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Eine Prise Liebe

Das Restaurant Seduction ist Camis Ein und Alles. Gemeinsam mit ihren vier Freundinnen hat sie es zu einem Hotspot gemacht. Ihre ganze Leidenschaft steckt sie ins Seduction - bis ihre erste große Liebe nach Portland zurückkehrt. Seit Cami denken kann, ist sie in Landon verliebt. Als er nach seinem Highschool-Abschluss als Navy-Pilot ins Ausland ging, blieb sie mit gebrochenem Herzen zurück. Nun ist sie fest entschlossen, ihm auf keinem Fall ein zweites Mal zu verfallen. Doch Landon mit seinen starken Armen und seinem sanften Blick macht es ihr schwer zu widerstehen …

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  • Erscheinungstag: 10.07.2017
  • Aus der Serie: Fusion
  • Bandnummer: 2
  • Seitenanzahl: 304
  • ISBN/Artikelnummer: 9783955766801
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Dieses Buch ist für dich, Kara,
denn du bist die Beste.

Prolog

Landon

„Hast du schon gepackt?“, fragt meine Schwester Mia mich am Telefon. Sie klingt schläfrig, kein Wunder, zu Hause in Portland, Oregon, ist es mitten in der Nacht.

„Ich fahre erst morgen, Mia. Warum sollte ich schon gepackt haben?“ Sie lacht. Ich habe gerade erst meine Abschlussbesprechung hinter mir, meinen letzten Tag als Officer der Navy. Seufzend ziehe ich den Reißverschluss meiner Fliegeruniform herunter. „Das ist alles totaler Mist.“

„Ich weiß“, sagt sie leise. „Aber du bist heil und sicher, dabei könntest du auch tot sein, Landon, also nehme ich das gern in Kauf.“

Ich runzele die Stirn und starre in den Spiegel, während ich zum letzten Mal die Uniform ausziehe. Ich werde sie nie wieder tragen, werde nie wieder ein Flugzeug fliegen.

Verdammt, was soll ich denn jetzt tun? Die Navy hat mir zwar ein paar Angebote gemacht, doch weil ich nicht fliegen kann, interessieren sie mich nicht. Fliegen ist nicht nur einfach ein Job für mich, es ist das, was mich ausmacht.

„Du grübelst zu viel“, sagt Mia.

„Ich bin Pilot, Mia. Ich liebe meinen Beruf. So wollte ich meine Karriere nicht beenden.“

„Du bist am Leben“, wiederholt sie.

„Bin ich das?“, murmele ich und schüttele den Kopf. Prompt zucke ich zusammen, als mir der vertraute Schmerz in den Nacken schießt. Der Ausstieg per Schleudersitz aus einer F-16 kann schon mal zu einem verrenkten Hals führen. Und zu dem Verlust von ein, zwei Zentimetern Körpergröße, die ich wohl abschreiben muss. Vom Ende meiner Karriere bei der Navy ganz zu schweigen.

Verdammt.

„Das waren die längsten vier Monate unseres Lebens, Landon. Wir können es kaum erwarten, dass du kommst.“

„In zwei Tagen bin ich zurück“, antworte ich, bevor ich mir das T-Shirt über den Kopf ziehe und meine restlichen Sachen in eine Kiste werfe, die die Navy mir aus Italien nachsenden wird.

Die Jahre hier in Italien waren großartig, und ich hatte weiß Gott nicht vor, so von hier zu verschwinden.

Aber genau das muss ich jetzt. Und vielleicht hat Mia recht; zumindest bin ich am Leben, ich kann laufen und ein normales Leben führen.

Ich kann nur nicht mehr fliegen.

Und das tut mehr weh als all die Verletzungen, die ich mir bei dem Crash zugezogen habe.

„Wann soll ich dich vom Flughafen abholen?“

„Brauchst du nicht.“ Ich bedauere es schon, meine Schwester angerufen und geweckt zu haben. Ich wusste nur nicht, was ich sonst tun sollte, als ich all die Kisten gesehen habe, die das Ende der Zeit symbolisieren, die mir so viel bedeutet hat. „Ich finde allein nach Hause.“

„Landon …“

„Es ist okay, ehrlich. Wir sehen uns in zwei Tagen.“

„Gute Reise“, sagt sie. „Und, Landon?“

„Ja?“

„Alles wird gut.“

Gequält nicke ich, obwohl sie es nicht sehen kann. „Natürlich.“

Wir verabschieden uns, und ich lasse mich auf die Bettkante fallen und reibe mir übers Gesicht. Ich hoffe, sie hat recht.

1. Kapitel

Cami

Er ist zurück.

Ich atme einmal tief durch, um mich zu beruhigen, fahre mir mit den Händen durch das Haar und begutachte mein Make-up. Ich habe nicht viel aufgetragen, und ich bin beim Schminken auch längst nicht so begabt wie meine beste Freundin Addie, aber es passt schon. Der Lidschatten betont meine grünen Augen, die Lippen schimmern rosa, und mein Herz schlägt ganz von selbst schneller als je zuvor.

„Du kennst ihn schon dein ganzes Leben lang. Er ist doch nun wirklich kein Fremder“, erinnere ich mein Spiegelbild. „Du gehst nur rüber, um Hallo zu sagen. Keine große Sache.“

Ich sehe nicht sonderlich überzeugt aus, also kneife ich die Augen zusammen und beuge mich vor. „Er ist nur ein alter Freund. Reiß dich zusammen, meine Liebe.“

Landon ist Mias älterer Bruder und ein wirklich guter Freund – eigentlich. Addie, Mia und ich sind zusammen aufgewachsen, und seit ich denken kann, bin ich in Landon verliebt. Meine Güte, ich brauche ihn nur anzuschauen, und schon fangen die Schmetterlinge in meinem Bauch an, wie wild zu flattern. Er sieht gut aus – die Untertreibung des Jahres – und ist süß und … verdammt.

Das ist einfach lächerlich.

Kopfschüttelnd wende ich mich vom Spiegel ab, bevor ich mir meine Handtasche schnappe und mich auf den Weg zu Landons Elternhaus mache, wo er seit seiner Ankunft vor ein paar Tagen wohnt. Landon war seit seinem Collegeabschluss Pilot bei der Navy, bis er bei einem Unfall vor einigen Monaten mit dem Schleudersitz das Flugzeug verlassen musste.

Noch nie hatte ich eine solche Angst ausgestanden wie an dem Tag, als wir erfuhren, dass er verletzt war. Und die letzten Monate, die Landon auf der anderen Seite der Welt verbracht hat, waren für mich die reinste Hölle. Wie gern hätte ich mich selbst davon überzeugt, dass er okay war. Aber er musste zunächst wieder gesund werden und dann noch allerlei langwierige Formalitäten über sich ergehen lassen. Dann erst konnte er aus der Navy entlassen werden und nach Hause kommen.

