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Wo die Wahrheit ruht

New Hope, Pensylvania: Der Kunstliebhaber Steven Hatfield wird aus ungeklärten Motiven ermordet. Seine Galerie erbt seine Freundin, die schöne Grace McKenzie. Ein gefährliches Vermächtnis - denn plötzlich wird auch sie bedroht. Aber warum? Und vor allem: Wer steckt dahinter? Diese Frage stellt sich auch der attraktive FBI-Agent Matt Baxter. Sein Vater sitzt wegen des Mordes als Hauptverdächtiger in Untersuchungshaft. Zusammen mit Grace will Matt herausfinden, wo die Wahrheit begraben liegt. Ihre Suche führt sie zueinander. Und zu einem dunklen Geheimnis, das jahrelang unentdeckt blieb.


  • Erscheinungstag: 10.12.2012
  • Seitenanzahl: 192
  • ISBN/Artikelnummer: 9783955761981
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Christiane Heggan

Wo die Wahrheit ruht

Roman

Image

MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright © 2012 by MIRA Taschenbuch
in der Harlequin Enterprises GmbH

Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:

Where Truth Lies

Copyright © 2006 by Christiane Heggan

erschienen bei: MIRA Books, Toronto

Published by arrangement with

HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln

Titelabbildung: Getty Images, München; pecher und soiron, Köln

Autorenfoto: © by Harlequin Enterprise S.A., Schweiz

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN eBook 978-3-95576-198-1

www.mira-taschenbuch.de

eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
www.readbox.net

PROLOG

Point Pleasant, Pennsylvania
13. Juni 1986

“Was soll das heißen, sie ist tot?”

Die beiden Männer standen unter einem mondlosen Nachthimmel. Sie waren Anfang zwanzig, kräftig gebaut und beinahe gleich groß. Obwohl sie die ganze Nacht gefeiert hatten, waren sie schlagartig wieder nüchtern.

“Keine Ahnung. Woher soll ich das wissen?” Die Stimme des Mannes zitterte, als er sich durchs Haar fuhr. “Eben war noch alles okay! Und dann hat sie plötzlich aufgehört zu atmen. Von einer Minute auf die andere!”

“Erzähl keinen Scheiß! Du hattest gerade noch Sex mit ihr, verdammt noch mal! Du musst doch wissen, was passiert ist. Während er dies sagte, warf er unablässig kurze, ängstliche Blicke zu dem Wagen hinüber, rührte sich jedoch nicht von der Stelle. “Was hast du mit ihr angestellt?”

“Nichts! Ich habe ihr nur ein paar Ohrfeigen verpasst, als sie anfing, nach mir zu schlagen. Ich wollte sie doch nur zur Ruhe bringen …” Er rang nach Atem. “Und dann ist sie mit dem Hinterkopf gegen die Tür geknallt.”

“Oh Gott.”

“Ich wollte sie nicht umbringen, ich schwör's dir.”

“Vielleicht lebt sie ja noch.” Nachdem er endlich den Mut gefasst hatte zu handeln, ging einer der beiden zu dem alten Chevy Impala hinüber, der abseits der Straße parkte, und spähte hinein. Er schluckte, als er den leblosen Körper erblickte, der mit schlaff herabhängendem Arm ausgestreckt auf dem Rücksitz lag. Mühsam unterdrückte er die aufsteigende Übelkeit und öffnete die Tür.

“Hey, was machst du denn da?”

“Nachsehen, ob sie noch atmet.” Er beugte sich über den Körper des Mädchens, hielt ihr zwei Finger an den Hals und suchte nach ihrem Puls.

“Und?”

“Sie ist tot. Und wir stecken bis zum Hals in der Scheiße.” Panik stieg in ihm auf. Er lehnte sich gegen den Wagen und presste die Hände an die Schläfen. “Ich habe dir gleich gesagt, dass das eine blöde Idee ist, aber du wolltest ja nicht auf mich hören.”

“Hey, erzähl doch keinen Mist. Als wir draußen standen und du darauf warten musstest, an die Reihe zu kommen, da warst du genauso scharf darauf, sie zu bumsen, wie ich.”

“Ach, halt's Maul.”

“Ich denk ja nicht daran. Du steckst da genauso tief mit drin.”

“Du hast sie umgebracht, nicht ich.”

“Und du hast sie in den Wagen gezerrt.”

“Mir wird schlecht.” Kaum stand der kleinere der beiden Männer wieder auf seinen Beinen, begann er erneut zu wanken und presste seine Hände gegen den Bauch. “Was sollen wir jetzt nur tun?”, jammerte er.

“Das Wichtigste zuerst …”

“Das heißt?”

“Wir müssen die Leiche loswerden.”

Der Kleinere blickte sich suchend um. “Und wie?”

“In den Fluss werfen?”

“Bist du verrückt?” Seine Übelkeit machte ihm sichtlich zu schaffen. “Da werden die Bullen doch zuerst suchen. Und wenn sie erst einmal die Leiche haben, dann finden sie auch Spuren, da kannst du Gift drauf nehmen.”

“Dann lass du dir doch was einfallen, Einstein.”

Einen Augenblick war es still. Obwohl er krampfhaft versuchte, seinen revoltierenden Magen in den Griff zu bekommen, blickte er seinen Freund konzentriert an: “Sie ist getrampt, also hätte jeder sie aufgabeln können, stimmt's?”

“Stimmt.”

“Außerdem weiß jeder in der Stadt, dass sie eine kleine Ausreißerin ist. Als Fünfzehnjährige ist sie das erste Mal abgehauen und dann noch einmal mit siebzehn. Bis Tennessee hat sie es damals geschafft und sich dann noch eine geschlagene Woche dort rumgetrieben, bevor sie sich überhaupt bei ihren Eltern gemeldet hat.”

“Worauf willst du hinaus?”

“Niemand wird sonderlich überrascht sein, zu hören, dass sie es wieder getan hat. Erinnerst du dich? Polizeichef Baxter war letztes Mal ziemlich angepisst. Tagelang haben seine gesamte Polizeitruppe und über hundert Freiwillige die ganze Umgebung nach ihr abgesucht.”

“Das heißt?”

“Das heißt, dass sie sich dieses Mal vermutlich nicht gerade den Arsch aufreißen werden, um sie zu finden. Klar, sie müssen zwangsläufig die üblichen Schritte einleiten. Aber nach ein paar Tagen werden sie annehmen, dass die Streunerin wieder abgehauen ist und diesmal gar nicht zurückkommen will.”

Endlich hatte auch sein Freund den Plan kapiert. “Und wir müssen sie nur irgendwo vergraben, wo niemand sie findet.”

“Keine leichte Aufgabe.”

“Kein Problem. Ich kenne genau den richtigen Platz dafür.”

1. KAPITEL

Boston, Massachusetts
9. Oktober 2006

“Ohhh, und vergiss diesen Fummel nicht.” Angie Viero zog ein schwarzes Kleid aus Grace' Kleiderschrank hervor und hielt es ihr mit ausgestrecktem Arm direkt vor die Nase. “Ohne einen sexy Hingucker wie diesen ist kein Urlaub perfekt.” Angie war klein und leicht kompakt, galt aber trotzdem als ausgesprochen attraktive Fünfunddreißigjährige. Ihr hübsches, ausdrucksstarkes Gesicht wurde von einer schwarzen Lockenpracht umrahmt, um die sie jeder beneidete.

