. Er blickte zu den Leuten hoch, die um den Tisch herumstanden. Sie alle gewannen und drängten ihn zum Weiterspielen. Diese Fremden mit ihren Chips auf dem Würfeltisch fraßen ihm gerade alle aus der Hand, in der er Würfel hielt, mit denen er anscheinend nicht verlieren konnte.

An der Menge vorbei blickte er durch das Casino und entdeckte zwei Frauen, die gerade aus einem der angrenzenden Nachtclubs in das Casino kamen. Schlagartig waren für ihn die Würfel in seiner Hand nicht mehr das Aufregendste. Diese Frauen sahen beide umwerfend aus, doch eine faszinierte ihn besonders. Sie war groß, und das lange dunkle Haar reichte ihr über die Schultern den halben Rücken hinab. Ihre helle Haut verriet ihm, dass sie noch nicht viel Zeit unter der glühenden Sonne von Las Vegas verbracht hatte. Definitiv eine Touristin.

Die Frauen blieben an einem Bartresen des Casinos stehen. Die Brünette wandte den Kopf, und irgendwie trafen Gabes und ihre Blicke sich über die aufgeheizte Energie des Casinos hinweg. Er lächelte, und sie erwiderte das Lächeln, bevor sie sich wieder ihrer Freundin zuwandte und an dem Glas nippte, das der Barkeeper ihr reichte. Der Lärm, das Chaos und die Lichter wirkten auf einmal wie gedämpft. Gabe nahm nur noch die elegante Schönheit in ihrem kurzen, trägerlosen Kleid war, die gerade etwas zu ihrer Freundin sagte und wieder in seine Richtung sah. Sie lächelte.

Gabe erkannte ein Signal, wenn er es sah.

Er trat einen Schritt vom Spieltisch zurück und reichte dem Spielleiter die Würfel. „Ich denke, für heute habe ich genug“, stellte er an alle gerichtet fest. „Hat Spaß gemacht.“ Im Abwenden blickte er aufs Handy, um zu sehen, wie spät es war. Die Nacht war noch jung, genau wie er.

Der Mann neben ihm, der dank Gabe einen beträchtlichen Stapel Chips gewonnen hatte, rief ihm nach, als Gabe gehen wollte: „Hey, Kumpel, was wird aus Ihren Chips?“

Gabe sah auf seine gerade gewonnenen Chips und deutete auf den Mann. „Sie sind dran. Machen Sie was draus.“

Ellie Carrington bewegte die Zehen in ihren Heels Boots. Wahrscheinlich bildeten sich gerade Blasen an ihren müden Füßen, aber das waren die zwei durchgetanzten Stunden mit ihrer besten Freundin Rachel wert. „Wow, das hat Spaß gemacht“, stellte Ellie fest. „Nicht zu fassen, dass ich diesen Abend fast im Büro verbracht hätte.“

„Bist du jetzt froh, dass ich dich überredet habe, auf die Arbeit zu pfeifen und stattdessen Party zu machen?“

Ellie dachte an die nicht gelesenen E-Mails in ihrem Posteingang und versuchte, das Lächeln nicht zu verlieren. Seit sie vor zwei Wochen in der Anwaltskanzlei ihres Vaters angefangen hatte, hatte sie sich in die Arbeit vertieft und andere Kanzleianwälte bei den Fällen ihrer Klienten unterstützt. „Trotz allem, was ich morgen wieder aufholen muss: Ja, das bin ich. Aber bei diesem einen Mal muss es bleiben.“ Dies war nur ein kleiner Rückschritt für sie, ein Rückfall in die Welt der Damals-Ellie.

„Wieso hast du überhaupt noch gearbeitet? Ich dachte, du seist zum Dinner mit deinem Vater verabredet“, hakte Rachel nach.

Ellies kurzes Lachen klang humorlos. „Er hat abgesagt.“

„Schon wieder?“

„Ja. Das ist jetzt das dritte Mal.“

Vor zwei Wochen war Ellie nach dem Abschluss ihres Jurastudiums nach Las Vegas gezogen und hatte als Junior Associate in der Kanzlei ihres Vaters angefangen.

