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Wo Liebe ist, ist auch ein Weg

Wenn die Mutter das perfekte Leben führt und für jedes Problem die Lösung weiß, bleibt einem als Tochter nur eins: alles falsch machen. Und so hört Harper schon die Weisheiten ihrer Mutter, wie sie ihren Ex hätte halten können. Ihre Schwester Stacey dagegen traut sich kaum, ihrer Mutter von ihrer Schwangerschaft zu erzählen. Als sie es dann schließlich doch tut, ist der Streit unvermeidlich. Aber Schwestern halten zusammen.

»Innig, witzig und bis zur letzten Seite absolut charmant!«
SPIEGEL-Bestsellerautorin Susan Elizabeth Phillips

»Mallery begeistert!«
Publishers Weekly

»Harper und Stacey unterstützen einander immer, egal welches Drama sie selbst privat oder beruflich erleben … Ein gefühlvoller und humorvoller Blick auf die Beziehungen zwischen Frauen einer liebenswert gestörten Familie.«
Kirkus Reviews


  • Erscheinungstag: 25.08.2020
  • Aus der Serie: Mischief Bay Serie
  • Bandnummer: 4
  • Seitenanzahl: 448
  • ISBN/Artikelnummer: 9783959674577
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Ich weiß, es ist ganz, ganz falsch für eine Autorin, ein Lieblingsbuch zu haben.

Bücher sind wie Kinder, und wir sollten sie alle gleich lieben.

Und doch gebe ich zu (aber nur euch gegenüber), dass ich beim Schreiben dieses Romans großen Spaß hatte.

So unglaublich viel Spaß. Ich liebe alle Figuren, sogar Bunny, und ich gestehe, dass Lucas wesentlich umwerfender geworden ist, als ich es je erwartet hätte.

Dieses Buch ist für diejenigen von euch, die sich unerwarteterweise Hals über Kopf in Lucas verlieben …

obwohl ihr glaubt, ihr solltet es nicht tun!

1. Kapitel

Es gab keinen Feiertag im Kalender, den Harper Szymanski nicht feiern konnte, für den sie nicht kochen, dekorieren, Servietten falten, eine Grußkarte entwerfen oder ein Geschenk einwickeln konnte. Da gab es zum einen die großen Anlässe: Geburtstage, Neujahr, der vierte Juli. Aber auch die weniger feierlichen: der amerikanische Diabetes-Tag, der Tag der Tanten, die nationale Massagetherapie-Woche. Warum gab es keine Grußkarten, um diese Anlässe zu feiern? Brauchte nicht jeder ab und zu eine gute Massage?

Trotz ihrer Talente, die Martha Stewart, die amerikanische Haushaltsgöttin, aussehen ließen wie einen Faulpelz, hatte Harper nie einen Weg gefunden, ihre Gabe, für jeden Anlass den perfekten Tisch zu decken, zu Geld zu machen. Vor zehn Jahren hatte sie es mit Catering versucht, aber schnell erkannt, dass ihr Drang, zu viel zu kaufen und zu liefern, sie bei jedem Auftrag nur Geld gekostet hatte. Womit ihr nur der harte Weg geblieben war, ihren Lebensunterhalt zu verdienen: zwei Semester am Community College und sechzehn Jahre als Hausfrau und Mutter.

Jobs im Einzelhandel und das damit einhergehende Gehalt hatten nicht ansatzweise gereicht, sie und ihre Tochter nach der Scheidung durchzubringen. Drei Eignungstests, die sie im Internet gemacht hatte, hatten sie nur noch verwirrter zurückgelassen – natürlich klang es super, einen Abschluss in Biochemie zu machen und danach Medizin zu studieren, aber es war nicht gerade eine praktische Lösung für eine alleinerziehende Mutter über vierzig, die kein Geld auf dem Konto hatte. Dann hatte jedoch ein Artikel in der Regionalzeitung eine interessante und beinahe realisierbare Idee geliefert. Und so war Harper virtuelle Assistentin geworden.

Wenn sie ein Talent hatte, dann, sich akribisch um alle Details zu kümmern. Man bekam keine gute Torte mit geflochtenem Rand zur Feier des Unabhängigkeitstages hin, wenn man nicht auf Kleinigkeiten achtete. Ein Jahr nachdem sie ihren Gewerbeschein beantragt hatte, hatte Harper fünf Hauptkunden und ein knappes Dutzend mehr, die sie bei Bedarf buchten. Und das reichte beinahe, damit sie ihre Rechnungen bezahlen konnte. Außerdem hatte sie eine Mutter, die in dem Apartment über der Garage wohnte, einen Ex-Mann, der mit einer umwerfenden Blondine zusammen war, die – passt gut auf! – genau vierzehn Jahre jünger war als Harper, weil sie am selben Tag Geburtstag hatte, eine sechzehnjährige Tochter, die nicht mehr mit ihr sprach, und einen Kunden, der den virtuellen Teil der virtuellen Assistentin nicht verstand oder verstehen wollte.

»Du musst deine Rechnungen nicht jeden Monat vorbeibringen«, sagte Harper, als sie den Kaffee, einen Teller mit Schoko-Chips-Scones (für deren Zubereitung sie morgens um halb sechs aufgestanden war, um sie frisch zu backen), eine Schüssel mit glasierten Mandeln und einen Teller mit Birnenscheiben auf den Tisch stellte.

»Aber dann müsste ich ja auf das hier verzichten.« Lucas Wheeler schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. »Wenn du mich überzeugen willst, dass es keine gute Idee ist, persönlich vorbeizukommen, musst du aufhören, mich zu füttern.«

Damit hatte er natürlich recht. Es gab eine einfache und logische Lösung: Sie musste aufhören, sich um die Menschen zu kümmern, dann würden sie verschwinden. Oder zumindest seltener vorbeikommen. Dabei gab es nur ein Problem: Wenn man Besuch bekam, sollte man sich um ihn kümmern.

»Ich kann nicht anders«, gab sie zu und wünschte, es wäre nicht wahr. »Ich kümmere mich eben gern um andere. Das ist wie eine Krankheit, für die ich meiner Mutter die Schuld gebe.«

»Ja, das würde ich an deiner Stelle auch tun.«

Harper schätzte, dass sie sich von Lucas’ Worten beleidigt fühlen sollte, doch wenn sie ehrlich war, sprach er nur das Offensichtliche aus.

Auf gewisse Weise fühlte sie sich, als wäre sie in die falsche Generation hineingeboren. Laut allen Promi-Magazinen war Fünfzig das neue Fünfundzwanzig. Was wäre dann das Äquivalent zu knapp zweiundvierzig? Elf? Alle anderen in ihrem Alter schienen so jung und sorgenfrei zu sein, hatten eine moderne Einstellung und wussten wesentlich besser, was gerade in und beliebt war.

Im Gegensatz dazu hatte Harper sich gerade erst den Soundtrack zum Musical Hamilton angehört, und ihre Vorstellung von Mode hatte mehr damit zu tun, wie sie ihren Esstisch herrichtete als sich selbst. Sie war wie ein Rückschritt in die Fünfzigerjahre, was vielleicht charmant klang, aber im echten Leben ziemlich ätzend war. Das einzig Gute daran: Es war wirklich die Schuld ihrer Mutter.

»Wo wir gerade von deiner Mutter sprechen, wo ist sie eigentlich?«, fragte Lucas.

»Im Seniorenzentrum, wo sie Osterkörbe für Obdachlose bastelt.« Denn das war etwas, was Frauen tun sollten. Sich um andere Menschen kümmern und nicht eine eigene Karriere haben, um sich und ihre Familie zu ernähren. »Ich hingegen werde unsere Rechnungen bezahlen, T-Shirts für Misty entwerfen, am Layout für eine Verkaufsbroschüre arbeiten und Häschenpo-Kekse für meine Tochter backen.«

Lucas hob eine Augenbraue. »Du weißt schon, dass Häschenpo nur ein freundlicher Ausdruck für ›Hasenarsch‹ ist, oder?«

Harper lachte. »Ja, aber die sind nun mal eine Ostertradition. Becca liebt sie. Ihr Vater bringt sie morgen Nachmittag vorbei, und ich will, dass die Kekse dann schon auf sie warten.«

Denn wenn es Häschenpo-Kekse gab, würde ihre Tochter vielleicht lächeln und mit ihr reden, wie sie es früher getan hatte. In ganzen Sätzen, mit denen sie Aspekte ihres Lebens mit ihr teilte.

»Tut es dir leid, dass du nicht hingegangen bist?«, wollte Lucas wissen.

»Zu dem Trauergottesdienst? Ja.« Kurz überlegte sie, dann fügte sie hinzu: »Nein. Ich meine, ich hätte ihr gern meinen Respekt gezollt und so, aber Großtante Cheryl ist tot, deshalb wird mein Fernbleiben sie nicht wirklich interessieren.«

Die Fahrt von Mischief Bay nach Grass Valley dauerte beinahe einen ganzen Tag, und Harper konnte sich nichts Fürchterlicheres vorstellen, als so lange mit ihrem Ex, dessen Freundin und ihrer Tochter in einem Auto eingesperrt zu sein. Okay, mit Becca wäre es super, aber mit den anderen beiden?

Das Schlimmste war, dass Großtante Cheryl zwar eigentlich Terence’ Verwandte war, der Kontakt bis zu ihrem Tod vor beinahe zwei Monaten aber immer von Harper gehalten worden war.

»Terence ist vierundvierzig. Was denkt er sich dabei, mit einer Achtundzwanzigjährigen auszugehen?« Sie funkelte Lucas an. »Egal. Du bist nicht der richtige Gesprächspartner für dieses Thema.«

Denn auch wenn ihr Kunde ein attraktiver, alleinstehender, fünfzigjähriger Mann war, stand er ebenfalls auf jüngere Frauen. In seinem Fall waren sie sogar noch jünger.

»Was ist nur los mit euch?«, fragte sie. »Sind alle Männer so? Oder nur du und mein Ex? Guter Gott, das Einzige, was du mit Terence gemeinsam hast, bin ich. Habe ich irgendwas getan, was euch dazu treibt, mit Zwanzigjährigen auszugehen?«

»Beruhige dich«, erwiderte Lucas sanft. »Ich bin schon mit jungen Frauen ausgegangen, da kannte ich dich noch gar nicht. Das hat also nichts mit dir zu tun, sondern einzig und allein mit mir.«

»Wo habe ich das nur schon mal gehört …?« Demonstrativ warf sie einen Blick auf die Uhr an der Mikrowelle. »Musst du nicht irgendwelche Verbrechen lösen?«

»Ja, ja, ich gehe schon.« Er stand auf und trug seine Tasse zur Spüle.

Lucas war eins siebenundsiebzig groß, muskulös, hatte einen flachen, durchtrainierten Bauch und trug Jeans, Cowboystiefel und ein langärmliges T-Shirt. Er arbeitete als Detective beim LAPD, und nach allem, was sie in den neun Monaten, die sie für ihn arbeitete, erfahren hatte, war er schon immer Polizist gewesen.

Jetzt kehrte er zum Tisch zurück, zog sein Schulterholster an und schnappte sich sein Jackett. »Wie macht man eigentlich Häschenpo-Kekse?«

Sie lachte. »Ach, das ist ganz einfach: Man nimmt einen runden Keks mit rosafarbener Glasur, klebt zwei kleinere, ovale Kekse mit rosafarbenen Zuckerperlen als Füße daran und setzt einen Miniatur-Marshmallow als Schwänzchen drauf. Und voilà: Häschenpo-Kekse.«

»Heb ein paar für mich auf.«

»Versprochen.« Sie würde sie in eine kleine Dose tun, die sie vorher österlich dekoriert hatte. Denn es war ihr einfach nicht möglich, irgendjemandem Kekse auf einem einfachen Pappteller zu überreichen. Wenn sie es doch täte, würde sich der Himmel öffnen und mindestens eine Heuschreckenplage auf sie niederregnen.