Grace McKenzie riss ihr das Kleid aus der Hand und hängte es zurück an die Stange. “Ich fahre nach Napa Valley, um meinen Vater zu besuchen, und nicht, um eine Rolle in einem Erotikfilm zu ergattern.”

“Wie willst du jemals einen Mann finden, wenn du nicht zeigst, was du zu bieten hast?”, protestierte Angie. “Du besitzt einen umwerfenden Körper. Zeig ihn!”

Grace holte stattdessen zwei Paar ausgewaschene Jeans hervor und warf sie aufs Bett. “Von Männern will ich nichts mehr wissen – schon vergessen?”

“Es ist schon ganze zwei Monate her, seit du mit 'Wie-hieß-er-noch-mal?' Schluss gemacht hast.”

“Preston.”

Angie verzog das Gesicht. “Schon dieser Name hätte dir eine Warnung sein sollen. Aber egal, nur weil Preston ein absoluter Vollidiot war, heißt das nicht, dass alle anderen Männer auch welche sind. Schau mich an. Ich habe den Mann meines Lebens gefunden. Und das wirst du auch bald.”

“Der Mann meines Lebens kann mir gestohlen bleiben.”

“Schätzchen, gleich wirst du deine Meinung ändern.”

Grace stöhnte auf, als Angie ein Foto aus der Tasche zog und es Grace vor die Nase hielt. “Wie gefällt dir der? Ist das nicht ein Wahnsinnstyp?”

Grace warf einen Blick auf das Bild eines gut aussehenden Mannes, der enge Shorts und ein T-Shirt trug, das seinen gut gebauten Oberkörper betonte. “Wo hast du den denn her?”

“Aus dem Internet. Wusstest du, dass es dort Dutzende, … Hunderte … von Dating-Agenturen gibt? Nein, natürlich nicht. Weil du es nicht wissen willst, Grace. Das ist dein Problem.”

“Mein Problem ist, dass sich die Männer, die ich mir aussuche, als Griff ins Klo entpuppen. Und damit meine ich nicht nur Preston. Es waren noch ganz andere Fehlgriffe darunter. Vielleicht sollte ich lieber gleich ins Kloster gehen …”

“Keine Sorge, zu so drastischen Maßnahmen brauchst du gar nicht zu greifen. Was die Wahl deiner Männer angeht, werde ich dich ab sofort beraten. Was sagst du? Von jetzt an wird es keine Versager mehr für Grace McKenzie geben.”

“Was hältst du von dieser Seidenbluse? Kombiniert mit einer Jeans?” Grace hielt sich das Oberteil vor die Brust.

“Gute Männer fallen nicht vom Himmel, musst du wissen.”

“Oder vielleicht die weiße Hose? Nein, viel zu schick.”

Angie gab noch nicht auf. Erneut fuchtelte sie mit dem Bild des Adonis vor Grace herum. “Er heißt Chuck. So kann nur ein echter Kerl heißen. Er ist Marathonläufer, fährt gerne Kajak und hat vor, schon bald den Mount Everest zu besteigen. Oh, und kochen kann er auch. Du brauchst unbedingt einen Mann, der kochen kann, Grace.”

“Mir ist aufgefallen, dass du seinen Intelligenzquotienten nicht erwähnt hast. Wurde der IQ in seinem Profil zufällig nicht aufgeführt?”

“Er hat einen Hochschulabschluss. Reicht das nicht?” Angie schwenkte das Foto. “Ist er nicht zum Anbeißen? Komm schon, willst du ihn dir nicht mal genauer anschauen?”

Grace verstaute die weiße Hose wieder im Schrank und entschied sich stattdessen für einen marineblauen Jogginganzug. “Nein, will ich nicht. Deine Karriere als meine persönliche Heiratsvermittlerin ist hiermit beendet.”

“Du hast mir nicht einmal eine Chance gegeben!”

“Weil ich eben keine Lust auf Männer habe. Ende der Diskussion. Und bevor du mir jetzt damit kommst, dass meine biologische Uhr tickt, möchte ich dich vorsorglich daran erinnern, dass ich erst vierunddreißig bin.”

“Und die Welt ist voll von Zwanzigjährigen.”

Grace lachte und kniff ihrer Freundin in die Wange. “Hör auf, dir Sorgen um mein Liebesleben zu machen.”

“Irgendjemand muss es doch tun.”

Auch wenn sie Angies übertriebene Fürsorge zurückwies, so fühlte sich Grace davon nicht wirklich gestört. Genau genommen nahm sie sie noch nicht einmal richtig ernst. Denn Angie war zwar in den Vereinigten Staaten geboren und aufgewachsen, doch sie stammte aus einer Familie mit starken, wenn auch ein wenig altmodischen, italienischen Werten und Traditionen. Bei den Vieros kam zuerst die Familie und dann die Karriere – zumindest, was die Frauen betraf.

Angie und Grace hatten sich vor vier Jahren kennengelernt. Grace hatte die Stelle als neue Kuratorin am Griff Museum of Modern Art angenommen, wo Angie bereits als Archivarin arbeitete. Da sie beide eine Leidenschaft für Kunst, italienische Cremeröllchen und alte Filme teilten, hatten sie auf der Stelle Freundschaft geschlossen.

Die Türklingel ertönte und unterbrach Grace' Beutezug durch ihren Kleiderschrank. Sie ging zur Gegensprechanlage des Schlafzimmers hinüber und drückte den Knopf. “Ja, Sam?”

Die Pförtnerin antwortete sofort. “Besuch für Sie, Miss McKenzie. Eine Mrs. Sarah Hatfield?”

Grace hörte, wie Angie mit sich rang und nach Luft schnappte, und hatte Mühe, nicht selbst vor Schreck umzufallen, denn vor zehn Jahren wäre Sarah Hatfield beinahe ihre Schwiegermutter geworden.

“Was kann denn die Ehrfurcht gebietende Sarah nach all den Jahren nur von dir wollen?”, flüsterte Angie.

“Keine Ahnung. Ich hätte nicht gedacht, dass sie überhaupt weiß, wo ich wohne.”

Angie verzog das Gesicht zu einer Grimasse. “Sarah bleibt nichts verborgen. Und deshalb werde ich jetzt schleunigst von hier verschwinden.”

“Du willst mich doch wohl nicht mit ihr alleine lassen.”

“Sorry, aber da musst du alleine durch. Diese Frau kann ich nicht ausstehen.”

“Du hast sie doch nie kennengelernt!”

“Ihr Ruf eilt ihr voraus.” Sie drückte Grace einen flüchtigen Kuss auf die Wange, flüsterte noch ein hastiges “Schön cool bleiben” und schon war sie weg.

“Miss McKenzie?” Sam klang besorgt. “Soll ich die Dame hochschicken?”

