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In den Fesseln des Highlanders

hier erhältlich:

"Ich erwarte nicht deine Zustimmung. Tu einfach nur, was man dir sagt!" Lileas ballt die Hände zu Fäusten, als ihr Vater ihr seine Entscheidung verkündet: Sie soll ausgerechnet Malcom MacKay heiraten - den Erzfeind ihrer Familie und den Mann, der den Tod ihrer Schwester zu verantworten hat. Voller Furcht begibt sie sich in ihr Schicksal. Doch hat sie auch ein Ziel vor Augen: Denn was auch immer sich die MacKays von dieser Hochzeit versprechen, sie wird diese Pläne vereiteln - selbst wenn der starke Highlander tatsächlich so unwiderstehlich ist, wie alle sagen …


  • Erscheinungstag: 15.06.2016
  • Aus der Serie: Mac Kay Clan
  • Bandnummer: 2
  • Seitenanzahl: 181
  • ISBN/Artikelnummer: 9783733785741
  • E-Book Format: ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Rois Castle, April 1429

Lileas sah mit tränenverschleiertem Blick auf den Leichnam ihres jüngsten Bruders. Nur sechzehn Jahre war Liam alt geworden. Zwischen ihren Tränen nahm Lileas eine Bewegung war, als ihre Mutter sich schluchzend über den Körper ihres jüngsten Sohnes warf. Lileas erinnerte sich noch gut daran, wie sie Liam eine Woche zuvor angefleht hatte, sich nicht an den Angriffen auf die MacKays zu beteiligen. Doch Liam hatte nicht auf seine Mutter hören wollen. Er hatte beweisen wollen, dass er alt genug war, seinen Mann zu stehen, dass er die Ehre seiner Familie verteidigen konnte. Er war seinen Brüdern in den Kampf gefolgt – und in den Tod. Arran hatten sie vor nun fast sieben Monaten beerdigt, Stewart war schon vor über einem Jahr gestorben. Sie alle waren durch die Hand der MacKays gefallen. So wie Aileen.

Lileas versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken, als sie an ihre Schwester dachte, doch es misslang ihr. Die MacKays hatten ihr schon so viel genommen, so viele Männer ihres Clans waren in den letzten zwei Jahren bei den Kämpfen gestorben, doch kein Tod wog so schwer auf ihrem Herzen wie Aileens. Der Gedanke daran, dass ihre unschuldige Nichte noch immer eine Geisel dieser Mörder war, war für Lileas kaum zu ertragen.

Eine Hand legte sich auf ihre Schulter, und Lileas wandte sich zu Neacel um, der zu ihr getreten war. Sie waren einst zu sechst gewesen, nun gab es nur noch sie beide. Ihr Bruder nahm sie in den Arm. und an Neacels Brust ließ Lileas ihren Tränen freien Lauf.

„Es muss ein Ende nehmen!“, donnerte die Stimme ihres Vaters durch die Halle. Sie verbarg ihr Gesicht noch tiefer an Neacels Brust. Sie konnte den Anblick ihres Vaters nicht ertragen, wenn er wütend war, und Duncan Aitken war häufig wütend.

Es war seine Schuld, dass sie nun auch noch Liam zu Grabe tragen mussten. Es war alles seine Schuld! Hätte er Aileen nicht an dieses Monster der MacKays gegeben, würde ihre Schwester noch leben. Süße, sanfte Aileen.

Lileas wagte nicht daran zu denken, was für Qualen ihre Schwester bei ihren Feinden hatte durchstehen müssen. Sie hatte jeden einzelnen ihrer Briefe aufbewahrt. Hatte sie abertausend Male gelesen. Als Aileen Mutter geworden war und ihr Gatte wegen Verrats hingerichtet wurde, hatte Lileas gehofft, sie würde nach Hause zurückkehren. Doch ihre Hoffnungen waren zerstört worden. Aileen war nicht zurückgekommen. Angeblich war es ihr eigener Wille gewesen, bei der Familie ihres verstorbenen Ehemannes zu bleiben. Doch Lileas wusste es besser. Die MacKays hatten sie dazu gezwungen zu bleiben, und ihr Vater hatte nichts dagegen unternommen. Erst, als sie von Aileens Tod erfuhren, hatte Duncan Aitken erkannt, was seine jüngste Tochter immer gewusst hatte: Die MacKays waren alle gleich. Sie alle waren Bestien, die nicht davor zurückschreckten, ihre eigenen Mitglieder umzubringen. Aileen war nicht einmal das gewesen, und dafür hatte sie mit ihrem Leben bezahlt.