Gott sei Dank ist er jetzt zurück. Ich habe ihm ein paar Tage Zeit gelassen, um sich zu akklimatisieren, aber jetzt halte ich es nicht länger aus. Ich muss ihn sehen.

Und ich bin schrecklich nervös.

Vor dem Haus seiner Eltern parke ich, steige aus, nehme all meinen Mut zusammen und gehe zur Haustür, bevor ich mit mehr Überzeugung klopfe, als ich verspüre.

Als sich im Inneren nichts rührt, weiche ich verwirrt zurück. Es ist noch ziemlich früh, er müsste eigentlich da sein.

Noch einmal klopfe ich, und gerade als ich aufgeben und verschwinden will, wird die Tür aufgerissen, und da steht er.

Halbnackt.

Mit zerzausten Haaren.

Und verschlafenem Blick.

Erwähnte ich schon, dass er halbnackt ist?

„Was willst du denn hier?“, fragt er mit vom Schlaf rauer Stimme und reißt mich damit aus meiner Starre – zugegeben, ich habe ihn mit offenem Mund angehimmelt.

„Hast du noch geschlafen?“ Ich straffe die Schultern, während ich versuche, so auszusehen, als würde ich tagtäglich halbnackte Männer zu Gesicht bekommen.

Was leider, leider nicht der Fall ist. Jedenfalls keine großen, dunkelhaarigen Männer mit eisblauen Augen, olivfarbener Haut und Waschbrettbauch.

Himmel!

„Es ist noch früh“, murmelt er und reibt sich mit der Hand übers Gesicht. Er bittet mich nicht rein. Und er sieht auch nicht glücklich aus, mich zu sehen.

Er umarmt mich nicht mal, was vermutlich auch besser ist, da er halbnackt ist und ich sonst womöglich etwas wirklich Idiotisches getan hätte. Zum Beispiel ihn zu Boden zu werfen, um mich an ihm zu vergehen.

Schluss jetzt!

„Es ist überhaupt nicht früh“, widerspreche ich, woraufhin er die Augen zusammenkneift und mich mürrisch anstarrt. Plötzlich wird mir klar, dass er nicht nur wenig begeistert über meinen Besuch ist, sondern regelrecht … sauer.

„Ich hab noch Probleme mit dem Jetlag“, erklärt er. „Was brauchst du, Cami?“

Ich mache einen kleinen Schritt rückwärts und schüttele den Kopf. „Ich brauche nichts, Landon. Ich wollte nur kurz vorbeischauen und dich willkommen heißen.“

„Danke.“ Seine Stimme klingt tonlos. Darauf war ich echt nicht vorbereitet. Landon war immer herzlich und in der Regel froh, mich zu sehen. Ich weiß überhaupt nicht, wie ich mit dieser Situation umgehen soll.

Aber eins weiß ich: Ich muss hier weg. Was für eine blöde Idee, überhaupt herzukommen.

„Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe“, murmele ich mit gesenktem Blick und drehe mich um. „Bis dann.“

„Cami“, sagt er, doch ich bleibe nicht stehen. Mein Fluchtinstinkt hat eingesetzt, und das Einzige, was ich denken kann, ist: Mach, dass du wegkommst.

„Wie peinlich“, murmele ich und kämpfe gegen die Tränen an. „Warum sollte er dich auch sehen wollen, Cami? Du bist nur die Freundin seiner kleinen Schwester.“

Aber das war nicht immer so. Früher waren wir Freunde, kamen großartig miteinander aus, und ich weigere mich zu glauben, dass es nur wegen Mia so war. Wir hatten viel gemeinsam, und wir haben viel miteinander geredet. Als er zur Navy gegangen ist, hat er eine riesige Lücke in meinem Leben hinterlassen, die ich versucht habe, mit einer Ehe zu füllen. Was sich als großer Fehler herausgestellt hat.

Ich vermisse ihn. Seit Jahren vermisse ich ihn. Und jetzt ist er wieder zu Hause, und er will mich nicht sehen?

Tja, dann muss ich wohl lernen, damit zu leben. Ist ja auch nicht so, dass ich ihn wirklich gut kennen würde. Über zehn Jahre war er weg, das ist eine lange Zeit. Und er ist nur einmal im Jahr nach Hause gekommen. Als ich geheiratet habe, hat er aufgehört, mir zu schreiben, weil er meinte, das würde sich nicht gehören.

Geschieden oder nicht, wie komme ich darauf, dass er plötzlich begeistert sein würde, mich zu sehen? Dass er mich in die Arme schließen und anschließend bei einem gemeinsamen Frühstück mit mir plaudern würde?

Seufzend lenke ich den Wagen in meine Einfahrt, stelle den Motor ab und versuche, mich mit der Tatsache abzufinden, dass ich Landon, trotz unserer gemeinsamen Vergangenheit, gar nicht mehr wirklich kenne. Ich kenne den Jungen, der vor langer Zeit von hier weggegangen ist, aber dieser Junge ist er nicht mehr.

Und ich bin auch nicht mehr das Mädchen von damals.

All die Jahre habe ich heimlich für jemanden geschwärmt, den es gar nicht gibt.

„Wie blöd“, flüstere ich, knalle die Autotür zu und steige die Stufen zur Veranda hoch. Als ich die Haustür aufschließe, sehe ich gerade noch geschockt, wie ein grau-weiß getigerter Kater zwischen meinen Beinen hindurch ins Haus schießt, bevor er sich vor der Küchentür niederlässt, als würde er dorthin gehören.

„Oh nein, du verschwindest sofort wieder“, sage ich streng. „Hopp.“ Ich deute zur Tür, aber der Kater blinzelt lediglich, leckt sich zweimal den Schwanz, ehe er wieder zu mir schaut.

Ich habe ihn noch nie im Leben gesehen.

„Wo kommst du her?“ Ich stemme die Hände in die Hüften und funkele ihn böse an.

Was ihn aber nicht zu stören scheint.

„Du musst verschwinden“, sage ich noch einmal und marschiere auf ihn zu. „Na los, raus mit dir.“

Statt nach draußen läuft er ins Wohnzimmer und beobachtet mich. „Miau.“

„Nein, du kannst nicht hierbleiben“, erwidere ich, als würde ich eine Unterhaltung mit ihm führen. „Ernsthaft, ich mag keine Katzen.“

„Miau.“

„Die sind nämlich launisch und versnobt. Ich bin ein Hundemensch“, erkläre ich, als könnte ich dem Tier mit Vernunft beikommen. Der Kater zuckt kurz mit dem Schwanz, ehe er sich abwendet. „Im Ernst, ich darf hier nicht mal Haustiere halten. Das erlaubt mein Vermieter nicht.“

Ach du meine Güte. Jetzt lüge ich die Katze schon an. Mir gehört das Haus.

„Es liegt nicht an dir, sondern an mir“, versuche ich es, aber der Kater legt sich auf den Rücken, entblößt den Bauch und streckt sich auf meinem teuren Vorleger aus. Anscheinend fühlt er sich bereits wie zu Hause.

