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Tödlicher Rausch

San Franciscos berüchtigster Drogenboss soll zum Tode verurteilt werden! Doch Staatsanwälte, Geschworene und Ermittler haben den gefährlichen Auftragskiller und Bandenchef Kingfisher unterschätzt. Wie gelähmt reagieren sie auf seinen brutalen Rachefeldzug, der die ganze Stadt in Angst versetzt. Ein Fall für Detective Lindsay Boxer und ihre besten Freundinnen aus dem Club der Ermittlerinnen.

Ein Justizkrimi, der Sie packen wird und in dem nichts ist, wie es scheint!


  • Erscheinungstag: 01.06.2017
  • Aus der Serie: James Patterson Bookshots
  • Bandnummer: 6
  • Seitenanzahl: 120
  • ISBN/Artikelnummer: 9783959677028
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

KAPITEL 1

Es war die verrückte Zeit zwischen Thanksgiving und Weihnachten, wenn man in Arbeit ertrinkt, die Zeit rast und das Tageslicht zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang einfach nicht reicht, um alles zu schaffen.

Das hielt unsere Viererclique mit dem selbst gewählten Namen „Club der Ermittlerinnen“ nicht davon ab, sich jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit in einer Bar zu treffen und es krachen zu lassen. Drinks und Burger waren erwünscht, Ehemänner nicht.

Diesmal hatte Yuki Castellano die Location ausgesucht.

Uncle Maxie’s Top Hat war ein Restaurant im Finanzbezirk und seit 150 Jahren eine Institution. Die Wände waren mit Art-déco-Drucken und Spiegeln geschmückt, und eine große neonbeleuchtete Uhr über der Theke beherrschte den ganzen Raum. Üblicherweise lockte das Maxie’s Männer in Designeranzügen und Frauen in engen Röcken an, die Pfennigabsätze und teuren Schmuck trugen.

Ich mochte den Laden. Als Polizistin fühlte ich mich wohl hier, ein bisschen wie in einem Krimi von Mickey Spillane. Ich trug eine enge Hose mit geradem Schnitt, einen Blazer aus blauer Gabardine, eine Glock im Schulterholster und flache Schnürschuhe. In der Nähe des Tresens sah ich mich langsam um und hielt nach meinen besten Freundinnen Ausschau.

„Lindsay. Hey.“

Cindy Thomas winkte mir von einem Tisch unter der Wendeltreppe aus zu. Viel Platz schien in dem engen Winkel nicht zu sein. Ich winkte zurück und ging hinüber. Claire Washburn, die Dritte im Bunde, hatte noch ihre OP-Klamotten an, darüber einen Trenchcoat mit einem Anstecker am Revers, auf dem UNTERSTÜTZT UNSERE TRUPPEN stand. Sie streifte den Mantel ab und drückte mich. Ihre Umarmung hätte wie immer für zwei gereicht.

Auch Cindy trug noch ihre Arbeitskluft, eine Cordhose und einen dicken Strickpullover. Ihr hüftlanger Marinemantel aus derbem Stoff hing über der Stuhllehne. Hätte ich mich unter den Tisch gebückt, wäre ich mit Sicherheit auf ein Paar Stahlkappenstiefel gestoßen. Cindy war eine erstklassige Polizeireporterin mit den Instinkten eines Jagdhunds.

Sie warf mir ein paar Handküsse zu. Yuki stand auf, um mir ihren Platz zu überlassen. Sie gab mir einen Schmatz auf die Wange, und mir stieg der Duft von Jasmin in die Nase. Offenbar kam sie direkt aus dem Gericht, wo sie ehrenamtlich als Verteidigerin für die Armen und Hoffnungslosen arbeitete. Das hinderte sie nicht daran, sich perfekt zu kleiden, ich sage nur: Nadelstreifen und Perlen.

Ich setzte mich auf den Stuhl gegenüber von Claire, die mit dem Rücken zum Raum zwischen Cindy und Yuki saß. Wir rutschten um den kleinen Tisch aus Glas und Chrom zusammen.

Hatte ich es schon erwähnt? Wir vier waren ein Herz und eine Seele und so eine Art Arbeitsgemeinschaft, in der wir unsere jeweiligen Fälle bequatschten und uns außerdem nach Herzenslust über das Rechtssystem ausließen. Klar, dass auch unser Privatleben nicht zu kurz kam. Gerade war ich es, die den anderen Sorgen machte.