Duncan hatte darauf bestanden, dass seine Enkelin an ihn übergeben würde. Isobel, Aileens Tochter, sollte auf Rois Castle aufwachsen, in der Sicherheit und Geborgenheit ihrer Familie. Weil die MacKays der Kleinen die Reise zu ihrer Familie verweigerten, rief Duncan endlich zum Angriff auf diese Ungeheuer.

Zu spät.

Viel zu spät in Lileas Augen. Er hätte handeln sollen, als Aileen noch lebte, hätte sie retten und sie mit Isobel gemeinsam nach Hause holen sollen. Aber er hatte seine Tochter im Stich gelassen. Nun war sie tot, und ihre Brüder, die ausgezogen waren, um ihren Tod zu vergelten, waren ihr gefolgt.

Lileas‘ Finger klammerten sich am Stoff von Neacels Hemd fest. Sie zitterte am ganzen Leib, als der Schmerz sie tiefer mit sich zog. Es war zu viel.

Zu viel Leid, zu viel Tod.

Ihr Atem ging schneller, zu schnell. Das Blut rauschte in ihren Ohren und hätte Neacel sie nicht in den Armen gehalten, sie wäre zu Boden gestürzt, weil ihre Beine sie nicht mehr trugen.

„Es muss ein Ende nehmen“, wiederholte Duncan, viel leiser als zuvor. „Drei Söhne haben sie mir genommen. Ich werde nicht noch einen verlieren.“

Lileas spürte den Blick ihres Vaters auf sich – auf Neacel. Drei Söhne hatte er verloren – und eine Tochter, die er ihnen auf dem Silbertablett überreicht hatte.

„Es muss ein Ende nehmen“, sagte Duncan erneut und klang dabei sehr nachdenklich.

Wenn es etwas gab, wovor Lileas sich mehr fürchtete, als vor der Wut ihres Vaters, dann war es davor, dass er Pläne schmiedete. Diese führten in der Regel zu noch mehr Leid, als es seine Wutausbrüche taten.

***

Varrich Castle, April 1429

„Wie viele waren es dieses Mal?“

Malcolm MacKay stand mit dem Rücken am Fenster und beobachtete seinen älteren Bruder, wie dieser sichtlich widerwillig den Neuigkeiten über den jüngsten Überfall der Aitkens lauschte.

„Es gab keine Opfer auf unserer Seite, Mylord. Sie haben ein paar Schafe und Kühe geraubt, einen Hof angezündet, doch die Familie konnte rechtzeitig fliehen. Zwei der Aitkens wurden verletzt, aber alle der Angreifer konnten fliehen.“

„Aitken kann nicht glauben, so weitermachen zu können! Diese Angriffe im Grenzgebiet müssen aufhören. Wir haben zehn Leute im letzten Monat verloren und er sicher noch mehr. Ich verstehe einfach nicht, wie ein einzelner Mann so verbohrt und stur sein kann!“

Während Malcolm sich damit zufrieden gab, diese Aussage seines älteren Bruders lediglich mit einem Paar hochgezogener Brauen zu quittieren, öffnete sein jüngerer Bruder Alistair bereits den Mund und holte tief Luft, um ihn mit einer Antwort zu bedenken. Doch es war Ramsays Ehefrau Caitriona, die Alistair zuvorkam.

„Ich weiß, das ist ein äußerst ungünstiger Augenblick, mein Liebster, aber sei versichert, jeder hier in diesem Raum kann sich sehr gut vorstellen, wie stur und verbohrt Duncan Aitken sein muss.“

Malcolm beobachtete schmunzelnd, wie sich das Gesicht seines großen Bruders verfinsterte.

„Nun, wir wissen aber ebenso, dass du zumindest bereit bist, einzulenken, wenn man nur lange genug auf dich einredet. Besteht diese Möglichkeit auch bei Aitken? Es muss doch einen Weg geben, diese Angriffe zu unterbinden.“

„Glaubst du das wirklich?“, erkundigte Alistair sich und erhob sich von seinem Platz.