Grace spähte hinter dem mit Seide bespannten Wandschirm hervor, der ihr Schlafzimmer vom Rest des Apartments abtrennte, und warf einen kurzen Blick in den Wohnbereich. Auf dem gläsernen Couchtisch standen zwei leere Kaffeebecher neben einem angebissenen Bagel. Mehrere Seiten des Boston Globe lagen auf dem Boden verstreut, und die ungelesene Post vom Vortag wartete noch immer auf dem Sofa, wo Grace sie am Vorabend hingeworfen hatte. Die Wohnung war das reinste Chaos. Wann hatte sie eigentlich das letzte Mal Staub gewischt?

“Miss McKenzie, soll ich ihr sagen, dass es im Moment ungünstig ist?”

Ja, Sam, genau, sag ihr, ich sei umgezogen und hätte keine neue Adresse hinterlassen. Sag ihr, ich sei gestorben. “Ist schon in Ordnung, Sam. Sie können sie hochschicken.”

Grace ließ die Sprechtaste los, eilte ins Wohnzimmer hinüber, sammelte hastig einige Sachen zusammen und schleuderte sie hinter den Wandschirm. Sarah hasste Unordnung. Das war nur einer von vielen Punkten gewesen, die ihr an ihrer zukünftigen Schwiegertochter missfallen hatten – die Unordnung. Grace hingegen konnte ohne sie nicht leben. “Ich brauche das kreative Chaos”, hatte sie Sarah damals erklärt. Statt einer Antwort hatte die Ältere nur hochmütig die rechte Augenbraue hochgezogen – ein Gesichtsausdruck, bei dem Grace früher jedes Mal ein kalter Schauer den Rücken hinuntergelaufen war.

Das Läuten der Türglocke setzte ihrem hektischen Treiben ein Ende.

Grace zwang sich zu Ruhe, ging zur Tür und öffnete sie. Stevens Mutter waren die Jahre nicht anzusehen. Obwohl sie mittlerweile um die siebzig sein musste und ihr Haar völlig ergraut war, ließ ihre kurze modische Frisur sie um Jahre jünger aussehen. Ihre haselnussbraunen Augen blickten scharf wie eh und je. Doch heute bemerkte Grace einen Ausdruck in ihrem Blick, den sie nicht einordnen konnte.

“Hallo Grace.” Sarah musterte sie von Kopf bis Fuß, betrachtete ihre schlanke Figur, die kurzen, strubbeligen Haare, das Footballtrikot mit der Nummer zwölf und dem Namen des Star-Quarterbacks der New England Patriots, Tom Brady, auf der Vorderseite, die blaue, an den Knien zerrissene Jeans.

Grace nickte ihr verlegen zu. Selbst jetzt, da ihr Sarahs Gunst nichts mehr bedeutete, empfand sie ein unbehagliches Gefühl dabei, mit dieser distinguierten Dame der High Society von Philadelphia im selben Raum zu stehen. “Sarah.” Sie räusperte sich. “Was für eine Überraschung, Sie zu sehen.”

“Das kann ich mir vorstellen.” Da Grace noch immer keine Anstalten machte, sie hereinzubitten, fügte Sarah hinzu: “Komme ich ungelegen?”

“Das kommt der Sache ziemlich nahe, aber es macht nichts. Kommen Sie herein und stören Sie sich bitte nicht an der Unordnung.”

Drinnen fuhr Sarah mit ihrer Inspektion fort. Ihr Blick wanderte vom Chintzsofa und den dazugehörigen Sesseln über die echte Tiffanylampe zu den farbenfrohen Teppichen hinüber, die über den Holzboden verteilt waren. An dem vertrockneten Bagel blieb ihr Blick hängen. “Habe ich Sie beim Lunch gestört?”

“Das war mein Frühstück. Zum Lunch gibt es kalte Pizza. Sie sind gerne eingeladen.”

Sarahs Sinn für Humor war kläglich unterentwickelt. Dennoch bog sich einer ihrer Mundwinkel ein wenig nach oben und täuschte den Anflug eines Lächelns vor. “Ich werde nicht lange bleiben.”

Grace räumte ein Kunstmagazin von einem der Chintzsessel und legte es auf den Couchtisch. “Bitte setzen Sie sich doch. Kann ich Ihnen etwas anbieten?”

“Nein danke.” Erst jetzt bemerkte Sarah den Koffer, den Grace bereits vom Wohnzimmerschrank heruntergeholt hatte. “Wollen Sie verreisen?”

“Ich besuche meinen Dad in Napa Valley.”

“Lebt er jetzt in Kalifornien?”

“Er hat sich endlich seinen lang gehegten Wunsch erfüllt und ist Winzer geworden. Vor ein paar Jahren ist er in den Westen gezogen.”

“Bitte grüßen Sie ihn von mir.”

“Mach ich.” Wozu die ganze Höflichkeit, fragte sich Grace. Und wieso hatte Steven sie nicht vorgewarnt, dass seine Mutter ihr einen Besuch abstatten würde? Wenn er es überhaupt gewusst hatte. Sarah liebte es, Leute zu überrumpeln.

“Grace.” Sarah zupfte sich sorgsam die schwarzen Lederhandschuhe von den Fingerspitzen. “Ich brauche Ihre Hilfe in einer kleinen Angelegenheit.”

Das war eine weitere Überraschung. Sarah beschäftigte einen ganzen Tross von Leuten, die sich um ihre “kleinen Angelegenheiten” kümmerten: Anwälte, enge Freunde, Bedienstete. Und selbst wenn sie es nicht täte – Grace wäre der letzte Mensch, an den sie sich wenden würde. Seit ihrer ersten Begegnung hatte Sarah Grace deutlich spüren lassen, dass sie mit Stevens Wahl seiner zukünftigen Ehefrau nicht einverstanden war. Als Mitglied der Oberklasse sah Sarah in Grace nur eine kleine Angestellte aus der Mittelschicht. Niemals würde es ihr gelingen, eine echte Hatfield zu werden, die ihrem Mann treu zur Seite stand, für ein perfektes Heim sorgte, luxuriöse Partys gab und im Vorstand von einem halben Dutzend Wohltätigkeitsorganisationen saß.

Dann, als Steven verkündet hatte, dass er Künstler werden und nicht in die Politik gehen wolle wie sein Vater und Großvater vor ihm, war Sarahs Zorn vollends entflammt. Wütend über die Entscheidung ihres Sohnes, eine jahrhundertealte Familientradition zu brechen, hatte sie ihm jegliche finanzielle Unterstützung gestrichen und ihm mitgeteilt, dass er sich die Mühe sparen konnte, ihr eine Einladung zur Hochzeit zu schicken.

Doch auch Grace war glücklich darüber, dass es nie zu dieser Hochzeit gekommen war. Nicht nur die Zweifel an einer unstandesgemäßen Verbindung und die damit verbundene Gewissheit, niemals als vollwertig akzeptiert zu werden, hatten ihr zunehmend zu schaffen gemacht. Als Grace dann auch noch von Stevens Affäre mit einer jungen Künstlerin erfuhr, war sie fast erleichtert, die Verlobung wieder lösen zu können. Sarah hatte sie niemals wiedergesehen. Bis zum heutigen Tag.

