×

Ihre Vorbestellung zum Buch »Goldwäsche«

Wir benachrichtigen Sie, sobald »Goldwäsche« erhältlich ist. Hinterlegen Sie einfach Ihre E-Mail-Adresse. Ihren Kauf können Sie mit Erhalt der E-Mail am Erscheinungstag des Buches abschließen.

Goldwäsche

Die neue Kurzgeschichte von Karin Slaughter und Lee Child!

Doppeltes Drama – doppelte Action.

Will Trent ermittelt undercover auf Fort Knox, der Militärbasis der US-Army. Der Auftrag: einen Mord aufklären, der vor 22 Jahren passiert ist. Der Name des mutmaßlichen Mörders: Jack Reacher.
Jack Reacher verfolgt auf Fort Knox seine ganz eigene Mission. Er will einen gefährlichen Verbrecherring zu Fall bringen, der bis ins Herz des amerikanischen Golddepots vorgedrungen ist. Doch jetzt kommt ihm Will Trent in die Quere.
Wovon sie beide nichts ahnen: Sie sind Opfer einer gewaltigen Verschwörung, die sie nur mit vereinten Kräften zerschlagen können. Wenn es den beiden Einzelgängern gelingt, sich zu verbünden …

Inklusive einer Leseprobe zum Thriller »Die letzte Witwe«, dem 7. Band der erfolgreichen Georgia-Serie um Will Trent und Sarah Linton.


  • Erscheinungstag: 29.05.2019
  • Seitenanzahl: 112
  • ISBN/Artikelnummer: 9783959679114
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Liebe Leserinnen und Leser,

wir freuen uns sehr, Ihnen endlich eine Kurzgeschichte vorstellen zu können, an der wir seit Jahren arbeiten.

Seit fast zwanzig Jahren sind wir befreundet – und so lange schon sind wir auch Fans der Bücher des jeweils anderen. Im Lauf der Jahre haben wir oft darüber geredet, wie es wohl wäre, wenn sich unsere Serienhelden Jack Reacher und Will Trent im richtigen Leben begegneten. Würde Will womöglich Reacher verhaften, weil er Selbstjustiz an einem Bösewicht geübt hat? Würde Reacher Will das Gesicht einschlagen oder ihn in einen Brunnenschacht werfen? Die Herausforderung bestand darin, den beiden einen Weg zur Zusammenarbeit zu ebnen. Alle beide verfolgen starke moralische Prinzipien, sie erreichen ihre Bestimmung allerdings auf höchst unterschiedlichen Wegen. Einen Fall zu erfinden, der die zwei in die Umlaufbahn des jeweils anderen befördert, erforderte lange Gespräche zwischen uns, die schließlich in einen Plot mündeten, den wir mit Begeisterung ausgearbeitet haben. Das Ergebnis ist Goldwäsche. Wir haben unsere jeweiligen Kapitel zunächst getrennt geschrieben, doch je mehr sich die Geschichten ineinander verflochten, desto mehr floss alles zusammen, sodass Sie nicht unbedingt merken werden, wer was geschrieben hat – und wir hoffen sehr, Sie genießen es. Auf jeden Fall haben wir das Gefühl, dass Jack und Will eine ziemlich gute Zeit hatten, während sie auf den Beginn einer wundervollen Freundschaft zusteuerten …

Herzliche Grüße

Karin Slaughter und Lee Child

1

Will Trent saß vor einer geschlossenen Bürotür und lauschte dem Murmeln der Stimmen dahinter, die über die beiden Trunkenheitsfahrten und den lückenhaften Lebenslauf in seiner Bewerbung diskutierten. Die Unterhaltung schien nicht günstig für ihn zu verlaufen. Das war schlecht. Will brauchte diesen Job. Andernfalls saß er bei seinem echten Job ziemlich in der Scheiße.