„Ich hätte geglaubt, dass ein Vater zumindest auf der Beerdigung seiner Tochter erscheinen würde.“ Caitriona seufzte. „Da mich Duncan Aitken schon mit seiner Abwesenheit überrascht hat und wir Aileen ohne ein einziges Mitglied ihrer Familie zu Grabe tragen mussten, wage ich es nicht, mir irgendwelche Gedanken über den Gemütszustand dieses Mannes zu erlauben.“

„Ich werde erneut versuchen, ihn zum Einlenken zu bringen“, erklärte Ramsay.

„Erklär ihm doch einfach, wie Aileen gestorben ist und …“

„Nein!“, unterbrachen Caitriona und Malcolm Alistair einstimmig. Zum ersten Mal wandten sich die Blicke der Anwesenden auf Malcolm.

„Worte besitzen Macht, mehr Macht als jedes Schwert. Nichts kann sich als so gefährlich und tödlich erweisen, wie das geschriebene Wort. Erklär ihm den Umstand ihres Todes, wenn er vor dir steht, aber wir können nicht zulassen, dass etwas davon Schwarz auf Weiß niedergeschrieben wird.“

„Malcolm hat recht. Es ist zu gefährlich“, stimmte Caitriona ihm zu. Sie stöhnte und legte eine Hand auf ihren Bauch.

„Ich glaube, das ist das Zeichen, dass ich mich aus den weiteren Unterhaltungen zurückziehen sollte.“ Sie stand langsam auf und hob abwehrend die Hand, als Ramsay ihr folgen wollte.

„Mir geht es gut“, versicherte sie mit einem Lächeln. „Vertrau mir, beim dritten Kind gibt es nichts mehr, das mich noch überraschen könnte.“ Sie küsste Ramsay, ehe sie sich zurückzog und die drei Brüder allein ließ.

„Wir sollten die Grenzen noch häufiger überwachen. Sicherstellen, dass die Aitkens uns zu keiner Zeit überraschen können.“

Zwei Tage später, als sich Malcolm gerade auf den Weg ins Haupthaus von Varrich Castle machte, drangen aufgebrachte Stimmen vom Tor aus an sein Ohr. Die zwei Wachen stritten aufgeregt mit einem Reiter. Eine der Wachen am Tor entdeckte Malcolm und kam hastig auf ihn zugelaufen.

„Mylord, der Mann wurde von Duncan Aitken mit einer Nachricht für Lord Ramsay geschickt und will nicht gehen, ehe er Antwort für seinen Herrn erhalten hat.“

Malcolm warf dem fremden Reiter einen zweiten Blick zu. Er verstand nur zu gut, weshalb die Wachen zögerten, ihn in die Burg zu lassen. Seit über einem Jahr herrschte nun die Fehde mit den Aitkens, und mittlerweile traute man keinem von ihnen mehr über den Weg. Die Nachricht dieses Boten konnte ebenso gut ein Dolch zwischen Ramsays Rippen sein.

„Lass dir die Nachricht geben, der Bote soll am Tor auf Antwort warten“, beschloss Malcolm schließlich.

„Sehr wohl, Mylord.“ Der Wachposten kehrte zum Tor zurück, um die Nachricht auszurichten. Malcolm beobachtete, wie der Bote Aitkens nach einigem Zögern einen Brief aus seiner Satteltasche nahm und ihn der Wache übergab, die ihn mit schnellen Schritten zu Malcolm brachte.

„Ich werde sie meinem Bruder geben“, versicherte Malcolm und machte sich bereits auf den Weg ins Haupthaus, um nach Ramsay zu suchen.

Ausgelassenes Kinderlachen erfüllte die große Halle, als Malcolm sie betrat und kaum, dass er einen Schritt gegangen war, prallte ein kleines Mädchen mit hellblonden Haaren gegen seine Beine. Während sie ihren Kopf hoch und ihn aus himmelblauen Augen anstrahlte, folgte ein Junge mit rotbraunem Schopf ihrem Beispiel und rannte ebenfalls blindlings in Malcolm hinein.

„Onkel Mal!“, rief das Mädchen begeistert und streckte die Arme nach Malcolm aus. Malcolm erlaubte sich die kurze Ablenkung und hob Isobel in seine Arme.

„Du musst uns vor dem wilden Seeungeheuer retten“, erklärte Isobel und deutete auf den Boden, während sie sich mit ihrer freien Hand an seiner Schulter festklammerte. Malcolm folgte ihrem Fingerzeig und sah den erst zweijährigen Tasgall mit wackeligen Schritten hinter den beiden älteren Kindern herlaufen. Malcolm schaute mit hochgezogenen Brauen von Isobel zu ihrem Gefährten an seinen Beinen.