“Dreht es sich bei dieser 'kleinen Angelegenheit' vielleicht um Kunst?”, versuchte Grace das Gespräch in Gang zu setzen. “Denn dann, da bin ich mir sicher, wird Steven Ihnen viel besser helfen können als …”

“Nein, kann er nicht.” Zum ersten Mal zeigte sich ein Flackern in Sarahs Augen. “Steven ist tot.”

2. KAPITEL

Einen Moment lang verschlug es Grace die Sprache. Benommen von dieser Nachricht, sackte sie auf der Couch zusammen und blieb wie versteinert sitzen. Als sie schließlich ihre Stimme wiederfand, brachte sie kaum mehr als ein Flüstern zustande. “Tot? Steven? Wie?”

“Er ist ermordet worden. Erschossen aus nächster Nähe – in seiner Galerie.”

In Grace' Kopf drehte sich alles. Ermordet. Erschossen. Diese Worte ließen sich schwerlich mit der harmlosen Frohnatur von Steven in Zusammenhang bringen. Was konnte er angestellt haben? Es musste etwas Schreckliches passiert sein, wenn es einen solchen Gewaltakt nach sich zog.

Die Antwort schoss ihr gleich darauf in den Sinn. “War eine Frau im Spiel?”, fragte sie zögernd.

“Eine verheiratete Frau”, antwortete Sarah. “Sie heißt Denise Baxter. Anscheinend hat ihr Ehemann von der Affäre erfahren, Steven aufgesucht und ihm ins Herz geschossen.”

Grace schlug die Hände vor den Mund. “Oh Gott, Sarah, wie entsetzlich. Einfach unfassbar. Es tut mir so leid.”

“Ich habe ihn gewarnt, dass er sich mit seinen dummen Geschichten eines Tages zugrunde richten würde. Doch er hat nicht auf mich gehört – das hat er ja noch nie.”

“Wann ist es passiert?”

“Letzte Woche.”

Grace straffte die Schultern. “Und Sie haben mich nicht benachrichtigt?”

“Warum sollte ich? Sie und Steven haben sich bereits vor mehr als zehn Jahren getrennt.”

“Aber wir sind Freunde geblieben und standen weiter in Kontakt. Noch vor weniger als einem Monat habe ich mit ihm gesprochen.”

“Das habe ich nicht gewusst”, entgegnete Sarah steif.

“Warum erzählen Sie es mir dann jetzt?”

“Wegen des Testaments.”

Eine unvorstellbare Neuigkeit jagte die nächste. “Steven hat mich in seinem Testament bedacht?”

“Er hat Ihnen die Galerie vermacht.”

Diese Nachricht verschlug Grace erneut die Sprache. Ungläubig sank sie in die Polster zurück.

Sarah langte in ihre schwarze Krokotasche, zog ein Bündel gefalteter Papiere hervor und reichte es ihr. “Das ist eine Kopie des Testaments. Werfen Sie einen Blick auf Seite vier.”

Grace nahm das Testament entgegen, blätterte bis zu Seite vier und begann zu lesen. Sarah hatte recht, daran ließ selbst die vertrackte Juristensprache keinen Zweifel. Steven hatte ihr die Hatfield Gallery in New Hope, Pennsylvania, hinterlassen. Nachdem sie den Absatz noch ein zweites Mal gelesen hatte, schüttelte sie den Kopf. “Das kann ich nicht annehmen.”

“Er hat gewusst, dass Sie das sagen würden. Lesen Sie bitte weiter.”

Grace las auch den nächsten Absatz: “Sollte Grace McKenzie mein Erbe ausschlagen, so bitte ich sie, die Galerie eine Woche lang zu führen, bevor sie ihre endgültige Entscheidung trifft. Sollte sie nach dieser Zeit ihre Meinung nicht geändert haben, fällt die Galerie an meine Mutter, Sarah Hatfield.”

“Haben Sie die Galerie schon einmal gesehen?”, fragte Sarah, als Grace das Dokument langsam wieder zusammenfaltete.

“Nein. Steven hatte mich zwar zur Eröffnungsparty eingeladen, doch da wir damals im Museum eine wichtige Ausstellung vorbereiteten, konnte ich mir nicht freinehmen.” In Wahrheit hatte sie einfach keine Lust gehabt, Sarah über den Weg zu laufen. “Ich wollte eigentlich im Jahr darauf hinfahren, habe es jedoch nicht getan.”

“Zu schade. Sie würde Ihnen gefallen.”

“Das glaube ich gern. Steven war sehr stolz darauf.” Sie streckte Sarah das Testament entgegen, doch diese machte keine Anstalten, es wieder an sich zu nehmen. “Ich wünschte, Sie hätten angerufen”, sagte Grace. “Dann hätten Sie sich die Reise sparen können.”

“Steven hatte ganz eindeutig eine hohe Meinung von Ihnen als Mensch und als Kunstexpertin.”

Sie klang geradezu aufrichtig. “Ich habe schon einen Job, Sarah. Und zwar einen, der mir sehr viel bedeutet.”

“Aber ist dein Griff Museum nicht bis Thanksgiving wegen Renovierungsarbeiten geschlossen?”

Offensichtlich hatte Sarah ihre Hausaufgaben gemacht. “Mein Vater erwartet mich. Die Flugtickets habe ich schon in der Tasche, und meine Koffer sind so gut wie gepackt.” Warum verlor sie sich in Erklärungen, wenn ein einfaches Nein genügt hätte? Grace wunderte sich über ihr eigenes Verhalten.

“Soweit ich das nach den paar Tagen sagen kann, die ich dort verbracht habe”, fuhr Sarah fort, “ist New Hope eine friedliche, kleine Stadt, in der jeder jeden kennt und die hauptsächlich von Kunsthandel und Tourismus lebt. Der Mord an Steven hat dort alles durcheinandergewirbelt. Nur ein einziges Ereignis hat in diesem Nest je ein ähnliches Entsetzen ausgelöst. Damals ist ein Mädchen aus dem Ort verschwunden und bis heute nicht wieder aufgetaucht. Aber das ist schon mehr als 20 Jahre her!”

“Sarah …”

“Nur eine einzige Woche, Grace, das ist alles, worum er Sie bittet. Sie haben gesagt, Sie wären Freunde geblieben; wie können Sie ihm dann seinen letzten Wunsch ausschlagen?”

“Bitte, hören Sie auf damit.”

Doch Sarah zeigte keine Gnade. “Ich bin sicher, Ihr Vater würde es verstehen.”

Grace spürte, wie ihre Entschlossenheit ins Wanken geriet. Der Teufel sollte diese Frau holen. In einem Punkt jedoch hatte sie recht – Grace' Vater würde es verstehen, und sie hätte dann immer noch drei ganze Wochen, die sie mit ihm verbringen könnte. “Vielleicht lässt es sich einrichten.”