Aus drei Gründen war sie nach Las Vegas gekommen. In Gedanken zählte sie sie an den Fingern ab: Erstens wollte sie Erfahrung sammeln und für ihren Vater arbeiten, der zu den bekanntesten und angesehensten Anwälten im ganzen Bundesstaat gehörte. Zweitens wollte sie ihr Image aufpolieren. Das Partygirl von früher war erwachsen geworden und hatte sein Leben im Griff. Sie war jetzt eine selbstständige Frau mit einer Karriere, und hoffentlich geriet sie in den Klatschspalten für immer in Vergessenheit. Drittens, und das war der wichtigste Grund, wollte sie die Beziehung zu ihrem Vater Charles verbessern. Ellie hatte gedacht, dieser dritte Grund sei der einfachste Teil. „Keine Ahnung, was er will. Ich bin hergezogen, um für ihn zu arbeiten, und habe gehofft, dass wir dadurch die Beziehung zueinander bekommen, die wir nie hatten, aber wie sich herausstellt, bin ich immer noch nicht die Tochter, die er sich gewünscht hat.“

Rachel legte ihr eine Hand auf den Arm. „Sag so was nicht. Sein Pech. Das bedeutet allerdings, dass du jetzt das Wochenende frei hast, oder? Was hältst du davon, wenn wir morgen Abend nicht ausgehen? Hol so viel Arbeit nach, wie du musst, und dann schalten wir Netflix ein, ziehen uns unsere Pyjamas an und machen es uns mit Pizza und Prosecco gemütlich, ja? Ganz schön lange her seit unserem letzten Abend mit den drei großen Ps.“

Ellie lachte auf. Sie hatte Rachel vor Jahren kennengelernt, als sie noch hart und wild gefeiert hatte. Rachel war als Teenie in der Musikszene eine Sensation gewesen, doch als ihr Stern sank, geriet sie in einen selbstzerstörerischen Abwärtsstrudel. Mit Ellie hatte sie die perfekte Freundin gefunden, um Ängste und exzessive Partynächte auszuleben. Sie hatten zusammen wilde Zeiten verbracht und anschließend ihre Leben wieder auf die Spur gebracht. Gemeinsam hatten sie angefangen, erwachsen zu werden, und die ganze Zeit über waren sie beste Freundinnen geblieben.

„Klingt spaßig“, stellte Ellen fest und trank von ihrem Wein, während sie sich im Casino umblickte. Sie war zwar noch neu in Vegas, doch sie liebte es. Lächelnd genoss sie die pulsierende Energie. Der Trubel um sie herum gab ihr Kraft. Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit fühlte sie sich wieder zu Hause. Sie war wie geschaffen für Las Vegas.

Für sie war dies wie eine völlig neue Welt. In Vegas folgten ihr keine Paparazzi auf Schritt und Tritt. Niemand versuchte, von ihr oder Rachel ein Foto zu schießen, wie sie betrunken einen Nachtclub verließen oder ganz normal zum Einkaufen gingen. Niemand war an ihr interessiert, nur weil sie die rebellische Teenager-Tochter einer alternden, drittklassigen Schauspielerin war, die unbedingt in den Schlagzeilen bleiben wollte. In Vegas ging Ellie in der Menge unter. Auf merkwürdige Weise gab ihr das wilde Treiben im Casino ein Gefühl der Sicherheit.

Von einem Spieltisch her erklang aufgeregtes Rufen und weckte ihr Interesse. Dort hatte jemand eine Gewinnsträhne. Im Gegensatz zu L. A. konnte in Las Vegas auch ein Normalsterblicher die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Hier gab es für jeden nur den nächsten Wurf, das nächste Blatt, den nächsten Zug am Hebel der Automaten. Berühmtheit oder Prominenz zählten da nicht.

Ellie beobachtete den Aufruhr an dem Tisch und entdeckte den Mann, um den sich alles drehte.

Sobald sein Blick ihren traf, wurde sein aufgeregtes Lächeln schlagartig ernst. Aus dieser Entfernung konnte sie seine Augenfarbe nicht erkennen, doch diese Augen erschienen ihr strahlender als jeder Spot im gesamten Casino. Der offene Kragen von seinem weißen Hemd entblößte gebräunte Haut.

Dieser Mann sah umwerfend aus. Ellie wandte den Blick ab und drehte sich wieder zu Rachel um, die sie genau beobachtete.

„Geh doch hin und rede mit ihm“, schlug Rachel vor.

„Unsinn. Das ist unser Mädelsabend. Da haben Jungs keinen Zutritt.“

„Wer hat denn diese Regel aufgestellt?“

Ellie blickte wieder zu dem Mann, der sie offenbar immer noch beobachtete. Wieder lächelte sie und wusste, dass sie ihn an der Angel hatte. Sie sah, wie er die Würfel abgab und sich zur Enttäuschung der Gäste um ihn herum vom Spieltisch entfernte.