Drei von uns waren verheiratet – Claire, Yuki und ich –, während Cindy ein brandheißes Angebot hatte: nämlich demnächst in der Grace Cathedral einen Ring und ein Eheversprechen zu bekommen. Bis vor Kurzem hätte man keine vier glücklicheren Frauen mit fester Beziehung finden können. Bis meine Ehe mit Joe Molinari, dem Vater meines Kindes, implodierte. Ich hatte alles mit ihm geteilt, einschließlich meiner Geheimnisse.

Wir hatten so gut zueinandergepasst, dass wir uns beim Streiten schon küssten und wieder vertrugen, noch bevor der Streit richtig zu Ende war. „Du hast recht.“ – „Nein, du hast recht!“ So ging es jedes Mal.

Dann verschwand Joe plötzlich und bescherte mir die wahrscheinlich schlimmsten Wochen meines Lebens.

Ich bin bei der Mordkommission und weiß, wann jemand die Wahrheit sagt und wann etwas nicht stimmt.

An Joes Abtauchen stimmte etwas nicht. Ich war halb wahnsinnig geworden vor Sorge. Wo war er? Warum meldete er sich nicht? Warum war seine Mailbox voll und nahm keine Nachrichten mehr an? Lebte er noch?

Als das Chaos aus Spionage, Zerstörung und Mord sich endlich gelichtet hatte, hielt Joe eine große Abschlussrede und packte ein paar Geschichten aus seiner Vergangenheit und der Gegenwart aus, die mir völlig neu waren. Danach hatte ich gute Gründe, ihm nicht mehr zu trauen.

Selbst er würde mir dazu raten. Jeder würde das, glaube ich.

Es ist allgemein bekannt, wie schwer es ist, einmal zerstörtes Vertrauen wieder zu kitten. Ich würde viel Zeit brauchen. Aber war ich bereit, diese aufzubringen? Außerdem musste ich Joe sein Geständnis erst einmal glauben. Das fiel mir nicht leicht.

Ich liebte ihn noch. Als er vorbeigekommen war, um unsere kleine Tochter Julie zu besuchen, hatten wir zusammen gegessen. Wir sprachen an dem Abend nicht über Scheidung, aber auch nicht über Liebe. Momentan war unsere Beziehung wie der Kalte Krieg zwischen Russland und Amerika in den Achtzigern: ein angespannter, pragmatischer Frieden, im besten Fall eine Détente.

Hier und jetzt, bei meinen Freundinnen, versuchte ich, jeden Gedanken an Joe zu verdrängen. Um Julie musste ich mir keine Sorgen machen, sie war bei ihrer Nanny in besten Händen. Die Heimatfront war also gesichert. Ich bestellte mir einen Hot Buttered Rum, einen beliebten Drink in der Vorweihnachtszeit, und dazu ein Steaksandwich – blutig, bitte – mit hausgemachter scharfer Chilisauce.

Meine Freundinnen waren in ein angeregtes Gespräch über die üblichen Kriminalthemen vertieft. Auf Claires Seziertisch stapelten sich die Leichen. Cindy hatte im Archiv des San Francisco Chronicle einen ungelösten Fall ausgegraben, und Yuki hoffte auf ein günstiges Urteil für ihren Mandanten, einen minderjährigen Drogendealer.

Ich wollte mich gerade beteiligen, als Yuki sagte: „Linds, ich muss dich einfach fragen. Wie sieht es Weihnachten mit dir und Joe aus?“

Genau in dem Moment klingelte mein Handy und rettete mich.

„HANDY AUS“, protestierten meine Freundinnen im Chor.

So lautete die Regel, die ich vergessen hatte – mal wieder.

Ich holte das Telefon aus meiner Handtasche und sagte: „Schon gut. Schaut, ich mache es aus.“

Dann sah ich, dass es Rich Conklin war, mein Partner und Cindys Verlobter.

Cindy erkannte den Klingelton. „Das war’s dann wohl mit unserer Party“, seufzte sie und warf ihre Serviette in die Luft.

„Linds?“, meldete sich Conklin.

„Rich, hat das nicht Zeit? Ich bin gerade mitten …“

„Es geht um Kingfisher. Er liefert sich im Vault gerade ein Feuergefecht mit ein paar Kollegen. Es gibt bereits Tote.“

„Aber … Kingfisher ist tot!“

„Dann ist er wohl auferstanden.“

KAPITEL 2

Mein Partner parkte mit laufendem Motor und eingeschalteter Warnblinkanlage in zweiter Reihe vor dem Uncle Maxie’s und wartete auf mich. Kaum war ich auf der Beifahrerseite des Zivilstreifenwagens eingestiegen, reichte Richie mir meine Weste. So war er, wie ein älterer Bruder, nur jünger. Er dachte an mich, passte auf mich auf, und ich bemühte mich, das Gleiche für ihn zu tun.