Oh, wie schön wäre es, Kekse im Supermarkt kaufen zu können. Oder fertige Spaghettisoße. Oder ein Tiefkühlgericht. Aber das würde niemals passieren, denn das durfte nicht sein.

Harper trug das restliche Geschirr zur Spüle, packte die Essensreste weg und zog sich dann in ihren großen Werkraum mit den Einbauregalen, den großen Tischen und Schränken zurück. Nachdem sie eine hübsche Kiste in passender Größe für die Häschen-Kekse gefunden hatte, begutachtete sie ihre Auswahl an Bändern, bevor sie sich für eins entschied. Während ihre Klebepistole vorheizte, suchte sie in ihren Stoffresten, um etwas Österliches zu finden, und fragte sich dabei, was andere Frauen mit der Zeit machten, die sie einsparten, weil sie nicht jedes einzelne blöde Ding selbst herstellten.

Aber Harper war nun einmal die Tochter ihrer Mutter und nie gut darin gewesen, sich gegen Traditionen aufzulehnen. Ihre Schwester Stacey war die Rebellin, wohingegen Harper tat, was man ihr sagte. Schließlich war es ja auch nicht so, dass es ihr keinen Spaß brachte, Häschenpo-Kekse zu backen oder Geschenkkästchen zu dekorieren, nur wollte sie ein wenig mehr vom Leben. Mehr Herausforderungen, mehr Geld, mehr Kommunikation mit ihrer Tochter. Und auch wenn es lustig war, all ihre Probleme auf ihre Mutter zu schieben, konnte Harper sich des Gedankens nicht erwehren, dass es in Wahrheit ihre eigene verdammte Schuld war, dass sie nicht hatte, was sie wollte.

Der Geruch nach frisch gebackenen Waffeln und Geflügelwürstchen erfüllte die Küche und zog den Flur hinunter ins Schlafzimmer. Stacey Bloom schlüpfte in ihr ärmelloses Kleid und warf einen Blick in den Spiegel. Der lockere Schnitt und der gestrickte Stoff ließen sie aussehen wie immer. Niemand würde etwas ahnen. Was genau der Sinn war. Sie wollte die unvermeidlichen Fragen nicht hören – denn sie wollte nicht für ihre Antworten verurteilt werden.

Das war ihr Problem und niemandes sonst. Also das Verurteilen. Wenn es um ein anderes Thema ginge, wäre sie in der Lage, eine kurze, aber akkurate Antwort zu geben, die ihre Position erklärte und gleichzeitig deutlich machte, dass der Fragende seine Meinung vielleicht als wichtig empfand, sie hingegen nicht. Abgesehen von diesem einen Thema.

Sie zog ihre Wanderstiefel an und band sie zu, dann nahm sie einen Blazer aus dem Schrank. Schon vor Jahren hatte sie erkannt, dass es den Morgen einfacher machte, wenn sie eine Art Arbeitsuniform hatte. Ihre schwarzen ärmellosen Kleider kaufte sie im Internet. Meist gleich drei oder vier gleichzeitig. Ihre Blazer waren von ausgezeichneter Qualität und hielten jahrelang. Sie wechselte sie je nach Saison – etwas leichtere Stoffe im Sommer, schwerere im Winter –, auch wenn ihre Entscheidung dank des moderaten Klimas in Mischief Bay eher auf Konventionen als auf Notwendigkeiten beruhte.

Was die Wanderstiefel anging: Sie waren bequem und boten Halt. Stacey verbrachte einen Großteil ihrer Tage damit, in einem Labor zu stehen oder zwischen mehreren Labors hin und her zu laufen, womit die Stiefel aus praktischer Sicht Sinn ergaben. Zwar versuchte ihre Mutter immer, sie zu überreden, Pumps und Strumpfhosen zu tragen, aber keine Chance. Hohe Schuhe würden ihr nur Fuß- und Rückenschmerzen bereiten – inzwischen mehr als je zuvor. Außerdem schienen ihre Wanderstiefel die Männer, mit denen sie arbeiten musste, einzuschüchtern, und auch wenn das nie ihre Intention gewesen war, leugnete sie nicht, dass es ihr gefiel.

Sie ging in die Küche und hängte den Blazer über die Stuhllehne. Ihr Mann Kit stand am Herd und summte vor sich hin, während er die Würstchen in der Pfanne wendete. Der Tisch war schon gedeckt, und neben ihrem Set stand eine Schüssel mit geschnittenem Obst, neben ihrem Rucksack ein Thermobecher. Gern würde sie glauben, dass er mit köstlichem, heißem Kaffee gefüllt war, wusste aber, dass er stattdessen einen Gemüse-Protein-Shake enthielt. Ohne nachzusehen, wusste sie auch, dass ihr Mittagessen bereits im Rucksack war.

Kit drehte sich um und lächelte, als er sie sah.

»Guten Morgen, meine Süße. Wie geht’s dir?«

»Gut. Und dir?«

»Ausgezeichnet.« Er zwinkerte ihr zu und wandte sich wieder zum Herd um.

Da es der letzte Freitag vor den Frühlingsferien war, musste er heute nicht unterrichten. Daher trug er statt seiner üblichen Kakihose und einem Button-down-Hemd eine Jogginghose und ein T-Shirt mit der Zeichnung einer Katze auf einem Poster. Darunter stand: »Gesucht – tot oder lebendig: Schrödingers Katze.«

Sie war nicht sicher, was sie mehr liebte – dass er sich so um sie kümmerte, ihr Mahlzeiten zubereitete und dafür sorgte, dass sie ihre Vitamine einnahm, dass er sie Süße nannte oder dass er eine Sammlung lustiger Wissenschafts-T-Shirts hatte. Sie schätzte, es gab keinen Grund, sich für irgendetwas zu entscheiden. Bis sie Kit kennengelernt hatte, war sie nie sicher gewesen, dass romantische Liebe wirklich existierte. Sie hätte den chemischen Prozess erklären können, der im Gehirn ablief, aber das war nicht das Gleiche, wie an das Gefühl selbst zu glauben. Jetzt wusste sie es besser.

Er stellte zwei Teller auf den Tisch und setzte sich ihr gegenüber. In der Mitte des Tisches stand eine Kanne mit Kräutertee. Stacey schenkte zwei Becher ein. Kit würde niemals in ihrer Gegenwart Kaffee trinken, wobei sie annahm, dass er es tat, wenn sie nicht da war.

»Harper hat angerufen«, erzählte er. »Sie hat uns für morgen zum Abendessen eingeladen. Dann ist Becca vom Trauergottesdienst zurück.« Er runzelte die Stirn. »Wer ist eigentlich Großtante Cheryl? Sie war nicht auf unserer Hochzeit.«

»Sie ist nicht mit Harper und mir verwandt, sondern war Terence’ Großtante. Aber sie und Harper haben sich immer nahegestanden, was unsere Mutter bedrohlich fand. Großtante Cheryl ist während des Zweiten Weltkriegs Krankenschwester in der Army gewesen und in den Fünfzigerjahren eine Art Spionin. Außerdem hat sie Hunde gezüchtet.«

»Pudel?«

Stacey lächelte ihren Mann an. »Nein, speziell ausgebildete Hunde für Spionageaktionen. Offenbar war ihr Training wesentlich fortschrittlicher als das der normalen Armeehunde. Ich habe versucht, mit ihr über ihre Arbeit zu reden, aber sie meinte, das wäre alles top secret und ich hätte nicht die entsprechende Sicherheitsfreigabe. Trotzdem, was sie mir erzählt hat, war faszinierend. Am meisten hat mich der Mangel an Moral gefesselt. Wenn jemand dazu ausgebildet wird zu töten, hat das psychologische Auswirkungen. Aber für Tiere ist es nur ein Befehl. Einen Knopf zu drücken, der dann eine Bombe bestückt, benötigt wenig mehr als ein entsprechendes Kommando und eine darauf folgende Belohnung für richtiges Verhalten.«

Kit lachte leise. »Du bist echt einmalig. Immer bereit für eine fröhliche Unterhaltung am Frühstückstisch.«

»Es gibt so vieles im Leben, was mich interessiert.«

»Ich weiß. Und du interessierst mich. Okay, kommen wir zum Unvermeidlichen …«

Automatisch glitt ihr Blick zu dem Kalender an der Wand. Er war ungefähr dreißig mal dreißig Zentimeter groß, und anstatt das jeweilige Datum anzuzeigen, zählte er bis 280 hoch. Jeden Morgen riss Kit ein Blatt ab. Heute war Tag 184.

Instinktiv legte Stacey die Hand auf ihren runden Bauch. Die rechte Hand, denn das war die dominante und daher besser geeignet zu beschützen. Nicht dass es in diesem Raum irgendwelche Bedrohungen gab – die kamen von außerhalb ihres Hauses.

Langsam ließ sie den Blick zu ihrem Mann zurückschweifen. Kits Miene hatte sich nicht verändert. Seine braunen Augen funkelten vergnügt hinter der Brille, und seine Lippen waren zu einem Lächeln verzogen. Seine Haare müssten mal wieder geschnitten werden – wie fast immer, schoss es ihr durch den Kopf.

Vor knapp drei Jahren hatten sie sich kennengelernt, als Stacey am Karrieretag in der Mischief Bay Highschool einen Vortrag gehalten hatte. Als Naturwissenschaftslehrer hatte Kit sich bei der Biotech-Firma gemeldet, bei der Stacey arbeitete, und nach jemandem gefragt, der bei seinen Schülern referieren könnte. Dabei hatte er ausdrücklich eine Frau verlangt, um die jungen Mädchen in seiner Klasse zu inspirieren.

Stacey hatte sich freiwillig gemeldet, denn sie hielt regelmäßig Vorträge auf Konferenzen und Symposien und hatte keine Angst, vor Menschen zu sprechen. Lexi, ihre Assistentin, hatte ihr geholfen, eine Präsentation zusammenzustellen, die von der Annahme ausging, dass die Zuhörer keine oder nur wenig Ahnung von Krankheitsverläufen oder überhaupt Naturwissenschaften hatten. Die Schülerinnen und Schüler waren aufmerksam und interessiert gewesen, doch die größte Überraschung an jenem Tag war Kit.

Seine Gegenwart hatte Stacey ein wenig nervös gemacht, aber als er sie auf einen Kaffee eingeladen hatte, hatte sie zugestimmt. Aus dem Kaffee war ein langes Wochenende geworden, und am Ende ihrer dritten gemeinsamen Woche war er bei ihr eingezogen.

Nie zuvor war sie so umgehauen worden, hatte sich noch nie so heftig in jemanden verliebt. Und was noch wichtiger war: Noch nie hatte sie sich von einem Mann, der nicht zur Familie gehörte, so akzeptiert gefühlt.

Kurz gesagt: Er verstand sie. Er verstand, wie ihr Gehirn funktionierte, und weder ihre Intelligenz noch ihr Erfolg schüchterten ihn ein. Wenn das normale Leben sie verwirrte, war er ihr Puffer. Er war normal. Und er kümmerte sich um sie – mit Tausenden kleinen Gesten, die ihr das Gefühl gaben, geliebt zu werden. Hätte sie versucht, das Gleiche für ihn zu tun, wäre sie sicher spektakulär gescheitert, aber Kit schien es nichts auszumachen.

»Ich werde es ihr sagen«, murmelte sie und kehrte damit zum eigentlichen Thema zurück.