Er wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn. Draußen hatte die Temperatur bereits den Siedepunkt überschritten. Drinnen war es nicht viel besser. Sein Schweiß begann in dem grabähnlichen, klammen Behördengebäude aus den 1950er-Jahren bereits zu verdampfen. Die niedrige Decke hing noch tiefer durch. Die Trockenbauwand quoll auf vor Feuchtigkeit. Er beobachtete, wie eine Schweißperle von seiner Nasenspitze auf den Boden tropfte. Die Armeestiefel, die im Lauf der Jahrzehnte den Flur auf und ab gelaufen waren, hatten in der Mitte des Linoleumbodens eine Abflussrinne entstehen lassen.

Will rutschte auf seinem Stuhl umher. Seine Wirbel schienen sich in Kabelbinder verwandelt zu haben, die sein Rückgrat strangulierten. Die Muskeln in seinen Beinen versteiften sich. Sein Körper schmerzte aus zwei Gründen. Der erste war die Abschiedsfeier, die ihm seine Freundin letzte Nacht bereitet hatte. Und dann noch einmal heute Morgen auf dem überaus passend benannten Park-and-ride-Platz. Der zweite Grund war, dass sich seine Knie auf dem gesamten einstündigen Flug von Atlanta nach Lexington in die Rückenlehne vor ihm gedrückt hatten, während er zwischen einem schreienden Kleinkind und einem älteren Mitbürger mit Blähungen eingeklemmt war.

Nur einer dieser Gründe war den Schmerz wert.

Hinter der Tür brüllte jetzt eine Stimme: »Es ist mir scheißegal, was Sie denken, Dave!«

Colonel Stephanie Lukather, die Frau, die für das United States Bullion Depository verantwortlich war. Ein wichtiger Posten, aber was wusste Will schon. Sein Wissen über die nationalen Goldreserven verdankte er Wikipedia und dem Film Goldfinger.

Die Einrichtung lag neben dem Armeestützpunkt Fort Knox, an der Kreuzung von Bullion Boulevard und Gold Vault Road. Das Haupttor bestand aus zwanzig Tonnen schweren Stahlplatten, war einen halben Meter dick und ließ sich weder abfackeln noch durchbohren. Edelmetall im Wert von rund dreihundertfünfzig Milliarden Dollar lagerte hier. Die US Mint Police bewachte die Einrichtung, und die US Army wiederum bewachte die Polizei der Münzanstalt. Nur ein einziges Mal, im September 1974, war die Schatzkammer für die Öffentlichkeit zu besichtigen gewesen. Zuvor, im Jahr 1964, hatte Pussy Galore den gesamten Stützpunkt mit ihrem Fliegenden Zirkus k. o. gehen lassen, und eine schmutzige Bombe im Tresorraum war 0,07 Sekunden, bevor sie hochgehen konnte, entschärft worden.

Die Tür öffnete sich endlich.

Major Dave Baldani sah Will mit einem blasierten Grinsen an.

Will kannte diesen Blick. Es war der Blick, mit dem einer von den Guten einen der Bösen in die Schranken wies. Er gebrauchte ihn selbst nicht selten in seinem eigentlichen Job als Special Agent beim Georgia Bureau of Investigation. Aber Will war nicht als Cop in Fort Knox. Er arbeitete verdeckt als ehemaliger Captain der Army, der nach zwei Dienstzeiten in Afghanistan in ein tiefes Loch unkluger Entscheidungen gefallen war.

Seine Identität war wasserdicht, solange niemand die Datenbank des Pentagon knacken konnte: Jack Phineas Wolfe, 2016 ehrenhaft entlassen. Zwei Anzeigen wegen Trunkenheit im Straßenverkehr. Gemeinnützige Arbeit. Bewährung. Geschieden. Keine Kinder. Bankkonto überzogen. Kreditkartenlimit ausgeschöpft. Der letzte bekannte Wohnsitz zwangsgeräumt. Wagen von der Bank eingezogen. Auf der Suche nach ehrlicher Arbeit, oder so ehrlich es eben ging.