“Großartig”, sagte Sarah; ihre Stimme klang wieder zuversichtlicher. “Sie haben freie Hand, die Galerie wiederzueröffnen und dort zu schalten und zu walten, wie es Ihnen beliebt. Ein Teil der Gemälde ist angekauft, manche sind in Kommission genommen worden. Dabei handelt es sich überwiegend um Werke ortsansässiger Künstler, die sich, nebenbei bemerkt, ziemlich gut verkaufen. Und keine Sorge, ich habe den Laden von oben bis unten von einer Putzkolonne reinigen lassen. Sie würden niemals ahnen, dass dort ein Mord geschehen ist.” Sie redete schnell und eindringlich. Dabei klang sie beinahe wie ein Immobilienmakler, der ein Haus verkaufen will. “Die Polizei hatte Stevens Porsche beschlagnahmt. Als die ihn nicht mehr brauchten, habe ich ihn zurück nach Philadelphia bringen lassen. Sein Mobiltelefon und sein Laptop haben sie ebenfalls sichergestellt, das ist bei einem Mordfall wohl üblich so.”

So genau wollte Grace das alles gar nicht wissen, dennoch unterbrach sie Sarah nicht. Jeder Mensch bewältigte Trauer auf seine eigene Art. Wenn dies Sarahs Art war, mit dem Verlust ihres Sohnes fertig zu werden, dann würde sie das nicht in Frage stellen, auch wenn sie die Mutter ihres Exfreundes nie gemocht hatte.

“Das Einzige, was ich mitgenommen habe”, fuhr Sarah fort, “ist seine wertvolle Armbanduhr, eine Rolex. Stevens Kleidung habe ich vorerst in seinem Cottage gelassen. Später werde ich sie vielleicht einer örtlichen Wohltätigkeitsorganisation spenden. Alle wichtigen Unterlagen – Kundenverträge, Ausstellungsdaten, Rechnungen etc. – finden Sie im Schreibtisch in der Galerie. Oh, und Sie brauchen noch den Code für die Alarmanlage. Ich habe ihn sicherheitshalber nicht aufgeschrieben, aber Sie werden ihn sich leicht merken können.”

“Mit Zahlen stehe ich auf Kriegsfuß.”

“Mit diesen nicht. Der Code ist Ihr Geburtsdatum – Monat und Jahr. Das Passwort lautet 'Madame Bovary' – nur für den Fall, dass der Alarm aus Versehen losgehen sollte. Die Anspielung sagt mir zwar nichts, aber Ihnen vielleicht.”

Und ob sie das tat. “Madame Bovary” war Grace' Lieblingsbuch. Immer wieder hatte sie es verschlungen und darauf bestanden, dass auch Steven es las. Nach heftigem Protest hatte er eingewilligt, es überhaupt einmal anzulesen, und dann hatte er das Buch gehasst. “Trotzdem, mein Entschluss steht fest. Ich werde die Erbschaft nicht annehmen.”

“Das weiß ich.”

Grace warf noch einmal einen Blick auf das Testament. Es fiel ihr schwer, wütend auf Steven zu sein, weil er sie in eine solche Lage gebracht hatte. Er war immer ein impulsiver Mensch gewesen und hatte sie oftmals mit seinen spontanen Entscheidungen in den Wahnsinn getrieben. Genauso wenig konnte sie Sarah vorwerfen, alles dafür zu tun, dass die Wünsche ihres Sohnes respektiert wurden. Auch wenn Grace allen Grund gehabt hätte, zornig auf ihn zu sein, so war ihre Zuneigung für Steven mindestens genauso stark.

“Sind Sie denn mit Stevens Entscheidung, mir die Galerie zu vermachen, einverstanden?”, fragte sie. “Damit haben Sie doch sicher nicht gerechnet.”

“Ich habe niemals an Ihrem Talent als Kunstexpertin gezweifelt, Grace.”

Das beantwortete zwar nicht gerade ihre Frage, aber Grace hakte nicht nach. “Also gut. Ich werde eine Woche in New Hope verbringen. Keine Minute länger.”

“Abgemacht.” Sarah griff erneut in ihre Handtasche. Diesmal zog sie einen dicken Umschlag hervor. “Hier drin finden Sie alles, was Sie brauchen: die Adressen von der Galerie und von Stevens Cottage, wo Sie wohnen werden. Auch die dazugehörigen Schlüssel sowie einen notariell beglaubigten Brief von Stevens Anwalt in Philadelphia, falls jemand Ihre Befugnis infrage stellt.”

“Glauben Sie, dass das passieren könnte?”

“Das bezweifle ich. Als ich in New Hope war, um die Überführung von Stevens Leichnam zu veranlassen, habe ich mit dem dortigen Polizeichef, Josh Nader, gesprochen. Er war sehr zuvorkommend. Ich habe ihm zwar von dem Testament erzählt, nicht aber von der speziellen Klausel für den Fall, dass Sie das Erbe ausschlagen. Was ihn und die Leute im Ort betrifft, sind Sie die neue Besitzerin der Hatfield Gallery. Polizeichef Nader lässt Ihnen ausrichten, dass Sie sich an ihn wenden sollen, wenn Sie etwas brauchen.”

“Waren Sie sich so sicher, dass ich hinfahren würde?”

Sarah überhörte die Frage und deutete auf den Umschlag in Grace' Hand. “Ich habe außerdem noch fünftausend Dollar beigelegt, um ihre Ausgaben …”

“Die werde ich auf keinen Fall annehmen.” Noch bevor Sarah protestieren konnte, hatte Grace den Umschlag geöffnet, das Geld herausgenommen und es der alten Frau in die Hand gedrückt. Sarah blieb vor Überraschung der Mund offen stehen.

“Aber warum denn nicht? Es entstehen ihnen doch Unkosten.”

“Bitte stecken Sie Ihr Geld weg, bevor ich mir die ganze Sache doch noch anders überlege.”

“Wird Ihr Flugticket erstattet?”

“Das weiß ich nicht, und es ist mir auch egal. Stecken Sie Ihr Geld weg.”

Sarah, die es nicht gewöhnt war, dass man ihr Befehle erteilte, starrte Grace einen Moment lang trotzig an. Da Grace jedoch mit keiner Wimper zuckte, lachte sie schließlich leise. “Ich hätte mir die Zeit nehmen sollen, Sie besser kennenzulernen, Grace. Möglicherweise hätte ich Sie gemocht.”

3. KAPITEL

Innsbruck, Österreich
9. Oktober

FBI-Spezialagent Matt Baxter hielt an, um Atem zu schöpfen. Er drehte sich nach seinen beiden Kameraden, den österreichischen Polizeibeamten Stefan Birsner und Ernst Verlag, um. Der steile Aufstieg in dieser Höhe der Hintertuxer Gletscher stellte sogar für erfahrene Bergsteiger eine Herausforderung dar. Auch wenn sie so fit und durchtrainiert waren wie Matt, Stefan und Ernst.

Ihr Ausgangspunkt war die “Gefrorene Wand”, dort hatte der Lift sie abgesetzt. Die restliche Strecke bis zu der Hütte mussten sie zu Fuß bewältigen. Mit etwas Glück erwartete sie dort das Ende einer jahrelangen Verfolgungsjagd. Die Anspannung dieser Situation stand den drei Männern ins Gesicht geschrieben. Stefan hob die Hand zum Zeichen, Matt verstand, nickte und rückte weiter auf das Ziel vor. Dem Anschein nach stand das Glück heute auf ihrer Seite – erstens, weil sie so schnell jemanden aufgetrieben hatten, der den Lift bedienen konnte, und zweitens, weil die Pisten zu dieser frühen Morgenstunde noch verlassen dalagen. Falls ihr Plan fehlschlug, wären Zuschauer das Letzte, das sie gebrauchen konnten.