»Eigentlich musst du das nicht tun. In ungefähr sechsundneunzig Tagen wirst du das Baby auf die Welt bringen. Ich bin mir sicher, dass Bunny es von allein herausfinden wird. Du weißt schon, wenn sie ihre Enkeltochter zum ersten Mal in den Armen hält.« Er trank einen Schluck von seinem Tee. »Es sei denn, du willst dann auch nichts sagen. Ich meine, wir können warten, bis Joule spricht, damit sie es Bunny selbst erzählen kann. Die meisten Kinder fangen mit ungefähr achtzehn Monaten an, Sätze zu bilden, also wird unsere Tochter bei unseren Genen in dem Alter vermutlich schon bei ihrer zweiten Sprache sein. Ich finde, wir sollten es ihr überlassen, ihrer Großmutter zu sagen, wer sie ist.«

Natürlich wusste Stacey, dass Kit sie nur aufzog. Und auch, dass das Problem hausgemacht war. Schließlich war sie es, die es hinausgezögert hatte, ihrer Mutter von der Schwangerschaft zu erzählen. Harper hatte sie es sofort anvertraut, denn Harper war ihre Schwester, und sie waren immer füreinander da. Harper war entspannt und großzügig und verstand es. Aber Bunny würde es nicht verstehen. Sie hatte sehr klare Vorstellungen davon, was Frauen im Leben tun und lassen sollten, und Stacey war sicher, dass sie bisher gegen jede einzelne dieser Vorstellungen verstoßen hatte. Ein Kind zu bekommen würde alles nur noch schlimmer machen.

Aus einer Woche waren zwei geworden, dann drei und so weiter. Stacey hatte Kit erklärt, dass sie bis nach der Fruchtwasseruntersuchung warten wollte, aber die Ergebnisse lagen ihnen schon seit Wochen vor. Und trotzdem hatte Stacey ihrer Mutter gegenüber immer noch nichts erwähnt.

Sie stand auf und ging um den Tisch herum. Sofort rutschte Kit mit dem Stuhl so weit nach hinten, dass sie sich auf seinen Schoß setzen konnte. Er schlang die Arme um sie, und sie hielt sich an ihm fest und vergrub ihren Kopf an seiner Schulter.

»Ich bin eine schreckliche Tochter«, flüsterte sie.

»Nein. Das bist du nicht. Du bist wunderbar, und ich liebe dich. Was Bunny angeht: Wenn sie einen Witz nicht versteht, soll sie sich gehackt legen.« Er berührte ihre Wange, bis Stacey ihn ansah. »Stacey, ich meine das ernst. Tu, was du tun willst. Ich stehe zu dir. Wenn du es Bunny niemals sagen willst, ist das für mich in Ordnung. Ich versuche nur, dir klarzumachen, dass sie es irgendwann herausfinden wird. Und je länger du wartest, desto schwerer wird es.«

»Es ist jetzt schon schwer.«

»Das habe ich dir von Anfang an gesagt.« Er gab ihr einen Kuss. »Und jetzt iss dein Frühstück.«

»Okay. Ich liebe dich auch.«

Er lächelte sie an. Sie kehrte zu ihrem Platz zurück und begann zu essen. Denn wegen des Babys musste sie gesund bleiben. Sie fühlte sich wohl damit, ein Gefäß zu sein – ja, dieses Gefäß-Ding bekam sie gut hin. Nur die Gedanken an das Muttersein quälten sie. Wie kam sie darauf, zu glauben, sie könnte eine gute Mutter sein? Sie war nicht wie andere Frauen, sie wollte nicht, was die wollten. Sie hatte andere Prioritäten, womit sie vermutlich hätte leben können, wäre da nicht ihre eigene Mutter gewesen.

Denn Bunny wusste, dass Stacey nicht war wie alle anderen, und sie hatte keine Probleme damit, das bei jeder Gelegenheit zu betonen. Sobald sie von dem Baby erführe … Tja, Stacey konnte es sich ungefähr vorstellen.

»Ich werde es ihr morgen beim Abendessen sagen«, verkündete sie.

»Gute Entscheidung.«

Was seine Art war, zu sagen: Eher friert die Hölle zu, als dass ich dir glaube, aber klar, sag es, weil du dich dann besser fühlst.

»Sie wird wütend sein, weil ich so lange gewartet habe.«

»Das wird sie.« Er lächelte sie an. »Aber keine Sorge. Ich lasse nicht zu, dass sie dir wehtut. Versprochen.«

Sie wusste, dass er das ernst meinte – er würde alles tun, um sie zu beschützen. Das Problem war nicht, dass ihre Mutter körperlich übergriffig werden könnte – sondern was sie ihr vorwerfen würde. In der Familie Bloom waren Worte die wahren Waffen und Erwartungen die Munition. Für den Rest der Welt mochte Stacey eine brillante, mit Preisen ausgezeichnete Wissenschaftlerin sein. Doch Bunny sah nur eine Tochter, die sich weigerte, in den Bereichen, die zählten, konventionell zu sein – oder kurz gesagt: Für sie war Stacey eine Versagerin. Was, um alles in der Welt, würde ihre Mutter nur sagen, wenn sie erfuhr, dass ihre Tochter im sechsten Monat schwanger war und kein Wort darüber verloren hatte?

2. Kapitel

Harper schaute auf ihre tägliche To-do-Liste, um zu gucken, was sie heute alles erledigen musste. Da es Monatsende war, würde sie die Rechnungen für ihre Kunden schreiben. Außerdem musste sie Blake eine E-Mail schicken und ihn daran erinnern, dass seine Mutter in zwei Wochen Geburtstag hatte. Für den Fall, dass er ihre Hilfe brauchte, hatte sie schon ein paar Ideen für Geschenke.

Sie schrieb die E-Mail an Blake, einen Manager bei Boeing, der sein Leben damit verbrachte, um die Welt zu reisen. Blake verkaufte Privatjets an die Superreichen und stellte sicher, dass die maßgeschneiderte Ausstattung ihren Wünschen entsprach. Sie wusste nie, wo er sich gerade aufhielt oder mit wem er sich traf, aber es klang alles immer sehr aufregend. Für sie war er der James Bond der Geschäftswelt.

Ihre festen Kunden waren Blake, Lucas, Misty – eine ehemalige Krankenschwester, die inzwischen Stand-up-Comedian war – Cathy, eine Partyplanerin, und die Stadt Mischief Bay. Als sie sich damals selbstständig gemacht hatte, hatte sie keine Ahnung gehabt, was sie da eigentlich tat. Doch ein halbes Dutzend Fortbildungskurse am College später hatte sie verschiedene Computerprogramme gemeistert, sich die Grundlagen einer Handvoll weiterer Programme angeeignet und wusste, wie man eine Steuererklärung einreichte und die dazugehörigen Steuern bezahlte. Und so war Harper Helps geboren – Harper hilft.

Lucas war ihr erster Kunde gewesen – sie hatte ihn durch den Freund einer Freundin kennengelernt. Nachdem er im Job angeschossen worden war, hatte Lucas sich mehrere Wochen erholen müssen. In dieser Zeit waren seine Rechnungen unbezahlt geblieben, woraufhin ihm Strom und Wasser abgeschaltet worden waren. Als er wieder auf den Beinen war, hatte er beschlossen, dass sich jemand anderes um diese Dinge kümmern sollte, und Harper angeheuert. Blake hatte sie ausgerechnet über eine Facebook-Anzeige gefunden, und Misty war eine von Lucas’ ehemaligen Krankenschwestern.

An die Arbeit für die Stadt war sie durch eine Internetausschreibung gekommen, in der ein neues Design für eine Postwurfsendung gesucht worden war. Sie hatte sich beworben, Beispiele ihrer Arbeit eingereicht und den Zuschlag erhalten.

Ironischerweise hatte Harper sich selbstständig gemacht, weil sie damals keinerlei Talente oder Fähigkeit besessen hatte – inzwischen wäre sie sicherlich qualifiziert genug, um in einem Büro zu arbeiten, doch das wollte sie nicht mehr. Sie genoss es, selbst über ihre Arbeitszeit bestimmen und für ihre Tochter da sein zu können. Auch wenn Becca im Moment nicht sonderlich an ihrer Mutter interessiert war. Egal. Harper war da, sollte ihre Tochter sie je wollen oder brauchen.

Sie ging in die Küche und schenkte sich noch einen Kaffee ein. In diesem Moment ging die Hintertür auf, und Harpers Mutter trat ein. Bunny Bloom war zierlich, schlank und Anfang sechzig. Sie hatte eine Vorliebe für hochwertige Strickkleidung, trug ihre dunklen Haare kurz und stachelig und verließ ihre Wohnung niemals ungeschminkt.

Vor ein paar Jahren hatte Bunny ihren Mann verloren. Harper war nach dem Tod ihres Vaters monatelang verstört gewesen, aber Bunny hatte mit ihrem Leben weitergemacht und sich um alles gekümmert, was erledigt werden musste. Sobald die Trauer sich etwas gelegt hatte, war sie in das Apartment über Harpers Garage gezogen – sowohl um ihrer einzigen Enkeltochter nahe zu sein als auch um Harper finanziell zu unterstützen. Es gab Monate, in denen Bunnys Miete von tausend Dollar den Unterschied zwischen Hamburgern und einer Packung Makkaroni mit Käse zum Abendessen bedeutete. Natürlich nur im übertragenen Sinne – niemals würde Harper Makkaroni und Käse aus der Packung kaufen. Sie würde sie selbst machen, inklusive der Nudeln.

»Hey, Mom. Wie geht es dir?« Automatisch schenkte Harper einen zweiten Becher Kaffee ein, bevor sie einen frisch gebackenen Kuchen aus dem Brotkasten nahm und eine Scheibe abschnitt.

»Ich fühle mich alt. Hast du was von Becca gehört?«

»Nur, dass sie vorhaben, morgen nach Hause zu kommen.« Sie erwähnte nicht, dass sie seit der Nachricht von vor zwei Tagen, dass Becca gut angekommen war, nichts mehr von ihr gehört hatte. Im Moment sprach Becca nicht mit ihr, und Harper hatte keine Ahnung, warum.

Sie setzten sich an den runden Küchentisch, und Harper stellte den Teller mit dem Kuchen vor ihre Mutter. Die vier Platzsets waren mit Häschen verziert, genau wie die Salz- und Pfefferstreuer, die in der Mitte des Tisches standen. Der Zuckertopf und das Milchkännchen hatten sogar Häschen und Tulpen, um nicht nur den Feiertag, sondern auch den Frühlingsanfang zu würdigen.

»Gut.« Bunny gab Milch in ihren Kaffee. »Ich muss meine einzige Enkelin an Ostern sehen. Hast du schon mit den Vorbereitungen für das Abendessen angefangen?«

»Ja, habe ich.«

Auch wenn es egal war, wie viel sie vorbereitete – den Großteil des Ostersonntags würde sie in einem Kochrausch verbringen. Zu dem diesjährigen Menü gehörten ein Erdbeer-Avocado-Salat, glasierter Schinkenbraten, Kartoffelgratin, gegrillter Spargel und Erbsen in Sahnesoße, dazu eine Zitronen-Baiser-Torte und ein Osterkuchen. Ach ja, und natürlich ein paar Vorspeisen.

All das für fünf Leute – oder vielleicht auch sieben, falls Lucas käme und eine Begleitung mitbrächte. Bei ihm konnte sie nie sicher sein. Aber es war egal, denn das Essen würde wie immer für mindestens zwanzig Leute reichen, und selbst dann bliebe noch genügend übrig. Und da war das spezielle Willkommensdinner, das sie morgen Abend für ihre Tochter zubereiten würde, noch nicht mit eingerechnet.

»Brauchst du Hilfe?«, fragte ihre Mutter.