»Beeilt euch, Jungs.« Colonel Lukather war Anfang fünfzig, schlank und fit und trug das lange blonde Haar militärisch korrekt hochgesteckt. Sie fuchtelte ungeduldig mit der Hand. »Ich warte auf euch.«

Will musste den Kopf einziehen, um aufrecht stehen zu können. Die abgehängte Decke war fast einen halben Meter niedriger, als es für seine Größe angenehm gewesen wäre. Die dunkle Wandvertäfelung hatte sich mit der Zeit verzogen. Verschlossene Aktenschränke säumten eine Wand des Raums. An der anderen stand der Dienstschreibtisch des Colonel. Es gab keine Fenster. Kein Lüftchen regte sich. Will hätte ebenso gut aufrecht in einem Sarg stehen können.

Colonel Lukather deutete auf die niedrige Decke. »Der Brigadegeneral über mir wollte eine Dusche in seinem Büro haben«, erklärte sie. »Der Fisch stinkt vom Kopf her. Ich brauche kein Fenster, Wolfe. Setzen Sie sich.«

Will nahm auf dem Stuhl gegenüber von ihr Platz. Baldani blieb fünf Zentimeter hinter Will stehen – noch so ein Good-Guy-Bad-Guy-Trick.

»Wolfe, Sie waren öfter in Schwierigkeiten, seit Sie bei der Army ausgestiegen sind.«

Will hörte keine Frage, deshalb gab er keine Antwort.

Lukather legte die Hand auf seine Akte und wartete, bis ihn das nachfolgende Schweigen zermürbte.

Will wurde nicht mürbe.

Die Uhr an der Wand tickte laut.

Baldani stieß einen gedehnten Seufzer aus, das Pfeifen seiner Lunge verriet den Raucher.

»Sieht aus, als hätten wir es hier mit einem echten Captain Jack zu tun, Dave.« Lukather öffnete die Akte und tat so, als würde sie zum ersten Mal darin lesen. »Stationiert im Nirgendwo. Fünfter Ihrer Abschlussklasse an der John-Wayne-School. Hat schon im Sandkasten eine Masse bunter Blechabzeichen für die Uniform gesammelt. Ein Könner in allen Disziplinen. Ziemlich überambitioniertes Arschloch, was? Sie gewinnen bestimmt den Wettbewerb um den größten Schwanz im Raum.«

Will hatte keine Zeit gehabt, Army-Jargon zu studieren, deshalb verstand er nur Bahnhof – bis auf die letzte Aussage, die ihm zutreffend erschien.

»Dann …« Lukather blätterte eine Seite in der Akte um. Ihr Zeigefinger fuhr an Jack Wolfes Hintergrundcheck entlang. »Zwei Anzeigen wegen Trunkenheit im Straßenverkehr. Üble Scheidung. Übler Kontostand. Wieso sollte ich Ihnen Ihrer Ansicht nach für das Privileg, in den nächsten Tagen auf meinem Stützpunkt zu arbeiten, fünfzehn Dollar die Stunde bezahlen und Sie in einem meiner Hotels unterbringen?«

Will zuckte mit einer Schulter; es war die gleiche Scheißegal-Attitüde, die er von Straftätern im Vernehmungszimmer kannte. »Das müssen Sie wissen.«

Baldani trat erkennbar genervt von einem Bein aufs andere.

Lukather blickte von den Unterlagen auf. Vielleicht hielt sie Will seine Ehrlichkeit zugute, denn sie warf ihn nicht sofort hochkant hinaus. »Wissen Sie, worum es bei dem Job geht?«

»Gebäudereinigung?« Will zuckte wieder mit der Schulter, nur um Baldani zu ärgern. »In der Anzeige stand etwas von Putzen.«

»Bei diesem Job machen Sie sich allerdings nicht die Hände schmutzig, wie man es vielleicht erwartet«, sagte sie. »Was wissen Sie über Gold?«

Noch ein Schulterzucken. »Ich könnte welches gebrauchen.«

»Okay, Blödmann.« Baldani hatte endgültig genug. »Überdenk mal dein Benehmen. Du sprichst hier mit einem Colonel, verdammt.«

Will drehte das Kinn ein kleines Stück weg, um ihn zu ignorieren und doch nicht zu ignorieren.