Ellie stand vom Barhocker auf. „Bin gleich zurück“, teilte sie Rachel mit und ging in Richtung des Mannes. Rachels Erwiderung hinter sich konnte sie über den Lärm des Casinos nicht verstehen, deshalb wandte sie sich um. „Was sagst du? Oh …“ Die Luft wich ihr aus den Lungen, als sie gegen eine feste Männerbrust stieß. Auf ihren hohen Absätzen geriet sie ins Schwanken, doch der Mann hielt sie fest, wobei er sein Handy fallen ließ. Er fing Ellie auf, bevor sie stolpern konnte. Sein Handy schlug jedoch auf dem Steinboden auf.

„Oh. Hey.“ Mit seinen kräftigen Händen hielt er Ellie an den Oberarmen fest. „Alles okay?“

„Ja, mir geht’s gut.“ Ellie sah zu Boden. Das Display seines Handys war zersprungen. „Zumindest geht’s mir sehr viel besser als Ihrem Handy.“

Er folgte ihrem Blick. „So ein Mist.“

„Das tut mir leid“, sagte sie, als er sie losließ und sein Handy aufhob.

„Macht nichts. Ich hätte besser aufpassen sollen, wo ich hingehe. War sowieso Zeit für ein neues.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich wollte gerade zu Ihnen, um Sie anzusprechen. Scheint so, als hätte ich meine Mission erfüllt.“ Zur Begrüßung streckte er ihr die Hand hin, und als er ihr in die Augen sah, erkannte Ellie sein Interesse.

„Gabe“, sagte er lächelnd, wobei sich tiefe Grübchen unter seinen ausgeprägten Wangenknochen zeigten.

Sie schüttelte ihm die Hand. Wie groß seine Finger im Vergleich zu ihren waren! „Hi, Gabe. Ich bin Ellie.“

„Ellie“, wiederholte er, als koste er den Klang ihres Namens aus. „Wie schön. Bist du allein hier?“ Er blickte sich um.

„Sie ist mit mir hier“, stellte Rachel dicht hinter Ellie fest.

Ellie konnte kaum glauben, dass sie ihre Freundin an der Bar vollkommen vergessen hatte.

Als Gabe erstaunt die Brauen hochzog und lächelte, konnte Ellie erkennen, welche Frage ihm durch den Kopf ging. „Nicht so, wie du jetzt denkst“, stellte sie richtig. „Wir sind zusammen hier. Aber wir sind nicht zusammen.“

An Ellie vorbei steckte er Rachel die Hand hin. „Ich bin Gabe.“

„Habe ich gehört.“ Sie gab ihm die Hand. „Rachel.“

„Wieso interessiert es dich, ob ich allein hier bin?“ Scherzhaft zog Ellie eine Braue hoch.

„Ich habe mich nur gefragt, ob hier ein Kerl herumläuft, der mir einen Arschtritt verpassen will, wenn ich euch beide auf einen Drink einlade.“

„Was macht dich so sicher, dass du den Arschtritt nicht von uns bekommst?“, hakte Ellie nach. Sie mochte den Mann jetzt schon und würde auf jeden Fall etwas mit ihm trinken, aber das hieß ja nicht, dass sie es ihm leichtmachen musste. Sollte er ruhig ein bisschen zappeln, um sich die Zeit mit ihr zu erkämpfen.

„Gut möglich, dass ihr das versucht.“ Er räusperte sich. „Also auf die Gefahr hin, dass ich damit meine körperliche Unversehrtheit riskiere: Hätten die Ladys Lust auf einen Drink mit mir?“

Ellie blickte zu Rachel, die gerade auf ihrem Handy herumtippte und so tat, als würde sie alles andere ignorieren. Offenbar hatte ihr Freundin keine Lust auf eine gemeinsame Unterhaltung. Sie wandte sich wieder zu Gabe. „Entschuldige uns einen Moment.“ Sie ergriff Rachel am Arm und zog sie ein paar Meter von Gabe weg.

„Was ist?“ Rachel blickte über Ellies Schulter hinweg zu Gabe.

„Hättest du was dagegen, ohne mich nach Hause zu gehen?“ Auch Ellie sah sich nach Gabe um, der sie beide ruhig beobachtete.

„Bist du sicher?“

„Ja, alles bestens. Ich komme klar.“

„Hältst du das für eine kluge Idee?“

Ellie schüttelte den Kopf. „Wahrscheinlich nicht, aber wann war ich jemals ein Fan von klugen Ideen?“

Rachel zuckte mit den Schultern. „Also schön, ich bin ja nicht deine Mutter – obwohl deine Mutter sich über das hier sehr aufregen würde – deshalb mache ich mich jetzt vom Acker. Aber du musst mir versprechen, dass du vorsichtig bist. Schließlich kennst du den Typen nicht.“

„Das Pfefferspray habe ich in der Handtasche, und ich werde nicht zögern, es zu benutzen.“

Rachel nickte und ging an Ellie vorbei zu Gabe. „Hey, Mister Schönredner. Zeig mir mal deinen Ausweis.“

Ellie, die ihrer Freundin folgte, musste über Rachels Direktheit lachen.