Harper unterdrückte den Schrei, der in ihr aufstieg. Natürlich brauchte sie Hilfe! In dem verzweifelten Versuch, finanziell nicht unterzugehen, arbeitete sie sechzig Stunden die Woche, kümmerte sich um ihr Haus, um ihre sechzehnjährige Tochter, dekorierte für die Feiertage und bereitete sich auf die Zubereitung eines ausgefallenen Abendessens vor. Da wäre ein wenig Hilfe sehr nett. Aber in Bunnys Welt bat die Frau des Hauses nicht um Hilfe. Nein, sie erledigte alles selbst und ließ es dabei vollkommen mühelos aussehen. Die Familie stand an erster Stelle. Und der Wert einer Frau bemaß sich daran, wie gut sie sich um diese Familie kümmerte. Davon hätte Harper ein Lied singen können. Das Problem war, dass der einzige Mensch, um den Bunny sich kümmerte, Bunny selbst war. Bunny, die nichts mehr für irgendjemanden tun musste, weil all die Verantwortung jetzt irgendwie bei Harper gelandet war. Bunny konnte ihre Tage mit ihren Freundinnen verbringen, sich für jede Gelegenheit perfekt zurechtmachen und ihre älteste Tochter verurteilen, ohne mit der Wimper zu zucken.

Lächelnd sah Harper ihre Mutter an. »Danke, Mom, aber ich habe alles unter Kontrolle. Du musst nur da sein und hübsch aussehen.«

»Okay. Kommen Stacey und Kit zum Essen?«

»Soweit ich gehört habe, ja.«

Das könnte interessant werden, dachte Harper. Irgendwann würde ihre Schwester erzählen müssen, dass sie schwanger war, und das würde eine verdammt interessante Unterhaltung werden. Sie war sich jedoch nicht sicher, ob sie die ausgerechnet beim Osteressen haben wollte. Nicht mit all der Arbeit, die sie in die Zubereitung des Essens gesteckt hatte. Danach wäre sicher der bessere Zeitpunkt – wenn alle satt und träge waren. Wobei das auch problematisch sein könnte.

Vermutlich war das eigentliche Problem, dass es keinen guten Moment gab, der eigenen Mutter zu gestehen, schon im sechsten Monat schwanger zu sein. Mit sechzehn ergab es Sinn, die Wahrheit zu verbergen. Aber Stacey war vierzig.

Harper unterdrückte ein Seufzen. Sie wusste genau, warum Stacey nicht sonderlich erpicht darauf war, die Neuigkeiten an die große Glocke zu hängen. Ihre Mutter hatte eine Million Regeln und Vorschriften, die Stacey alle ignorieren würde. Dann würden sie sich streiten. Angesichts dieser Aussichten ergab es irgendwie Sinn, den Mund zu halten.

»Glaubst du, sie hat dir was hinterlassen?«

Fragend sah Harper ihre Mutter an. »Tut mir leid, ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.«

»Meinst du, sie hat dir was hinterlassen?«

»Das Gleiche noch mal zu wiederholen macht es nicht deutlicher, Mom.«

Ihre Mutter seufzte. »In ihrem Testament.«

Ah, richtig. Denn Bunny würde eher verpacktes Brot kaufen, als Großtante Cheryls Namen auszusprechen. Was eigentlich ganz lustig wäre, hätte Harper nicht ein ähnliches Problem mit der Freundin ihres Ex-Mannes. Sie unternahm alle möglichen Verrenkungen, um niemals Alicia zu sagen, wenn es nicht unbedingt nötig war. Allerdings gab es einen großen Unterschied, denn Alicia war achtundzwanzig und umwerfend, wohingegen Großtante Cheryl nicht mal eine Verwandte war, und außerdem, nun ja, war sie tot.

»Ich habe keine Ahnung«, gab Harper zu. »Vor ein paar Jahren hat sie mich gefragt, ob ich ihre Hunde nehmen würde. Ich habe ihr sehr klargemacht, dass eher die Hölle zufriert.«

Großtante Cheryl war in ihrem Leben vieles gewesen, darunter eine ehemalige Militärkrankenschwester, die während des Zweiten Weltkriegs irgendwie zur Spionin geworden war. Danach hatte sie die Welt bereist, sich Liebhaber genommen und insgesamt ein Leben auf der Überholspur geführt. In den letzten zehn Jahren hatte sie Hunde für die Regierung ausgebildet. Harper war sich ziemlich sicher, dass diese Hunde eine Atomrakete bestücken konnten, wenn man ihnen nur das richtige Kommando gab. Es handelte sich um große, ein wenig Furcht einflößend aussehende Dobermänner, die sie auf keinen Fall im Haus haben wollte.

»Also keinen Schmuck? Kein antikes silbernes Tee-Service?«

»Großtante Cheryl war nicht der Typ für antike silberne Tee-Services.«

»Schade.«

Sie wussten beide, dass das nicht stimmte.

»Ich erwarte nicht, dass sie mir was hinterlassen hat, Mom. Sie war schließlich Terence’ Tante, nicht meine.«

»Aber ihr habt euch immer sehr nahegestanden.«

Diese Aussage wurde von einem kleinen Schniefen begleitet, das Harper gezielt ignorierte.

»Stimmt, das haben wir. Sie war bezaubernd, und ich vermisse sie sehr.« Großtante Cheryl hatte sie immer ermutigt, mehr aus ihrem Leben zu machen, als sich nur um die Familie zu kümmern. Als Becca in den Kindergarten gekommen war, hatte sie sogar angeboten, Harper ein Collegestudium zu bezahlen.

Doch Harper, dumm, wie sie war, hatte abgelehnt. Warum sollte sie kostbare Zeit, in der sie sich um ihre Familie kümmern konnte, vergeuden, um etwas so Lächerliches zu tun, wie aufs College zu gehen? Es war ja nicht so, als würde sie irgendwann allein dastehen und sich um sich und ihre Tochter kümmern müssen.

Nach der Scheidung hatte Harper Großtante Cheryl sagen wollen, wie sehr sie das Angebot zu schätzen wusste, auch wenn sie es nicht angenommen hatte. Aber zu dem Zeitpunkt hatte sie Angst gehabt, es könnte zu sehr danach klingen, als würde sie um Geld betteln, also hatte sie geschwiegen. Und jetzt konnte sie es ihr nicht mehr sagen.

Bedauern war ein gemeines und hinterhältiges Aas.

Harper hörte es an der Haustür klopfen, doch bevor sie hingehen und öffnen konnte, ertönte eine vertraute Stimme: »Ich bin’s.«

»Ich bin in der Küche!«, rief sie, während sie geschickt heiße Lasagneplatten in eine Auflaufform schichtete. Sie wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab und griff dann nach der Schüssel mit der Tomatensoße – natürlich selbst gemacht – und einem Löffel.

Als Lucas hereinschlenderte, schaute sie kurz auf und richtete ihre Aufmerksamkeit dann wieder auf ihre Tätigkeit. Es hat keinen Sinn, das anzustarren, was du nicht haben kannst, ermahnte sie sich. Was nicht heißen sollte, dass sie Lucas haben wollte – also nicht wirklich.

Ja, der Mann sah beinahe lächerlich gut aus. Groß und fit, mit einer selbstbewussten Ausstrahlung, die fast an Arroganz grenzte. Er war fünfzig und unerwarteterweise sehr nett. Auch wenn er ständig bei ihr hereinschneite, störte er sie selten, und wenn er zum Dinner kam – was überraschend oft passierte –, brachte er ihr immer wohlüberlegte kleine Geschenke mit.

Jetzt stand er auf der anderen Seite der Kücheninsel und musterte die Zutaten, die sie dort hingestellt hatte.

»Mal sehen«, fing er an. »Lasagne ist klar, also gibt es auch Knoblauchbrot. Und irgendeinen Salat.« Er hielt inne. »Den mit dem hausgemachten Basilikumdressing. Was bedeutet, es gibt heute Beccas Lieblingsessen.«

»Zur Feier ihrer Rückkehr.«

»Sie war gerade mal drei Nächte weg. Wie willst du ihr zeigen, dass sie etwas Besonderes ist, wenn sie mal nach Monaten vom College zurückkommt?«

»Darüber möchte ich nicht nachdenken«, gab Harper zu. Weder darüber, dass ihr einziges Kind irgendwann ausziehen würde, noch darüber, wie sie die exorbitanten Studiengebühren bezahlen sollte. »Ich habe einen Schokoladenkuchen gebacken.«

»Natürlich hast du das. Wann gibt’s Essen?«

»Terence meinte, sie wären zwischen vier und fünf wieder da, also vermutlich gegen halb sechs oder sechs.«

»Okay. Ich werde da sein.« Er schaute sich in dem Chaos in der Küche um. »Du kochst dieses große Dinner zusätzlich zu dem Ostergelage morgen?«

»Natürlich. Die beiden Dinge haben nichts miteinander zu tun.«

»Und du konntest nicht eins davon weglassen?«

»Ernsthaft? Das fragst du mich nicht wirklich, oder?«

»Ja, du hast recht. Was habe ich mir nur dabei gedacht!«

Sie gab den geriebenen Käse über die Lasagne und warf einen Blick auf die Uhr. Beinahe drei. Sie schätzte, sie konnte das Risiko eingehen, die Lasagne auf der Arbeitsplatte stehen zu lassen, bis sie um Viertel nach vier in den Ofen geschoben werden musste. Das Brot hatte sie schon vor Tagen gebacken und eines zum Auftauen aus der Kühltruhe genommen. Die Knoblauchbutter war ebenfalls fertig, und der Salat stand schon geschnitten im Kühlschrank. Später würde sie nur noch das Dressing darüber geben müssen – fertig. Allerdings musste der Tisch noch gedeckt werden. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Lucas.

»Bringst du jemanden mit?«

Er grinste schief. »Persimmon.«

Lächelnd trocknete Harper sich die Hände ab. »Du machst Witze. Das ist doch nicht ihr richtiger Name?«

»Laut ihrem Führerschein schon.«

»Den du dir angeschaut hast, weil du ihre Identität checkst, bevor du mit ihnen ausgehst?«

»Ich möchte gern sicher sein.«

»Dass sie nicht minderjährig oder nicht zu alt sind?«

»Manchmal beides.«

»Den biologischen Aspekt verstehe ich«, sagte sie und musterte ihn über die Kücheninsel. »Junge, gesunde Frauen sollten den besten Nachwuchs produzieren. Aber wir hausen nicht mehr in Höhlen. Du fährst einen Mercedes. Wenn du weit genug entwickelt bist, um auf dem Freeway fahren zu können, warum kannst du dann nicht mit einer Frau ausgehen, die annähernd dein Alter hat? Ich meine ja nicht eine alte Lady, aber vielleicht eine Frau Mitte dreißig.«

Sie ging in die Vorratskammer und holte die kleine Keksdose heraus, die sie für ihn aufbewahrt hatte.

»Egal«, sagte sie und reichte ihm die dekorierte Dose. »Du musst darauf nicht antworten, und ich habe kein Recht, dein Privatleben zu hinterfragen. Schließlich arbeite ich nur für dich.«

»Und du schenkst mir Kekse.« Er betrachtete die Schleife und die Applikationen. »Die ist wunderschön, aber ich wäre auch mit Frischhaltefolie zufrieden gewesen.«

»So machen wir das hier aber nicht.«

»Was Teil deines Problems ist.«

»Das weiß ich. Unglücklicherweise sind etwas zu wissen und etwas dagegen zu unternehmen zwei verschiedene Dinge. Jetzt geh, und wasch dir die Hände, dann kannst du mir beim Tischdecken helfen.«

»Ja, Ma’am.«

Nachdem er sich die Hände gewaschen hatte, gesellte er sich zu ihr ins Esszimmer. Harper erinnerte sich noch daran, wie sie und Terence nach einem Haus in dieser Gegend gesucht hatten. Mehrere waren durchgefallen, weil sie ein zu kleines Esszimmer gehabt hatten. Als er sie darauf hingewiesen hatte, dass ihre Familie nicht übertrieben groß war, hatte sie ihn daran erinnert, dass sie Platz für ihren großen Esstisch, eine riesige Vitrine und eine massive Anrichte brauchte. Er hatte etwas dahin gehend gemurmelt, dass sie zu viel Geschirr besaß – und manchmal ertappte sie sich bei dem Gedanken, dass er damit vielleicht recht gehabt hatte. Nach der Scheidung hatte sie zwei volle Services verkauft und besaß immer noch mehr als jedes durchschnittliche Kaufhaus.