„Ich bin mir nicht sicher, ob dieses Spiel deinem Bruder gerecht wird, Cullen.“

Malcolms Neffe zuckte mit den Schultern, während ihm der Schalk regelrecht aus den Augen strahlte.

„Tasgall wollte das Seeungeheuer sein“, erklärte Cullen und lief lachend um Malcolms Beine, als Tasgall langsam näher kam.

„Ich bin das größte und wildeste und hungrigste Seeungeheuer“, rief Tasgall und hob die Arme, als er mit lautem Gebrüll auf dem Boden aufstampfte. Isobel kicherte und wand sich in Malcolms Armen, um Cullen und Tasgall nicht aus den Augen zu verlieren.

„Ich fürchte, ich muss euch beide wieder eurem wilden Seeungeheuer überlassen.“ Malcolm setzte Isobel wieder auf dem Boden ab und suchte die Halle nach Ramsay ab.

„Wo ist dein Vater?“, fragte er schließlich Cullen, ehe dieser wieder weglaufen konnte.

„Er erledigt seine Ko…“, Cullen zögerte und dachte angestrengt nach. Schließlich schüttelte er den Kopf. „Er schreibt Briefe.“

Malcolm sah den Kindern noch einen Augenblick nach, als Cullen und Isobel erneut vor Tasgall davonliefen. Hätte Duncan Aitken der Beerdigung seiner Tochter beigewohnt, er wäre nie auf den Gedanken gekommen von ihnen zu verlangen, ihm Isobel auszuhändigen. Hier waren ihr Heim und ihre Familie. Wallace MacKay mochte ein machthungriger Despot gewesen sein, dem sein Clan wenig Liebe entgegengebracht hatte und den nur eine Handvoll als Chief akzeptiert hätten, wenn er seinen Willen bekommen hätte. Seine Tochter aber würde jedes Mitglied der MacKays mit seinem Leben verteidigen. Malcolm wusste nicht, ob Isobel je nach ihrem Vater gefragt hatte. Sie schien damit zufrieden zu sein, drei Onkel zu haben, die sie spielend um den kleinen Finger wickeln konnte.

„Ah, Malcolm, genau der Mann, den ich brauche!“, begrüßte Ramsay ihn, kaum, dass er die Tür geöffnet hatte. Malcolm warf nur einen kurzen Blick auf den Boden, auf dem sich bereits mehrere zusammengeknüllte Papierbälle befanden.

„Ich glaube fast, ich tue dir einen Gefallen, wenn ich dir sage, dass Aitken dir mit dem Schreiben zuvorgekommen ist.“ Malcolm reichte Ramsay den Brief und schritt ans Fenster, um auf den Burghof hinunterzublicken. Ramsay würde ihm den Inhalt des Schreibens ohnehin sagen, so bestand für ihn keine Veranlassung, seinem älteren Bruder beim Lesen über die Schulter zu blicken.

Als Ramsay für Malcolms Geschmack zu lange schwieg, drehte er sich irgendwann doch zu ihm herum. Ramsay starrte den Brief gedankenverloren an, bis Malcolm mit einem Räuspern auch sich aufmerksam machte.

„Er macht ein Friedensangebot“, teilte Ramsay seinem Bruder schließlich mit.

„Eines, mit dem du nicht einverstanden bist“, schloss Malcolm aus Ramsays verkniffener Miene.

„Eines, von dem ich nicht weiß, was ich davon halten soll und ob es klug wäre, es anzunehmen. Eines, über das ich nicht allein entscheiden kann.“

Malcolm neigte den Kopf zur Seite und trat vom Fenster weg.

„Ich bin ganz Ohr.“

„Die jüngsten Angriffe scheinen Aitken weitaus mehr gekostet zu haben als uns. Das ist zumindest der einzige Grund, den ich mir vorstellen kann, weshalb er eine erneute Verbindung unserer Familien vorschlägt.“

Malcolm hielt Ramsays Blick stand, während ihm die Bedeutung dieser Worte bewusst wurde.