„Wie bitte?“, fragte er verblüfft.

Auffordernd streckte Rachel die Hand aus. „Zeig mal her.“

Gabe widersprach nicht, und Ellie sah, wie er seinen Ausweis hervorzog.

Blitzschnell schoss Rachel mit ihrem Handy ein Foto und blickte Gabe grinsend an. „Falls meiner Freundin jetzt irgendwas zustößt, weiß ich genau, wo ich die Polizei hinschicken muss. Ellie, schreib mir später, damit ich weiß, dass es dir gutgeht. Du kannst mich jederzeit anrufen, wenn ich dich irgendwo abholen soll.“

„Ehrenwort, das mache ich.“ Sie sah, wie Rachel wegging, und als ihre Freundin außer Hörweite war, wandte Ellie sich wieder Gabe zu. „Entschuldige bitte. Sie ist nun mal, wie sie ist.“

„Schon in Ordnung.“ Er schenkte ihr ein weiteres, überwältigendes Lächeln. „Sie passt ja nur auf dich auf, wie eine gute Freundin es eben tut.“

„Ja, sie ist wirklich eine gute Freundin. Sie ist echt der Wahnsinn. Wir kennen uns schon, seit wir Teenager waren.“

„Wie schön. Es ist gut, jemanden zu haben, der zu einem hält.“

„Da ist sie so ziemlich die Einzige“, gab Ellie leise zurück. Sie hatte es nicht sagen wollen, aber die Worte waren draußen, bevor sie sich bremsen konnte.

Stirnrunzelnd sah Gabe sie an, und Ellie erkannte, dass sie zu viel von sich preisgegeben hatte. „Wie wär’s jetzt mit dem Drink?“ Er griff nach ihrer Hand, doch Ellie wich zurück.

„Wieso bist du dir so sicher, dass ich mit einem Fremden irgendwo hingehe?“

„Weil du deine Freundin allein nach Hause geschickt hast.“

„Stimmt“, gab sie zu.

„Also schön, vielleicht sollte ich dir ein bisschen was über mich erzählen, dann bin ich für dich kein vollkommen Fremder mehr.“

„Okay.“ Gelassen lehnte sie sich an eine Betonsäule. „Schieß los. Kommst du von hier?“

„Ja, ich bin hier aufgewachsen. Ein stolzer, echter und kampferprobter Bewohner dieser Stadt.“ Er neigte den Kopf leicht zur Seite. „Abgesehen von meiner Studienzeit in England.“

„Das ist nett.“

„Und was machst du so?“

„Ich bin Anwältin. Wirtschaftsrecht.“ Es kam ihr immer noch merkwürdig vor, das auszusprechen. Sie fühlte sich gar nicht wie eine Anwältin.

Erstaunt riss er die Augen auf, dann zog er prüfend die Brauen zusammen. „Genau wie ich“, antwortete er. „Komisch, dass wir uns bisher nie begegnet sind. Ich würde mich definitiv erinnern, wenn ich dich schon mal getroffen hätte.“

„Ich bin erst seit ein paar Wochen hier. Erst vor Kurzem habe ich mein Studium an der Ostküste beendet.“

„Ganz neu in der Stadt.“ Er nickte. „Ich hätte dich für eine Touristin gehalten. Dann bist du also noch ganz frisch und unverdorben?“

„Kann man so sagen.“

„Das erklärt natürlich, wieso wir uns noch nicht begegnet sind. Ich komme auch gerade erst aus Hongkong zurück. Da habe ich die letzten Monate gearbeitet.“

„Klingt spannend. Dann besteht das Leben in einer Kanzlei also nicht nur aus Aktenwälzen und Recherche?“

„Das gehört alles mit dazu. Aber manchmal lassen sie dich auch raus und schicken dich an irgendeinen exotischen Ort, um dort Akten zu wälzen und zu recherchieren. Wie gefällt dir das Anwaltsleben bisher?“

„Es ist viel Arbeit, aber das brauche ich dir ja nicht zu erzählen.“ Sie musste an ihren Vater denken, der alles andere als begeistert wäre, wenn er wüsste, dass sie diesen Abend auf der Piste verbrachte und nicht im Büro. Schnell verdrängte sie diesen Gedanken wieder. „Meinst du, wir können über was anderes als die Arbeit reden? Ich muss wirklich mal einen Abend lang abschalten.“

Ihr Vorschlag schien ihn zu erleichtern. „Das klingt für mich fantastisch. Darf ich dir denn jetzt diesen Drink spendieren?“ Er streckte ihr die Hand hin und blickte sich in dem gut besuchten Casino um. „Ich kenne hier eine tolle Bar. Da ist es ruhiger, und wir können uns über alles unterhalten.“

Sie musterte Gabe von Kopf bis Fuß. Klug wäre es, wenn sie sich jetzt für das Angebot bedankte, Rachel nachlief und mir ihr nach Hause fuhr.