„Miau.“

„Du. Sollst. Verschwinden.“ Ich klatsche in die Hände und bewege mich schnell auf ihn zu, um ihn zu erschrecken und durch die Haustür zu scheuchen, doch er entwischt in die entgegengesetzte Richtung. „Weißt du was? Du fängst an, mich tierisch zu nerven.“

„Miau.“

Er springt auf die Sofalehne und kauert dort, als warte er ab, was ich als Nächstes tun werde, damit er mir wieder zuvorkommen kann.

„Ich sagte, raus mit dir“, schimpfe ich noch einmal mit ziemlich strenger Stimme.

Schließlich springt er vom Sofa und flitzt zwischen meinen Beinen hindurch in Richtung Haustür. Als ich mich umdrehe, steht da Landon. Immerhin hat er jetzt ein Shirt an. Er lehnt am Türrahmen, während der Kater schnurrend um seine Beine schleicht.

„Was machst du denn da mit deiner Katze?“ Er bückt sich, um den Störenfried auf den Arm zu nehmen.

„Das ist nicht meine Katze.“ Ich seufze genervt. „Das Vieh ist hier reingerannt, und jetzt kann ich es nicht dazu bewegen, wieder zu verschwinden.“

„Kluge Katze.“ Er krault dem Tier den Kopf. Dann richtet er seine blauen Augen auf mich, während er die Tür schließt und sich, zusammen mit dem Kater, auf meine Couch setzt.

„Oh bitte, macht es euch gemütlich bei mir.“ Ich verdrehe die Augen und fahre mir mit den Fingern durchs Haar. „Was willst du, Landon?“

Irritiert sehe ich ihn an. Offen gestanden habe ich noch nie in so einem Ton mit Landon geredet. Kommt mir irgendwie auch nicht richtig vor.

„Es tut mir leid, Cami“, sagt er leise, den Blick auf den Kater gerichtet, der sich auf seinem Schoß zusammenrollt und glücklich schnurrt.

„Ist schon okay.“ Ich setze mich neben ihn aufs Sofa, ohne ihn anzuschauen. Die ganze Sache ist mir noch immer peinlich, und außerdem bin ich genervt wegen des Katers.

„Ich wollte dich nicht so anfahren“, erklärt Landon.

„Wie gesagt, ist schon okay. Ich wollte nur Hallo sagen. Nichts Besonderes. Ich habe sowieso noch einiges zu erledigen, wenn du also den Kater mit rausnehmen könntest, wenn du gehst, wäre ich dir dankbar.“

Ich stehe auf und will das Zimmer verlassen, doch Landon packt mich am Handgelenk und hält mich auf. Das hat er schon gemacht, als wir klein waren, zum Beispiel, wenn er einen Bissen von dem abhaben wollte, was ich gerade gegessen habe, oder einfach nur, um meine Aufmerksamkeit zu erregen. Er steht auf Körperkontakt. Mit grimmigem Blick schaue ich ihn an, als mich auf einmal ein Stich durchfährt, mitten ins Herz. Seine blauen Augen wirken einfach so unglaublich … traurig.

Und mein Arm fühlt sich an, als stehe er in Flammen – und das nur, weil Landon mich berührt.

„Es tut mir wirklich leid“, wiederholt er. „Ich bin in letzter Zeit nicht mehr ich selbst.“

Sanft entziehe ich ihm meinen Arm, setze mich wieder und mustere ihn. „Okay.“

„Ich wollte nicht nach Hause kommen.“ Er streichelt die Katze, die noch immer glücklich schnurrt und so tut, als würde sie hier leben. „Irgendwie ist im Moment alles noch ungewohnt. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich dich anschnauzen darf. Du bist der netteste Mensch, den ich kenne.“

„Du kennst mich doch gar nicht mehr richtig“, murmele ich und erinnere mich an das, was ich vorhin im Auto gedacht habe. Landon zieht die Brauen zusammen, bevor er schließlich nickt.

„Kann sein. Aber ich weiß, dass du ein toller Mensch bist, und ich mag dich, daher wollte ich mich dafür entschuldigen, dass ich solch ein Arsch war.“

„Danke.“

Er schaut mich an – schaut mich richtig an –, indem er den Blick vom Kopf zu meinen Zehen wandern lässt, ehe er wieder meine Augen findet. „Du siehst großartig aus.“

„Danke“, wiederhole ich, weil ich nicht weiß, was ich sonst sagen soll. Es ist offensichtlich, wie verletzt er ist, und anscheinend auch verwirrt, und alles in mir sehnt sich danach, ihn in den Arm zu nehmen und zu streicheln, so wie er den Kater streichelt, ihn zu trösten und zu beruhigen.

Aber das geht natürlich nicht. Das steht mir nicht zu. Also bleibe ich, wo ich bin, und warte darauf, dass er den nächsten Schritt macht.

Nach einer endlos scheinenden Minute steht er auf, setzt den Kater auf den Boden und geht zur Haustür. „Danke, dass du vorbeigeschaut hast, Cami“, sagt er und nickt, ehe er nach draußen verschwindet.

Ich seufze und starre auf den Kater. „Du hast nicht vor, wieder zu verschwinden, oder?“

Er springt einfach zurück auf die Couch – dorthin, wo eben noch Landon gesessen hat –, rollt sich zusammen und schläft augenblicklich ein.

„Du bist spät dran“, beschwere ich mich, als Riley zur Tür hereinkommt, eine Flasche Wein in der einen und eine Tüte voll Eiscreme in der anderen Hand.

„Entschuldige“, sagt sie, ehe sie in die Küche eilt, um das Eis wegzupacken und den Wein zu öffnen. „Ich bin aufgehalten worden, musste noch mit dem Webdesigner telefonieren. Aber ich habe uns was Süßes und Wein mitgebracht und damit ein Recht auf Vergebung. Außerdem hat der Film ja noch nicht angefangen.“

Ich verteile die Pizzastücke, und wir nehmen uns beide einen Teller sowie ein Glas mit ins Wohnzimmer und machen es uns für unseren Fernsehabend gemütlich.

Riley kommt einmal die Woche abends zu mir. Sie ist eine meiner besten Freundinnen und Geschäftspartnerinnen, und wir schauen uns stets gemeinsam unsere Lieblingsserien an. Dazu gibt es natürlich Junkfood und meist viel zu viel Wein.

Das ist inzwischen schon Tradition.

„Miau“, verkündet der Kater, als er sich ins Zimmer schleicht, weil er offensichtlich das Essen gerochen hat.

„Na sowas!“, ruft Riley überrascht. „Wann hast du dir denn eine Katze angeschafft?“

„Hab ich gar nicht“, erwidere ich, als im Fernsehen der Vorspann zu Vampire Diaries beginnt. „Er hat sich mich angeschafft.“

„Hä?“

Ich erzähle ihr, wie er ins Haus gelaufen ist und sich geweigert hat, wieder zu verschwinden. „Also habe ich ihm Futter gekauft, ein Körbchen und ein paar Spielzeuge.“

„Du hast dir eine Katze angeschafft“, stellt Riley fest.