Er sah zu, wie ich mich anschnallte, schaltete die Sirene ein und gab Gas.

Wir waren etwa fünf Minuten vom Vault entfernt, einem edlen Nachtclub im ersten Stock einer ehemaligen Bank-of-America-Filiale.

„Schieß los“, sagte ich zu meinem Partner.

„Vor zehn Minuten kam ein Anruf über die Notrufnummer rein“, setzte mich Conklin ins Bild, während wir die California Street entlangrasten. „Es war ein Küchenhelfer aus dem Vault. Er meint, er hätte Kingfisher vorn an der Bar gesehen. Der Disponent hat erst rumdiskutiert, dass das kein Notfall sei, aber dann sind Schüsse im Club gefallen.“

„Vorsicht mit dem da rechts!“

Richie riss das Steuer nach links, um einem Lieferwagen auszuweichen, der offensichtlich nicht wusste, wo er hinsollte, riss es dann wieder nach rechts und bog in die Sansome Street ein.

„Alles in Ordnung?“, fragte er.

Ich war bekannt dafür, dass mir bei ruppigen Verfolgungsjagden mit Höchstgeschwindigkeit gern mal schlecht wurde, wenn ich nicht selbst am Steuer saß.

„Mir geht’s gut. Erzähl weiter.“

Ich erfuhr, dass ein Zeuge den ersten Kollegen am Tatort berichtet hätte, an der Bar drei Männer im Gespräch mit zwei Frauen gesehen zu haben. Auf einmal hätte einer der Männer geschrien: „Niemand verarscht den King!“ Schüsse fielen. Anschließend waren die Frauen tot.

„Der Anrufer hat aufgelegt, ohne seinen Namen zu nennen.“

Ich klammerte mich mit der einen Hand ans Armaturenbrett, mit der anderen an den Türgriff und stemmte beide Füße auf ein imaginäres Bremspedal, während ich an Kingfisher dachte. Er war der Boss eines mexikanischen Drogenkartells, ein Psycho mit Hang zur Brutalität und Rachsucht, der seine Rechnungen gern selbst beglich.

Richie erzählte weiter: „Die Streifen kamen genau in dem Moment an, als die Täter durch den Vorderausgang fliehen wollten. Einer von unseren Jungs hat bei einem von ihnen auf dem Handrücken das Tattoo gesehen. Ich habe schon mit Brady gesprochen …“ – Conklin meinte unseren Lieutenant – „… wenn es Kingfisher ist und er überlebt, gehört er uns.“

KAPITEL 3

Ich wollte den King schon aus naheliegenden Gründen in der Todeszelle sehen: Er war für das Drogen- und Auftragsmordgeschäft das, was al-Baghdadi für den Terrorismus war. Aber ich hatte auch persönliche Gründe.

Vor ein paar Monaten hatten ein paar nicht ganz saubere Cops aus unserem Dezernat mehrere Drogenlabore hochgenommen, um selbst abzukassieren. Besonders ein Labor brachte ihnen fette Beute ein, irgendwas zwischen fünf und sieben Millionen in Cash und Drogen. Ob die Cops das vorher gewusst hatten, war unklar, aber die Beute gehörte Kingfisher – und er wollte sie zurück.

Also rächte sich der King, aber trotzdem fehlte ihm immer noch ein Haufen Koks und Kohle.

So geriet ich ins Visier.

Ich hatte den Fall mit den korrupten Bullen als zuständiger Inspector der Mordkommission geleitet.

Seiner eigenen verqueren Logik folgend, war der King der festen Überzeugung, dass ich persönlich ihm sein Eigentum wiederzubeschaffen hätte. Sonst …

Das waren eine Drohung und ein Versprechen, und natürlich würde ich nicht liefern.

Seitdem stand ich jeden Tag rund um die Uhr unter Personenschutz. Aber Personenschutz ist ein Witz, wenn dein Verfolger ein Geist ist. In den Akten hatten wir ein paar grobkörnige Fotos und miese Aufnahmen von billigen Überwachungskameras. Es gab ein verschwommenes Foto von einem Tattoo auf seinem linken Handrücken.

Das war alles.