Aber wenigstens eine Nacht lang wollte Ellie nicht klug und vernünftig sein. Sie wollte Spaß haben. Im Studium und in den ersten Wochen im Job hatte sie in letzter Zeit so hart gearbeitet und immer nur die schlichten Business-Outfits getragen, dass es an der Zeit war, endlich mal wieder die Damals-Ellie rauszulassen und eine wilde Nacht lang Spaß zu haben. Nur eine Nacht lang Spaß, mehr nicht! Das hatte sie sich verdient. Während sie Gabe mit seinem faszinierenden Lächeln und dem herausfordernden Blick musterte, wurde ihr klar, dass sie mit diesem Mann eine Menge Spaß haben konnte. Daher legte sie lächelnd die Hand in seine und sagte: „Klar doch.“

Als sie die Finger mit seinen verschränkte und die Hand an seine schmiegte, spürte sie eine Art Stromschlag durch ihren Körper rasen. Ihr Blick ging zu Gabes Gesicht, das sie im Profil sah. Anscheinend hatte er das Kribbeln auch gespürt, denn er sah zu ihr und zwinkerte ihr zu.

Es war dumm und leichtsinnig, mit einem Fremden mitzugehen. So etwas hatte sie noch nie getan. Aber Gabe hatte etwas an sich, was bei Ellie den Verstand ausschaltete und sie ihrer Intuition folgen ließ. Sie war überzeugt, ganz genau dort zu sein, wo sie gerade sein wollte.

Die Menge schien sich vor ihnen zu teilen, als sie quer durch das Casino gingen. Elle bekam von den übrigen Gästen kaum etwas mit, während Gabe sie durch das Gedränge führte und sich geschickt seinen Weg bahnte.

Bildete sie sich das nur ein oder wurden sie von vielen angestarrt? Sie verspannte sich und fragte sich, ob jemand sie aus der Zeit wiedererkannte, als sie fast täglich in den Blogs aufgetaucht war. Vielleicht kannten die Leute auch eher Gabe? Aber vielleicht himmelten sie ihn alle auch nur an, weil kein anderer Mann hier so sexy war wie er. Auf jeden Fall hat er meine volle Aufmerksamkeit, dachte Ellie.

Erstaunt sah sie sich um, als er den angesagten Nachtclub links liegen ließ und sie stattdessen an einer Schlange von Wartenden vorbei zu einer Treppe leitete, die in einen ruhigeren Bereich hoch oberhalb des Casinos führte. Die Bar dort oben strahlte kultivierte Eleganz aus. Hier war es ruhiger und nicht so hektisch wie unten im Casino. Diese Bar passte zu Gabe.

Während er den Türsteher begrüßte, drückte er ihm beim Handschlag ein paar Geldscheine in die Hand, bevor ein Kellner sie beide in eine ruhige Ecke am Ende des Raums führte. Die halbrunde Sitznische war in eine Wand eingefügt und bot ihnen Privatsphäre.

Ellie ließ sich auf das edle, weiche Leder sinken, und Gabe folgte ihrem Beispiel. Als die Kellnerin kam, um ihre Bestellung aufzunehmen, griff Gabe nach der Getränkekarte auf dem Tisch.

„Was trinkst du am liebsten?“ Er reichte ihr die Karte.

„Ich bin nicht wählerisch“, erwiderte sie.

Nach kurzer Überlegung bestellte Gabe eine Flasche Champagner für sie beide.

„Gleich eine ganze Flasche?“

„Tja, wenn man nur ein Glas bestellst, bekommt man nicht den wirklich guten Stoff.“ Er zwinkerte ihr zu.

„Aber gleich Champagner?“

Beiläufig zuckte er mit den Schultern. „Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber mir ist nach Feiern zumute.“

Sie rückte etwas näher zu ihm, wobei ihr Knie seinen Schenkel berührte. Auf dem halbrunden Sofa drehte sie sich zu ihm. „Was möchtest du denn feiern?“

„Ich vermute, dass ich in meiner Kanzlei bald zum Teilhaber ernannt werde.“

Bewundernd riss Ellie die Augen auf. Gabe war augenscheinlich ein junger Mann. Wenn er in diesem Alter schon zum Teilhaber einer Anwaltskanzlei ernannt wurde, war das für ihn ein großer Erfolg. „Das ist fantastisch. Wo arbeitest du?“

Er schüttelte den Kopf. „Ich dachte, wir reden nicht über die Arbeit.“

„Hast recht“, stimmte sie zu.