„Er hat mich überrumpelt.“

„Wie heißt er?“

„Scoot. Na ja, du weißt schon, das bedeutet doch so viel wie ‚hau ab‘. Weil er eben nicht abhaut.“

„Ich finde das super“, sagt Riley lächelnd und krault Scoot an den Ohren, was ihm prompt ein Schnurren entlockt. „Er ist echt süß.“

„Und stur. Er gehorcht überhaupt nicht. Ich erkläre ihm, dass er nicht auf meinem Bett schlafen kann, und trotzdem tut er es. Immerhin geht er wenigstens auf sein Katzenklo.“

„Er ist ein Kater“, meint Riley achselzuckend. „So sind die nun mal.“

Wir essen unsere Pizza und schauen fern, während Scoot auf die Sofalehne springt und sich zusammenrollt, um zu schlafen und über uns zu wachen.

„Ich sag dir eins“, verkündet Riley und nippt an ihrem Wein. „Dieser Ian Somerhalder wird irgendwann mein Ehemann.“

„Der ist doch schon verheiratet“, erinnere ich sie und sehe zu, wie junge Vampire unbeteiligte Zuschauer aussaugen, während sie gleichzeitig die Welt vor dem Bösen retten.

Es ist schon eine seltsame Art der Ironie.

„Für ihn würde ich sogar eine glückliche Ehe zerstören“, meint sie nachdenklich. „Ich meine, guck ihn dir doch mal an.“

„Stimmt, sexy ist er.“ Ich nicke. „Außer, wenn ihm das Blut übers Kinn tropft.“

„Den würde ich nicht mal von der Bettkante stoßen, wenn ihm Blut übers Kinn läuft.“ Sie grinst. „Es sei denn, er will es im Badezimmer mit mir treiben.“

„Igitt.“ Ich schüttele mich.

„Stehst du nicht auf eine Nummer im Bad?“

„Nein, ich meinte die Sache mit dem Blut. Voll eklig.“

Wir kichern und lehnen uns zurück, um den Film weiter zu genießen. Als die Episode vorbei ist, halte ich den Recorder an, damit wir die Teller wegräumen, uns noch mehr Wein einschenken und das Eis rausholen können. Denn auf Vampire Diaries folgt The Originals, ein Ableger der Vampire Diaries.

Gerade als ich den Fernseher wieder anschalten will, fragt Riley: „Und? Hast du Landon schon getroffen?“

Sie schaut mich nicht direkt an, und sie sagt es im gleichen Ton, als wolle sie wissen, ob ich den Wetterbericht für morgen gecheckt hätte.

„Ja, hab ich“, antworte ich. „Aber nur ganz kurz.“

Eigentlich will ich nicht darüber reden. Die Mädels wissen eh alle, dass ich seit Jahren in Landon verknallt bin.

„Kat hat erzählt, dass er schon im Restaurant war“, erzählt Riley. Kat ist die fünfte Freundin in unserer Runde. Wir fünf führen zusammen das Seduction, ein trendiges Restaurant in Portland. Wir haben es vor knapp einem Jahr eröffnet, und es könnte gar nicht besser laufen.

„Ach ja?“

„Sie meinte, er würde ziemlich gut aussehen.“

Nein, tut er nicht. Er ist traurig und hat vielleicht sogar Angst, aber es ist nicht meine Aufgabe, ihm zu helfen.

„Schön für ihn.“

Ich drücke auf ‚Play‘ und tue so, als wäre ich von der Serie völlig gefesselt. Als ich mein Eis aufgegessen habe, springt Scoot auf meinen Schoß und rollt sich zusammen, doch als ich ihn streicheln will, faucht er mich an, also lasse ich ihn in Ruhe.

„Mia ist ganz schön froh, dass Landon zurück ist“, sagt Riley, und am liebsten würde ich sie jetzt anfauchen.

„Warum reden wir schon wieder über ihn?“

„Weil du nichts sagst“, antwortet sie.

„Es gibt nichts zu sagen. Er ist zu Hause.“

„Und du liebst ihn“, erinnert sie mich.

Ich schüttele den Kopf. „Ich habe darüber nachgedacht. Ich kenne ihn gar nicht, Ri. Ich habe die ganze Zeit über von einem Jungen geschwärmt, den ich früher mal kannte. Seitdem ist eine Menge passiert.“

Sie runzelt die Stirn. „Aber es ist Landon.“

„Mir geht es gut“, erkläre ich leicht genervt. „Es ist bestimmt schön, ihn hin und wieder zu sehen, aber ich bin kein Teenager mehr, Riley.“

„Hast du ein Problem wegen Brian?“, fragt sie und bringt jetzt mich dazu, die Stirn in tiefe Falten zu legen.

„Warum sollte ich?“ Ich verhalte mich absichtlich ekelhaft, weil ich nicht darüber reden will. Dabei bekomme ich nur ein schlechtes Gewissen und fühle mich mies.

„Jede Menge Leute lassen sich scheiden.“ Rileys Stimme klingt ruhig und sachlich. „Ich gebe zu, es ist seltsam, mit seinem Ex gut befreundet zu bleiben, aber es kommt vor. Habe ich gehört.“

„Brian hat mit Landon nichts zu tun.“

„Klar, wenn man bedenkt, dass die beiden sich vorher nicht kannten und Brian nicht einmal von hier ist, könnte man das vermuten. Aber ich weiß, dass es nicht so ist.“ Rileys Blick wird sanft. Sie ist die Einzige, die alle Gründe kennt, warum meine Ehe mit Brian nicht funktioniert hat.

Einer der Gründe ist Landon.

„Ich war jung, und als ich Brian getroffen habe …“

„Hast du dich noch immer nach Landon verzehrt. Ich weiß.“

„Aber ich habe Brian nicht geheiratet, um Landon eins auszuwischen, Riley. Das ist Quatsch. Ich habe mich in Brian verliebt, und unsere Beziehung führte ganz selbstverständlich in die Ehe. Es war der logische nächste Schritt.“

„Logisch.“ Sie nickt.

Ich atme tief aus. Ich brauche Riley nicht zu erzählen, dass meine Ehe mit Brian nicht funktioniert hat, weil ich ihn nie so geliebt habe, wie er es verdient hätte. Dass ich immer einen Teil meines Herzens für Landon reserviert hatte.

Obwohl ich wusste, dass Landon nie zurückkommen würde.

Nur … jetzt ist er zurück, und ich bin kein Kind mehr. Und ich fühle mich noch immer so sehr zu ihm hingezogen, dass es armselig ist.

„Können wir das Thema jetzt bitte ad acta legen und uns die Serie anschauen?“

„Okay.“ Sie klingt nicht überzeugt, aber ich will wirklich nicht über Landon reden.