Matt blickte hoch. Die Hütte lag nur noch ein kleines Stück entfernt. Eingebettet in den Schnee wirkte sie einsam und verlassen –, was ihm Sorge bereitete. Laut letztem Bericht des Wiener Büros sollte Basim Rashad, einer der meistgesuchten Terroristen der Welt, die Hütte für diese Woche gemietet haben.

Aufgrund dieser Information hatte Matt die österreichische Polizei um Unterstützung gebeten und den Zugriff geplant. Das Angebot, einen Polizeihelikopter einzusetzen, hatte er abgelehnt. Das Geräusch eines Hubschraubers würde Rashad nur warnen. Außerdem konnte niemand voraussagen, wie dieser Verrückte reagieren würde, wenn er sich in die Enge getrieben fühlte. Matt hatte keineswegs die Absicht, mit der Asche eines weiteren Märtyrers nach Wien zurückzukehren. Seine Mission bestand darin, den Iraner lebend zu fangen. Immerhin galt dieser als Drahtzieher eines tödlichen Bombenanschlags auf die US-Botschaft in Indonesien und sollte deshalb so schnell wie möglich vor Gericht gestellt werden.

Matt blieb stehen und musterte die Hütte. Er hoffte, dass Rashad noch im Bett lag und nicht durch sein Fenster den Berg im Auge behielt. Doch wozu hätte er das tun sollen? Seine Pläne waren bisher immer perfekt aufgegangen. Nach einem zwölfmonatigen Katz-und-Maus-Spiel mit dem FBI hatte Rashad sich irgendwo zwischen Bangkok und Rangun in Luft aufgelöst.

Als sich die Hinweise verdichtet hatten, dass sich der Terrorist vermutlich nach Österreich abgesetzt hatte – und es sich jetzt im Zillertaler Mayrhofen Resort gut gehen ließ –, bezog Matt ohne zu zögern Quartier im nahe gelegenen Gerlos. Dort hatte er ungeduldig auf Instruktionen des Wiener Büros gewartet.

Eine Woche war seitdem bereits vergangen. Rashad musste sich mittlerweile in trügerischer Sicherheit wiegen.

Matt zog ein Fernglas aus seinem Rucksack und nahm die Hütte genauer ins Visier. Sie lag immer noch dunkel da, ohne Anzeichen von Leben. Nicht einmal eine Rauchfahne stieg aus dem Kamin.

Rashad musste entweder Temperaturen unter dem Gefrierpunkt lieben, oder jemand hatte ihn gewarnt und er war längst ausgeflogen.

Matt hörte einen leisen Pfiff und drehte sich um. Stefan deutete auf die Seitentür, neben der ein Paar Skier am Zaun lehnten.

Erleichtert signalisierte Matt den beiden Männern, die Rückseite des Hauses zu sichern. Er selbst würde den Haupteingang übernehmen.

Doch dann ging auf einmal alles ganz schnell.

Die Vordertür flog auf, ein Mann in kompletter Montur und Skiern unter den Füßen sprang heraus und schoss den Hang hinunter. Die Szene erinnerte Matt an den rasanten Startsprung eines Skispringers.

“Scheiße!”

Große Gesten waren jetzt nicht mehr notwendig, denn sofort jagten alle drei Polizisten hinter dem mutmaßlichen Terroristen her.

Das “Tux”, wie nicht nur die Einheimischen es nannten, war ein echtes Skifahrerparadies. Aufgrund der Höhe und der eisigen Temperaturen des Gletschers war das Gebiet ganzjährig befahrbar und garantierte schon im Oktober feinsten Pulverschnee. Zum Glück kannte Matt das Skigebiet. Oft genug war er die Pisten zum Vergnügen heruntergedonnert. Doch diese Hetzjagd jetzt war etwas anderes. Nur zwei Dinge gingen ihm durch den Kopf: den Bastard zu fangen und diese halsbrecherische Verfolgungsjagd selbst zu überleben.

Immer steiler fiel die Piste ab, fast senkrecht zeigten die Skispitzen Richtung Talstation. Offenbar war der wagemutige Rashad auf Skiern ebenso versiert wie hinter dem Lenkrad eines Geländewagens oder am Steuerknüppel seines zweimotorigen Flugzeugs. Diesen gut ausgebildeten und intelligenten Terroristen zu fangen, würde kein leichtes Spiel werden.

Matt ahnte, dass der Iraner den elf Kilometer tiefer gelegenen Parkplatz ansteuerte. Vermutlich hatte Rashad dort einen Wagen auf dem Parkplatz abgestellt, um leichter und schneller flüchten zu können. “Plan B” sozusagen.

“Tut mir leid, Rashad”, murmelte Matt. “Diesmal nicht.”

Obwohl Rashad in atemberaubendem Tempo die Piste hinunterjagte, schaffte er es dennoch, einen Blick über seine Schulter zu werfen, um abzuschätzen, wie dicht seine Verfolger ihm auf den Versen waren und ihnen zuzugrinsen.

“Du kleiner Dreckskerl.” Matt hatte nur eine Möglichkeit: Er musste schneller sein als der Terrorist. Den Oberkörper weit vorgebeugt und tief in die Knie gelegt, ließ er die Skier einfach laufen. Die Skistöcke unter die Arme geklemmt, schoss der FBI-Agent wie ein Rennfahrer den Hang hinunter. Hinter seinem Rücken nahm er leise den Warnschrei einer der beiden Österreicher wahr. Doch Matt musste ihn ignorieren, wenn er die Verfolgung Rashads nicht abbrechen wollte.

In hohem Tempo und einigem Abstand schaffte er es schließlich, den Flüchtenden zu überholen. Als er meinte, ausreichenden Abstand zu ihm zu haben, stoppte er seine Fahrt abrupt.

Rashad versuchte nach rechts auszuweichen, doch dort versperrte Ernst ihm den Weg, während Stefan die linke Flanke sicherte. Eingekeilt zwischen den beiden Österreichern, schoss der Terrorist weiter direkt auf Matt zu.

Was zum Teufel hatte der Irre vor?

Matt bereitete sich innerlich schon auf den Zusammenprall vor, doch im letzten Augenblick bremste Rashad ab, und eine riesige Wolke aus staubfeinem Pulverschnee wirbelte durch die Luft.

Sofort stürzte sich Matt auf ihn.

“Sie sind sehr mutig, Agent Baxter, Respekt.” Rashad sprach mit dem unverkennbaren Akzent des mittleren Ostens.

“Sparen Sie sich die Worte, Basim”, antwortete Matt und nannte ihn, den arabischen Gepflogenheiten entsprechend, bei seinem Vornamen. “Das Spiel ist aus.”

“Nicht unbedingt. Lassen Sie mich gehen, und ich werde Sie dafür reich belohnen.”