Baldani ballte die Fäuste, was dumm war, denn in dem Moment, in dem der Typ die Arme hochnahm, würde ihm Will die Eier in die Gedärme hämmern.

»Das reicht, Jungs.« Lukather schloss Wolfes Akte. Die Entscheidung über seine Einstellung war gefallen, aber sie zog es vor, sie noch für sich zu behalten. Stattdessen sagte sie zu Will: »Gold ist ein natürlich auftretendes chemisches Element mit der Ordnungszahl 79. Es wird als Weichmetall eingestuft, das heißt, es kann leicht zerkratzt oder beschädigt werden. Schon fettige Hände können seine Oberfläche korrodieren lassen, es trüben und seinen Wert mindern. Beim Umgang damit empfiehlt es sich daher, fusselfreie Baumwollhandschuhe zu tragen. Masken sind erforderlich, weil die Feuchtigkeit in Ihrem Atem oder der Speichel Flecken hinterlassen können, die nicht mehr zu entfernen sind.«

Will wartete auf den Rest der Rede.

»Eine 1933 von Präsident Franklin D. Roosevelt erlassene Verfügung verbot den Privatbesitz von Goldmünzen, Goldbarren und Goldzertifikaten, wodurch die Bürger gezwungen waren, diese Objekte an die amerikanische Notenbank zu verkaufen. 1936 begann das Finanzministerium mit dem Bau dieses Goldlagers und verlegte schließlich den größten Teil der amerikanischen Goldreserven mittels schwer bewachter Güterzüge in unsere Einrichtung. Aktuell sind in unseren hermetisch verschlossenen Tresorräumen mehr als 147,3 Millionen Feinunzen gelagert, überwiegend in Form von 12,4-Kilo-Barren mit einer Reinheit von 900 bis 999. Der Rest der nationalen Reserven wird in West Point und Denver aufbewahrt.«

Will zog nur wieder gelangweilt die Schulter hoch. »Und weiter?«

»Auf Befehl des Kongresses werden die Tresorräume jährlich vom Generalinspekteur des Finanzministeriums geprüft. Nur per Augenschein. Es würde Monate dauern, die Seriennummern jedes einzelnen Goldbarrens mit dem Inventarverzeichnis abzugleichen. Und damit sind wir beim Hier und Jetzt, Captain Wolfe. Nach einem Gesetz von 1978 sind wir verpflichtet, jeden Goldbarren alle zehn Jahre von Hand zu prüfen. Wir sind in diesem Verfahren gegenwärtig an unserer Zehnjahresmarke angelangt und stellen, da uns nur noch Tage bleiben, leider fest, dass uns ein Mann fehlt.«

Will verzichtete diesmal darauf, mit der Schulter zu zucken. Er rieb sich das Kinn und versuchte, den unsichtbaren jugendlichen Will in sich zu zügeln, der herumsprang wie ein Crackjunkie auf einem Hüpfball. Er hatte gehofft, der Job als verdeckter Ermittler würde ihm Zugang in die Anlage verschaffen, aber nun gelangte er tatsächlich in die Tresorräume. Zum Gold.

Er musste Klarheit haben. »Ich soll mit dem Gold hantieren?«

»Sie machen im Wesentlichen eine Dienstmädchenarbeit«, sagte Baldani. »Sie putzen das Gold.«

Lukather erklärte: »Wir brauchen exakt neun Monate für die vollständige Inventur, und zufällig bin ich derzeit im Zeitplan ein Stück voraus, was sehr vorteilhaft ist. Wir arbeiten sieben Tage rund um die Uhr, mit zwei Sechserteams am Tag und zwei weiteren Sechserteams die Nacht hindurch. Aus Sicherheitsgründen darf kein Team länger als zwei Wochen in den Tresorräumen sein, und wir verwenden Personal von außerhalb – vorzugsweise ehemalige Soldaten –, damit sich niemand allzu vertraut mit den Abläufen in der Anlage machen kann. Wie gesagt, wir stehen kurz vor der Zielgeraden, nur der Tagschicht fehlt noch ein Rädchen im Getriebe.«

Autor