„Aber ich finde, es gibt für mich noch einen anderen Grund zum Feiern.“ Seine Stimme sank zu einem tiefen, sexy Murmeln ab. Vielsagend neigte er den Kopf in ihre Richtung.

Tief atmete sie den leichten, maskulinen Duft seines Rasierwassers ein. Bei Männerdüften kannte sie sich nicht aus, aber sie musste unbedingt herausfinden, welches Parfüm Gabe benutzte. Dann könnte sie es sich aufs Kopfkissen sprühen und auch auf alles andere, was sie besaß. „Was für ein Grund könnte das sein?“ Ihre Stimme war kaum lauter als ein atemloses Flüstern.

Lächelnd beugte er sich dichter zu ihr. Seine Lippen berührten fast ihr Ohr. „Dich zu treffen“, antwortete er flüsternd.

Warm strich ihr sein Atem über die Haut und reizte die empfindsame Stelle an ihrem Hals.

Bei diesem kitschigen Spruch verdrehte sie die Augen und stieß ihn lachend gegen die Schulter. „Ach, bitte.“ Doch es stellte sich als Fehler heraus, ihn zu berühren. Anstatt die Hand zurückzuziehen, strich Ellie ihm über die Brust, unter das Jackett und am weichen Stoff seines Hemds entlang. Seine muskulöse, feste Brust fühlte sich warm an. Anscheinend trainierte dieser Mann sehr konsequent.

Er legte eine Hand auf ihre, hielt sie mitten in der Bewegung fest und drückte ihre Hand dicht über seinem Herzen an sich. Das ruhige Klopfen, das Ellie spürte, schien ihren ganzen Körper zu durchdringen und sich verlangend zwischen ihren Schenkeln zu konzentrieren. In völligem Einklang ging ihr Puls mit Gabes Herzschlag, den sie zu hören glaubte – oder war das ihr eigenes Herz? Ihre Blicke trafen sich, und der Raum um sie herum schien zu verschwinden.

Ellie bekam einen trockenen Mund. Von der Brust aufwärts durchströmte sie eine strahlende Wärme. Die eben noch unbekümmerte Stimmung war verschwunden. Die Luft schien sich sinnlich aufzuladen. Ellie war von diesem Mann – dem Fremden – neben sich so fasziniert, dass sie überhaupt nicht mitbekam, wie die Kellnerin zu ihnen an den Tisch trat. Erschrocken richtete sie sich auf und zog sich widerstrebend von Gabe zurück, während die Kellnerin Gabe die Flasche präsentierte und ihnen beiden ein Glas einschenkte, bevor sie die Flasche in einen Eiskühler stellte und lautlos wieder ging.

Sobald sie wieder allein waren, reichte Gabe Ellie eines der Gläser und nutzte die Gelegenheit, um etwas näher zu ihr zu rücken. Er drehte sich ihr zu und legte einen Arm auf die Lehne des Sofas. Obwohl er Ellie nicht berührte, konnte sie seine Nähe spüren. Gabe war wie ein Kraftfeld, das Ellie anzog. Dagegen hätte sie sich nicht wehren können, selbst wenn sie es gewollt hätte. Und sie wollte es nicht. Deshalb drehte sie sich zu ihm, schlug die Beine übereinander und ließ ihre Waden sein Schienbein berühren.

Keiner von ihnen sprach ein Wort, doch Ellie spürte die sexuelle Spannung wie Wellen, die zwischen ihnen wogten.

Schließlich hob Gabe sein Glas. „Auf uns.“

„Auf einen neuen Anfang“, fügte sie hinzu und stieß mit ihm an.

Sie tranken von ihrem Champagner und blickten sich dabei über die Gläser hinweg in die Augen.

Ellie seufzte auf, als Gabe den ersten Schritt machte und eine Hand auf ihren Schenkel senkte.

„Weißt du, ich bin mir ziemlich sicher, dass du die schönste Frau bist, die ich je gesehen habe“, stellte er fest.

Egal, ob im luxuriösen Club oder in einer schäbigen Bar, anscheinend waren die Männer überall gleich.