Als die Episode schließlich zu Ende ist, räumen wir auf, Riley fährt nach Hause, und ich gehe die Treppe hinauf ins Schlafzimmer. Ausnahmsweise schimpfe ich nicht mit Scoot, als er aufs Bett springt und sich hinter meinen Knien zusammenrollt.

Ich bin kein Teenager mehr. Ich habe die Ehe mit einem netten Mann scheitern lassen, weil ich noch immer Landon hinterhergetrauert habe. Es ist kindisch. Es ist lächerlich.

Es muss sofort aufhören. Es ist höchste Zeit, endlich mit meinem Leben fortzufahren.

Ich liebe das Seduction, unser Restaurant. Wir haben bis zum Umfallen dafür gearbeitet. Während ich durch den Saal gehe, bleibe ich kurz stehen, um die Gestecke auf einem Tisch geradezurücken. Welch schöne, behagliche Farben, und alles so hochwertig. Es wirkt extrem einladend. Sexy.

Alles hier bei uns wirkt sexy. Dafür haben wir gesorgt. Angefangen bei der kuscheligen Atmosphäre bis hin zu den Aphrodisiaka auf der Speisekarte … alles ist darauf angelegt, Sinnlichkeit zu verströmen.

Und mir gefällt die Vorstellung, dass es die fünf Frauen widerspiegelt, denen es gehört.

Ich gehe hinüber zur Bar, die von Kat betrieben wird. Als ich sehe, wie sie und Mia, unsere Küchenchefin, die Köpfe über Weingläser gebeugt halten und tief inhalieren, muss ich lachen.

„Riecht nach Wein“, sagt Mia.

„Nach Kirschen und Eiche. Dieser Wein ist vollmundig.“

„Tja, und ich bin vollhüftig.“ Mia verzieht das Gesicht und tätschelt ihre runden Hüften. Sie hat vielleicht ein paar Pfund zu viel auf den Rippen, sieht damit aber trotzdem höllisch sexy aus. Ihr langes dunkles Haar, das sie normalerweise hochgesteckt unter ihrer Chefkochmütze versteckt hält, fällt ihr heute in weichen Locken bis auf den Rücken.

„Ich wünschte, ich hätte deine Kurven.“ Ich trete zu ihnen. „Was treibt ihr hier?“

„Kat versucht mir beizubringen, wie man Wein riecht.“

„Und wie läuft’s?“

„Es riecht nach Wein“, meint Mia achselzuckend.

„Ich gebe auf“, erklärt Kat und verzieht genervt das Gesicht.

„Kat, du bist diejenige, die sich mit diesem Kram auskennen muss“, erinnere ich sie. „Und du bist ein Profi darin.“

„Genau“, stimmt Mia mir zu. „Du bist die Weinexpertin. Ich kümmere mich lieber weiter um die Belange in der Küche.“

„Guter Plan“, sagt Addie. Ihre hohen Absätze hallen auf dem Hartholz wider, als sie zusammen mit Riley zu uns kommt. Addie ist groß und ebenfalls mit beachtlichen Kurven ausgestattet. Sie ist die modebewussteste Frau, die ich kenne, aber da sie früher als Model gearbeitet hat, ist das auch kein Wunder.

„Kat, ich habe gerade mit Leah, der neuen Barkeeperin, telefoniert. Sie ist um drei Uhr hier, um mit der Einarbeitung zu beginnen.“

„Cool.“ Kat nickt zufrieden. „Wieso hat sie denn die Restaurantnummer genommen und mich nicht auf dem Handy angerufen?“

„Sie meinte, sie hätte deine Nummer verloren. Sie klang ein wenig …“ Addie sucht nach dem richtigen Wort.

„So, als wäre sie nicht die hellste Kerze auf der Torte?“, fragt Kat. „Sie ist ein wenig schwer von Begriff, aber eine ausgezeichnete Barkeeperin, sie sieht klasse aus, und sie lässt sich von Gästen, die zu tief ins Glas geschaut haben, nichts gefallen. Sie hatte gute Referenzen vorzuweisen.“

„Ich vertraue voll auf dein Urteil“, erwidert Addie lächelnd. „Ich habe ja nur die Nachricht weitergeleitet.“

„Tu mir einen Gefallen, und versuch nicht, sie mit Brian zu verkuppeln“, warnt Kat und zeigt mit dem Finger auf mich. „Das meine ich ernst.“

„Das würde ich doch nie tun“, antworte ich so unschuldig wie möglich. „Als würde ich Leute mit meinem Ex verkuppeln wollen.“ Es fällt mir schwer, nicht breit zu grinsen.

„Ja, sicher. Du hast es ja auch nicht mit jeder einzelnen Frau versucht, die du kennst – uns eingeschlossen!“ Mia verdreht empört die Augen. „Es ist echt voll abartig, den eigenen Ex verkuppeln zu wollen.“

„Nur zu deiner Information, in letzter Zeit hat er sich seine Dates allein gesucht.“ Ich rümpfe hochmütig die Nase. Mein Exmann Brian ist ein wirklich netter Kerl, und ich möchte, dass er ein nettes Mädchen findet. Das hat er verdient. Ich war einfach nicht die Richtige für ihn, und wir sind noch immer gute Freunde.

„Da wir jetzt alle hier sind“, wechsele ich das Thema, ehe ich den Ordner öffne, den ich mitgebracht habe, „lasst uns über den Anbau sprechen.“

„Ich fasse es nicht, dass wir das Restaurant jetzt schon erweitern wollen“, sagt Riley und wirft einen Blick auf Mias Wein. „Wir sind doch erst seit knapp einem Jahr im Geschäft.“

„Aber wir platzen aus allen Nähten“, erkläre ich. „Da Jake jedes Wochenende die Massen anlockt und es sich herumgesprochen hat, was für ein cooles, sexy Restaurant wir hier haben, müssen die Gäste viel zu lange im Voraus reservieren. Ich habe ein paar Diagramme erstellt und Zahlen zusammengetragen. Expandieren zu müssen, ist nichts Schlechtes.“

„Da stimme ich dir zu.“ Addie nickt. „Und ich glaube, wir wären mit und ohne Jake überlaufen. Aber erzählt ihm ja nicht, dass ich das gesagt habe.“

Jake Knox ist Addies Ehemann, ein ehemaliger Rockstar, der an den Wochenenden Live-Auftritte im Seduction gibt. Seine Stimme ist purer Sex und passt daher perfekt zur Atmosphäre des Restaurants.

„Ach herrje, sie hat Tabellen und Diagramme mitgebracht“, stöhnt Mia und vergräbt das Gesicht in den Händen. „Das ist alles wie eine Fremdsprache für mich.“

„Ich habe mit den ehemaligen Besitzern nebenan so gut verhandelt, dass wir die Räume jetzt sogar bar bezahlen können“, sage ich, während ich den Bericht verteile, den ich gestern Abend geschrieben habe, nachdem Riley weg war und ich nicht schlafen konnte. Die Diagramme und Tabellen habe ich jeweils darangeheftet.