“Glauben Sie etwa, ich nehme Ihr Blutgeld, Basim?”

“Geld ist Geld. Denken Sie nur an all die schönen Dinge, die Sie sich damit leisten könnten. Sich zur Ruhe setzen, zum Beispiel. Würde Ihnen das nicht gefallen? Oder ziehen Sie es vor, durch die Kugel eines Attentäters zu sterben? Denn das wäre die einzige Alternative, mein Freund. Mit meiner Festnahme unterzeichnen Sie ihr Todesurteil.”

Diese Drohung ließ Matt kalt. Er hatte schon Schlimmeres gehört.

“Über den Tod sollten eher Sie sich Gedanken machen, Basim.”

Jetzt rückten auch die beiden Österreicher vor: jung, groß und blond. Handschellen baumelten von Stefans Hand, als er auf den Iraner zutrat.

Während Rashad die Handschellen angelegt wurden, rief Matt seinen Vorgesetzten im Hotel Sacher in Wien an. “Wir haben ihn”, meldete er und sah, wie Basim ihm einen rachsüchtigen Blick zuwarf. “Ist der Hubschrauber schon auf dem Weg? Ich habe den Schnee inzwischen wirklich satt.”

“Der Hubschrauber müsste jeden Moment ankommen”, antwortete Roger Fairfax. “Übrigens, das war gute Arbeit, Matt. Wenn Sie wieder zurück in der Stadt sind, lade ich Sie auf ein Bier ein.”

In der Ferne stieg ein gleichmäßiges Knattern auf, das den ersehnten Hubschrauber ankündigte. Das Rotorengeräusch schwebte unaufhaltsam näher. “Da sind sie schon”, seufzte Matt nicht ohne Erleichterung. “Bis nachher, Roger.”

Der Helikopter schwebte inzwischen direkt über ihnen. Als der Pilot das Seil herunterkurbelte, an dem Basim kurz darauf an Bord gehievt wurde, klingelte Matts Mobiltelefon. “Hallo?” Er hielt sich mit der freien Hand das Ohr zu, um das Getöse des Hubschraubers abzuschirmen. “Lucy? Bist du's?”

“Ja. Was ist das für ein Höllenspektakel?”

“Was?”

“Egal”, schrie sie zurück. “Du musst sofort nach Hause kommen, Matt.”

Matt spürte dass seine Knie weich wurden, wusste aber nicht, ob das an der geleisteten körperlichen Arbeit oder an seiner bösen Vorahnung lag. “Warum? Was ist passiert?” Jetzt krampfte sich auch noch sein Magen zusammen.

“Dad ist wegen Mordes verhaftet worden.”

4. KAPITEL

Ein Blick auf das Display im Armaturenbrett ihres Ford Taurus verriet Grace die Uhrzeit. Es war Viertel vor neun, als sie den Stadtrand von New Hope erreichte. Die Fahrt aus Boston hatte sich als Albtraum entpuppt. Nachdem sie sich zweimal verfahren, eine Reifenpanne bewältigt und einen fünf Kilometer langen Stau überstanden hatte, war endlich das Schild für die Route 29 aufgetaucht. Fünfzehn Minuten später überquerte sie die Brücke, die die Stadt Lambertville im Bundesstaat New Jersey mit New Hope, Pennsylvania, verband.

Abgesehen davon, dass sie im Herzen einer der schönsten und geschichtsträchtigsten Regionen Pennsylvanias, dem ländlichen Bucks County, lag, wusste Grace nicht viel über diese malerische kleine Stadt. Sie galt als friedlich und ruhig, obwohl eine kurze Recherche im Archiv der örtlichen Zeitung Sarahs Bemerkung bestätigt hatte. Vor zwanzig Jahren war die neunzehnjährige Felicia Newman verschwunden. Zwar lag die Vermutung nahe, dass sie ermordet worden war, doch ihre Leiche wurde nie gefunden. Fünf Tage nach der Tat war ein geistig behinderter Mann aus New Hope verhaftet worden. Seit jenem Mord vor zwanzig Jahren hielten kleinere Delikte wie Diebstahl oder Trunkenheit die örtliche Polizei auf Trab – bis der Mord an Steven geschah.

Grace nahm den Fuß vom Gas und warf einen Blick auf ihre Wegbeschreibung. “Zum Cottage biegen Sie rechts ab”, hatte Sarah diktiert. “Zur Galerie fahren Sie weiter die Bridge Street geradeaus.”

Nach der mehr als neunstündigen Autofahrt erschien der Gedanke, sich in ein warmes Bett zu kuscheln, deutlich verlockender als eine Galeriebesichtigung. Doch ihre Neugier siegte. Grace musste sich ein Bild davon machen, ob Stevens ganzer Stolz wirklich so beeindruckend war, wie er immer behauptet hatte. Die Bridge Street war, wie sie schnell entdeckte, sowohl eine Geschäfts- als auch eine Wohnstraße. Daher fiel die Parkplatzsuche zu dieser späten Stunde, in der sämtliche Anwohner bereits zu Hause saßen, schwieriger aus als gedacht. Vor einer Art Boutique namens “Red Hot Momma's”, der sie am nächsten Morgen einen Besuch abstatten würde, fand sie schließlich doch noch einen freien Parkplatz.

Sie schaltete den Motor aus, erleichtert, endlich am Ziel angelangt zu sein. Müde stieg sie aus dem Wagen und folgte dem gepflasterten Gehsteig bis zur Galerie. Überrascht stellte sie fest, dass die Tür nicht abgeschlossen war. Auch ertönte kein Alarmsignal, als sie sie aufdrückte. Grace ließ den Türknauf los und tastete die Wand nach einem Lichtschalter ab.

Bevor sie ihn finden konnte, stürzte plötzlich eine dunkle Gestalt hervor und rammte sie mit solcher Gewalt, dass sie gegen die Wand prallte.

“Hey!” Sie reagierte instinktiv und spontan. Als die Gestalt wieder auf sie zuschoss, stieß Grace einen markerschütternden Schrei aus und verpasste dem Angreifer einen zielgenauen Tritt in den Schritt. Genau diesen Bewegungsablauf hatte sie in ihrem Kickbox-Kurs so oft geübt, dass es ihr jetzt fast unrealistisch vorkam, ihn im Ernstfall anzuwenden. Doch das laute Aufstöhnen ihres Angreifers verriet, dass sie ihn empfindlich getroffen hatte.

Schönen Dank, geliebte Westernstiefel!

“Verdammte Nutte”, ächzte der Mann.

Er klang wütend wie ein verwundetes Raubtier. Hätte er die Gelegenheit dazu bekommen, dann hätte er sie vermutlich in Stücke gerissen. Doch den Gefallen tat sie ihm nicht. Stattdessen zog sie ihr Bein an, um ihm einen Tritt vor die Kniescheibe zu verpassen. Diesen Schlag hatte ihr Gegner kommen sehen. Blitzschnell wich er aus und hielt sich knapp außerhalb ihrer Reichweite. Aus diesem Abstand versetzte er ihr einen brutalen Stoß und rannte dann hinaus.