Ihr Grundgeschirr war weiß, womit sie es für alle festlichen Anlässe als Basis nehmen konnte. Jetzt musterte sie ihre Tischdecken und Servietten und dachte an das Häschenfest, das sie morgen auf dem Tisch anrichten würde.

»Becca mag Rosa«, schlug Lucas vor. »Ist das nicht auch eine Frühlingsfarbe?«

»Ja. Und es würde gut passen.«

Sie nahm die blassrosa Tischdecke mit den passenden Servietten heraus. Als Akzentfarbe würde sie Gold benutzen, dazu ein wenig Dunkelgrün. Zum Essen erwartete sie Bunny, Becca, Lucas, sein Date, Kit und Stacey. Mit ihr zusammen wären sie also zu siebt.

Sie reichte Lucas die Tischdecke, bevor sie sieben dunkelgrüne Sets herausholte. Der Rest war einfach: sieben goldene Platzteller, das goldene Besteck, ihre Lieblingskristallgläser, weiße Essteller. Sie hatte eine Sammlung von verschieden gemusterten Salattellern, darunter acht mit Goldrand. Die Serviettenringe würde sie schnell noch selbst machen, indem sie die schlichten, die sie hatte, mit Seidenblumen schmückte. Außerdem hatte sie drei Sturmlampen mit goldenem Fuß.

Sie überließ es Lucas, die Tischdecke aufzulegen, und eilte in ihren Bastelraum, um noch einmal ihre Vorräte zu überprüfen. Ich hätte den Tisch schon vor Tagen planen sollen, schalt sie sich. Dann hätte sie noch Zeit gehabt, zum Bastelladen zu gehen, falls ihr etwas fehlte. Jetzt würde sie einfach improvisieren müssen.

Rasch schaltete sie ihre Klebepistole ein und wühlte dann in einer großen Tüte mit Seidenblumen, in der sie mehrere rosafarbene Blumen und ein wenig Grün fand. Glasperlen hatte sie natürlich noch, genau wie ausreichend Schmuckband. Zehn Minuten später hatte sie die letzte Blüte an die Serviettenringe aus durchsichtigem Kunststoff geklebt, die sie im Dutzend gekauft hatte. Sie griff nach der Tüte mit den bunten Glasperlen und dem Band, dann drehte sie sich um und wäre beinahe mit Lucas zusammengestoßen.

»Was machst du da?« Er klang eher amüsiert als besorgt.

»Den Tisch dekorieren. Kannst du die Sturmlampen mitnehmen, bitte?«

»Mit dir stimmt doch was nicht«, erklärte er, als er die Lampen nahm und ihr ins Esszimmer folgte. »Deine Bastelei bringt dir keinen Penny ein, und doch hast du so einen großen Raum dafür, während du dein Büro in das winzige Zimmer ganz hinten gequetscht hast.«

»Manchmal nehme ich auch mein Bastelzimmer zum Arbeiten«, erklärte sie und versuchte, nicht zu defensiv zu klingen. »Zum Beispiel, wenn ich für meine Partyplanerin arbeite.«

»Ja, erzähl das jemand anderem. Harper, niemand wird dich ernst nehmen, bis du dich nicht selbst ernst nimmst.«

Sie dachte an den Stapel Rechnungen auf ihrem Schreibtisch und daran, wie sehr sie jeden Monat zu kämpfen hatte. Es ist das Haus, gestand sie sich ein. Nach der Scheidung hatte sie es unbedingt behalten wollen, damit Becca nicht umziehen musste, und sie wollte nicht gezwungen sein, es zu verkaufen, sobald ihre Tochter achtzehn wurde. Terence auszubezahlen hatte ihre Hälfte des gemeinsamen Vermögens arg schrumpfen lassen, was bedeutete, er hatte das ganze Geld und den Großteil ihres Rentenkontos. Im Gegenzug hatte sie das Haus und sonst nicht viel.

»Ich nehme meine Arbeit sehr ernst. Irgendwann werde ich den Bastelraum und mein Büro tauschen, aber jetzt noch nicht. Der Bastelraum macht mich glücklich.«

»Das bezweifle ich. Er erinnert dich permanent daran, dass du perfekt sein musst.«

Diese unerwartete Erkenntnis erwischte sie kalt und ließ sie beschämt zurück. So als hätte er sie auf der Toilette erwischt.

Aber so war Lucas. Also nicht, dass er einfach in ihr Bad kam, aber ab und zu war er unangenehm intuitiv.

Im Esszimmer stellte er die Sturmlampen auf das Sideboard. Harper wickelte rosafarbene und goldene Bänder um ihre Füße, bevor sie sie auf den Tisch stellte. Nachdem sie die Glasperlen auf der Tischdecke verteilt hatte, trat sie einen Schritt zurück, um das Ergebnis zu betrachten.

»Das sieht sehr schön aus«, erklärte Lucas. »Becca wird es lieben.«

»Bunny wird sich beschweren, dass ich nicht genug gemacht habe.«

»Soll ich mich um sie kümmern?«

»Das würdest du nicht wagen«, entgegnete sie. »Was, wenn du dir Alte-Frauen-Läuse einfängst?«

»Ja, das stimmt natürlich.« Er folgte ihr in die Küche, wo sie die Knoblauchbutter aus dem Kühlschrank holte.

»Wer ist überhaupt diese Großtante Cheryl?«, erkundigte er sich.

»Die Großtante von Terence. Ich habe sie kennengelernt, als Terence und ich anfingen, miteinander auszugehen. Sie war einfach wundervoll. Lustig und respektlos. Sie hat nie geheiratet, aber es gab immer sehr interessante Männer in ihrem Leben. Sie hatte eine Million Geschichten zu erzählen, und die waren alle wirklich interessant. Immer, wenn ich gerade dachte, sie würde sich das alles nur ausdenken, holte sie so was wie einen Brief von Präsident Truman heraus, der ihr für ihre unschätzbaren Dienste an unserem Land dankte.«

Sie schnitt das Baguette der Länge nach auf.

Lucas lehnte sich gegen die Arbeitsplatte. »Du hast sie bewundert.«

»Oh ja. Sehr sogar. Sie war immer sehr süß zu mir.«

»Bunny hat sie gehasst und war eifersüchtig auf eure Beziehung.«

Erstaunt sah Harper ihn an. »Woher weißt du das?«

»Komm schon, ehrlich? Deine Mutter ist der traditionellste Mensch, den ich kenne, und sie hat dich davon überzeugt, wenn du Brot kaufst, anstatt es selbst zu backen, wird die Sonne am nächsten Tag nicht aufgehen. Bunny ist ganz Heim und Herd. Jemand wie Großtante Cheryl würde ihr üble Zahnschmerzen verursachen. Schlimmer noch, sie verstieße gegen jeden einzelnen von Bunnys Glaubenssätzen.«

»Ja, sie standen einander nicht nahe«, gab Harper zu. »In den letzten paar Jahren hatten Großtante Cheryl und ich nicht mehr so viel Kontakt wie früher. Ich dachte, sie hätte zu viel um die Ohren. Erst nach ihrem Tod habe ich erfahren, dass sie krank war.«

Harper hatte immer noch Schuldgefühle, weil sie sich nicht mehr angestrengt hatte, herauszufinden, was los gewesen war. »Sie hat nie etwas gesagt, weil sie niemandem zur Last fallen wollte. Ich wünschte, ich wäre am Ende bei ihr gewesen.«

»War sie allein?«

»Nein. Sie hatte Ramon.«

Er zog eine Augenbraue in die Höhe. »Ramon?«

»Großtante Cheryl war ein wenig wie du, was ihre Liebhaber anging.«

»Das freut mich für sie. Warum bist du nicht zum Gedenkgottesdienst gegangen?«

Harper hatte alle ihre sozial akzeptablen Entschuldigungen parat, aber Lucas gegenüber platzte sie unvermittelt mit der Wahrheit heraus.

»Die Fahrt nach Grass Valley dauert beinahe einen ganzen Tag, und ich wollte nicht so lange mit Terence und ihr in einem Auto sitzen.«

»Mit Alicia?«, fragte Lucas zuckersüß nach. »Gibt es einen Grund, warum du ihren Namen nicht aussprechen kannst?«

»Ja, das ist wie in Beetlejuice. Wenn du ihren Namen zu oft sagst, steigt sie mit grauenvoller Macht auf und tut unsagbare Dinge. Ich bin nur vorsichtig.«

»Und die Welt ist dir dankbar dafür.«

»Das sollte sie auch.«

Sie bestrich das Baguette mit der Kräuterbutter, schnitt es dann in Scheiben und wickelte es in Alufolie ein, um es später in den Ofen zu legen.

»Erwartest du irgendein Erbe von Großtante Cheryl?«, fragte er.

»Nein. Wir waren Freundinnen, und das war mehr als genug.«

Sie ging in die Vorratskammer und gab Mehl in ein Sieb, dann wühlte sie in ihrer Kiste mit Schablonen, bis sie die gewünschte gefunden hatte. Technisch gesehen war Ostern erst am Sonntag, aber sie wollte ihre Tochter mit etwas Lustigem begrüßen.

Schweigend folgte Lucas ihr nach draußen. Am Ende der Einfahrt blieb Harper stehen, legte die Schablone auf die Erde und richtete sich dann auf, bevor sie die Kurbel an dem Mehlsieb drehte.

Das Mehl schwebte zu Boden und landete auf der Schablone. Als sie diese kurz darauf hochnahm, blieben darunter perfekte Abdrücke von Hasenpfoten zurück.

Lucas ging um sie herum zu seinem Auto. »Du bist eine Furcht einflößende Frau, Harper Szymanski. Wir sehen uns in ein paar Stunden.«

»Mit Persiflage.«

»Persimmon.«

»Ist das wirklich wichtig?«

Er stieg in sein weißes Mercedes-Cabrio, drehte sich zu ihr um und winkte. »Ehrlich gesagt, nein.«

3. Kapitel

»Alles wird gut«, sagte Stacey sich. Zum Thema positives Denken war ausreichend wissenschaftlich geforscht worden. Sich auf die optimistischen Möglichkeiten zu konzentrieren, wenn ein Ausgang ungewiss war, entspannte den Körper und klärte den Geist. So verhinderte man, dass das Denken von lähmender Furcht begleitet wurde, so wie bei ihr gerade.

»Sie wird mich umbringen, wenn sie von dem Baby erfährt«, murmelte sie und warf Kit einen Blick zu, während er sie die paar Blocks zum Haus ihrer Schwester fuhr.

»So etwas würde Bunny niemals tun. Du bist ihre Tochter, und sie liebt dich.«

»Sie wird mir diesen Blick zuwerfen, bei dem ich mich immer unzureichend und klein fühle, als wäre ich die größte Enttäuschung ihres Lebens. Dann wird sie mir sagen, dass etwas mit mir nicht stimmt.«

Kit streckte die Hand aus und ergriff ihre. »Mit dir ist alles in Ordnung, Stacey. Du bist brillant, loyal, liebevoll und lustig.«

»Aber sie wird mich anschreien und aufgebracht sein.«

Und Letzeres war das, was für sie am schwierigsten wäre. Stacey verstand sich vielleicht nicht mit ihrer Mutter, aber sie wollte trotzdem nicht ihre Gefühle verletzen.