„Wir müssen keinen Kredit aufnehmen?“, fragt Kat überrascht. „Das ist ja cool.“

„Du bist ein echtes Finanzgenie, Cami“, stellt Mia lächelnd fest. „Ich habe deine Budgets immer gehasst, aber offensichtlich waren sie absolut notwendig.“

Ich lache. Mias Widerwillen meinen Finanzplänen gegenüber war nie ein Geheimnis. Die leidenschaftliche Küchenchefin hat mir schon so manches Mal einen Pfannenwender an den Kopf geworfen, wenn ich ihr gesagt habe, dass es kein Geld für zusätzliche Trüffel gibt.

„Ehrlich gesagt ist meine einzige Sorge, wie wir das zeitlich hinbekommen sollen“, sagt Addie. „Ich jedenfalls habe keine Zeit, die Bauarbeiten zu beaufsichtigen. Ich weiß, dass Mia praktisch in der Küche lebt, und wenn Kat weiter die Bar betreibt und Riley sich ums Marketing kümmert, wer soll sich dann hiermit beschäftigen?“

„Na, ich. Seduction ist jetzt mein einziger Klient, also habe ich Zeit, mich um dieses Projekt zu kümmern.“ Ich falte die Hände über meinem Ordner und hole tief Luft. Vor zwei Monaten habe ich meinen anderen Kunden, für die ich als Wirtschaftsprüferin tätig war, gekündigt und arbeite jetzt ausschließlich für Seduction. Ich habe mich auch vorher schon um alle wirtschaftlichen Belange des Restaurants gekümmert, aber man kann sechzehnstündige Arbeitstage halt nur eine begrenzte Zeit aushalten, ehe man anfängt, durchzudrehen.

„Bist du sicher?“, hakt Riley nach. „Das werden ziemlich arbeitsintensive Monate für dich.“

„Ja, ich bin mir ganz sicher.“

„Klasse“, sagt Mia. „Du und Landon, ihr werdet das sicher großartig machen.“

„Wie bitte?“

„Landon.“ Mia grinst und nickt in Richtung Eingang, wo Landon gerade hereinmarschiert. „Er übernimmt die Bauleitung.“

„Hallo die Damen“, begrüßt er uns, als er sich zu uns gesellt. „Wie ich hörte, habt ihr ein Projekt für mich.“

„Wir … haben doch einen Bautrupp, mit dem wir arbeiten“, stottere ich, aber Mia lacht nur wissend.

„Dad überlegt, sich langsam zur Ruhe zu setzen, und Landon übernimmt einige seiner Aufgaben“, erklärt sie. „Wir haben dieselbe Truppe, aber Landon macht die Bauleitung.“

„Cami ist bei uns die Verantwortliche“, informiert Addie ihn. „Wenn du also was brauchst, ruf sie einfach an.“

„Wunderbar“, erwidert er, und als ich endlich aufblicke, stelle ich fest, dass seine strahlend blauen Augen auf mir ruhen. „Ich verspreche auch, es dir nicht allzu schwer zu machen.“

Ich schlucke und muss angesichts der Ironie der ganzen Sache lachen. Gerade als ich mich entschieden habe, Abstand von Landon zu halten, nimmt er einen Job an, bei dem wir eng zusammenarbeiten müssen.

Murphys Gesetz.

Verdammter Murphy.

2. Kapitel

Landon

„Also, was wir brauchen“, beginnt Cami, als sie mich in die leerstehenden Räume neben dem Restaurant führt, „ist mehr Platz. „Das heißt, wir wollen hier einen Durchbruch machen, um weitere Tische aufzustellen und Nischen einzubauen. Dann können wir auch Mias Küche erweitern. Sie braucht mehr Personal, und das ist zurzeit nicht möglich, weil die jetzige Küche platztechnisch schon längst an ihre Grenzen stößt.“

Ich nicke und folge ihr, sorgsam darauf bedacht, den Blick nicht auf ihren Hintern zu richten.

Ich bemühe mich schon seit einer gefühlten Ewigkeit darum, ihren Hintern nicht anzustarren. Es ist zur Gewohnheit geworden.

Trotzdem hat sie einen fantastischen Hintern.

„Hörst du mir überhaupt zu?“ Sie verschränkt die Arme vor der Brust.

„Ja, Ma’am.“

„Willst du dir nichts aufschreiben?“

„Ich mache mir Notizen.“ Ich tippe mir an den Kopf, um ihr zu zeigen, dass ich ein großartiges Gedächtnis habe.

„Na, das ist ja beruhigend“, murmelt sie und dreht sich um. Ich muss lächeln. Cami war schon immer witzig. Sie ist großzügig und liebenswert, und früher hat uns eine ganz besondere Freundschaft verbunden. Ich kann mich nicht erinnern, ob es jemals eine Zeit gegeben hat, in der ich sie nicht begehrt habe. Wäre sie ein paar Jahre älter gewesen, hätte ich sie damals bestimmt um ein Date gebeten, aber dann bin ich zur Navy gegangen, sie hat geheiratet, und das Leben lief weiter. Es ist nicht richtig, wenn ein Mann eine verheiratete Frau anruft oder ihr Briefe schreibt, egal, wie sehr es ihn umbringt, dass sie einem anderen gehört. Also haben wir uns auseinandergelebt.

Plötzlich bleibt sie abrupt stehen, verschränkt nervös die Finger ineinander und seufzt. „Landon, ich wollte dir noch einmal danken, dass du nach Hause gekommen bist, als Mom und Daddy gestorben sind.“

Einen Moment lang starre ich sie an, dann schüttele ich kurz den Kopf, stopfe die Hände in die Taschen und trete von einem Fuß auf den anderen. „Dafür musst du dich nicht bedanken.“

„Doch, muss ich.“ Sie nickt. „Es war eine harte Zeit, und dass du hier warst … na ja, das war sehr tröstlich.“

„Das freut mich. Wie geht es dir?“

„Besser.“ Sie lächelt. „Es ist viel passiert in den Jahren danach.“

Ist das wirklich schon Jahre her? War mir gar nicht so bewusst. Mann, die Zeit rennt wirklich.

„Das Restaurant hält uns alle ganz gut auf Trab.“ Sie holt tief Luft und blickt sich in dem leeren Raum um. „Apropos Restaurant, ich denke, eine Reihe von Nischen, wie wir sie drüben haben, würde sich sehr schön dort hinten machen“, erläutert sie und deutet auf die hintere Wand. Anschließend erklärt sie mir mit vor Aufregung leuchtenden Augen, was sie sich sonst noch vorstellt.

Sie wirkt professionell und doch so lebendig, und ich kann den Blick nicht von ihr losreißen. Konnte ich noch nie. Als sie über den Bedarf eines größeren Vorratsraums spricht und anfängt zu lächeln, zeigt sich das süße Grübchen in ihrer Wange.