Nach der Drohung konnte ich nicht mal mehr von meiner Wohnung über die Straße zu meinem Auto gehen, ohne Angst zu haben, Kingfisher könnte mir eine Kugel verpassen.

Eine Woche nach dem ersten einer ganzen Reihe von Drohanrufen hatten die Anrufe plötzlich aufgehört. Kurz darauf erhielten wir einen Bericht der mexikanischen Bundespolizei, demzufolge sie Kingfishers Leiche in einem flachen Grab in Baja California gefunden hatten. So schrieben es die mexikanischen Kollegen.

Aber war der King tatsächlich tot und dieser beschissene Albtraum vorüber?

Mit der Zeit war es mir fast gelungen, mir einzureden, dass meine Familie und ich in Sicherheit wären. Aber dieser Einsatz bestätigte, dass mein erstes Bauchgefühl mich nicht getrogen hatte. Entweder hatte die mexikanische Polizei gelogen, oder der King hatte sie ausgetrickst und einen Doppelgänger im Sand verscharrt.

Vor ein paar Minuten hatte ein Küchenhelfer im Vault den King identifiziert. Falls das stimmte, was wollte er hier in San Francisco? Warum zeigte er sich in einem vollen Nachtclub und erschoss dort zwei Frauen? Aber was mich vor allem beschäftigte: Würden wir ihn lebend schnappen und vor Gericht stellen?

Bitte, lieber Gott. Bitte.

KAPITEL 4

Aus dem Funkgerät drangen barsche Befehle. Es knisterte und piepste, als immer mehr Wagen zum Vault geschickt wurden, das in der Mitte vom Block in der Walnut Street lag. Streifenwagen und Rettungswagen rasten mit heulenden Sirenen an uns vorbei, als Conklin und ich uns dem Ort des Geschehens näherten. Ich zeigte dem Polizisten an der Absperrung meine Marke, und Conklin setzte rückwärts in eine Lücke zwischen den anderen Einsatzfahrzeugen, die gegenüber vom Vault auf der anderen Straßenseite standen.

Das Gebäude hatte eine große Glasdoppeltür mit einem halbkreisförmigen Fenster darüber in seiner Mitte. Jetzt war sie zerschossen, ebenso wie die zwei hohen, oben halbrunden Fenster links und rechts daneben.

Die Männer im Gebäude hatten sich hinter dem Türrahmen aus Granit verschanzt und feuerten auf die uniformierten Polizisten, die hinter den Türen ihrer Autos hockten.

Conklin und ich stiegen mit gezogener Waffe aus und kauerten uns neben die Kotflügel. Ein Adrenalinstoß nach dem anderen jagte meinen Puls nach oben. Ich sah ganz klar und war voll im Geschehen, gleichzeitig aber stiegen vor meinem inneren Auge Szenen vergangener Schießereien auf. Einmal wäre ich nach einer Schussverletzung fast gestorben. Auch jeder meiner drei bisherigen Partner war mindestens einmal angeschossen worden, einer von ihnen tödlich.

Und jetzt hatte ich ein Baby zu Hause.

Am Wagen links von mir schrie plötzlich eine Polizistin auf.

Sie ließ ihre Waffe fallen, hielt sich die Schulter und stürzte zu Boden. Sofort rannte ihr Partner zu ihr und zog sie hinter das Heck des Wagens. „Officer angeschossen!“, brüllte er. Genau in dem Moment traf das SWAT-Kommando ein, eine Kolonne aus schwarzen SUVs und einem gepanzerten Transporter, groß wie ein Bus. Der Leiter des Kommandos richtete sein Megafon auf das Vault, wo die Täter sich nun ganz hinter die festungsartigen Mauern zurückgezogen hatten.

„Alle Ausgänge sind blockiert. Das war’s. Werfen Sie Ihre Waffen raus. Sofort.“

Als Antwort regnete es Kugeln, die mit metallischem Pling ins Blech der Fahrzeuge einschlugen. Die SWAT-Beamten revanchierten sich mit vollautomatischem Gewehrfeuer. Zwei Angreifer wurden getroffen und kippten aus der Tür auf den Gehweg.

Die Schüsse stoppten, und eine hallende Stille legte sich über uns alle.

Der Kommandoleiter hob erneut das Megafon an den Mund: „Sie da drinnen. Runter mit der Waffe, dann schießen wir nicht. Einzige und letzte Warnung. Wir kommen jetzt rein.“

„Stopp! Ich ergebe mich“, rief eine Stimme mit Akzent. „Hände sind oben, seht ihr?“

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