»Sie wird nicht verstehen, warum du es ihr nicht früher gesagt hast«, meinte Kit leise.

Sie drückte seine Finger, so fest sie konnte. »Ich konnte es nicht. Sie wird Dinge sagen, die ich nicht hören will.« Stacey war so schon verängstigt genug, was das Baby anging, da brauchte sie nicht noch eine Mutter, die die Situation nur noch schlimmer machte.

Die meisten Mütter machten sich Sorgen, dass ihre Töchter ein Problem während der Schwangerschaft oder Schmerzen bei der Geburt haben könnten. Oder sie sorgten sich, wie sie in ihrem Leben mit einem Säugling zurechtkommen würden. Das verstand sie, ja, einige dieser Sorgen teilte sie sogar. Aber wovor sie richtiggehend Panik hatte, war der Gedanke, dass sie keine gute Mutter sein würde.

Das Baby war für sie noch nicht real. Seinen Herzschlag zu hören hatte Kit die Tränen in die Augen getrieben, während sie einfach nur den Rhythmus und die Stärke beobachtet und beides als normal empfunden hatte.

Sie hatte kein Gefühl dafür, dass in ihr neues Leben heranwuchs. Von der biologischen Seite her verstand sie es natürlich, aber das war reine Wissenschaft. Gefühle waren etwas anderes. Sie konnte sich als Gefäß ansehen, in dem das Baby heranwuchs, aber sie sah sich nicht als die Mutter eines Säuglings. Auch konnte sie sich nicht vorstellen, ihre Tochter zu halten oder in den Armen zu wiegen. Kit sprach davon, wie aufgeregt er bei der Aussicht auf die Geburt seiner Tochter war, aber so weit konnte Stacey nicht denken.

»Ich muss es einfach hinter mich bringen«, flüsterte sie und meinte damit sowohl, es ihrer Mutter zu sagen, als auch die Geburt. »Sobald ich weiß, wie sie reagiert, geht es mir wieder gut.«

»Und wenn nicht, bin ich da. Ich bin immer an deiner Seite.« Er zog seine Hand zurück und ließ ein Grinsen aufblitzen. »Und Harper wird uns Deckung geben, damit wir fliehen können, sobald Bunny anfängt, die Fäuste zu schwingen.«

Stacey brachte ein kleines Lächeln zustande. »Sie würde dich niemals schlagen oder sagen, dass du was falsch gemacht hast. Du bist der Mann und somit von Natur aus etwas Besonderes.«

»Ja. Es ist schön, ich zu sein.« Sein Grinsen verschwand. »Ich weiß, ich habe das schon mal gefragt, aber ich will nur sichergehen, dass es für dich in Ordnung ist, wenn Ashton bei uns einzieht.«

Der Themenwechsel war ihr zwar nur recht, die Frage verwirrte sie aber trotzdem. »Warum sollte ich ein Problem mit Ashton haben?«

Kit hielt vor Harpers Haus an und stellte den Motor ab. Dann sah er Stacey an. »Weil du ihn kaum kennst. Er wird den ganzen Sommer über bei uns wohnen. Das Baby soll Ende Juni kommen. Beides für sich allein betrachtet würde für die meisten Frauen schon ein Problem bedeuten.«

Kit war ein guter, bodenständiger Kerl und wunderbarer Mensch – seine Schwester nicht. Sie hatte den Großteil ihres Lebens in verschiedenen Entzugskliniken verbracht. Ab und zu fragte Stacey sich, ob sie sich nicht auf Suchtverhalten hätte spezialisieren sollen. Das Gehirn hatte unglaubliche Fähigkeiten, sich aufs Vergnügen zu konzentrieren – aus welcher Quelle es auch immer stammte.

Der Lebensstil von Kits Schwester hatte im Leben ihres Sohnes das reinste Chaos angerichtet. Ashton war hin und her geschoben worden, hatte bei Freunden und entfernten Verwandten gewohnt, während seine Mutter mit ihren Problemen gekämpft hatte. Im Laufe der Jahre hatte Kit immer wieder versucht, Ashton zu sich nach Kalifornien zu holen, aber seine Schwester hatte es nie erlaubt.

Jetzt, da Ashton achtzehn war, durfte er selbst entscheiden, was er wollte. Kit und Stacey hatten eingewilligt, dass er bis zum Beginn seines Studiums am MIT im Herbst bei ihnen wohnen konnte. Zu seinem Highschoolabschluss fehlten ihm nur noch zwei Kurse, die er online absolvieren würde.

»Die beiden Male, die ich ihn getroffen habe, wirkte er sehr nett und verantwortungsvoll«, sagte sie. »Ich bin mir sicher, dass wir gut miteinander klarkommen.«

Außerdem würde die Tatsache, eine weitere Person im Haus zu haben, sie von der anstehenden Geburt ablenken, was sie Kit gegenüber aber niemals zugeben würde.

»Du bist sehr großzügig«, sagte er.

»Gar nicht. Ich mag Ashton.«

»Ich meinte, weil wir sein Studium mitfinanzieren.«

Ashton hatte ein Stipendium, das seine Studiengebühren abdeckte, aber nur wenig mehr. Die Kosten für sein Zimmer und die Lebenshaltung würden Kit und Stacey übernehmen.

»Ich habe immer gut verdient, und unser Haus ist abbezahlt. Das Geld für Joules Studium haben wir schon beiseitegelegt. Ashton zu helfen ist unsere Art, etwas zurückzugeben.« Wenn sie genügend gute Dinge tat, würde dem Universum vielleicht nicht auffallen, dass sie keinerlei Interesse an ihrer Tochter hatte.

Kit beugte sich vor und küsste sie. »Du bist die beste Frau aller Zeiten.«

»Ich wünschte, das wäre wahr.«

Sie stiegen aus und gingen zur Haustür. Stacey hielt inne, um die Häschenpfoten auf der Einfahrt zu betrachten. Sofort streckte die Unzulänglichkeit ihre kalten, knochigen Finger nach ihr aus.

Ich würde nie auf so eine Idee kommen, dachte sie und bemühte sich, keinen Panikanfall zu kriegen. Sie würde nicht einmal wissen, wie man so etwas machte. Kit würde mit ihrer Tochter zu Hause bleiben, aber trotzdem – sie war vollkommen ahnungslos.

Lächelnd öffnete Harper die Haustür. »Hey, ihr zwei.« Sie kam die Stufen heruntergelaufen und zog ihre Schwester in die Arme, bevor sie Kit umarmte. »Ich hoffe, ihr habt Hunger. Ich habe Lasagne gemacht.«

Weil das Beccas Lieblingsessen ist, dachte Stacey automatisch. Harper machte so etwas ständig, kümmerte sich um die Details im Leben. Details, die Stacey nur selten überhaupt bemerkte.

Gemeinsam gingen sie hinein. Aus dem Flur sah Stacey den dekorierten Tisch, die Platzteller und die Kristallgläser. Sie dachte an ihr schlichtes Geschirr und hätte beinahe leise gewimmert.

»Kommt«, sagte Harper und ging voraus in die Küche. »Ich probiere gerade einen neuen Kräutertee aus, von dem ich im Internet gelesen habe. Der soll perfekt für schwangere Frauen sein, weil er sowohl Baby als auch Mutter unterstützt.« Sie grinste Kit an. »Und für dich habe ich ein Bier.«

»Du bist meine Lieblingsschwägerin«, erklärte er.

Harper lachte. »Natürlich.«

Stacey sah zu, wie Harper heißen Tee in einen Becher einschenkte. »Ich werde es Mom heute sagen.«

Harper verdrehte die Augen. »Aha. Na klar. Normalerweise nehme ich es dir übel, dass du sowohl die hübsche als auch die kluge Schwester bist, aber im Moment hast du auch ein paar Probleme. Ich würde sagen, warte, bis Joule geboren ist, und leg sie ihr einfach in die Arme. Mom wird die Botschaft dann schon verstehen.«

Kit nahm sich ein Bier aus dem Kühlschrank. »Das habe ich auch gesagt.«

In diesem Moment ging die Hintertür auf, und Bunny kam herein. »Ihr seid schon hier.« Sie lächelte Stacey und Kit an. »Warum hat mir keiner Bescheid gesagt?«

Sie umarmte die beiden zur Begrüßung, dann schaute sie sich in der Küche um. »Brauchst du Hilfe mit dem Essen?«, fragte sie Harper.

»Danke, Mom, ich habe alles im Griff.«

Stacey nippte an ihrem Tee. Bei Harper sah es immer so einfach aus, häuslich zu sein. Ihr Haus war zu jeder Jahreszeit perfekt dekoriert und immer ordentlich und aufgeräumt.

Schweigen senkte sich über die Küche. Stacey spürte die Blicke von ihrer Schwester und ihrem Mann, die darauf warteten, was sie wohl tun würde.

Sie musste reinen Tisch machen, das verstand sie. Wenn ihre Mutter es nur verstehen würde! Aber das würde Bunny nicht. Sie hatte es nicht gutgeheißen, dass Stacey nach der Heirat ihren eigenen Nachnamen behalten hatte, dass sie immer noch Vollzeit arbeitete, dass ihr Job für sie immer das Wichtigste gewesen war – zumindest bis sie Kit kennengelernt hatte.

Stacey atmete tief durch und öffnete den Mund. »Mom, ich …«

»Klopf, klopf.«

Der Ruf kam von der Vorderseite des Hauses. Harper ging an ihrer Schwester vorbei und murmelte: »Von der Klingel gerettet, wie man so sagt. Ich weiß nicht, ob du viel Glück oder einfach nur Pech hast.«

»Ich auch nicht.«

Lucas kam in die Küche, begleitet von einer großen, schlanken Rothaarigen, die aussah, als wäre sie zwanzig, maximal einundzwanzig. Sie hielt eine große, mit Stoff bezogene Schachtel in der Hand, die sie Harper reichte.

»Lucas meinte, die wäre für dich.«

»Oh, die ist wunderschön«, sagte Harper und stellte die Schachtel auf die Arbeitsplatte. »Wo hast du die gefunden?«

»Bei Etsy«, antwortete Lucas und reichte Bunny einen Strauß Blumen. »Hallo, Bunny.«

Ihre Mutter klimperte mit den Wimpern und lächelte Lucas an. »Hallo, Lucas.« Dann wandte sie sich an seine Begleiterin. »Und wer bist du?«

»Persimmon«, warf Harper grinsend ein.

»Oje.« Bunny kniff die Lippen zusammen. »Das ist ein sehr ungewöhnlicher Name.«

»Ja, oder? Meine Schwester heißt Kumquat.«

»Ich kann mir nicht vorstellen, was deine Eltern sich dabei gedacht haben.« Bunny schenkte ihr ein unaufrichtiges Lächeln. »Lass mich die eben ins Wasser stellen.«

Nun, da Lucas und Persimmon da waren, konnte Stacey sich entspannen. Auf keinen Fall konnte sie ihrer Mutter jetzt die Wahrheit sagen. Vielleicht nach dem Essen, wenn Lucas und seine Freundin gegangen waren.

Stacey setzte sich auf einen der Barhocker am Küchentresen und bereitete sich darauf vor, die Interaktion zwischen Lucas, Harper und Bunny zu beobachten.

Währenddessen bot Harper ihren Gästen etwas zu trinken an. Lucas nahm ein Bier, und Persimmon wollte den Kräutertee probieren. Stacey fragte sich, ob sie schon alt genug war, um legal Alkohol zu trinken. Bunny fummelte an den Blumen herum und beäugte Lucas’ Date.