Sie sieht noch immer aus wie sechzehn mit den zum Pferdeschwanz zusammengebundenen Haaren, den Jeans, Sneakers und dem Sweatshirt.

Aber wenn sie sich umdreht, und ihr Sweatshirt sich an ihren Körper schmiegt, ist sie alles andere als ein Kind. Dann ist sie ganz Frau.

Eine schöne, atemberaubende, erstaunliche Frau.

„Hey, du hörst mir gar nicht zu“, beschwert sie sich.

„Oh doch, ich schenke dir meine volle Aufmerksamkeit“, protestiere ich. Vielleicht nicht auf die Art und Weise, wie sie es gerne hätte, aber trotzdem. „Wie kommst du mit deinem Kater zurecht?“

Sie runzelt die Stirn. „Er hat mein Haus erobert.“

„Er mag dich. Alle mögen dich.“ Ich zucke mit den Schultern und sehe, dass sich ihre Miene verfinstert, bevor sie den Kopf schüttelt.

„Wir reden hier über die Arbeit.“

„Ich denke, für eine erste Bestandsaufnahme genügt es erst einmal.“ Ich lasse den Blick noch einmal schweifen. „Was war hier vorher drin?“

„Ein Spielzeugladen. Ich nehme an, jetzt kaufen die Leute all ihren Kram im Internet.“

„Vielleicht sollten wir hier drinnen die Decke anheben.“ Ich mustere die heruntergezogene Decke. „Damit sie zu der von nebenan passt. Dadurch würde alles auch ein wenig offener wirken.“

„Gute Idee. Ich habe keine Ahnung, warum man sie abgesenkt hat.“

„Wahrscheinlich um Heizkosten zu sparen.“

„Wenn sie höher ist, sieht es bestimmt viel besser aus.“ Sie nickt, die Hände in die Hüften gestemmt, während sie langsam umherschlendert. „Können wir die Fußböden auch angleichen?“

„Das dürfte kein Problem sein.“

„Cool.“ Sie bleibt stehen und klatscht lächelnd in die Hände. „Ich bin sowas von gespannt!“

„Obwohl ich der Bauleiter bin?“, frage ich und will sie an den Haaren ziehen, doch sie weicht mir aus.

„Ich denke, ich kriege dich schon in den Griff.“

„Du magst mich doch.“ Dass sie unsere gesamte Kindheit in mich verliebt war, war nie ein Geheimnis. Ich habe meine Schwärmerei für sie immer verbergen können, Cami nicht.

„Du bist ganz okay.“ Sie zuckt mit den Schultern und lacht leise, und zum ersten Mal, seit ich mich erinnere, hat sie kein Funkeln in den Augen, als sie mich ansieht. Hm, was soll ich jetzt tun? Soll ich deswegen überhaupt etwas tun?

Aber ich vermisse es wie verrückt.

„Ich denke, ich habe jetzt alles, was ich brauche.“

„Wunderbar.“ Sie geht an mir vorbei, kommt aber plötzlich ins Stolpern. Schnell schlinge ich ihr einen Arm um die Taille, fange sie auf und ziehe sie an mich.

„Hey, langsam“, murmele ich, mein Gesicht nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt, und für den Bruchteil einer Sekunde ist das Funkeln in ihren Augen wieder da und sorgt dafür, dass sich mein Herz zusammenzieht. Sie ist also doch nicht so immun gegen mich, wie sie mich gern glauben lassen würde. „Ich habe dich.“

„Das kommt davon, dass ich Sneakers trage“, schimpft sie, während sie mit beiden Händen meine Jacke festhält und sich wieder aufrichtet.

„Trägst du normalerweise keine Schuhe?“

„Jedenfalls keine Sneakers“, brummt sie und versucht, sich von mir zu lösen, aber ich schließe sie nur noch fester in die Arme und genieße es, wie herrlich sie sich anfühlt. Wie herrlich sie duftet.

Sie fühlt sich fucking vollkommen an.

Zum ersten Mal seit Monaten habe ich das Gefühl, wieder am Leben zu sein.

„Ich habe wieder alles unter Kontrolle, Landon“, sagt sie, aber ich lasse sie nicht los. Noch nicht.

„Du hast immer alles unter Kontrolle“, antworte ich leise, aber als sie mich nur anstarrt, als hätte ich den Verstand verloren, und das Funkeln in ihren Augen erlischt, lasse ich sie los und mache einen Schritt zurück. Sofort vermisse ich ihre Wärme. „Pass auf, wo du hintrittst.“

„Ja, Sir“, sagt sie formell und salutiert – mit der falschen Hand –, bevor sie vor mir zur Tür und zurück ins Restaurant geht. Ihr Hintern schwingt mit jedem Schritt und bringt mich zum Lächeln.

„Habt ihr alles geregelt?“, fragt Riley, als wir ins Restaurant kommen.

„Für den Anfang lief alles bestens.“ Ich zwinkere ihr zu. „Und ich denke, wir bekommen das richtig gut hin. Später wird niemand mehr merken, dass der Anbau ursprünglich gar nicht Teil des Restaurants gewesen ist.“

„Genau das wollten wir hören“, meint Riley.

„Schönen Tag noch, Landon“, sagt Cami und winkt mir zu, ehe sie in ihrem Büro verschwindet und die Tür fest hinter sich schließt.

„Habe ich ihr was getan?“, frage ich.

„Mir gegenüber hat sie nichts erwähnt“, antwortet Riley. „Vielleicht sind es die Hormone.“

„Das ist mein Stichwort, zu verschwinden.“ Ich zucke gespielt zusammen. „Sag Mia, dass ich mich später noch mal bei ihr melde.“

„Okay, mach’s gut!“ Riley winkt mir lächelnd nach.

Ich gehe nach draußen zu meinem Auto, doch statt über Maße und Baumaterialien nachzudenken, kreisen meine Gedanken um Cami, um ihre schlanke Figur und ihren frischen Duft.

Ich brauche eine Stunde im Fitness-Studio, um meinen Kopf wieder freizubekommen.

„Möchten Sie den Pool sehen?“ Kelsie lächelt mich flirtend an. Die junge Maklerin steht mit mir in der ersten Wohnung, die ich mir heute anschauen will. Ich wende mich ab, stopfe die Hände in die Taschen und betrachte grimmig die dunkle, altmodische Küche in der kleinen Wohnung.

„Nicht nötig, danke.“

„Ich kann Ihnen auch den Fitnessraum zeigen“, meint sie hoffnungsvoll, aber ich schüttele den Kopf.

„Ich glaube, ich habe alles gesehen, was ich sehen muss.“

Eilig verlasse ich die Wohnung und gehe die Treppe hinunter zu meinem Auto.