Ellie verdrehte die Augen. „Wie originell“, stellte sie fest und fragte sich, bei wie vielen Frauen dieser Spruch zog, selbst wenn der Mann so gut aussah wie Gabe. Da musste er sich schon ein bisschen mehr anstrengen.

„Okay, und wenn ich dich jetzt frage, ob dir die Beine wehtun?“

„Weil ich die ganze Nacht lang durch deine Träume laufe? Frag doch gleich, ob es wehgetan hat, als ich vom Himmel gefallen bin.“

„Na gut, ich schätze, das war’s.“ Er zog den Arm zurück und zuckte mit den Schultern.

Fast augenblicklich vermisste sie seine Wärme und wünschte sich, er würde den Arm zurücklegen und sie wieder berühren.

„Das waren jetzt all meine guten Sprüche.“ Sein tiefes, männliches Lachen hallte um sie herum wider. Er hob sein Glas und trank es leer, bevor er sich zum Tisch vorbeugte und sich nachschenkte. „Möchtest du auch noch was?“

„Ja, danke.“ Sie hielt ihm ihr leeres Glas hin. Er füllte es, und sie trank noch einen Schluck. Die aufsteigenden Kohlesäurebläschen kribbelten ihr in der Nase.

Gabes Hand landete wieder auf ihrem Oberschenkel, und durch den Nebel aus Lust und Champagnerschwips hindurch überkam Ellie ein Moment der Klarheit. Sie rückte leicht von ihm ab. „Warte kurz.“ Sie schob seine Hand weg und lehnte sich nach hinten, um den Freiraum zu bekommen, den sie jetzt brauchte. Sie wollte nicht mehr unter seinem Einfluss stehen und nicht mehr das Rasierwasser riechen, welche Marke das auch immer sein mochte. Doch als sie tief einatmete, sehnte sie sich sofort wieder nach Gabes Duft.

So was passierte ihr sonst nie. Ellie Carrington gehörte nicht zu den Frauen, die einem Mann so schnell und hilflos verfielen. Sie ging nie auf Männerjagd und sprang nicht mit irgendeinem gut aussehenden Kerl ins Bett. Immer cool bleiben, sagte sie sich. Sie war scharf auf Gabe, und sie merkte, dass er auch auf sie scharf war. Auf keinen Fall wollte sie ihm zeigen, dass er sie schon erobert hatte.

„Stimmt was nicht?“, fragte er nach.

„Glaub bloß nicht, dass ich mit dir schlafe, nur weil du uns diesen Tisch besorgt und wahrscheinlich viel zu viel Geld für diesen Champagner ausgegeben hast“, warnte sie ihn. Wahrscheinlich würde sie im Verlauf dieser Nacht noch wie ein Cowgirl auf ihm reiten, aber er brauchte ja nicht zu wissen, dass es so leicht sein würde.

Ein Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. Da waren sie wieder! Diese Grübchen! „Wie kommst du drauf, dass ich dich bitte, mit mir zu schlafen?“

Immer noch glaubte sie, seine Berührung am Schenkel zu spüren. „Wegen der Art, wie du mich ansiehst? Wegen des teuren Champagners? So was hat normalerweise seinen Preis, wenn du verstehst, was ich meine.“

„Oh, ich weiß, was du meinst, aber vielleicht habe ich einfach nur Durst?“

„Den hast du ganz sicher.“ Vielsagend zog sie eine Braue hoch, und er musste lachen.

„Oder ich möchte nur mit einer schönen Frau etwas trinken.“ Wie zum Beweis trank er noch einen Schluck. „Aber nur um es klarzustellen, Ellie: Keiner von uns ist hier dem anderen zu irgendetwas verpflichtet. Wir können einfach nur hier sitzen und als Fremde eine Flasche Champagner leeren. Wenn das im Verlauf des Abends zu mehr führt, und das hoffe ich sehr, dann ist das toll. Falls nicht …“ Er zuckte mit den Schultern und trank noch einen Schluck. „Wer weiß, vielleicht flehst du mich später noch an, dich zu ficken.“ Bei seiner Wortwahl zuckte sie innerlich zusammen, doch er schüttelte unbekümmert den Kopf. „… und vielleicht setze ich dich dann einfach in ein Taxi und lasse dich nach Hause fahren.“

Ellie lachte, weil sie wusste, dass er das nicht ernst meinte. Die Art, wie er sie ansah und wie er ihr Bein streichelte, verriet ihr sehr genau, dass sie nur Ja zu sagen brauchte und dass er sie nie im Leben nach Hause schicken würde. In diesem Moment erkannte sie, dass sie mit diesem Mann heute Nacht im Bett landen würde. Sie war dem Einfluss, den er auf sie ausübte, hilflos ausgeliefert. Der Blick seiner smaragdgrünen Augen hielt sie gefangen, der leichte Schwung seiner sinnlichen Lippen faszinierte sie.