Auf gewisse Weise war es interessant, Bunnys Dilemma zu beobachten. Sie war überhaupt nicht mit seinen jungen Freundinnen einverstanden, aber Lucas war ein Mann und hatte daher von Haus aus recht. Stacey fragte sich, woher seine Präferenz für Frauen kam, die so viel jünger waren als er. Er war attraktiv, intelligent und hatte einen sehr verantwortungsvollen Job. Angesichts dessen sollte er sich doch mit Frauen seiner Altersgruppe wohler fühlen. Und doch zog er eindeutig junge, hübsche, aber geistlose Frauen vor.

Kits Theorie war, dass Lucas irgendein Trauma erlebt hatte. Stacey hatte Harper mal gefragt, aber die hatte auch nicht mehr gewusst.

Lucas setzte sich neben Stacey und beugte sich zu ihr. »Immer noch nicht reinen Tisch gemacht?«, fragte er leise.

»Woher weißt du das?«

»Es wird nicht herumgeschrien, und Bunny hyperventiliert nicht. Soll ich es ihr sagen? Mir macht sie keine Angst.«

»Mir auch nicht wirklich.«

Er zog eine Augenbraue in die Höhe.

»Okay, aber nur ein bisschen.«

Er zwinkerte ihr zu, und sie lachte.

Harper nahm ihr Handy aus der Hosentasche und warf einen Blick auf das Display. »Das ist Becca«, verkündete sie und klang hörbar erleichtert. »Sie sind jetzt gleich da.«

Alle gingen nach vorn. Kit packte Staceys Hand und drückte sie. Seufzend sah Stacey ihn an.

»Ich weiß«, sagte sie.

»Du schaffst das schon. Irgendwann.«

Stacey hoffte, dass er recht hatte.

Sie versammelten sich auf der Auffahrt, wobei sie darauf achteten, die Häschenspuren nicht zu verwischen. Ein großer schwarzer BMW bog in die Einfahrt ein. Stacey fiel auf, dass Terence’ Freundin am Steuer saß, was etwas ungewöhnlich war, aber nicht so ungewöhnlich wie die drei riesigen Hunde, die sich mit Becca die Rückbank teilten.

Der Wagen hielt an, und Terence fiel förmlich aus der Beifahrertür. Sein Gesicht war rot, seine Augen waren beinahe zugeschwollen, und er keuchte und hustete. Kopfschüttelnd stieg Alicia, seine Freundin, aus.

»Ich schätze, er ist wirklich allergisch gegen Hunde, was?«

Becca stieg als Letzte aus, gefolgt von drei großen Dobermännern. Die schwarz-braunen Hunde waren schlank und muskulös und schauten sich aufmerksam, aber auch ein wenig misstrauisch um. Stacey sah, wie ihre Schwester erst ihre Tochter, dann die Hunde anstarrte.

»Nein«, hauchte Harper. »Das hat sie nicht getan.«

»Mom, es ist nicht so, wie du denkst!«

Alle Frauen der Familie Bloom hatten dunkle Haare, blaue Augen und ein herzförmiges Gesicht. Stacey war mit eins siebzig die größte. Bunny und Harper waren beide ein paar Zentimeter kleiner, und Becca lag irgendwo in der Mitte. Wenn man sie so zusammen sah, konnte man die Ähnlichkeit nicht verleugnen.

Alicia seufzte. »Dreh nicht gleich durch, Harper. Uroma Cheryl, oder was sie für dich auch immer war, hat nicht dir die Hunde hinterlassen.« Ein selbstgefälliger Ausdruck breitete sich auf dem Gesicht der Blondine aus. »Sondern Becca. Alle drei. Viel Glück damit.«

Harper machte einen Schritt auf ihre Tochter zu. »Sie hat dir die Hunde hinterlassen, und du bist nicht auf die Idee gekommen, mich vorzuwarnen?«

Trotzig reckte ihre Tochter das Kinn. »Ich wusste, dass du überreagieren und mir sagen würdest, dass ich sie nicht mitbringen kann.«

Terence hustete und keuchte noch immer. Becca sah ihn an. »Dad ist allergisch gegen Hunde, wie du gesagt hast. Obwohl er alle möglichen Medikamente genommen hat, war es trotzdem hart für ihn. Ich schätze, weil er so lange mit ihnen im Auto war.«

Harper gönnte ihrem Ex kaum einen Blick, sondern schaute unverwandt ihre Tochter an. »Wir können keine drei Hunde haben.«

»Genau. Die sind groß und gefährlich«, warf Bunny ein. »Und die da ist auch noch trächtig.«

»Sie heißt Bay«, erklärte Becca trotzig. »Und sie gehören mir. Großtante Cheryl wollte, dass ich sie habe, und du kannst sie mir nicht wieder wegnehmen.«

Kit legte einen Arm um Stacey. »Und beinahe hätten wir unsere Tochter Bay genannt«, murmelte er. »Das wäre seltsam gewesen.«

Sie wusste seinen Versuch, die Situation etwas aufzulockern, durchaus zu schätzen, machte sich aber mehr Sorgen um den Streit, der sich zwischen Becca und Harper zu entspannen schien. Wenn ihre Schwester schon nicht mit ihrer Tochter klarkam, welche Chance hatte Stacey dann mit ihrem Kind? Harper war die perfekte Mutter. Sie wusste, wie man alles machte.

»Becca, sei doch vernünftig«, bat Harper. »Das sind sehr große Hunde. Wir haben nicht genügend Platz für sie. Außerdem sind sie besonders ausgebildet. Sollte die Regierung sie nicht übernehmen?«

Beccas Augen füllten sich mit Tränen. »Ich wusste, dass du so reagieren würdest. Du kannst es nicht ertragen, wenn ich etwas habe, was ich wirklich will.«

In der Zwischenzeit hatte Alicia den Kofferraum geöffnet und fing an, Taschen und Kisten auszuladen. »Danke, ihr müsst mir nicht helfen«, sagte sie sarkastisch. »Ich komme schon allein klar.«

Sowohl Kit als auch Lucas gingen zu ihr und holten den Rest aus dem Kofferraum. Terence stolperte zurück ins Auto, und Alicia setzte sich hinter das Lenkrad. Ohne ein weiteres Wort fuhren sie ab.

Lucas warf einen Blick auf die Hunde. »Wie heißt der Junge?«, wollte er wissen.

»Thor. Und das andere ist Jazz.«

»Thor, hierher«, befahl Lucas streng.

Der Dobermann trottete zu ihm und machte vor ihm Sitz. Lucas streckte ihm die Hand hin. Thor schnüffelte daran und sah ihn dann an.

»Guter Junge.« Lucas tätschelte ihm den Kopf. »Ich nehme ihn.«

Harper wirbelte zu ihm herum. »Was?«

»Ich nehme ihn. Ich habe einen Garten und wollte schon immer einen Hund haben. Das wird super.«

Becca schniefte. »Okay, Aber nur, wenn du mir versprichst, ihm ein gutes Herrchen zu sein.«

»Ich verspreche es.«

Stacey fing den Blick der trächtigen Hündin auf. Sie sah ruhig und irgendwie süß aus – auf eine Weise, die sagte: Ich könnte dich in einer Minute verspeisen.

»Wir, äh, nehmen Bay«, sagte sie, ohne nachzudenken. Vielleicht könnte sie etwas lernen, wenn die Welpen kamen. Und wenn nicht, wäre es doch nett, eine weitere Schwangere in der Nähe zu haben.

»Stacey«, ermahnte Bunny sie missbilligend. »Du kannst nicht einfach mit solchen Dingen herausplatzen. Zuerst musst du mit deinem Mann reden. Was, wenn Kit keinen Hund will?«

Kit fing Staceys Blick auf. Sie sah das Verständnis in seinen Augen und wusste, dass er ahnte, was sie gedacht hatte. Trotzdem hätte sie ihn fragen sollen. Ein Hund bedeutete eine große Verantwortung, und sie verbrachte ihre Tage im Labor.

Kit lächelte sie an und rief dann nach Bay. Die Hündin eilte sofort zu ihm und machte vor ihm Sitz.

»Willst du mit uns nach Hause kommen?«, fragte er.

Sie legte den Kopf schief, als dächte sie über das Angebot nach.

Persimmon klatschte begeistert in die Hände. »Das ist so toll. Wie in einem Weihnachtsfilm. Die ganze Familie hält zusammen.« Sie lächelte Harper an. »Jetzt musst du nur noch deiner Tochter erlauben, den letzten Hund zu behalten, weil es ja nur einer ist. Ich könnte gerade weinen.«

»Ich auch«, murmelte Harper. »Becca, wir behalten den Hund nur, wenn du die Verantwortung für ihn übernimmst. Und das meine ich ernst. Du musst alles machen. Wenn nicht, kommt er weg. Habe ich mich klar ausgedrückt?«

»Das mache ich, Mom, du wirst sehen. Ich kümmere mich um alles.«

»Ich möchte dir wirklich gern glauben …«, setzte Harper an und hielt dann inne. »Okay. Gehen wir erst mal all die Sachen durch und gucken, was zu wem gehört. Hat Großtante Cheryl eine Anleitung dagelassen oder so?«

»Es gibt ein ganzes Buch«, beeilte Becca sich zu sagen, während sie sich die Tränen abwischte. »Die können ein paar echt coole Sachen, Mom. Du wirst schon sehen.«

»Ich werde ein wenig über trächtige Hündinnen recherchieren«, sagte Kit. »Wir kriegen Welpen!«

Und ein Baby, dachte Stacey, aber sie wusste, dass sie ihrer Mutter diese Neuigkeit auf keinen Fall heute erzählen konnte. Wie Harper schon gesagt hatte: Entweder hatte Stacey das größte Glück oder das größte Pech auf der Welt. Da war sie sich selbst nicht sicher.

4. Kapitel

Becca Szymanski brachte ihren Koffer und ihren Rucksack ins Wohnzimmer und ließ beides auf den Teppich fallen. Sie war glücklich, traurig, wütend, genervt und erleichtert zugleich, und ihr Brustkorb war nicht groß genug für so viele Emotionen.

Ihr war klar gewesen, dass ihre Mom total überreagieren würde, und sie hatte sich nicht geirrt. Nur einmal, ein einziges Mal, wünschte sie sich, dass ihre Mutter zuhören und umsichtig reagieren würde, anstatt immer sofort zu dem Schluss zu kommen, dass alles nicht nur schlecht ausgehen, sondern auch Beccas Schuld sein würde, weil sie nicht verantwortungsbewusst war.

Becca war verantwortungsbewusst. Sie hatte die Scheidung ihrer Eltern durchgestanden, ohne sich anmerken zu lassen, wie sehr sie das mitnahm. Sie hatte den Wegzug ihrer besten Freundin überlebt, ohne jemandem zu zeigen, wie sehr sie das innerlich zerriss. Sie hatte Tausende Emotionen durchlebt, von denen ihre Mutter nichts wusste … und von denen sie niemals erfahren würde.

Sie ließ sich auf den Boden sinken und schlug sich die Hände vors Gesicht. Da hörte sie ein leises Wimmern. Sie schaute auf und sah Jazz an der Haustür stehen. Ihre Miene wirkte besorgt, ihre braunen Augen blickten fragend.

»Ach Jazz, tut mir leid, dich hatte ich ganz vergessen.« Becca biss sich auf die Unterlippe. Hatte ihre Mutter etwa doch recht?

Nein, sagte sie sich schnell. Natürlich nicht. Sie war erst seit fünf Sekunden zu Hause – es würde eine Zeit dauern, bis sie sich alle daran gewöhnt hatten, einen Hund zu haben.