„Ich gebe Ihnen meine Karte, damit Sie mich anrufen können, falls Sie sich etwas anderes anschauen wollen.“ Sie eilt hinter mir her. „Oder, Sie wissen schon, wenn Sie mal Lust auf einen Drink haben.“

Kelsie ist ein hübsches Mädchen, nicht ganz so kurvig, wie ich es normalerweise mag, aber mit ihr hätte man bestimmt viel Spaß im Bett.

Und ich habe echt null Interesse.

„Vielen Dank für das Angebot“, sage ich lächelnd. „Aber ich glaube, ich bin nicht interessiert.“ Weder an der Wohnung noch an dir.

Letzteres muss ich nicht laut aussprechen. Sie zuckt mit den Achseln, als wolle sie sagen, dein Pech, und dankt mir, dass ich vorbeigekommen bin.

Das war jetzt die dritte Wohnung, die ich mir in den vergangenen Tagen angesehen habe, und keine von ihnen hat mir gefallen. Dabei kommen meine Sachen aus Italien nächste Woche. Ich muss also dringend ein Apartment finden.

Aber ich hasse es, allein danach zu suchen.

Ohne groß nachzudenken, fahre ich in die Stadt und parke in der Straße, in der das Seduction liegt. Es ist Samstagnachmittag, eine Woche, nachdem ich mich mit den Mädels getroffen habe, um über die Umbaumaßnahmen zu sprechen. Meine Truppe und ich haben in den letzten Tagen an den Plänen gezeichnet und erste Aufräumarbeiten vorgenommen, damit wir nächsten Montag mit der eigentlichen Arbeit beginnen können.

Die Mädels werden begeistert sein.

Aber jetzt ist Wochenende, sodass ich heute keine Arbeit habe, mit der ich mich ablenken könnte. Also kann ich genauso gut im Restaurant vorbeischauen, um zu sehen, was meine Schwester und ihre Freundinnen so treiben.

„Hier ist ja nicht viel los“, stelle ich überrascht fest, als ich zur Tür hereinkomme und Addie mit der Empfangsdame plaudern sehe.

„Zur Mittagszeit war die Hölle los“, erwidert die große Blondine. „Dies ist jetzt nur die kurze Ruhephase vor dem Abendessen.“

„Ist Mia in der Küche?“, frage ich.

„Natürlich“, erwidert Addie. „Das Letzte, was ich von ihr gehört habe, war, dass sie dem armen Lieferanten wortwörtlich gammelige Tomaten an den Kopf geworfen hat.“

„Er hätte ihr halt keine fauligen Lebensmittel bringen dürfen“, meine ich achselzuckend. „Ich kann sie gut verstehen.“

„Ihr Italiener habt ein ziemliches Temperament“, stellt Addie fest. Im selben Moment leuchten ihre Augen auf, als ihr Mann Jake hinter mir auftaucht. „Oh, hallo.“

„Hey, Jake!“ Ich schüttele ihm die Hand.

„Schön dich zu sehen, Mann“, erwidert er. „Bleibst du zu meinem Auftritt?“

Jake Keller, besser bekannt als Jake Knox, ist ein internationaler Rockstar, der inzwischen aus dem Rampenlicht getreten ist, um als Produzent und Songwriter zu arbeiten. Außerdem kümmert er sich seit einer Weile sehr um unsere Addie.

„Mal sehen. Ich muss mich heute noch auf die Suche nach einer Bleibe machen.“ Genervt schüttele ich den Kopf.

„Ich gucke mir gerne Häuser an“, meint Addie.

„Ich nicht“, brumme ich. „Ist total langweilig.“

„Was ist langweilig?“, will Cami wissen, die gerade aus ihrem Büro kommt und sich zu uns gesellt. Sofort wandert mein Blick zu ihren Füßen und den grauen Stiefeln mit den unglaublich hohen Absätzen. Das ist mal was anderes als die Sneakers von neulich. Langsam lasse ich den Blick aufwärts wandern, mustere das elegante, schwarz-graue Outfit, den Körper, der so höllisch sexy ist, und als ich bei ihren Augen ankomme, sehe ich, dass sie mich mit zur Seite geneigtem Kopf leicht belustigt, aber zurückhaltend ansieht.

Das interessiert mich.

„Landon hasst es, Häuser zu besichtigen.“

„Bisher habe ich mir eigentlich hauptsächlich Wohnungen angesehen“, erkläre ich, ohne dabei Cami aus den Augen zu lassen. „Aber heute Nachmittag habe ich noch drei Hausbesichtigungstermine.“

„Viel Glück damit“, sagt Cami und dreht sich um, um zu gehen, doch ich greife nach ihrem Handgelenk und halte sie zurück.

„Komm mit mir mit.“

„Wie bitte?“ Sie blickt vielsagend auf meine Hand, und ich lasse sie los. Prompt fehlt mir der Hautkontakt.

„Bitte begleite mich.“

„Ich muss arbeiten.“

„Ich habe ihr schon vor Stunden gesagt, sie soll Feierabend machen“, wirft Addie hilfreich ein.

„Ich hab zu tun“, entgegnet Cami stirnrunzelnd. „Die verdammte Kasse hat gestern nicht gestimmt.“

„War es ein großer Fehlbetrag?“, will Addie wissen.

„Nein, vermutlich habe ich nur einen Fehler gemacht.“ Cami seufzt und schüttelt den Kopf. „Vielleicht brauche ich wirklich mal eine Pause.“

„Perfekt“, sage ich lächelnd. „Mir allein Häuser anzusehen, ist für mich die reinste Folter, Cam. Beim nächsten Badezimmer würde ich … Ach, keine Ahnung, was ich tun würde, aber es wäre nicht schön.“

Sie blinzelt mich an, bevor sie schließlich noch einmal den Kopf schüttelt, etwas vor sich hinmurmelt, was ich nicht verstehe, und schließlich leise lacht. „Na gut, das wollen wir ja alle nicht.“

„Wunderbar. Lass uns gleich aufbrechen.“ Ich bedeute ihr, vor mir zur Tür zu gehen, doch sie verdreht nur die Augen.

„Ich brauche meine Jacke und meine Handtasche. Wir treffen uns draußen.“

„Vielleicht solltest du dir lieber auch andere Schuhe anziehen. Wir werden reichlich umherlaufen müssen.“

Sowohl Cami als auch Addie fangen an zu lachen. „Das hier sind meine Laufschuhe.“ Sie geht in ihr Büro zurück und taucht keine dreißig Sekunden später samt Handtasche und Jacke und mit glänzenden Lippen wieder auf.

Na toll. Jetzt kann ich nicht aufhören, auf ihre Lippen zu starren. Ich wette, Frauen machen das mit Absicht.

„Ruf mich an, wenn du mich brauchst“, sagt Cami zu Addie, die einfach nur winkt, als wir aus dem Restaurant und zu meinem Auto gehen. Ich öffne Cami die Beifahrertür und setze mich hinters Steuer. Ehe ich den Motor anlasse, ziehe ich mein Handy heraus.

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