Ellie schlief nicht wild durch die Gegend, und One-Night-Stands waren eher nicht ihr Ding – obwohl sie niemanden deswegen verurteilen würde – seit sie ihre wilde Partyzeit hinter sich gelassen hatte, doch während sie Gabe über den Rand ihres Glases hinweg ansah, wusste sie, dass sie bei ihm eine Ausnahme machen würde. Sie war wie gebannt von ihm, und schon jetzt mochte sie ihn. Deshalb beschloss sie, sich nicht länger gegen das zu sträuben, was zwischen ihnen ablief. Gelassen trank sie von ihrem Champagner.

Nach einer Stunde wurden die Lichter in der Bar etwas gedämpft, und die Atmosphäre wurde noch intimer. Gabe schenkte sich die letzten Tropfen Champagner ein und steckte die leere Flasche kopfüber in den Eiskübel, ehe er sich in der Nische nach hinten lehnte. Trotz des glühenden Verlangens, das ihn durchraste, war er entspannt und gelassen. Ellie hatte sich nicht bewegt. Sie war immer noch ihm zugewandt und hatte die Füße angezogen. Sie saß auf ihren Unterschenkeln, und ihre Knie berührten Gabe am Schenkel, gefährlich dicht an seinem Schwanz.

Er konnte sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal die Gesellschaft einer Frau so genossen hatte wie von Ellie. Sie war umwerfend und sexy, aber auch klug, schlagfertig und witzig. Zwischen ihnen gab es eine Verbindung, wie Gabe es schon seit einiger Zeit nicht mehr erlebt hatte. Mit ihr konnte er sich unbekümmert unterhalten, und als die Kellnerin kam, wollte Gabe noch nicht gehen, deshalb bestellten sie sich noch eine zweite Flasche.

„Und wonach hast du heute Abend auf dem Strip gesucht?“, fragte Ellie. „Ich bin zwar noch nicht lange hier in der Stadt, aber ich weiß, dass hier zum Großteil Touristen unterwegs sind.“

Gabe dachte lange nach, was er darauf antworten sollte. Da seine Freunde alle mit ihren eigenen Leben beschäftigt waren, war er ganz allein losgezogen. Er hatte nicht allein bei sich zu Hause herumsitzen wollen, und da war ihm der Strip als gute Alternative vorgekommen, um sich den Abend zu vertreiben. Damit hatte er richtig gelegen. Er hatte sich nach Aufregung gesehnt und mal was anderes erleben wollen. Etwas Neues. Noch ein einziges Mal wollte er wild feiern, ehe er sich und sein Leben seinem Boss und Mentor Charles Burnham verschrieb. Jetzt sah er zu Ellie und erkannte, dass er all das bei ihr gefunden hatte. „Ich bin heute Abend hier, weil ich wusste, dass mir hier niemand begegnet, den ich kenne. Ich wollte mal andere Gesichter sehen.“

Ellies prüfender Blick verriet ihm, dass er anscheinend zu viel über sich preisgegeben hatte.

„Klingt, als würde da eine Geschichte dahinterstecken“, stellte sie fest.

Damit hatte sie ins Schwarze getroffen, doch es kam ihm absurd vor, sich über all die Erfolge in seinem Leben zu beschweren. „Stimmt, aber ich habe keine Lust, sie zu erzählen.“

Sie beugte sich dichter zu ihm, als wolle sie ihn eingehend mustern. Die Luft zwischen ihnen wirkte noch stärker aufgeheizt. Sie hatten einen Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gab. Alles schien wie in Zeitlupe abzulaufen.

Mit den Fingerspitzen strich er ihr sachte über die Wange und zog Ellie näher zu sich. Er wollte sie küssen. Nach diesem Kuss sehnte er sich mehr als nach seinem nächsten Atemzug.

In dem Moment, in dem ihre Lippen seine berührten, war Gabe ihr ausgeliefert. Zuerst ein sachtes Ertasten, ein Erkunden der Grenzen, dann saugte er an ihrer Unterlippe und biss leicht zu. Ellies Stöhnen ermutigte ihn. Mit der Zunge glitt er an den Konturen ihrer Lippen entlang, und Ellie öffnete den Mund. Seufzend gestattete sie ihm das Eindringen in ihre heiße, feuchte Mundhöhle.

Nicht lange, und der Kuss war nicht mehr genug.

Gabe umfasste Ellie an den Hüften und hob sie an. Begehrlich zog er sie auf seinen Schoß, sodass sie rittlings auf ihm saß.

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