Sie kniete sich hin, streckte die Arme aus und sagte leise: »Komm her, Jazz.«

Der Dobermann kam näher und setzte sich dann gehorsam vor sie. Becca schlang die Arme um die Hündin und hielt sich an ihr fest. »Alles ist gut«, flüsterte sie. »Du bist jetzt sicher, versprochen. Ich bin immer für dich da.«

Sie zog sich zurück und sah Jazz an. »Thor wird bei unserem Freund Lucas bleiben, und Bay geht zu Tante Stacey. Lucas ist ein prima Kerl. Er ist Detective bei der Polizei von Los Angeles und seit ungefähr einem Jahr ein Kunde meiner Mom«, erklärte sie der Hündin lächelnd. »Okay, er ist erwachsen … Und du weißt, was das bedeutet. Aber mit mir ist er immer ziemlich cool.« Sie zog die Nase kraus. »Allerdings hat er immer sehr junge Freundinnen. Anfangs fand ich das gruselig, aber irgendwann habe ich ihn einfach mal gefragt, ob ich mir Sorgen machen muss, dass er in ein paar Jahren meine Freundinnen daten will.«

Jazz richtete die Ohren auf, als würde sie die Antwort brennend interessieren.

»Er meinte, das mit den jungen Frauen käme von einem Trauma, und er hat versprochen, dass ich mir keine Sorgen machen muss. Er würde mich niemals auf diese Weise demütigen. Er sagte, dass er mich und meine Mom total respektiert und immer da wäre, wenn wir ihn bräuchten.« Behutsam streichelte sie den Kopf der Hündin. »Um ehrlich zu sein, hat er uns bisher echt gut unterstützt und so. Ich erzähle dir das, damit du dir keine Sorgen um Thor machst.«

Sie dachte an ihre Tante Stacey. »Ich bin mir sicher, dass es Bay bei Kit und Stacey gut gehen wird. Sie haben ein hübsches Haus mit Garten. Onkel Kit ist echt lustig, und Tante Stacey ist superklug. Bestimmt wird sie mal MS heilen oder den Leuten zumindest helfen, weniger Symptome zu haben. Keine Ahnung. Das ist immer so kompliziert, wenn sie über ihre Arbeit redet.« Erneut umarmte sie Jazz. »Ich verstehe das. Auch wenn du weißt, dass es allen gut geht, wirst du deine Freunde vermissen, oder? Das verstehe ich total. Ich vermisse Kaylee auch, aber sie hat jetzt Spaß mit ihren neuen Freundinnen. Du solltest sehen, was sie ständig auf Instagram postet.« Aufgeregt wedelte Becca mit den Händen durch die Luft. »Seht mich an! Seht mich an!«

Jazz’ Blick war fest auf Becca gerichtet. Sie ließ die Arme sinken.

»Du hast keine Ahnung, von wem ich rede, oder?« Sie seufzte. »Sorry.« Kurz überlegte sie, ihr Handy herauszuholen und Jazz die Videos zu zeigen, sagte sich dann aber, dass die den Hund nicht wirklich interessieren würden. Hier war alles neu für Jazz, und egal, wie gut sie ausgebildet war, sie hatte bestimmt Angst.

»Ich erinnere mich noch an die erste Nacht, nachdem mein Dad ausgezogen war«, gab Becca leise zu und streichelte die Hündin weiter. »Ich habe geweint, meine Mom hat geweint, und meine Großmutter hat meine Mom ständig gefragt, was sie falsch gemacht hat. Es war schrecklich. Onkel Kit und Tante Stacey hatten gerade erst geheiratet und waren auf Hochzeitsreise, also waren sie nicht hier.«

Becca seufzte. »Keine Ahnung, ob dir das jemand erzählt hat, aber Großtante Cheryl ist fort. Sie war echt alt und ist gestorben.« Sie setzte sich so hin, dass sie Jazz direkt ansehen konnte. »Ich verspreche dir, dass ich mich immer um dich kümmern werde, Jazz. Ich bin für dich da. Okay, ich muss zur Schule und so, aber dann komme ich nach Hause. Du gehörst jetzt hierhin. Zu mir.«

Sie lächelte. »Ich wollte schon immer einen Hund haben, aber Mom meinte, das geht nicht, weil Dad allergisch ist. Nach der Heimfahrt glaube ich ihr das sogar. Wie auch immer, du sollst wissen, dass ich mich um dich kümmern werde. Ich habe das Buch mit den Anleitungen, die Großtante Cheryl mir hinterlassen hat. Stacey und Lucas werde ich eine Kopie machen. Versprich mir, dass du an mich glaubst, okay? Ich werde hier sein. Ich werde nicht sterben wie Großtante Cheryl, und ich werde dich nicht verlassen, wie mein Dad es mit mir getan hat.«

Eine Träne kullerte ihr über die Wange. Schnell wischte Becca sie weg. Es war eine Sache, wegen der Hunde traurig zu sein, aber sie weigerte sich, wegen der Scheidung zu weinen. Die war zwei Jahre her, und sie sollte allmählich darüber hinweg sein. Zumindest schienen das alle zu glauben.

Sie wusste, im Vergleich mit einigen ihrer Freundinnen hatte sie es leicht. Sie wurde nicht von einem Haus zum anderen geschoben, und sie musste sich nicht mit einer Bande Stiefgeschwister herumschlagen. Ehrlich gesagt sah sie ihren Vater nur selten. Er war zu sehr mit seinem neuen Leben und mit Alicia beschäftigt.

»Wie läuft’s denn so?«

Sie schaute auf, als Lucas das Wohnzimmer betrat, und lehnte den Kopf gegen Jazz. »Wir lernen einander immer noch kennen. Es ist erst ein paar Tage her, deshalb hat Jazz noch ein wenig Angst.«

»Ja, logisch.« Er setzte sich in einen der Sessel. »Das waren ganz schön viele Veränderungen. Wie kommst du damit klar?«

Sie warf ihm einen Blick zu und verdrehte die Augen. »Warum fragst du das? Du weißt, dass ich sauer auf meine Mom bin.«

»Ja, das weiß ich. Willst du mir sagen, warum?«

Sie wusste nicht, was Lucas an sich hatte, aber mit ihm konnte sie immer reden. Vielleicht lag es daran, dass er sie nicht wie ein Kind behandelte, sondern wie einen erwachsenen Menschen mit eigenen Gedanken, Meinungen und Gefühlen.

Als sie ihn kennengelernt hatte, hatte sie sich gefragt, ob er wohl einer dieser gruseligen alten Typen war, vor denen man sie und ihre Freundinnen immer warnte. Eine ihrer Freundinnen hatte einen Stiefvater, der versucht hatte, sie zu begrapschen, was schrecklich und ekelhaft war.

Aber so war Lucas nicht. Er war nett. Er hörte zu, und wenn er da war, war ihre Mom wesentlich ruhiger. Inzwischen hatte Becca sich sogar an seine jungen Freundinnen gewöhnt. Einige von ihnen waren totale Hohlköpfe, aber ein paar hatten ihr gute Modetipps gegeben. Trotzdem, wer nannte sein Kind Persimmon?

»Sie sagt immer Nein«, grummelte Becca, als sie sich wieder an seine Frage erinnerte. »Ich habe mir schon immer einen Hund gewünscht, aber sie meinte, das geht nicht – wegen Dad. Dann ist er ausgezogen, aber sie hat immer noch Nein gesagt. Großtante Cheryl hat mir die Hunde in ihrem Testament vermacht. Sie gehören mir. Das sollte Mom respektieren.«

Lucas sagte nichts, aber das musste er auch gar nicht. Sie wand sich ein wenig, und Jazz leckte ihr schnell über die Wange, bevor sie sich auf den Boden fallen ließ. Lächelnd streckte Becca sich neben ihr aus und nahm eine Pfote in die Hand.

»Na gut«, gab sie seufzend zu, »drei Hunde wären ganz schön viel gewesen, und ich habe mich noch nie um einen gekümmert …« Sie machte eine kurze Pause. »Aber in dem Buch stehen ganz viele Anweisungen, und ich habe sie alle gelesen. Ich weiß, wie viel sie fressen und wann man mit ihnen spazieren gehen muss. Ich werde mich um Jazz kümmern. Ich füttere sie und spiele mit ihr und sammle ihre Häufchen ein.«

Bei der Erinnerung daran, wie viele Häufchen die drei großen Hunde in den letzten Tagen fabriziert hatten, erschauderte sie. Die Beschreibung »eklig« traf es nicht einmal ansatzweise, aber alles hatte seinen Preis.

»Ich werde eine gute Hundemama sein, du wirst schon sehen.«

»Das klingt, als hättest du einen Plan.«

»Den habe ich.« Sie setzte sich auf. »Nimmst du Thor wirklich zu dir?«

»Ja. Tagsüber, wenn ich arbeiten muss, wird er hier sein, dann ist Jazz nicht so allein.«

»Weiß Mom das schon?«

»Nein. Ich sage es ihr gleich nach dem Abendessen.«

Becca lachte leise. »Danke. Dir kann sie nichts abschlagen, und sie kann auch nicht auf Thor aufpassen und mir gleichzeitig Jazz verweigern. Also danke ich dir aufrichtig.«

»Das war zwar nicht mein Plan, aber es scheint viele Probleme zu lösen.«

Er griff in seine Tasche und holte eine DVD-Hülle heraus, die er Becca reichte. Nachdem sie einen Blick auf das Cover geworfen hatte, lachte sie erneut.

»Du hast tatsächlich daran gedacht! Das darf man nur als Erwachsener. Danke, Lucas. Du weißt, dass das mein Lieblingsfilm ist.«

»Oh ja.«

Becca stand voll auf die Achtziger. Die Klamotten, die Frisuren. Wie, um alles in der Welt, hatten die Leute jemals Stulpen tragen können? Aber Madonnas Musik war super, und die Filme mit John Hughes waren immer lustig.

»Komm«, sagte Lucas und erhob sich. »Bay und Thor spielen draußen. Jazz sollte mitmachen, um die Muskeln nach der langen Fahrt ein bisschen zu lockern.«

»Okay.« Becca wandte sich an ihre Hündin. »Komm, Jazz. Gehen wir in den Garten.«

Die schlanke muskulöse Hündin erhob sich und streckte sich, dann lief sie neben Becca bei Fuß. Becca streichelte ihren Kopf und die Ohren. Sie war jetzt alles, was Jazz noch hatte.

»Ich bin bei dir«, versprach sie ihr. »Du kannst dich auf mich verlassen.« Denn sie wusste, wie es war, nur ein Anhängsel zu sein, und wollte nicht, dass Jazz sich jemals so fühlte.

Am Montagmorgen traf Stacey kurz nach sieben Uhr in ihrem Büro ein. An den Tagen, an denen Kit zur Schule musste, war der Morgen weniger entspannt, aber sie mochten es beide, früh bei der Arbeit zu sein.

Abgesehen von dem Dinner bei Harper hatten sie den Ostersonntag damit verbracht, Bay zu helfen, sich in ihrem neuen Zuhause einzugewöhnen. Wieder einmal hatte Stacey nicht die Nerven gehabt, ihrer Mutter von der Schwangerschaft zu erzählen, und sich damit herausgeredet, dass sie an einem Feiertag nicht alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte.

Sie und Kit hatten zwei lange Spaziergänge mit Bay unternommen, damit sie sich mit dem Viertel vertraut machen konnte. Dann hatte Stacey sich über trächtige Hündinnen informiert und Tierärzte in der Nähe herausgesucht. Kit hatte derweil eine Hundeklappe eingebaut, damit Bay tagsüber in den Garten konnte, wenn sie wollte.

Bay war unglaublich gut erzogen. Sie schlief auf ihrem Kissen im Schlafzimmer und fraß gut. Nach allem, was Stacey gelesen hatte, schien sie sich gut einzuleben.

Jetzt, im Büro, las sie die aktuellsten Ergebnisse ihres neuesten Forschungsprojekts: die genaue Bestimmung und Reaktion von Proteinen.

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