Wieder prallte Grace gegen die Wand. In ihrem Kopf explodierte der Schmerz. Langsam glitt sie zu Boden, während sie krampfhaft versuchte sich zu konzentrieren, um noch einen Blick auf ihren Angreifer zu werfen.

Doch Grace' Blick verschwamm. Verzweifelt versuchte sie, bei Bewusstsein zu bleiben, doch ihre Sinne ließen sie im Stich. Grace überlegte, ob sie noch einmal schreien sollte. Das Problem war nur, dass sie nicht einmal die Kraft fand, ihren Mund zu öffnen oder ihre Augen scharf zu stellen. Also ergab sich die junge Frau ihrem Schicksal, schloss die Augen und ließ sich von der Dunkelheit umarmen.

Grace wusste nicht, was sie zuerst wahrnahm – die blassgrünen Wände um sie herum oder den gut aussehenden Mann im weißen Kittel, der ihr mit einem Gegenstand ins Auge leuchtete.

“Miss McKenzie?” Er lächelte und ließ die Stablampe in seiner Brusttasche verschwinden. “Willkommen zurück in der Wirklichkeit. Ich bin Doktor Fenley, und Sie befinden sich hier in der Notfallambulanz des Solebury Memorial Krankenhauses. Wie fühlen Sie sich?”

Sie betastete ihren Hinterkopf. Autsch! “Als ob mir jemand eine Bratpfanne über den Schädel gezogen hätte.”

Er lachte. “Glück für Sie, dass keine im Spiel war.”

Da kehrte ihre Erinnerung schlagartig zurück: Die Fahrt nach New Hope, ihr Besuch in der Hatfield Galerie, der Versuch, den Einbrecher aufzuhalten. “Wie bin ich hier gelandet?”

“Die Sanitäter haben Sie vor wenigen Minuten eingeliefert. Ein junges Paar, das zufällig an der Kunstgalerie vorbeikam, hat Ihnen geholfen. Erst hatten die beiden ihre Schreie gehört, die aus der Galerie herausdrangen. Dann rannte ein Mann heraus, sprang in einen Geländewagen und raste davon. Das Paar fand Sie, bewusstlos auf dem Boden liegend, und hat den Notarzt gerufen.”

“Ist noch alles dran?”

“Soweit ich sehen kann, ja. Sie haben eine leichte Gehirnerschütterung, dazu eine Beule am Hinterkopf, die noch einige Tage schmerzen wird. Wie steht es mit Ihrem Sehvermögen?”

“Ich sehe Sie nicht doppelt, wenn es das ist, was Sie meinen.”

“Ausgezeichnet. Sehen Sie etwas verschwommen?”

“Nein.”

Er nahm ein Klemmbrett vom Fußende des Bettes und notierte etwas in ihrer Patientenkartei, wie sie vermutete. “Wir behalten Sie über Nacht hier, und morgen früh schaue ich wieder bei Ihnen vorbei.”

Sie setzte sich auf und versuchte, möglichst munter zu wirken. “Ist es wirklich nötig, dass ich hier übernachte? Es geht mir gut.” Nein, tut es nicht. Hör auf, den gut aussehenden Doktor beeindrucken zu wollen.

“Reine Vorsichtsmaßnahme, Miss McKenzie. Mit einer Gehirnerschütterung ist nicht zu spaßen.”

Sie lehnte sich in ihr Kissen zurück und bereute bereits ihren kläglichen Versuch, die Heldin zu spielen. “Sie sind der Arzt.”

“So ist es brav. Fühlen Sie sich fit genug, Besuch zu empfangen?”

“Jetzt schon? Ich bin doch gerade erst in der Stadt angekommen.”

“Draußen wartet auch kein Begrüßungskomitee. Ich rede von dem Polizeichef von New Hope und seinem Stellvertreter. Die beiden möchten Ihnen ein paar Fragen stellen.”

Auch ihr brannten etliche Fragen unter den Nägeln. “Also gut.”

Der Doktor klemmte die Patientenkartei wieder ans Bettgitter. “Ich schicke sie gleich rein, aber die beiden sollten nicht länger als ein paar Minuten bleiben. Wenn Sie müde werden, sagen Sie es ihnen.”

Er ging hinaus, und sie hörte, wie er mit jemandem sprach. Dann öffnete sich der Vorhang, hinter dem sie lag, und zwei Männer traten ein. Den ersten umgab eine spürbare Aura von Autorität. Sein Gang war forsch, seine dunkle Uniform selbst zu dieser vorgerückten Stunde faltenfrei, sein Blick durchdringend. Er war Anfang bis Mitte vierzig, braunhaarig und trug einen Bürstenschnitt. Sein Gesicht war von Aknenarben gezeichnet, sein Kinn kantig. Er erinnerte Grace an SpongeBob. Der Mann neben ihm war jünger, besaß ein unbefangenes Lächeln und hellblaue Augen.

“Guten Abend, Miss McKenzie”, sagte der Ältere förmlich. “Mein Name ist Josh Nader, ich bin der Polizeichef, und das ist mein Stellvertreter, Rob Montgomery.”

Grace war zu müde und zu sehr um die Galerie besorgt, um ihre Zeit mit Nebensächlichkeiten zu verschwenden. “Haben Sie den Einbrecher geschnappt?”

“Noch nicht. Deshalb bin ich hier. Ich habe gehofft, Sie können mir eine etwas genauere Beschreibung liefern.”

“Es war ein Mann.”

Montgomery zog dienstbeflissen sein Notizbuch aus der Tasche. “Ist das alles, was Sie mir über ihn sagen können?”

“Es war zu dunkel, um mehr erkennen zu können.” Sie musterte den Polizeichef und versuchte seinen Humor abzuschätzen. “Könnte sein, dass er komisch geht.”

Mit dieser Information war sein Interesse sofort geweckt: “Eine körperliche Behinderung?”

“Könnte man sagen. Ich habe ihm einen Tritt in die Eier verpasst.”

Montgomery brach in schallendes Gelächter aus. Erst der eisige Blick seines Vorgesetzten ließ ihn wieder verstummen. Okay, Humor war für den Polizeichef offenkundig ein Fremdwort.

“Es ist nie eine gute Idee, sich auf einen Kampf mit einem Einbrecher einzulassen.”

“Es sei denn, man weiß, was man tut.”

“Sie hätten schwer verletzt, vielleicht sogar umgebracht werden können.”

Ohne ihren Kopf zu bewegen, richtete sich Grace vorsichtig auf. “Wie hat er es geschafft, die Alarmanlage auszuschalten?”

Der Polizeichef hielt einen kleinen Plastikbeutel in die Luft, in dem ein dünner Metallstreifen lag. “Hiermit.”

“Was ist das?”

“Ein simples Teil, mit dem er die Magnetsensoren verdeckt hat. So konnte er die Tür öffnen, ohne die Alarmanlage auszulösen. Es klebte noch am Türrahmen, als wir es fanden. Dank des jungen Paares, das Ihnen, Grace, zu Hilfe eilte, blieb ihm keine Zeit mehr, es abzureißen. Mit etwas Glück finden wir Fingerabdrücke darauf.”

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