„Er hat noch eine Tochter, die er mit einem MacKay verheiratet sehen will.“

Ramsay nickte. „Aye. Tasgall würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, dass ich nicht sofort ablehnend auf dieses Schreiben antworte.“

„Eine Zustimmung könnte weiteres Blutvergießen verhindern. Die Menschen im Grenzgebiet müssten sich nicht mehr fürchten, dass ihnen, ihrem Vieh oder ihren Häusern Schaden zugefügt wird.“

„Aye“, bestätigte Ramsay und sah seinem Bruder noch immer in die Augen. „Es würde aber auch bedeuten, dass du Duncan Aitkens jüngere Tochter heiraten musst. Ich werde diese Entscheidung nicht für dich treffen, Malcolm.“

Malcolm nickte dankend.

„Überleg es dir gut, Bruder. Wir wissen nichts von ihr. Du kannst mit Caitriona reden, ob Aileen ihr etwas von ihr erzählt hat, aber selbst dann wären es die Worte einer Frau, die ihre Schwester sicher sehr vermisst hat.“

„Ich stimme dem Vorschlag zu“, entschied Malcolm, ehe Ramsay weitersprechen konnte. Sein Bruder sah ihn zweifelnd an.

„Bist du dir sicher?“

„Es ist für das Wohl unseres Clans – und vielleicht auch für das Wohl von Duncans Tochter. So wenig, wie er sich darum kümmert, mit wem er seine Kinder verheiratet, würde er sie bei einer Ablehnung an jemanden geben, der ihm Krieger für einen Angriff auf unser Land verspricht.“

Ramsay nickte und legte seinem Bruder eine Hand auf die Schulter. Als er seine Schulter drückte, war es Malcolm, als spürte er die Last, die er sich eben aufgebürdet hatte.

Er weigerte sich, länger über diese Entscheidung nachzudenken. Es gab nicht wirklich eine Entscheidung. Wenn sie weiteres Leid für ihren Clan verhindern wollten, würde er dieses Mädchen eben heiraten. Er hoffte nur, dass sie mehr nach ihrer Schwester und weniger nach ihrem Vater kam.

2. KAPITEL

Rois Castle, April 1429

Sie hatte sich verhört. Sie musste sich verhört haben. Ihr Vater neigte zu unüberlegten Entscheidungen, aber er konnte unmöglich so töricht sein.

„Hast du denn nichts zu sagen, Lileas?“, drängte ihre Mutter sie sanft, während sie ihr zaghaft mit der Hand über den Arm streifte. Lileas sah ihre Mutter ungläubig an. Sie hatte eine Menge zu sagen, doch jedes Wort davon hätte ihren Vater nur verärgert. In den Augen ihrer Mutter erkannte sie die stille Bitte, sich zu fügen, eine gute Tochter zu sein. So, wie es Aileen gewesen war. Lileas ballte die Hände zu Fäusten.

„Was soll sie denn sagen?“, fuhr Duncan seine Frau an. „Ich erwarte nicht ihre Einwilligung, ich erwarte lediglich, dass sie tut, was man ihr sagt.“

„Wie Aileen“, flüsterte Lileas. Duncan fuhr zu ihr herum.

„Wie war das?“

„Die MacKays sind sehr gut aussehende Männer, wie man sagt“, versuchte Senga den drohenden Streit zwischen ihrem Mann und ihrer Tochter im Keim zu ersticken. „Du könntest es schlimmer treffen. Und denk nur, du hast Aileens Tochter an deiner Seite. Du wirst endlich deine Nichte kennenlernen.“

„Vielleicht wird sie sogar in der Lage sein, einen Sohn zur Welt zu bringen, wo ihre Schwester versagt hat.“

Lileas spürte, wie eine unbändige Wut sie überkam. Wie konnte er es wagen, so von Aileen zu reden. Er war schuld daran, dass ihre geliebte Schwester so hatte leiden müssen. Er hatte sie diesem Monster zur Frau gegeben, und nun wollte er das gleiche mit ihr tun.

„Sollen sie mich dann auch töten, wie Aileen?“, platzte es schließlich aus ihr heraus.

Duncans Miene verfinsterte sich.

„Es ist wohl besser, wenn du gar nichts sagst. Vergiss deinen Platz nicht, Lileas. Man soll dich sehen, nicht hören!“

„Was kümmert es dich? Wenn ich erst weg bin, wirst du mich weder sehen noch hören. Du wirst blind und taub sein für die Schmerzen und die Scham, die sie über mich bringen werden. Du wirst dich von mir lossagen, so wie du dich von Aileen losgesagt hast. Jeder wusste, was für ein Ungeheuer ihr Mann ist, und du hast sie ihm überlassen. Wie eine Opfergabe für ein Biest. Du hast dich von Stewart, Arran und Liam losgesagt. Du ignorierst, wofür sie gestorben sind, und nun sagst du dich von mir los. Ich bete zu Gott, dass es Neacel besser ergehen möge.“

Schmerzen. Ihre Wange, ihr Kopf, ihr Kiefer. Alles wurde von einem gleißenden Schmerz durchflutet. Ihr Blut dröhnte in den Ohren, während sich ein Fiepen in ihrem rechten Ohr festsetzte. Zitternd hob Lileas die Hand an ihre rechte Wange. Sie hatte ihren Vater so oft wütend gesehen, war so oft Zeugin geworden, wie seine Wut einen ihrer Brüder traf, doch noch nie hatte er sie geschlagen. Bisher war es ihr stets gelungen, sich seinem Zorn zu entziehen.

„Wage es nicht, noch einmal so mit mir zu reden“, drohte Duncan ihr und Lileas trat einen Schritt zurück, als sie den blanken Hass in seinen Augen sah.

„Deine Brüder sind gestorben, weil deine Schwester zu schwach zum Leben war. Ich werde nicht noch einmal alles für ein Weibsbild riskieren.“ Mit diesen Worten ließ Duncan sie und ihre Mutter allein. Senga eilte zu ihr und streckte vorsichtig eine Hand nach ihrer glühenden Wange aus. Lileas schmeckte Blut, als sie mit der Zungenspitze über ihre Lippen fuhr.

„Senga!“, rief Duncan aus dem Gang. Seine Frau beeilte sich, seinem Ruf zu folgen und ließ Lileas allein zurück.

Sie zitterte noch immer, als die Schritte ihrer Eltern längst nicht mehr zu hören waren. Langsam durchquerte sie ihr Gemach und schüttete etwas Wasser aus einem Krug in eine Schale, um sich das Blut von den Lippen zu waschen und das Gesicht zu kühlen. Tränen brannten in ihren Augen, und sie bemühte sich, sie zu unterdrücken. Sie würden ihr ohnehin nicht helfen. Sie ließ sich auf die Knie sinken und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Wie konnte das Schicksal nur so grausam zu ihr sein?

***

„Du siehst so aus, als würdest du zur Ehe gezwungen – schon wieder – und nicht Malcolm“, neckte Alistair seinen ältesten Bruder leise, als sie sich auf den Burghof trafen, auf dem sich die meisten Clanmitglieder versammelt hatten.

„Nicht, dass ich Malcolms Entscheidung und die Opfer, die er damit bringt, nicht zu würdigen wüsste, aber ich würde eine erzwungene Ehe der Verkündung selbiger vorziehen“, raunte Ramsay zurück.

„Ich hoffe für dich, dass du das nur sagst, weil du damit meinst, du würdest eine erzwungene Ehe mit mir der Verkündung der Friedensverhandlungen vorziehen.“

Malcolm beobachtete Ramsay und Caitriona, und für einen Augenblick regte sich der Zweifel über seine Entscheidung. Er schüttelte ihn ab, als Mòrag eine Hand auf seinen Arm legte und ihm ermutigend zulächelte.

„Lass sie reden. Gottes Wege sind unergründlich. Wer weiß, vielleicht ist dies seine Art, dir die Braut zu bescheren, die wie für dich gemacht ist.“

Malcolm nahm die Hand seiner Mutter in seine und küsste sie.

„Du musst dir um mich keine Sorgen machen, Mutter. Ich bin ein großer Junge, und ich wusste, worauf ich mich einlasse, als ich den Verhandlungen zugestimmt habe. Solange es Frieden für unseren Clan bedeutet, bin ich bereit, selbst die schlimmste Braut für mich zu ertragen.“

Mòrags Lächeln wirkte trauriger, und Malcolm wandte sich hastig von ihr ab, ehe sie etwas sagen konnte, das seine Entscheidung ins Wanken brachte. Jetzt einen Rückzieher zu machen und Duncan Aitken zu unterrichten, dass es doch keine Hochzeit gäbe, würde noch schlimmere Racheakte mit sich bringen.

„Die Leute werden ungeduldig“, flüsterte Malcolm an Ramsay gewandt. Ob er damit die versammelten Clanmitglieder oder doch eher sich selbst meinte, konnte er selbst nicht genau sagen. Ramsay nickte und rief den Clan zur Ruhe.

„Wie einige von euch mitbekommen haben, kam vor zwei Wochen ein Bote der Aitkens nach Varrich Castle, der einen Brief von Duncan Aitken für mich hatte.“

Gemurmel erhob sich unter den Wartenden, und Malcolm sah, wie sich einige Gesichter bei der bloßen Erwähnung des Namen Aitkens verdüsterten.

„Er bat darin um Friedensverhandlungen, die wir daraufhin aufnahmen.“ Ramsay sprach lauter, um über das ansteigende Gemurmel gehört zu werden. „Die Verhandlungen sind zu einem positiven Ende gekommen. Aitken verpflichtet sich, das jüngst gestohlene Vieh herauszugeben und Reparationen zu leisten. Außerdem …“ Während Ramsay Luft holte, ließ Malcolm seinen Blick über die Anwesenden gleiten. Gleich wäre er derjenige, den alle anstarrten. Bereits jetzt war der Unmut unter einigen der Anwesenden deutlich zu spüren. „Außerdem wird Duncans Tochter Malcolm heiraten. Eine erneute Verbindung der Aitkens und der MacKays soll künftige Kampfhandlungen bereits jetzt unterbinden.“

Für einen Moment schienen alle zu schweigen. Dann jedoch tobte die Menge und alle riefen wild durcheinander.

„Wollt ihr weiterkämpfen?“, schrie Ramsay ihnen schließlich entgegen. „Wollt ihr weiter euer Leben riskieren? Das eurer Familien? Wollt ihr eure Häuser, euer Vieh, eure Ernten riskieren? Wir können das jetzt friedlich beenden, ohne noch mehr unserer Männer beerdigen zu müssen.“

„Wen habt ihr schon beerdigt?“, fuhr einer der Männer Ramsay an. Malcolm erkannte Logan MacKay, als er aus der Menge hervortrat.

„Jeder von uns hat Freunde und Familienmitglieder verloren, Logan“, versuchte Ramsay ihn zu beschwichtigen.

Logan spuckte auf den Boden.

„Diese Aitken-Schweine haben unsere Farm angegriffen, als kein Mann in der Nähe war. Meine Frau und meine drei Kinder habe ich beerdigen müssen. Und jetzt wollt ihr diese elenden Hunde hier willkommen heißen und sie in eure Familie aufnehmen? Reicht der kleine Bastard noch nicht, den ihr aufgenommen habt?“

„Hüte deine Zunge, Logan“, warnte Ramsay. Wie sehr Logans Leben gerade in Gefahr war, ahnte der Mann sicher nicht. Malcolm jedoch erkannte, wie es um Ramsays Gemütszustand bestellt war. Seine Stimme war zu ruhig, während in seinen Augen die blanke Wut sichtbar war.

„Sie ist doch Schuld an allem! Hättet ihr den Aitkens das Kind übergeben, würden alle anderen noch leben! Meine Frau würde noch leben, meine Kinder. Ihr handelt einen faulen Frieden für uns aus, für den wir alle am Ende bezahlen werden. Aber nicht mit mir.“

Plötzlich ging alles schrecklich schnell, als Logan seinen Dolch nahm und auf Ramsay zustürzte. Ohne nachzudenken stellte sich Malcolm in seinen Weg. Ehe die Klinge ihn treffen konnte, griff jemand nach Logans Arm und zog ihn zurück.

„Mach dich nicht unglücklich, Junge“, raunte Keir MacKay seinem Sohn zu und zog ihn von Malcolm weg.

„Schaff ihn hier weg“, befahl Ramsay. Keir nickte und zog den sich sträubenden Logan mit sich.

„Gibt es noch jemanden, der etwas gegen die Friedensverhandlungen mit den Aitkens einzuwenden hat?“, rief Ramsay den versammelten MacKays zu. Schweigen traf ihn, was er schließlich nickend zur Kenntnis nahm und die Versammlung beendete.

„Malcolm, geht es dir gut?“ Mòrag sah ihren Sohn besorgt an.

„Es geht mir gut“, versicherte Malcolm seiner Familie.

„Logan ist nicht der Einzige, der etwas gegen diese Hochzeit einzuwenden hat.“

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